24.3.05

Mitte Rondra 1027 BF / 35 Hal

Delaware, ein Waldelf                                                        Delila, eine aranische Magierin

Tamarak ya Gisbourne, ein horasischer Krieger                Isa, eine mohische Sklavin

Grimbald, ein Zwergensöldner                                          Katasir, ein novadischer Kundschafter

Theodore De Roosevelez, ein alanfanischer Adliger        Oigrunz, der orkische Jäger

Karl, Söldner bei den Uhdenberger Legionären

 

 

Delayar ist ein groß gewachsener Waldelf auf Wanderschaft, um die Welt kennenzulernen. Er ist dunkelblond, hat grüne Augen und waldfarbene Kleidung.

 

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Tamarak ist mit einem weiten Hemd, Lederhose und Stulpenstiefel unterwegs gewesen. Jetzt hat das Hemd allerdings einige Risse. Im Dienst trägt er eine Horasische Rüstung und eine Gambeson.

 

Grimbald ist ein glatzköpfiger Zwerg mit langem Bart und einem Kettenhemd.

 

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Delila hat in Zorgan, in der Stadt des Schein und Sein, das Zaubern gelernt. Sie trägt die tulamidisch-aranische Pluderkleidung und hat schwarze Haare.

 

Isa ist eine Moha mit bronzener Haut und schwarzen Haaren. Sie trägt ein weinrotes Kleid unter ihrem Mantel und scheint zu frieren. Meist schaut sie zu Boden oder an den Leuten vorbei und wirkt verschämt.

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Theodore ist der typische alanfaner Südländer. Schwarze Haare, schlank, mittelgroß und trägt weinrote weite Kleidung. Meist schaut er etwas boshaft drein und legt Wert auf verzierte Accessoires, wie seinen Siegelring. Er macht mit seinem Rapier einen geübten Eindruck.

 

Katasir ist ein typischer Novadi. Schlank, dunkle Haut und schwarze Haare unterm Turban. Er trägt die novadischen Reisegewänder und einen verzierten Kunchomer am Gürtel.

 

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Oigrunz ist selbst für ein Ork ein hässlicher Kerl, der seine Mitbürger dann auch noch mit einer hohen, fast piepsigen Fistelstimme aus der Spur bringt.

Karl ist ein noch recht junger Krieger, thorwalischer Abstammung, 175 Finger groß, 80 Stein schwer, kurze Haare, auf der rechten Hand ein Greifen-Branding, zwei Langschwerter, ein Kurzschwert.

 

 

Erster Tag - Kennenlernen 

Zweiter Tag - Vertrag, Einkauf, Kalman

Dritter Tag - Einkauf

Vierter und Fünfter Tag - Emmerans Fest, Vanjescha

Sechster Tag - Erster Reisetag, Einbruch, Mord, Aufbruch, Emmeran

Siebenter Tag - Zweiter Reisetag, Gespräch mit Kalman, Attentat auf Theodore

Achter Tag - Dritter Reisetag, Ankunft in Hamkeln, Emmerans Geheimnis , Gespräch mit Vanjescha

Neunter Tag - Vierter Reisetag, Übersetzen, Erkundungstour

Zehnter Tag - Fünfter Reisetag, Banditen

Elfter Tag - Sechster Reisetag, Oigrunz, Emmerans Botschaften

Zwölfter Tag – Siebenter Reisetag, Ankunft auf Schloss Saldersee, Brief aus Emmerans Wagen

Dreizehnter Tag – Achter Reisetag, die Antilope

Vierzehnter Tag – Neunter Reisetag, Bau eines Knüppeldamms, Emmeran beauftragt Briefsuche

Fünfzehnter Tag – 10. Reisetag, 2. Efferd, Emmerans Enttäuschung, Diebstahl des Schatzwagens

Sechzehnter Tag – Elfter Reisetag, Seuchenausbruch, Bau des Krankenwagen

Siebzehnter Tag – Zwölfter Reisetag, Auerochsen jagen Goblins, Ankunft in Drachenzwinge

Achtzehnter Tag – Dreizehnter Reisetag, die Goblinstatue

Neunzehnter Tag – Vierzehnter Reisetag, der verlorene Trank

Zwanzigster Tag – Fünfzehnter Reisetag, die Kündigung

 

Ein Sommertag in Festum. Der reichste Mann Aventuriens plant umzuziehen. Das lockt viele Leute hier her.

Theodore De Roosevelez, dritter Sohn eines Barons aus Al´Anfa, ist mit seiner Sklavin per Schiff angereist. Er muss sich jetzt nach etwas eigenem umsehen. Vielleicht fällt bei Herrn Stoerrebrandt etwas ab.

Delayar, der Waldelf, wanderte so durch die Lande und kam zufällig vorbei. Er fand einen schönen Baum vor dem Gasthaus zum Schlafen. Er möchte die wuseligen Menschen etwas beobachten, bis sich zuhause die Leute beruhigt haben.

Delila, die aranische Magierin, hat noch einiges an Lehrgeld zu erstatten. Jetzt ist sie in Festum und hofft auf einen Job beim Umzug.

Grimbald braucht Geld, wie immer. So ist es auch mit Katasir und Tamarak, die Ilmjescha und ihre Familie heim begleitet hatten und nun, etwas klamm mit dem Geld, auf der Suche nach neuen Aufgaben sind.

 

Alle sind im Gasthaus Seeperle abgestiegen, der Elf im Baum davor. Heute laufen sie durch die sonnenheißen Straßen der Hafenstadt und schauen sich um. Es ist reger Betrieb. Hier rollen Knechte Fässer in die Tavernen, da bahnt sich ein fluchender Fuhrmann seinen Weg durch die Menge und unter den Bäumen sitzen wohlhabende 'Frolleins' und lassen sich von einem Diener Luft zufächeln. Ein Rondrageweihter kündigt das morgige Schwertfest an.

Immer wieder findet man Gruppen besorgter Handwerker und Händler, die über den Umzug Stoerrebrandts und den Verlust für den lokalen Handel, wenn der Auftrags- und Arbeitgeber Nr. 1 die Stadt verlässt, reden. Man sieht auch überall Leute damit beschäftigt Stoerrebrandts Läden und Werkstätten zu räumen. Viele sind schon geschlossen und vernagelt. Es haben sich kleine Demonstrationsgruppen von Handwerkern gebildet, die öffentlich „Stoerrebrandts Bleiben!“ fordern.

 

Der erste Tag

Tamarak bremst seinen Novadi-Freund und schiebt ihn auf eine Gruppe Demonstranten zu. Er wendet sich an einen ruhigeren Handwerker und fragt ihn: „Guter Mann, warum zieht der Herr Stoerrebrandt denn überhaupt weg?

„Man sagt, dass er Festum verlässt, weil er eine Vision von Phex erhalten habe. Er macht sich aus dem Staube!“ antwortet der Handwerker. „Aus dem Staube?“ wiederholt Tamarak.

„Ja, so sieht es aus. Der Herr Stoerrebrandt packt alles zusammen und räumt Festum, bevor die schwarzen Lande sich bis hier ausbreiten und nichts mehr zu holen ist, und überlässt uns unserm Schicksal! Wir werden alle unsere Arbeit verlieren und wissen nicht wie es weitergehen soll. Er liefert uns förmlich dem Verfall aus.“ Jammert der Mann.

Grimbald, der Zwerg, hatte die ganze Zeit zugehört. Jetzt fragt er ihn: „Und wo findet man ihn jetzt?“ „Sicher in seiner Villa!“ antwortet der Handwerker spöttisch. „Und wo ist die?“ grummelt der Zwerg. „Antworte, oder ich mache Dich einen Kopf kürzer!“

Aber junger Mann!“ wendet sich Tamarak empört an den groben Zwergenkrieger neben ihm.

„Was heißt hier 'junger Mann'? Ich bin älter als Du!“ grummelt der zurück.

„Das Seeufer ist die vornehmste Straße hier in Festum. Und dort liegt auch seine Villa!“ entgegnet der Handwerker eilig.

„Und wo ist dieses Seeufer?“ fragt der Zwerg immer noch im mauligen Ton.

„Na, sicher dort oben, wo es so führnehm aussieht!“ mischt Tamarak sich ein und zeigt auf die andere Seite der Hafenbucht, wo sich aus dem Grün einige wenige große Häuser an den Hügeln erheben. Er schaut den Zwerg aufmunternd an.

„Du meine Güte!“ folgt der dem Finger des Menschenkriegers. „Aber solange ich nicht auf ein Schiff Muss...!“

„Weiß man denn, wohin der Herr zu reisen gedenkt?“ wirft nun ein ockerhäutiger Edelmann in die Runde. „So langsam wird mir dieses Kaff zu öde – und zu kalt. Ich hoffe er will in den Süden!“

„Es wird erst richtig zum Kaff, in dem Moment, wo er hier verschwindet.“ grinst der Zwerg den Exoten und seine zarte Begleiterin an.

Der Handwerker legt den Kopf in den Nacken und meint nachdenklich: „Naja, ich bin sowieso der Meinung, dass der Alte komplett wahnsinnig geworden ist. Man hört, dass er sein ganzes Geld und seinen Besitz dem Drachen Arpep in den Drachensteinen opfern will!“

„Oh!“ Tamarak spricht aus, was auf den Gesichtern der anderen sich widerspiegelt.

„Das macht durchaus Sinn. Dafür stellt sich der Drache auf die richtige Seite und lässt den Treck sicher in Ruhe.“ Eine junge Frau in Magierrobe steht hinter der Gruppe und hat nach diesen Worten die ganze Aufmerksamkeit des Zwergen.

„Was? Das ist doch Schwachsinn! Man opfert Drachen nichts. Man bringt sie um und nimmt sich was sie haben!“ keift der Zwerg sie an.

„Ein guter Vorsatz. Das soll dann auf Eurem Grabstein stehen?“ stichelt Tamarak.

„Das muss man nicht auf meinen Grabstein meißeln.“ keift Grimbald weiter. „Kein Drache überlebt es, wenn ein Zwerg seinen Weg kreuzt. Und jetzt gehe ich zu diesem Beknackten und werde ihm davon abhalten, das zu tun!“ brüllt der kleine Mann mit zornrotem Kopf. „Der ist wohl wahnsinnig geworden!“

„Ganz meine Meinung!“ pflichtet der Handwerker dem Zwergen bei. „Das möchte ich sehen. Darf ich Euch begleiten?“ bietet Tamarak sich dem Zwergen an.

„Ich kann Euch doch mit Sicherheit nicht davon abhalten, oder?“ entgegnet Grimbald ruhiger. Tamarak zuckt mit den Schultern und lächelt den Zwergen an.

„Der Herr Stoerrebrandt will wohl mit seinen Wagen nach Gareth. Es ist der Weg über Norburg und die grünen Ebenen im Gespräch. Das ist meiner Meinung nach auch der sicherste Weg, wenn man in diesen unsicheren Zeiten überhaupt von Sicherheit sprechen kann!“ fügt ein anderer Handwerker hinzu.

„Aber er fährt nicht mit dem Schiff!“ stellt die Magierin fest. Alle lachen.

„Nun meine Herren, „ meint Tamarak zu den Handwerkern, „Dann würde ich Euch empfehlen auch die Sachen zu packen und wegzuziehen. Was sollen die Garether die Arbeitsplätze bekommen, die Ihr jetzt hier verliert!“

„Was will er überhaupt in Gareth? Was will man schon in Gareth? Niemand will etwas in Gareth!“ muffelt der Zwerg vor sich hin.

„Gareth soll eine schöne Stadt sein!“ meint Tamarak.

„Gareth ist eine Scheiß-Stadt!“ stellt der Zwerg mürrisch fest.

„Es hat dort einen schönen Praios-Tempel!“ fügt der Krieger hinzu und grinst als der Zwerg die Augen verdreht und sich abwendet.

Die Handwerker erzählen, dass etwa 1/3 der Stadt verwaisen wird. 1000 Leute sollen den Wagentreck begleiten, so sagt man. Vor Tamaraks Augen erscheint eine Liste mit dem Versorgungsaufwand für so viele Leute, die durch die Lande wandern. Außerdem will der alte Handelsherr seinen Erben auf der Reise bestimmen, bevor er Gareth erreicht. Ob es einer seiner vier Nachkommen wird, oder gar ein Fremder, wird ebenfalls diskutiert.

„Nun dann, Handwerksmann, bringt uns dort hin!“ mischt sich mit leicht näselnder Stimme und alanfaner Akzent der Edelmann ein.

„Ich?“ der Handwerker schaut den Fremden entsetzt an. „Entschuldigt, aber noch habe ich Arbeit und keine Zeit Euch durch die Stadt zu führen!“ damit macht er sich durch die Menge davon und ist verschwunden.

Der Edelmann greift in seine Kleider und holt einige Münzen hervor, die er offen hinhält. „Man wird mich gefälligst führen!“ protestiert er mit erhobener Nase.

Tamarak schaut auf die Münzen, nimmt sich ein Silber und verkündet: „Folgt mir!“ Verdutzt gucken alle hinterher. Der Zwerg greift sich die anderen beiden Heller und den letzten Silber und folgt dem Krieger vergnügt.

„Oh!“ meint der Edelmann nur und eilt sich, die beiden einzuholen. Sein Mädchen bemüht sich, Schritt zu halten, und auch die Magierin und der Novadi, der vor sich hin geträumt hatte, wandern hinter dem Krieger und dem Zwerg her. Delayar, der Waldelf, hatte die Gruppe die ganze Zeit beobachtet. Jetzt, wo sie die Kaianlagen entlanggehen folgt er ihnen einfach, als gehöre er dazu. Die Menschen sind lustig.

So wandert die Gruppe über den Speicherplatz, wo allerlei Kisten und Fässer herumstehen, wohlgekleidete Kaufleute und Kapitäne verhandeln und Schauerleute mit bloßen, schwitzigen Oberkörpern Ladung von und auf die vertäuten Handelsschiffe bringen. Große, hölzerne Lastkräne hieven ganze Netze voll Ballen und Kisten aus den Schiffsbäuchen heraus.

Gerade kommt die Gruppe an einem hohen Kistenstapel vorbei, da fällt ihr Blick auf einen Kran mit einem Netz voll Kisten. Die Last beginnt gefährlich zu wackeln. Der Edelmann und der Zwerg wandern in sicherem Abstand vorbei, während das Seil sich aufzudrehen beginnt und die Last zu fallen droht. Drei Arbeiter sind unter der Last am arbeiten und könnten erschlagen werden.

Katasir, der Novadi, will erst loslaufen, hält dann inne und brüllt den Männern: „Achtung! Seil reißt! Auseinander!“ zu. Das Mädchen und die Zauberin fallen mit ein: „Die Last fällt!“ Der Edelmann macht einen erschrockenen Satz ob des Gebrülls hinter ihm und schaut sich um. „So passe er auf, er könnte sterben!“ ruft er den Leuten zu und geht unberührt weiter. Der Elf geht weiter hinter dem Edelmann her. Tamarak lässt seinen Rucksack fallen und sprintet mit einem Hechtsprung die Arbeiter um und aus dem Weg. Einen kann er wegstoßen, die anderen beiden fallen zwar aus dem Weg, sind aber noch in Gefahr.

Der Zwerg bleibt stehen und schaut die Last an, als ob er ihren Inhalt auf mögliche Werte abschätzt. Dann kracht das Netz mit der Kiste zu Boden. Tamarak bleibt mit einem Stofffetzen unter den Trümmern hängen. Ein Arbeiter hat ein Brett an den Kopf bekommen und taumelt blutend zur Seite. Sofort sind die Frauen da und behandelt seine Wunde. Der zweite Arbeiter liegt halb unter den Trümmern begraben. Tamarak versucht ihn unter den Planken hervorzuziehen, wird aber von Grimbald zurückgehalten. „Vorsicht. Das muss man erst gut abschätzen, sonst reißt Ihr ihm noch die Glieder ab.“

Katasir und Delayar heben die Last gemeinsam an und Delila, die Magierin, beginnt sofort magische Energie in die zerschmetterten Gliedmaßen fließen zu lassen, so dass sich die blutenden Wunden des armen Mannes schließen. Dann wird er von Tamarak und Grimbald weggetragen und auf einige Säcke gelegt, wo die Südländerin schon den anderen Verletzten hingebracht hat. Während Delila und die Südländerin die beiden Verletzten behandeln betrachtet Grimbald den Schwerverletzten.

„Ich habe auf dem Schlachtfeld viel erlebt. Einmal ist jemand mit seinem Pferd gestürzt. Das Tier ist über ihn rüber und hat den Arm abgerissen. Aber ich habe eine gute Nachricht für Dich, Mann!“ brummt er ihn an, als der zaghaft die Augen wieder öffnet. „Dein Arm bleibt dran und Dein Bein auch!“

„Danke für die erbaulichen Worte!“ Tamarak hat gerade sein zerrissenen Hemdärmel begutachtet und schaut nun etwas pikiert zu dem Zwergen rüber, der sich jetzt den verstreut herumliegenden Waren zuwendet. Die in dem Netz enthaltenen Stoffballen und Metallteile haben sich an der Absturzstellen auf dem Boden verteilt. Einige Waffen sind darunter, werden aber vom kritischen Zwergen als minderwertig abgewunken.

Eine Gruppe Hafenarbeiter hat sich um die Unglücksstelle versammelt und beginnen bereits die Waren wieder einzusammeln, als eine stämmige Frau mit einem Vorarbeiter-Käppi sich durch die Menge der Glotzer kämpft. Nach einem kurzen Blick auf die, von der Magierin geheilten aber immer noch verwirrten, Verletzten, redet sie kurz mit dem unversehrten Arbeiter. Dann dreht sie sich zu den Gruppenmitgliedern um und bedankt sich für die Rettung der Leute. Zusammen mit den Schaulustigen stimmt sie ein 'Dreifach Hurra' für die Retter an und lädt sie zu einem Becher Met ein.

Der Elf hatte eben noch die Mütze eines Arbeiters unter den Trümmern hervorgezogen und schaut jetzt etwas unglücklich zu der Vorarbeiterin, genauso wie Katasir, der Tamaraks Rucksack hält. „Kann ich ein Glas Wasser haben?“ fragt er zögerlich. Alle lachen.

„Da drüben ist eine Tränke, da gibt es Wasser im Überfluss!“ lacht Tamarak ihn an.

„Dann nehme ich den Met des Spitzohr auf mich.“ bietet sich Grimbald an. „Mit Elfen Muss man vorsichtig sein.“ raunt er Tamarak verschwörerisch zu. „Sie können einen mit ihrem Flötenspiel zu Tode langweilen...“ Belustigt wackelt er mit den Augenbrauen. Delayar, der Elf, schaut ihn missmutig an, als wüsste er nicht, ob und wie er nun reagieren soll.

„Sagt nichts gegen das Elfische Flötenspiel. Es gibt sehr viel schlimmere Sachen, die Elfen tun können.“ wirft Katasir ein.

„Einer hat Thorwaler eingeschläfert, als sie angreifen wollten!“ bestätigt Tamarak.

„Stimmt, habe ich gar nicht drüber nachgedacht!“

„Oh, ja, und sie können noch schlimmeres anrichten!“ dabei macht Katasir eine Bewegung als würde er Wasser in die Gesichter der Umstehenden kippen.

„Es gibt immer eine Steigerung!“ entgegnet Tamarak säuerlich und verdreht die Augen. Dann schaut er den verdutzten Elfen an, der jetzt gänzlich verwirrt den Krieger anstarrt. „Aber was anderes, wo ist der versprochene Met?“ lenkt Tamarak von dem Thema ab. Die Vorarbeiterin scheucht die Zuschauer wieder an die Arbeit und führt die Helden zu einer Gruppe Fässer in der Nähe, wo sie einige Humpen hervor holt und aus einem Fass goldblondes Nass in die Becher fließen lässt. Den ersten schnappt sich gleich der Zwerg um dann vehement darauf zu bestehen, dass der Gruppe auch die Becher für den Waldelfen und den Novadi zustehen und gerecht aufgeteilt werden sollten. Einen schnappt er sich, der andere geht herum.

Die Südländerin schnappt sich das Glas für den Edelmann und nippt daran. Dann reicht sie es an ihn weiter. Er trinkt einige Schlucke, stellt es dann hin und schaut den Krieger an, der seinen Becher in wenigen Zügen geleert hatte.

„Nun, tapferer Held, seid Ihr dann wieder erholt? Können wir weiter?“ er macht eine Geste in die Richtung der Villengegend. Den weggestellten Humpen hat sich sofort der Zwerg geschnappt und geleert. Jetzt schaut er unternehmungslustig in die Runde.

Tamarak rappelt sich auf, zieht seine Kleidung zurecht. Etwas betrübt schaut er sein zerrissenes Hemd an und dann zu der mit dem Bierfass verschwindenden Vorarbeiterin. „Oh, meine Klamotten, kaputt, verflucht!“

„Wo ist denn jetzt diese Villa? Ihr wolltet mich doch hinbringen?“ hetzt der Edelmann.

„Seid Ihr auf der Flucht?“ schaut Tamarak ihn fragend an. Dann ruft er der Vorarbeiterin hinterher, ob man denn für den Schaden aufkäme? Er soll man in den nächsten Tagen vorbeikommen und sich bei Ganjescha melden, ruft sie zurück und schnauzt ein paar Arbeiter an.

„Ansonsten, “ mischt der Edelmann sich ein, „Wenn Ihr uns nun schnell zu dem Haus bringt, kann meine Isa sich darum kümmern. Sie ist geschickt mit Nadel und Faden!“

„Aber ja doch!“ antwortet Tamarak, dann wirft er seinen Rucksack wieder über die Schulter und marschiert im Rondra-Orden-Marschschritt los. Nach und nach folgen die anderen auch.

Als sie eine ruhigere Straße entlang gehen, ist Tamarak neben den Elf aufgeschlossen und schaut ihn von oben bis unten an. „Seid ihr eigentlich mit einem Musikinstrument geübt?“ Er schaut ihn herausfordernd an.

„Ich spiele Flöte!“ antwortet Delayar fröhlich.

Tamarak runzelt die Stirn. „Eine Flöte?“ schaut er den Elfen fragend an.

„Ich habe keine Angst!“ sagt Katasir wie zu sich selbst und sieht Tamarak verzweifelt an.

„Wieso auch!“ grinst der zurück. „Unser letzter Elfenfreund hatte für ihn ein Lied auf seinen Namen gedichtet.“ antwortet Tamarak in das fragende Gesicht des Elfen. „Wahnsinn, warum schickst Du mich in die Wüste, Kata – Kata – Katasir!“ singt Tamarak laut vor. Alle grinsen. Katasir versucht sich in seinen Turban zu verstecken.

„Wenn Ihr Euch wirklich beliebt machen wollt“, wendet Grimbald sich an den Elfen. „Dann tragt lieber einen Eurer Träume vor. Das ist länger. Da schläft man besser ein!“

„Der Namen eines Elfen in seiner Sprache ist auch sehr schön. Herr Morgentau brauchte fast fünf Minuten dafür!“ berichtet Tamarak, während er immer noch im Marschschritt ein flottes Tempo vorlegt.

Als sie in eine weitere menschenleere Gasse biegen, sehen sie einen schmucklosen Lederbeutel auf der Straße liegen. Alle gehen vorbei. Nur der Zwerg, als er es entdeckt, überholt die Gruppe mit flinken Beinchen und bückt sich nach dem Beutelchen. Als er es sich näher anschaut, findet er ein Zeichen eingebrannt und kann einen süßlichen Geruch wahrnehmen. Wie Drogen, denkt er, und steckt es ungeöffnet ein.

Als Tamarak vorbeimarschiert, beäugt er den Zwergen misstrauisch. „Alles aufheben, was auf dem Boden liegt!“ murmelt er hörbar vor sich hin.

„Sei froh“, entgegnet ihm der Zwerg frech. „Stell Dir vor, Du liegst irgendwo auf der Straße und ich komme vorbei. Dann würde ich Dich auch mitnehmen.“ Tamarak kann ein Grinsen nicht unterdrücken. Die anderen lachen.

Während die Gruppe weiterwandert, kommen die beiden Frauen ins Gespräch. Sie stellen einander vor. Der Elf mischt sich in ihr Gespräch: „Sehr erfreut Delila und Isa. Ich bin Delayar!“

„Du heißt auch Delila?“ Die Zauberin guckt. „Nein, De-la-yar! Yar am Ende!“ betont er.

Das dringt auch zu den Herren vor und der Edelmann fragt den Krieger: „Wer seid Ihr überhaupt und was führt Euch in diese schlammige, kleine Stadt!“

Tamarak bleibt wie auf frischer Tat ertappt stehen. Baut sich zum Strammstehen vor ihm auf und knallt mit den Hacken: „Verzeihung, Tamarak ist mein Name!“

„Freut mich, Mister Tamarak! De Roosevelez, Theodore De Roosevelez!“ erwidert er.

„Sehr erfreut!“ antwortet Tamarak mit leichtem Kopfnicken, macht eine Vierteldrehung und marschiert weiter die Straße entlang.

Dann werden die Straßen etwas enger und die Gruppe kommt durch einen Basar. Zwischen Garküchen und Stoffdruckereien ruft ein Junge mit maraskanischem Akzent die Leute zum Hütchenspiel. Er hat eine Tonne vor sich und bietet einen Silbertaler als Preis gegen drei Heller Einsatz, wenn man die Kugel findet. Einige Leute bleiben stehen und es scheint mit rechten Dingen zuzugehen. Der Zwerg verdreht abfällig die Augen. Tamarak überlegt, ob er die Tonne wegtreten kann, aber sie wirkt recht massiv. Also geht er unbeeindruckt daran vorbei.

„Aber wollt Ihr nicht ein Spielchen versuchen?“ quatscht der Bengel die vorbeigehenden Helden an. „Ich betrüge auch nicht!“

„Was sind eigentlich diese Heller?“ fragt der Elf die beiden Mädchen neben sich. Isa beginnt ihm das Münzen-, Waren- und Tauschsystem zu erklären. Nur Katasir bleibt vor der Tonne stehen und beobachtet die Hände des Jungen, der seine Hütchen auf dem glatten Fassdeckel herum schiebt. Als dieser die Deckel anhebt und die Kugel präsentiert, greift Katasir zu und schaut sich den Holzball genau an. In diesem Moment macht der Krieger neben dem Edelmann auf den Hacken kehrt und geht geradewegs zurück. An dem Novadi vorbei, macht er wieder kehrt, greift von hinten mit beiden Händen die Oberarme von Katasir und schiebt ihn vor sich weiter durch das Menschengedränge des Marktes.

„Heh, mein Ball!“ ruft der Junge entsetzt hinter den beiden her. „Ihr könnt mir doch nicht meinen Ball entwenden.“

Tamarak bleibt stehen und schaut Katasir wie ein ungehorsames Kind an, findet den Holzball in seiner Hand und nimmt ihn ihm weg. Mit einem verächtlichen Blick zu dem Novadi wirft der Krieger die Kugel über seine Schulter in Richtung des Jungen und schiebt seinen Begleiter weiter durch die Menschenmenge. Geschickt fängt der Junge die Kugel aus der Luft und setzt seine Spielvorführung fort.

„Wollt Ihr nicht einmal spielen, ich habe auch nicht vor zu betrügen!“ schaut er jetzt den Edelmann an. Er wirft ihm seine Becher und die Kugel zu: „Schaut sie Euch an. Es ist alles rechtens. Ich betrüge nicht!“

Angeekelt lässt Theodore die Becher an sich abprallen und herunterfallen. Vorsichtig tastet er, ob sein Geldbeutel noch da ist und schaut den Bengel mitleidig an. Dann geht er weiter hinter Tamarak her, der sich wartend umgedreht hatte.

„Ich versteh Euch nicht, es ist ein einfaches Spiel!“ damit krabbelt der Bengel um seine Tonne, sammelt die Becher und den Ball auf und wendet sich anderen Besuchern zu, die ihm aufmerksamer zuhören.

Im Gehen wendet Theodore sich zu seiner Begleiterin um. „Achte bitte besonders auf meine Geldbörse!“

„Ja, das tu ich, Ne-Ha!“ antwortet sie pflichtbewusst.

Katasir spürt ein Zupfen an seinem Gürtel. Er wird von Tamarak angeschubst, als der an ihm vorbei einen kleinen Jungen greifen will. Der entwischt ihm aber und verschwindet im Gedränge „Katasir, Dein Geld!“ brüllt der Ritter hinter dem Bengel her. Delayar zuckt auf und springt geschickt über die Leute hinweg hinter dem Jungen her.

Bald sind sie vom Platz runter im Gassengewirr des Basars verschwunden. Mal holt der Elf einige Schritt auf, dann taucht der Junge unter einem Stand hindurch. Aber endlich hat er ihn eingeholt und greift nach dem Hemd. Da wirft der Junge den Beutel in die Luft, wohl einem Komplizen oder Versteckt zu. Mit einem geschickten Luftsprung fängt Delayar den Beutel aus dem Flug und macht sich nach einer geschickten Landung wieder auf den Rückweg. Nach einigen Umwegen findet er die anderen noch in der Nähe des Hütchenspielers wartend.

„Bitteschön!“ überreicht der Elf dem Novadi seine Barschaft.

„Und wo ist der Junge?“ fragt Katasir trocken.

„Weitergelaufen!“ entgegnet der kurz.

„Wackerer junger Mann. Erstaunlich, dieser Vertreter des Elfenvolkes kann tatsächlich nützliche Dinge tun. Erfreut, Euch kennen zu lernen!“ lobt Tamarak den Elfen und fasst ihm freundschaftlich an die Schultern.

„Ja, er kann schnell laufen, das ist sehr nützlich!“ pflichtet der Zwerg bei.

„Tamarak ist mein Name!“ freudig streckt der Krieger dem Elfen die Hand entgegen.

„De-la-yar!“ erklärt der Elf deutlich betonend.

„Nun,“ meint Tamarak „wenn alle Leute ihre Sachen noch haben, können wir ja weiter!“ ruft er aufmunternd in die Runde.

Katasir schaut in seinen Beutel. Alle drei Silber und drei Kreuzer sind noch da. Er fischt die drei Kreuzer heraus und gibt sie dem Elfen. „Danke nochmal. Das ist Geld!“ Dieser schaut sich die drei Münzen auf seiner Hand staunend an.

Da kommt ein Esel mit klappernden Hufen angelaufen. Er hat ein Pergament halb zerkaut im Maul und steuert direkt auf die Gruppe zu. Seine Mähne hängt ihm tief in die Augen, so dass man sich fragt, wie er seinen Weg findet. Gerade wollen die Helden beiseitetreten um ihn vorbei zu lassen, da hält er mitten zwischen ihnen an und legt das angesabberte Pergament auf den Boden. Er stößt noch ein 'I-A' aus, dann drehte um und haut wieder ab.

„Oh, ein Briefesel!" scherzt Tamarak.

Theodore reagiert als erster. Er winkt seine Begleiterin und diese hebt das Papier auf. Sie reinigt es mit ihrem Rock und übergibt es ihm. Er schaut auf die Worte. In einer Frauenhandschrift ist darauf zu lesen: 'Verehrte Helden. Auf Euch wartet ein leichter, ehrbarer und lukrativer Auftrag, der mutige und gewiefte Söldner und Landsknechte  erfordert. Es winkt eine dreistellige Batzen-Summe. Das ist eine ganze Menge. Begebt Euch zur zweiten Stunde der Hesinde zum Hafenkontor Stoerrebrandt in der Brückenstraße zur Vorstellung und Prüfung.'

Die Gruppe schaut sich an. „Wollten wir nicht gerade zu Stoerrebrandt?" fragt Delila.

„Wir gehen gerade zur Seestraße, wo die Villa des Herrn ist. Das Kontor ist im Hafen, wo wir herkommen." klärt Tamarak sie auf.

„Unsereins geht durch den Hintereingang!" betont er.

Delila grinst zurück: „Wir nehmen den Hintereingang. Das normale Pack steht am vorderen Eingang!"

„Na, ja, „ meint Grimbald. „Wenn sie die Leute dort einstellen, klopfen wir an der Villa vielleicht vergebens und müssen dann doch zurück. Sie sind überall am packen. Es ist möglicherweise keiner zu Hause!"

Der Elf pflichtet dem Zwergen bei. „Wir sollten der Einladung folgen."

„Ich kenne aus alten Geschichten Eulen, die die Post bringen." meint Isa, „Aber ein Esel?"

Tamarak schaut den Esel-Brief skeptisch an. „Wir scheinen persönlich gemeint zu sein." bemerkt er. Er macht ein Gesicht, als könnte es eine Falle sein.

„Wo ist das Kontor denn nun?" fragt Theodore etwas angepisst.

Tamarak schaut sich um. Er greift einen vorbeischlendernden Jungen. Dann tippt er den Elf an. „Gibt mir doch bitte eine der Münzen." bittet Tamarak ihn. Erstaunt kramt er einen Kreuzer hervor. Tamarak nimmt die Münze und gibt sie dem Jungen. „Bringe uns bitte zum Kontor Stoerrebrandt an der Brückenstraße."

„Aber gern, Herr!" verbeugt sich der Junge und läuft vor.

„Seht ihr, mein Freund, so kauft man sich Informationen!" belehrt Tamarak den staunenden Elf, der die beiden verbliebenen Kreuzer betrachtet.

„Sie sind nur nicht immer so billig!" knurrt Theodore dazwischen. Dann beeilen sie sich dem Jungen zu folgen.

Als sie das Kontorgebäude am Hafen erreichen hat sich davor bereits eine Menschenreihe aus etwa zwei Dutzend Wagenführern, Söldnern, Beschützern und Glücksrittern gebildet. Entsetzt bleiben die Helden stehen und betrachten die Leute. Die meisten sind einfache Leute, die das Geld ihres Lebens verdienen wollen. Einige scheinen Profis zu sein. Aber niemand ist darunter, mit dem sich Theodore in eine Reihe stellen würde.

„Wo mag denn nun der VIP-Eingang sein?" fragt er mit gerümpfter Nase ob der teilweise sehr 'Werktätig' aussehenden Leute.

Die kleine Isa läuft los und umrundet das große Gebäude, aber nirgends findet sie eine offene Tür. Achselzuckend kommt sie zurück. Auch Delila hat sich umgeschaut und wendet sich nun lächelnd zu Theodore um.

„Auch der alanfanische Hinterhofadel wird sich hinten anstellen müssen!" sagt sie mit amüsierter Stimme. Isa wirbelt erschrocken zu der Magierin herum, aber Theodore strafft seine Körperhaltung, als hätte er es nicht gehört.

„Seid froh, dass mein Herr das nicht gehört hat!" zischt sie ihr zu. Alle können sich ein Lächeln nicht verkneifen.

„Was wäre denn passiert, wenn er das gehört hätte?" fragt Grimbald die kleine Exotin.

„Nun, wenn das jemand laut sagen würde“, wendet Theodore sich an den Zwergen, „dann würde er es hiermit zu tun bekommen!" Dabei legt er demonstrativ seine Hand auf den Griff des Rapiers an seiner Hüfte. „Und dann würde ich ihn blutend am Boden liegen lassen."

Grimbald stellt sich neben den Edelmann und betrachtet die fein gearbeitete Waffe.

„Ja, genau damit!" bestätigt Theodore seinen fragenden Blick. „Man kann damit so machen!" Er zieht seine Waffe und führt einen geschickten Stich in die Luft. „Dann geht es nicht gerade schnell und schmerzlos zu Ende. Die Leute müssen leiden, bevor sie erlöst sind!" fügt er seiner Erklärung hin zu.

Der Zwerg schaut immer noch auf die zierliche Waffe. „Ich schlage Leuten einfach hiermit die Kniescheibe kaputt und dann den Schädel. Das tut auch weh!" Dabei nimmt der Zwerg seinen Kriegshammer in die Hand und zeigt auf den mächtigen Hammerkopf, der mit feinen Zwergenrunen verziert ist.

Theodore lacht laut auf. „Weißt du was, kleiner Mann, du gefällst mir!“ lacht er den Zwergen an.

„Aber hattest du nicht gesagt, er ist der dritte Sohn eines Barons?" hat Delila die kleine Frau inzwischen erstaunt gefragt.

„Aber das habe ich doch nicht öffentlich erzählt." wispert diese verschämt zu Boden blickend zurück. Dann schaut sie ängstlich zu dem Edelmann rüber, der gerade kumpelhaft dem Zwergen die Schulter klopft.

Inzwischen ist Tamarak bei der Bemerkung 'hinten anstellen' auf die Warteschlange zugegangen und auf dem Weg daran vorbei. Katasir und der Elf folgen ihm. Er hat wohl die Hälfte geschafft, da greift ihn ein Kämpfer aus der Reihe am Arm und hält ihn zurück. „Hey. Hinten anstellen. Wir warten hier auch alle. Ihr meint wohl, nur weil Ihr eine so hübsche Dame seid, könnte euch vorbei drängeln!"

Tamarak macht auf dem Fuß kehrt und will den frechen Kerl aus der Drehung heraus einen Haken verpassen. Der taucht aber geschickt weg. Als Tamarak weiter gehen will, greift er ihn wieder am Arm. Jetzt ballt Tamarak die Fäuste und beginnt einen Zweikampf mit dem Kerl. Immer wieder weicht der Tamaraks Schlägen aus. Aber auch er wehrt die Prügel ab. Schnell haben sich viele der Wartenden zu einem Kreis um die beiden Kämpfer versammelt.

Katasir geht einfach weiter bis an die Tür und klopft an. Niemand meldet sich. Delayar steht noch zwischen den Zuschauern und der Tür. Als Delila sich auch zu Katasir stellt, gesellt er sich dazu. Es muss jetzt kurz vor Hesindes Stunde sein.

Theodore und Grimbald sind ebenfalls zu den Kämpfenden geschlendert und gucken. „Ich setze zwei Heller auf den Ritter!" verkündet er in die johlende Zuschauergruppe. Der Faustkampf zieht sich hin, da beide Kämpfer immer wieder ausweichen und sich nur leicht treffen. Gelangweilt hat Delila eine Zauberformel gemurmelt und die Schläge und Treffer der Kämpfer erzeugen nun Vogelgezwitscher, Pfeifen und Puffen.

„Wenn man bei uns in Al`Anfa kämpft, hört sich das ganz anders an." meint Theodore nur trocken. In diesem Moment kann der Söldner einen harten Schlag in Tamarak Deckung bringen und trifft den Ritter heftig am Kopf. Taumelnd fällt er zu Boden, wo er einen Augenblick benommen liegen bleibt, während zur Belustigung der Zuschauer lautes Vogelgezwitscher aus seinem Kopf zu hören ist.

„Ich glaube, ich höre die Vögel singen!" lallt Tamarak, als er langsam wieder hoch kommt. Er schüttelt die Benommenheit ab und rappelt sich auf. Der Söldner baut sich über ihm auf. „Und das nächste Mal stellte Dich hinten an, wie alle anderen auch! " keift er. Alle Wartenden lachen und amüsieren sich über den Treffer des Söldners und feiern diesen Augenblick, bis ihnen auffällt, dass der Rest der Gruppe sich nun vor der Kontortür aufgestellt hat und sie ihre Warteplätze aufgegeben haben.

„Ich glaube nicht!" meint Tamarak trocken, während er sich den Staub aus den Kleidern klopft und zu Katasir vorgeht, der ihm jovial den Platz vor sich anbietet. Beim Gehen sind immer noch die Geräusche zu hören. Betretenes Schweigen breitet sich aus, bis die Leute sich maulend hinter den grimmig grinsenden Helden wieder anstellen.

„Wären wir bloß stehen geblieben." meckern einige.

„Eine schöne Geräuschkulisse, die Ihr da geschaffen habt!" bemerkt Theodore zu Delila, die immer noch über den Ritter grinst, der bei jeder Bewegung ein Geräusch macht. „Könnt Ihr euch vorstellen das beruflich zu machen? Das würde Gladiatorenkämpfe viel unterhaltsamer machen!" philosophiert er.

„Wäre zu überlegen!" meint die Zauberin.

Grimbald verzieht das Gesicht. „Warum habt ihr ihn nicht zwischen die Beine getreten?" fragt er Tamarak, der weitere Risse in seinem schon angeschlagenen Hemd findet.

„Es hat doch seinen Zweck erfüllt. - Jetzt ist das Hemd ganz hin. Bekommt Eure Begleiterin das immer noch auf die Reihe?" schaut er Theodore an.

„Isa, schau doch mal!" winkt der Edelmann die kleine Exotin heran.

Mit einem prüfenden Blick begutachtet sie die Risse und Fetzen, nickt dann aber zuversichtlich. „Ich könnte das reparieren, Herr!" antwortet sie. „Das wäre zu freundlich!" lächelt Tamarak zurück.

Unter dem Meckern der anderen Wartenden haben sich die Helden direkt vor der Tür aufgebaut. Mit leicht amüsiertem Blick prüft Tamarak den Sonnenstand. Die Stunde der Hesinde müsste sich bald einstellen.

„Etwas mehr Disziplin!" raunzt Grimbald die maulenden Söldner und Glücksritter an. Dann läuten die Glocken der Türme, aber in dem Kontor rührt sich nichts.

Genervt schaut Tamarak die anderen an. „Es ist so weit! Fast mal einer die Klinke an."

„Wir hatten geklopft!" protestiert Katasir.

„Na und?" Tamarak drückt die Klinke und die Tür geht auf. „Darf ich bitten!"

Die Helden treten ein und schließen die Tür hinter sich wieder. Der Elf bleibt an der Tür stehen und schiebt den Riegel vor. Sein Glück, dass die Tür nach außen öffnet und die drängelnden Recken sie also zudrücken. Das Klopfen und Schimpfen ist leise durch das Massivholz zu hören.

Grinsend versammeln sich die Helden. „Die haben die ganze Zeit vor der offenen Tür gewartet und keiner hatte mal die Klinke benutzt?" wundert sich Tamarak. „Ja. Wir hatten ja auch nur geklopft!" gesteht Katasir. Alle lachen.

Dann tritt ein etwa 16-jähriges Mädchen mit Sommersprossen und blonden Haaren zu der Gruppe. Auch sie schaut die Helden verschmilzt an.

„Ihr seid nicht Meister Stoerrebrandt!" stellt Grimbald fest.

Sie guckt amüsiert zurück. „Natürlich nicht!" Tamarak wirft dem Zwerg einen strafenden Blick zu. „Wir kommen wegen dem Aufruf." erklärt er der jungen Frau.

„Ihr habt euch bisher gut getan. Alle Aufgaben habt ihr mehr oder weniger mit Bravur bestanden. Ich hätte gern den Beutel wieder." Die kleine Blonde schaut den Zwerg an.

„Hier habt ihr ihn. Ich verdiene mir mein Geld und stehle es nicht." Damit lässt Grimbald den Beutel in ihre Hand fallen.

„Ich hätte erwartet, dass Ihr ihn eventuell zurückbringt. Ihr scheint keine ehrliche Natur zu sein." Sie schaut ihn prüfen an.

Der Zwerg grunzt verächtlich. „Bezahlt mich und ich bin ehrlich genug dafür."

„Woher sollte er wissen, wo der Beutel hin gehört?" fragt Tamarak. Sie dreht den Beutel und zeigt auf das eingebrannte Wappen des Handelshauses. Tamarak zuckt mit den Schultern.

„Nun, Ihr werdet bezahlt. Nicht von mir, aber von meinem Auftraggeber, Stover Stoerrebrandt!" erklärt sie weiter.

 Theodore tritt aus der Gruppe hervor und baut sich edelmännisch vor der jungen Frau auf. „Nun, und wer seid Ihr? Wollt Ihr Euch nicht erst einmal vorstellen, wie sich das gehört?" fragt er sie mit leicht näselnder Stimme.

„Ich bin Irinja, die Pagin des Herrn Stoerrebrandt!" verbeugt sie sich vor der Gruppe.

Delila schaut immer noch den Beutel an. „Ihr hättet einen Namen anbringen sollen, wenn Ihr es zurück haben wolltet." reklamiert sie.

„Ich dachte, dass man das Wappen erkennt! Herumfragen hätte man auch können." schnappt die Blonde.

„Ich frage doch keine Hütchenspieler oder Taschendiebe oder sonstiges Volk.“ mault der Zwerg. „Jetzt ist er ja da."

„Nun ja. Der Herr Stoerrebrandt würde Euch gern zu einem Gespräch zu sich einladen, um Euch die Aufgabe zu beschreiben. Er bittet euch am nächsten Morgen zum Seeufer 24 zu kommen." wendet sie sich nun wieder der ganzen Gruppe zu.

„Da kommen wir doch gerade her!" stöhnt Delila.

„Was ist mit der Bezahlung?" fragt Grimbald. „Wir hätten gern Vorkasse!" Alle nicken.

„Das macht Ihr Morgen mit meinem Herrn aus." entgegnet die Pagin.

„Nun, wenn Herr Stoerrebrandt unsere Dienste wünscht, wird er sicher für unsere Kost und Logis aufkommen!" Tamarak schaut die Frau fordert an.

„Das macht bitte auch mit ihm aus!" antwortet sie kurz.

„Wir können hier auf die Waren aufpassen!" meint Grimbald.

„Nun, das geht nicht. Ich bitte Euch, nun zu gehen!" Bestimmt zeigt sie auf die Tür hinter den Helden.

„Oh, es gibt keinen anderen Ausgang?" fragt Katasir.

„Jemand hat sie weggeschickt. Sie haben laut geschimpft!" meint der Elf, der immer noch die Tür bewacht.

„Ich war so frei, sie wegschicken zulassen!" erklärt die Pagin und komplimentiert die Gruppe nun hinaus.

„Manno, hoffentlich laufen wir keinem über den Weg und müssen uns die Reklamationen an hören." stöhnt Delila.

„Stellt Euch vor, hunderte von weiteren Söldnern, die nur auf uns warten." jammert Katasir.

„Ist doch kein Problem!" beruhigt Tamarak ihn und greift sein Schwert.

Langsam verstreut sich die Menge vor der Tür. Der Elf linst aus dem Fenster und gibt Zeichen zu warten. Man hört noch einige, die vorher vorn gestanden hatten, laut meckern, dann sind auch sie verschwunden.

Vorsichtig verlassen die Helden das Kontor und verziehen sich aus der Sichtweite. Zuerst überlegen Grimbald und Delayar auf dem Anwesen des Stoerrebrandts zu campen. Das ist für Theodore natürlich keine Option. Auch Isa schaut unglücklich bei dem Gedanken.

„Nun, wie er meint, Herr Zwerg!" meint Theodore und wendet sich an Tamarak. „Ich werde doch lieber in mein Hotel gehen und dort logieren. Ihr könnt uns ja noch ein Stück begleiten bis zu Eurer Unterkunft. Wir sind in der Meerperle ab gestiegen."

„Mein Begleiter“, der Ritter zeigt auf Katasir, „und ich haben auch dort unsere Zimmer."

„Na, das ist ja ein Ding." mischt die Magierin sich ein. „Ich wohne auch dort. Und ihr hattet Euch doch gestern Abend noch mit dem Wirt um die Füllhöhe im Bierkrug gestritten?" schaut sie den Zwergen an.

„Dann haben wir alle den gleichen Weg." grinsen sie sich an.

„Und ihr, Herr Elf?" fragt Tamarak Delayar.

„Ich schlafe auf einem Baum." entgegnete er.

„Ich würde Euch einladen." versucht Tamarak ihn zu überreden.

„Nein, ich schlafe lieber auf einem Baum.“ entscheidet Delayar.

„Nun, der Vertreter der Elfen Kultur, den wir vor dem kennen lernten, pflegte im gewöhnlichem Bett zu schlafen."

„Ich komme vom Waldvolk. Wir schlafen immer auf Bäumen." besteht Delayar auf seiner Entscheidung.

„Lasst ihn doch auf seinem Baum schlafen, er liebt Bäume. Er knutscht Bäume. Wahrscheinlich wachsen Elfen auf Bäumen." mischt Grimbald sich ein.

„Und Zwerge in Höhlen." gibt Delayar den Ball zurück.

„Genau!" bestätigt Grimbald. „Wenn wir ihn auf dem Baum schlafen lassen, ist es also als ob er mit seiner Mutter kuschelt!" unkt der Zwerg und zeigt auf einen großen Eichbaum vor dem Hotel Meerperle, wo die Gruppe jetzt angekommen ist.

„Er möchte immer noch mit seiner Mutter kuscheln?" fragt Theodore den Zwerg. „Elfen sind merkwürdig!"

„Ja, wenn Ihr meint!" resigniert Tamarak vor den Argumenten und den leuchtenden Augen des Elfen beim Anblick der Eiche. „Aber die Leute werden es komisch finden."

„Elfen finden die so oder so komisch." lacht Grimbald.

„Aber der komische Zwerg!" knurrt Delayar. So betreten sie den Schankraum des Hotels und setzen sich um einen Tisch. Es werden Bier, Tee und Wasser bestellt.

„Aber zum Essen wollt Ihr uns doch wenigstens Gesellschaft leisten?" fragt Tamarak den Elfen.

„Oder wollt Ihr lieber die Blätter des Baumes verputzen?" fragt Katasir. „Der Morgentau kam auf jeden Fall aus einer am Boden lebenden Elfen Art."

„Am Boden leben?" fragt Grimbald neugierig. „Ein Molch-Elf?"

„Nein, sie nennen es Auelfen-Volk." korrigiert Katasir fleißig.

„Na ja, „ grinst Grimbald weiter, „Auf dem Boden lebend könnten es ja auch Schlangen-Elfen oder Regenwurm-Elfen sein. Mhm, was lebt noch alles auf dem Boden? Käfer-Elfen."

Delayar schaut schon leicht säuerlich auf den kiebig philosophierenden Zwergen runter. Alle können sich kaum halten. „Nein, ich würde da mehr an etwas Ekliges denken. Spinnen-Elfen!" meint Theodore.

„Auf jeden Fall hatte er noch nie was von zwergischen Bratpfannen gehört." versucht Tamarak das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

„Das ist kein Wunder." meint Grimbald. „Wie sollte er auch. Elfen essen nur Gras und kein Fleisch!"

„Man kann auch Grass in einer Bratpfanne zube...?" überlegt Katasir und wird dann von der wütenden Stimme des Elfen unterbrochen: „Natürlich esse ich Fleisch. Ich esse kein Gras."

„Es ist ja auch ein Waldelf und kein Auelfen!" will Tamarak die Diskussion abbrechen.

„Das wäre auch Verschwendung!" antwortet Theodore auf Delayars Einwände. „Das sollte man rauchen und nicht essen." Alle lachen.

„Der alanfanische Hinterhofadel hat aber merkwürdige Gewohnheiten. Grass rauchen!" grinst Tamarak.

„Wie war das gerade?" fragt Theodore den Ritter lauernd.

„Wieso, war das falsch?" fragt Tamarak unschuldig zurück.

Theodore richtet sich steif auf. „Ich möchte es nur noch ein einziges Mal klarstellen, werter Mann. Ich denke Ihr seid höflich genug, so etwas nicht zu sagen. Mein Vater ist ein Baron! Ich bin kein Hinterhofadeliger!" beschwert er sich.

„Oh, ein Baron. Das sagtet Ihr bisher nicht. Dann möchte ich mich in aller Form entschuldigen."

„Warum seid Ihr denn von zu Hause weg? Hat euer Vater kein Haus mehr?" wendet Grimbald sich nun dem Edelmann zu.

„Weil mir langweilig war!" antwortet Theodore schnippisch. „Ich hatte keine Lust mehr auf einer seiner Plantagen zu stehen und Leuten am Arbeiten zuzusehen und sie anzutreiben."

„Oder seid Ihr im Erbe leer ausgegangen!" mischt Katasir sich ein. Theodore entgleisen die Gesichtszüge und er ringt sichtlich um Luft.

Da beeilt Tamarak sich eine Antwort zu geben, bevor Theodore dies tut: „Nein, mein Lieber, es gibt durchaus Situationen, da ist selbst das größte Haus zu klein für eine bestimmte Anzahl von Leuten, nicht wahr?" sucht er bei Theodore Bestätigung.

„Das liegt an der menschlichen Bauweise." meint Grimbald.

„Nein, das liegt an der persönlichen Nähe!" berichtigt ihn Theodore.

„Also, wir haben genug Platz bei uns." stellt Delayar fest.

„Nun ja, im Wald gehen die Bäume ja auch nicht aus!" pflichtet Tamarak ihm bei.

„Nicht, wenn die Elfen dafür sorgen, dass die Bäume sich vermehren." meint Theodore.

„Mhm, ja!" überlegt Delayar.

„Die Bäume müssen sich nur genauso vermehren, wie die Elfen." gibt Grimbald dazu. Dann trägt der Wirt das bestellte Essen auf und alle machen sich an die Teller und Schüsseln. Isa arrangiert für Theodore Teller und Bestecke, kostet vor, bevor sie auftut und will sich dann ein Deckchen auf dem Boden ausbreiten um sich hinzuhocken. Der Elf guckt, als hätte sie vor, Kopfstand zu machen.

„Sag mal, Frau, warum tust Du das eigentlich?" Der Zwerg legt seinen Kopf schief und schaut den Edelmann dabei an. „Kann er nicht selber essen?"

Tamarak runzelt die Stirn und schaut sich nach den Reaktionen der anderen Gäste um.

„Nun sie ist wohl eine Dienerin. Es gehört sich wohl so für eine Frau aus dem Süden." versucht Katasir eine Erklärung zu geben.

„Sie ist nicht meine Dienerin. Sie ist mein Besitz!" klärt Theodore die guckenden Gefährten auf.

Einen Augenblick herrscht Schweigen am Tisch. Dann beginnt Delayar langsam den Kopf zu schütteln. „Komische Leute, komische Leute!" murmelt er.

„Nicht, dass ich persönlich ein Problem damit hätte, aber..." Delila schaut sich auffällig im Schankraum um. „In der Gegend, in der wir uns momentan hier befinden, solltet Ihr Euch ein kleines bisschen zurücknehmen, was diese Stellungsdünkel angeht!" spricht sie langsam in die Runde.

„Ihr wisst nicht wirklich, wer Stover Stoerrebrandt ist, oder?" meint der Zwerg.

„Nein!" kommt die Antwort des Edelmannes leicht gereizt, als ob er befürchtete, man will ihm etwas wegnehmen.

„Ihr solltet wissen, dass er viel Geld dafür ausgibt, um etwas gegen die Sklaverei in Al´Anfa zu tun. Da sollte man nicht mit einer offensichtlichen Sklavin auftauchen."

„So, und tut er das, der gute Mann?" fragt Theodore unsicher.

„Aber natürlich tut er das!" entgegnet Grimbald fest.

„Der Strick, glaube ich." überlegt Tamarak und schaut Katasir an.

„Ja, meine ich auch!" antwortet der.

„Was?" fragt Theodore.

„Der Strick steht hier auf Sklaverei als Strafe!" meint Tamarak.

„Ja, den Strick gibt es hier für Sklaverei." pflichtet Grimbald ihm bei.

„Es ist überhaupt nicht gern gesehen!" ergänzt die Magierin.

„Ihr solltet das Halsband eventuell abnehmen. Ich, an Eurer Stelle, würde mir niemanden zum Feind machen, der 3 Millionen Dukaten hat." fügt der Zwerg hinzu.

„Ihr solltet besser bei der 'Dienerin' bleiben." meint Katasir.

„Nun, das scheint wirklich keine schlechte Idee. Isa, komm doch mal her!" Sie steht auf und schaut Theodore ängstlich an. „Wir scheinen mit der hiesigen Kultur nicht überein zustimmen. Ich muss dir mal kurz dein Halsband abnehmen. - Aber nur vorübergehend."

„Es reicht ja, wenn sie einen Stuhl benutzt!" meint Delila beim Anblick des verunsicherten Mädchens. „Sie trägt ja keine Eisenkette, die jeder sofort erkennt. Nur ihr Benehmen sollte unauffälliger sein." fügt sie hinzu.

„Also, Isa, hol Dir doch bitte einen Stuhl und setzte Dich zu uns an den Tisch." ordnet Theodore verunsichert an.

„Gut!" nickt die kleine Exotin und tut wie ihr aufgetragen wurde. Dann unterhalten sich die Helden über ihre Herkunft und Ziele um sich besser kennen zu lernen. Tamarak geht kurz auf sein Zimmer, um ein neues Hemd anzuziehen.

Als er zurück kommt, legt er das zusammengefaltete Hemd Isa in die Hände. Dann wird sich entspannt über den Umzug und die nicht weit entfernten dunklen Lande unterhalten. Vielleicht sollten alle hier weglaufen und das Land einfach den Dämonenanbetern überlassen. Der Zwerg und der Elf reden über Gespräche mit Bäumen und was die so zu sagen haben, während Gänseblümchen wenig mit sich reden lassen. Sie sprechen eine andere Sprache.

Es gehen alle recht früh zu Bett, beziehungsweise auf ihren Schlafbaum.

 

Der zweite Tag

Morgens früh machen sich alle gemeinsam auf den Weg in die Villenstraße Festums. Das „Seeufer“ ist gesäumt von wunderschönen Villen, die den Ausblick und die sanfte Brandung genießen. Allenthalben begegnet man Gardisten, die hier für Ruhe und Ordnung sorgen und alle Fußgänger genau beobachten.

So erreicht man Stoerrebrandts Villa kurz nach Sonnenaufgang. Es ist ein dreistöckiges Haus, im bornländischen Stil mit garethischen und bosparanischen Zierelementen versehen, das Macht und Einfluss ausdrückt. Einen Augenblick bleiben die Helden staunend stehen. Hier ist Aufbruch in Gange. Die Bediensteten tragen Kisten und Möbel zu den Wagen, die beladen werden. Bewaffnete halten dazwischen Wache und auf einer Veranda sieht man Herrschaften Tee trinken. Aus dem Gewusel kommt die sommersprossige Pagin Irinja auf die Helden zu und begrüßt sie. Sie zeigt auf einige Gegenstände, die aufgestapelt stehen, und bittet jeden etwas zu greifen um sich unauffällig unter die Arbeiter zu mischen und ihr zu folgen. Jeder nimmt etwas Kleineres weg, Vasen, Lampen und Pflanzen, und geht unbeachtet durch die sonstigen Leute hinter der Pagin her. Es geht durch die Korridore und Hallen und leergeräumten Zimmer in eine geräumige Schreibstube.

Zwischen Familien-Portraits und Ohrensesseln wartet ein alter Mann mit Federhut und feinem Pelzgewand. „Willkommen, willkommen!“ ruft er den Helden entgegen, nachdem die Pagin die Tür von innen geschlossen hat. Stover Regolan Stoerrebrandt.

Delayar lehnt sich zu den anderen rüber und wispert: „Ich mag den nicht, ich mag den nicht!“ Dann wird jedem ein Platz angeboten.

„Ich freue mich Euch kennen zu lernen. Vor Euch liegt die höchste Aufgabe, die ich je zu vergeben hatte. Sie erfordert höchste Loyalität, boronische Verschwiegenheit und ein Vertrauen, wie es die Götter untereinander nicht schenken würden.“ beginnt der alte Mann zu erklären. „Ihr könntet Euch einige mächtige Menschen Aventuriens zum Feinde machen, aber auch eine fürstliche Belohnung einstreichen. Seit Ihr nicht Willens mehr hören zu wollen, verlasst diesen Raum. Anderseits macht es Euch bequem.“ Damit lehnt er sich in seinem Sessel zurück und schaut die Gruppe erwartungsvoll an. Die Augenbrauen der Helden haben sich längst hoch auf den Köpfen in den Frisuren versteckt. Grimbald findet als erster die Sprache.

„Nun, wie fürstlich soll sie sein, die Belohnung?“ fragt er.

„Und welche Männer machen wir uns zu Feinden?“ fragt Theodore grüblerisch.

„Ich mag ihn nicht!“ wispert Delayar immer noch vor sich hin.

„Nun“, antwortet Stover Stoerrebrandt. „Zunächst einmal, könntet Ihr mich selber zum Feinde bekommen. Die Belohnung beträgt 1/10.000stel aller meiner Besitztümer, etwa 300 Batzen pro Person. 1/3tel davon jetzt, den Rest, wenn wir wohlbehalten angekommen sind.“

Katasir schaut verdutzt auf seine Finger, mit denen er 1/10.000stel auszurechnen versucht, so dass es 300 Batzen ergibt. Ein langes Schweigen zeigt, dass alle mit Rechnen beschäftigt sind.

Wieder ist es der Zwerg, der als erstes die Sprache findet: „Die Hälfte jetzt!“ knurrt er den alten Mann an.

Damit kann man sich in Gareth niederlassen, denkt Tamarak.

„Das könnte die Spesen der letzten Karawane ausgleichen.“ meint Katasir zu seinem horasischen Begleiter. „Nun, wohlan, guter Herr, so wollen wir Euch helfen, wenn wir können.“ lächelt er den alten Kaufmann an.

„So seid Ihr also einverstanden?“

„Was für eine Aufgabe soll den das sein?“ fragt Delila.

„Also offiziell werdet ihr mich als Leibwache begleiten.“ grinst Stover zurück.

„Und inoffiziell?“ fragen alle Zuhörer gleichzeitig.

„Inoffiziell!“ holt Stover tief Luft: „Inoffiziell sollt Ihr mich töten!“

„Kein Problem, gebt mir dann aber das ganze Geld jetzt und es kann sofort losgehen!“ poltert Grimbald in das Staunen der anderen.

„Ich glaube, dass müsst Ihr erklären!“ meint Theodore langsam.

„Nun, das ist ganz einfach. Ich möchte auf der Reise nach Gareth meinen Erben bestimmen. Um aber genau herauszubekommen, wie meine Liebsten zu mir stehen, möchte ich von der Bildfläche verschwinden!“ erklärt Stover.

„Ah!“ entgegnet Tamarak. „Ihr wollt also nicht wirklich getötet werden, sondern nur vortäuschen, dass ihr tot seit um bei der Beerdigung zuschauen zu können, wie sie alle heulen.

„Nun, ich bin dann schon wirklich in dem Sarg drinnen, der vergraben wird.“ klärt Stoerrebrandt auf. „Ich habe eine Tinktur bei mir, die werde ich nehmen. Sie wird mich fast in Borons Arme bringen. Aber nach 20 – 30 Stunden müsste man mich ausgraben, da ich dann wieder zurückkomme.“

Ein allgemeines „Aha!“ geht durch die Runde. „Wie werden Eure Verwandten reagieren, wenn wir Euch scheinbar töten?“ fragt Katasir.

„Das wird sicher kein Problem sein!“ meint Tamarak.

„Meint Ihr, dass wir das Geld noch genießen können, wenn uns Eure Verwandten für Euren Tod verantwortlich machen?“ jammert Katasir weiter.

„Wenn wir den Herrn killen, gibt es keine 300 Dukaten. Die gibt´s nur, wenn wir ihn wieder ausbuddeln.“ Berichtigt Delila den Novadi. „Aber was ist, wenn die Tinktur nicht richtig wirkt und Ihr nicht wieder aufwacht?“ fragt sie den alten Händler.

„Das Risiko ist mir bewusst!“ erklärt er. „Es soll so laufen, dass ein Goblinstamm, der mir noch einen Gefallen schuldet, mich in einer Ruine überfällt.“

„Ach, und wir sollen das dann nur bezeugen!“ meint Delila.

„Ja, Natürlich müssen die Goblins noch entsprechend eingeschworen werden, dass es sich um einen Scheinüberfall handelt. Goblins sind ja nicht gerade die Leute, die mit einem geschriebenen Brief zu überzeugen sind.“ Erzählt Stoerrebrandt weiter. Grimbald glotzt.

„Ja, kleiner Mann, Du sollst einem Goblin klarmachen, dass er nicht richtig zuhauen darf.“ feixt Delila.

„Ihr dürft natürlich auch bei denen nicht richtig zuhauen!“ meint Stoerrebrandt zu dem Zwerg.

„Aber dann wirkt es doch viel authentischer!“

„Wer wird bei dem Schauspiel alles dabei sein?“ fragt Tamarak.

„Ich werde mich von dem Treck etwas entfernen, bis zu einer Ruine. Begleiten werdet Ihr mich..., “ beginnt Stoerrebrandt.

„Mit sieben Leibwachen und kein einziger Goblin bleibt liegen?“ unterbricht Delila ungläubig. „So schlecht sind wir nun auch nicht!“

„Vielleicht kann man eine entsprechende Illusion erzeugen!“ meint Theodore zu Delila. Sie nickt langsam.

„Ich möchte dazu mal sagen: Dieser Plan, den Ihr da habt!“ richtet Grimbald sich auf. „Er scheint mir genial, wagemutig und komplett schwachsinnig, aber ich werde ihn mitmachen für ... 400 Dukaten. 200 jetzt und 200 wenn die Sache durchgestanden ist. Und ihr könnt Euch sicher sein, meine Loyalität wird so fest sein, wie die Felsen, in die Xorlosch gebaut ist.“

„Ich bin nicht Willens auch nur einen einzigen Batzen mehr zu zahlen als 300.“ wehrt sich Stoerrebrandt.

„Für diesen dämlichen Plan sind 400 durchaus angemessen. Es kann etwas schief gehen. Und es wird etwas schief gehen, immerhin verlasst Ihr Euch auf Goblins, und dann brauchen wir jede Münze um uns zu verdrücken.“ baut der Zwerg sich auf.

„Ich verlasse mich auf Euch, nicht auf die Goblins. Wenn Ihr sie gut anweist, kann nichts passieren.“

„Ein Haufen Pferdeäpfel ist intelligenter als ein Goblin, weil Fliegen drin sind.“ Grimbalds Stimme wird nun ungeduldig.

„Wollt Ihr das Geld verdienen oder nicht?“ fragt Stoerrebrandt in einem Ton, der keine Missverständnisse zulässt. Tamarak ist sich sicher, dass sich nicht einfach mehr Geld raus handeln lässt, solange die Helden nichts gezeigt haben.

„Wir wollen Euch helfen.“ beschwichtigt er den Streit. „Aber die Dienste, die Ihr verlangt sind doch sehr ungewöhnlich und nicht so einfach zu handhaben. Können wir uns auf 350 einigen?“

„Nein. 300, mein letztes Wort!“ stellt Stoerrebrandt fest.

„Nun, ich für meinen Teil benötige weniger Geld.“ mischt Theodore sich ein. „Wenn Ihr vielmehr Euren Einfluss nutzt um ein Wort für mich einzulegen bei gewissen Vätern, wäre mir das viel wert!“

„Dann nehme ich Euer Geld!“ schnappt der Zwerg dazwischen. Sein Kopf wird langsam rot wie sein Bart.

„Nun, nach der ganzen Angelegenheit werde ich mich sicherlich erkenntlich zeigen.“ beschwichtigt Stoerrebrandt die Gruppe.

„Das könnt ihr ruhig schon vorher tun!“ meint Theodore und schaut Delila dabei an. „Wer weiß, was hinterher ist!“ Er grinst.

„Ich werde nicht mehr zahlen, als die 300 Batzen!“ verkündet der Kaufmann nochmal.

Katasir fährt wie aus einem Traum hoch: „Um nochmal auf die Feinde zurückzukommen. Wen machen wir uns möglicher Weise zu Feinden, wenn wir den Treck begleiten?“

„Nun, die nicht erbenden Kinder! Sind es sieben?“ antwortet Delila.

„Nein, Ich habe vier Kinder. Wer hat denn von sieben gesprochen?“ berichtigt Stover.

„Die Leute auf der Straße.“ erklärt Grimbald. „Sie haben auch erzählt, Ihr wolltet Euer Geld einem Drachen geben.“

„Alles erfunden!“ schüttelt der alte Mann den Kopf. „Ich will mein Leben ja noch genießen!“

„Wir auch!“ antwortet Delila, Theodore und Grimbald gemeinsam.

„Ich will kein Geld verdienen um meine Flucht zu bezahlen.“ zetert Delila.

„Eben. Etwas Aufregung ist ja schön und gut. Aber ich habe anderes vor, als zu fliehen!“ pflichtet Theodore ihr bei.

„Natürlich werdet Ihr nicht verfolgt!“ beruhigt Stoerrebrandt die aufgebrachten Leute. „Meine Pagin wird dafür sorgen, dass Ihr die versprochene Belohnung erhaltet und alles richtig gestellt wird, wenn etwas schiefgehen sollte.“

„Und wie wollt Ihr das überprüfen nach Eurem Tode?“ bemerkt Grimbald.

„Sie ist treu ergeben!“ bestimmt Stoerrebrandt. Die sommersprossige Pagin an der Tür nickt ihm zu.

„Das hat der Kaiser von von Rabenmund auch gedacht!“ entgegnet der Zwerg. Alle lachen.

„Ich vertraue ihr!“ stellt der alte Mann im Brustton der Überzeugung fest.

„Nun, dann also 350!“ stichelt der Zwerg.

„300 pro Person und keinen Heller mehr!“ entscheidet Stoerrebrandt. „Ihr seid ein echter Dickkopf, Herr Zwerg!“ er wirkt jetzt ärgerlich.

„Nun, vielleicht kann man sich so einigen, dass es für den Plan die gebotenen 300 Batzen gibt.“ greift Tamarak ein. „Sollte etwas Unvorhergesehenes weitere Taten nötig machen, sind je nach Aufwand mindesten 50 Batzen mehr fällig. So kommt jeder zu seinem Recht!“ beide Männer schauen sich knirschend an.

Isa beobachtet die Pagin. Delayar folgt ihrem Blick und flüstert: „Sie ist die einzige, die die Absprache bezeugen kann.“

„Ja, wir müssen gut auf sie aufpassen!“ meint Delila. „Am besten mit eingraben!“ fügt sie hinzu.

Irinja scheint die Worte gehört zu haben. Sie blickt sehr unglücklich. Einen Augenblick kann Isa in ihre Gedanken schauen. Sie ist empört als Verräterin betrachtet zu werden und mit eingraben lassen will sie sich auch nicht. Möglicherweise ist sie die letzte Rettung ihres Herrn. Isa flüstert das den anderen zu. Delila würde den anderen Deppen aus dem Hafen keine 100 Batzen zahlen und dann erwarten, nicht erschlagen zu werden. Es ist ganz schön leichtsinnig.

Stover Stoerrebrandt erzählt den anderen inzwischen, dass zwei weitere Leibwächter aus dem mohischen Urwald, 'Bingo und Bongo', dabei sind, die auch nichts wissen dürfen. Es sollen keine Leute wirklich zu Schaden kommen. Die Krieger kräuseln die Stirn. Die Goblins überreden ihre Waffen zu polstern? Die Leibwächter, die seit Jahren treu ergeben sind, ausschalten ohne sie zu verletzen? Das wird nicht einfach.

„Dann müssen wir jetzt noch den Vertrag aufsetzen und unterschreiben.“ meint Stoerrebrandt und beginnt in einer Schublade seines Schreibtisches zu suchen.

„Der Goblinstamm schuldet Euch noch was, sagtet Ihr!“ unterbricht ihn Tamarak. „Was denn?“ Stoerrebrandt hat sieben Beutel hervorgeholt und wirft nun jedem der Freunde einen zu. Der Zwerg zählt seinen Inhalt sofort nach. Tamarak wartet, bis der genüsslich grinst. Dann kann er sich das Zählen sparen.

Grimbald schaut zu der kleinen Isa rüber, die etwas befremdet auf den Beutel in ihrer Hand schaut. „Der gehört Euch!“ bestätigt ihr Grimbald. „Euch!“ er grinst. Sie schaut noch mal auf den Geldsack, dann zu dem Alanfaner neben sich. Dann lächelt sie den Zwergen an.

„Jetzt noch ein paar Kleinigkeiten.“ murmelt Stoerrebrandt beiläufig.

„Kleinigkeit!“ die Augenbrauen fliegen wieder hoch.

„Ja. Hier ist der offizielle Vertrag. Den müsst Ihr dann unterschreiben. Damit engagiere ich Euch als Leibwächter.“ erklärt er im Geschäftsmann-Ton. Er reicht ein Papier herüber und alle kommen von ihren Plätzen an den Schreibtisch um darauf zu sehen. Theodore nimmt es in die Hand und liest es vor. Es ist in Garethi abgefasst, Delila und Tamarak können es auch lesen, ein Standard-Leibwächter-Vertrag, der besagt, dass die Helden den Meister Stoerrebrandt bis Gareth begleiten und mit Leib und Leben schützen. Dafür gibt es 100 Batzen, die den Helden ausgezahlt sind.

Dann holt er einen zweiten Vertrag vor. In ihm ist der Goblinüberfall und die Begräbnisintrige erklärt. Dafür sind die anderen 200 Patzen vereinbart. Stoerrebrandt zieht eine Feder aus seinem Hut und taucht sie in Tinte. Delayar schaut den ersten Vertrag traurig an.

Tamarak guckt: „Was ist denn los? Das ist in Ordnung. Das kannst Du abzeichnen.“

„Ich kann nicht schreiben!“ gibt der Elf kleinlaut zu.

„Dann macht Ihr drei Kreuze!“ fährt Stoerrebrandt dazwischen.

„Nein, ich zeig Dir, wie Du Deinen Namen schreibst!“ klopft Tamarak dem Elfen auf die Schulter. Auf einem herumliegenden Zettel führt der Ritter die Federhand des Elfen zu zwei Einsen.

„Das ist ja einfach!“ freut sich der und unterschreibt den Leibwächtervertrag mit „11“. Die anderen grinsen, werden aber von Theodore abgelenkt, der beim Durchlesen des zweiten Vertrages „Nein, das tu ich nicht!“ gerufen hat. Jetzt legt er den Vertrag auf den Tisch und zeigt auf einen recht kleingeschriebenen Absatz.

„Ich gebe keine Haarlocke ab!" verkündet er stolz und hat die ungeteilte Aufmerksamkeit der Magierin.

„Wie bitte? Was sollen wir abgeben? Nein, nein, nein. Das kommt nicht in Frage!" Die Magierin ist sichtlich aufgebracht. Grimbald fasst sich auf seinen kahlen Schädel und dann an seinen gepflegten Bart. Sein Gesicht spricht Bände. Alle haben Geschichten von bösen Druiden vor Augen, die in Sagen und Legenden mit abgeschnittenen Haarlocken aus rechtschaffenen Helden wahre Zombies gemacht haben.

„Aber wir waren uns doch gerade einig!" ruft Stoerrebrandt verstört.

„Nicht über Haarlocken, die abgegeben werden." klärt Delila die Situation.

„Oh, hatte ich vergessen das zu erwähnen?" meint der alte Mann schnippisch. „Es ist eine Rückversicherung für mich. Ich vertraue euch mein Leben an. Ihr bekommen sie hinterher wieder!" versucht er die aufgebrachten Helden zu beruhigen.

„Seht Ihr das?" Der Zwerg zeigt auf seinen kahlen Kopf. Stoerrebrandt nickt. „Und seht Ihr das?" Jetzt zeigt er auf seinen langen Bart. „Kein einziges Haar bekommt ihr davon, solange ich lebe."

„Nun, es ist meine Sicherheit, dass ihr mich nicht erschlagt und mit meinem Geld davon zieht." wehrt sich der Händler.

„Dann zählt unser Wort nicht?" fragt Katasir provokant.

„Es ist ein Vertrag!" winselt Stoerrebrandt.

„Ihr unterstellt mir, einem Amboss-Zwerg, dass ich mein Wort breche?" Grimbald hat wieder die rote Gesichtsfarbe. „Ich erschlage euch gleich, wenn ihr mir das unterstellen wollt!" schimpft er den alten Händler an. „Ihr bekommt kein Haar von mir. Kein einziges Haar!" beginnt er nun zu brüllen. „Dann verzichte ich auf den Auftrag. Von mir gibt es kein Haar!"

„Gemach, Leute, gemach!" versucht Tamarak zu beruhigen. „Wir sind alle sicher gerne bereit, auf die Götter, an die wir glauben, zu schwören. Möge der Blitz uns beim Scheißen treffen, wenn wir euch verraten. Aber ein Haar gibt keiner von uns her."

Stoerrebrandt guckt einen Augenblick in die zornigen Gesichter der Gruppe. Dann besinnt er sich. „Gut, machen wir es so. Ihr unterschreibt den Vertrag und nennt eine Strafe, die Euch ereilen soll, wenn ihr ihn brecht." Dabei winkt er mit der Schreibfeder.

„Was ist das für eine Feder?" überlegt Delila. „Wir verkaufen doch wohl nicht unsere Seele?" flüstert sie Theodore zu.

„Was passiert, wenn man mit eben dieser Feder unterschreibt?" Fragt der Edelmann den Händler direkt.

„Es ist so, wie Ihr wolltet. Mit dieser Feder unterschreibt man einen Eidsegen. Deshalb müsst Ihr Euch eine Strafe überlegen, die Ihr auf Euch nehmt, wenn Ihr mich hintergeht." antwortet Stoerrebrandt. „Wir streichen den Teil mit den Haaren. Die Prämie für Unvorhergesehenes wurde hinzugefügt!" Bei diesen Worten streicht er mit einem kratzenden Geräusch den besagten Absatz. Theodore tritt an den Schreibtisch und überfliegt gemeinsam mit Tamarak noch einmal die einzelnen Abschnitte.

Dann nickt Tamarak. „Ich habe vor, den Vertrag zu erfüllen. Wenn ich ihn absichtlich breche, soll Herrin Rondra mich beim Scheißen erschlagen." spricht er und unterzeichnet den Vertrag.

„Und was soll Euch passieren, wenn Ihr uns betrügt?" fragt Delila, als sie die Feder zögernd aus der Hand des Ritters nimmt.

„Dann erben wir!" grummelt der Zwerg mit sichtlich bester Laune.

„Wohl nicht!" meint Stoerrebrandt und schaut nachdenklich. „Was soll mir passieren?" Dann schaut er den Edelmann an. „Ihr habt mich auf eine Idee gebracht. Da meine Kinder einen Wettstreit bestreiten um mein Erbe zu kommen, werde ich Euch da mit einbauen. Sie sollen gegen Euch antreten!" verkündet er fröhlich.

„Nein!" schüttelt Delila den Kopf. „Ich verzichte!"

„Ein Wettstreit? Etwas mit Bogenschießen?" fragt Delayar neugierig.

„Nein. Eine Phexgefällige Prüfung, dem Glauben zuträglich. Ihr habt die Gelegenheit mein Handelsimperium zu erben!" grinst er.

„Was soll ich mit Eurem Handelsimperium?" winkt Delila ab.

„Ich mache da mit. Das gefällt mir!" Theodore schaut den alten Mann freudig an. „Ich bin sehr interessiert."

„Ja, dann haben wir zumindest schon mal einen!" Stoerrebrandt schaut aufmuntern in die Runde, aber niemand macht Anstalten sich zu melden. „Soll ich Euch dann so mit in den Vertrag aufnehmen?" fragt er den Edelmann.

„Das könnt Ihr da so hineinschreiben." bestätigt er.

Stoerrebrandt macht sich sofort daran, einen weiteren Absatz hinzu zuzufügen. Theodore beobachtet ihn dabei genau. Nun steht da, dass er an dem Wettstreit mit den Kindern des Händlers teilnimmt und, sollte er gewinnen, das Erbe antreten darf. Die anderen schauen ihn skeptisch an. Grimbald fragt sich, was für ein Wettstreit das wohl wird. Delila sieht den neu gewonnenen Freund schon mit den Nachfahren des Handelsherrn um das Erbe streiten und vielleicht sogar Morden. Der Elf versteht nicht, wie man das Erbe eines fremden Mannes anstreben kann. Keiner scheint auf den möglichen Reichtum neidisch zu sein. Als der alte Händler fertig ist, dreht er den Vertrag wieder den Helden zu und reicht seine Feder nun Theodore.

„Wenn Eure phexischen Tugenden die meiner Kinder übersteigen, soll es gerne euch gehören." Jetzt wird auch Theodores Lächeln ein wenig gezwungen. Der Hinterhofadel scheint ein Erbe dringend zu brauchen.

Es ist Katasir, der die Feder als nächstes nimmt. Er setzt seinen Namen gleich neben Tamarak und spricht laut: „Wenn ich mein Wort breche, soll Rasthulla mich Strafen und meine Familie mich verstoßen."

Isa tritt vor, nimmt die Feder wie der Novadi vor ihr und spricht: „Ich werde mich eine Woche um den kleinen Bruder meines NeHa kümmern, wenn ich untreu zu diesem Vertrag werde!" Damit malt sie einen Klingel unter Katasirs Zeichen.

Delayar greift als Nächstes zu: „Wenn ich diesen Vertrag breche, soll ein Blitz den Baum meiner Familie treffen!" Er wirkt sehr unsicher dabei, als erwarte er, seine Angehörigen eintreten zu sehen, um ihn auszuschimpfen.

Jetzt greift auch Theodore zur Feder und spricht: „Sollte ich diesen Vertrag brechen, so will ich enden auf einer der Galeeren meines Vaters, als Sklave!" Stoerrebrandt schaut den jungen Mann skeptisch an. Auch der Elf guckt angewidert.

Jetzt nimmt auch Delila langsam die Feder. Sie unterschreibt schwingend. „Phex wird sich etwas ausdenken!"

Dann greift auch der Zwerg zu: „Wenn ich Euch mein Wort gebe, bei dem heiligen Amboss, auf dem Ingerim die Welt schmiedete, vor all diesen Zeugen. Sollte ich es brechen, so will ich meinen Namen verlieren."

„Dann unterschreibt!" Stoerrebrandt wirkt leicht genervt.

„Nein, ich werde nicht unterschreiben! Mein Wort sollte genügen. Es ist unzerbrechlich wie die Welt, die geschmiedet wurde." Damit legt er die Feder nieder.

Alle schauen erst auf den Zwerg, dann auf Stoerrebrandt, der jetzt wirklich ärgerlich aussieht, dann sich gegenseitig an.

„Sturkopf wie ein Nashorn, Intelligenz eines Zaunpfahls!" murmelt Isa. Alle schauen ihn sauer an. Eingeschüchtert greift er nun doch zur Feder und kritzelt unter Grummeln einige Zwergenzeichen auf das Papier.

Stoerrebrandt sammelt die beiden Papiere ein und steckt sie jeweils in Umschläge, die er versiegelt. Grimbald hat sich zurückgezogen und lehnt mit einem unergründlichen Grinsen im Gesicht an der Wand, während der Händler die Feder wieder an seinen Hut steckt und die versiegelten Pergamente seiner Pagin übergibt. Diese steckt sie unter ihre Kleidung, wo sie unsichtbar sind. Dann eilt sie hinaus und kehrt etwas später mit einer Karaffe und Pokalen wieder. Jeder bekommt einen Pokal mit etwas Wein gereicht.

Dann erhebt Stoerrebrandt seinen Becher. „Trinkt mit mir auf meinem Tod!"

Katasir schaut mit einer Grimasse in den Pokal und hebt ihn zum Anstoßen. Dann schaut er noch mal rein und stellt ihn beiseite. Auch der Elf ruft nach Wasser, wird dann aber vom Zwerg mit dessen leeren Becher erlöst. Stoerrebrandt schaut ihn missbilligend an.

„So." meint er dann. „Jetzt haben wir noch fünf Tage Zeit, bis der Treck sich in Bewegung setzt. Ihr solltet die Zeit nutzen, um Euch auf Eure Aufgabe vorzubereiten. Solltet Ihr etwas kaufen wollen, so erhaltet Ihr in meinen Handelshäusern 20 Prozent Nachlass auf die Waren mit diesem Rabattschein." Stoerrebrandt überreicht Tamarak einen Zettel mit Siegel.

„Wie können wir eigentlich Kontakt zu den Goblins aufnehmen? Spricht jemand ihre Sprache?" fragt Grimbald nachdenklich. Alle schütteln die Köpfe.

„Ach, die Goblins! Ja!" kommt Stoerrebrandt hinter seinem Schreibtisch hervor. „Der Stamm, den ich meine, heißt 'Raffzahn'. Er wird von einer Schamanin namens 'Zewulwu' angeführt. Mit ihr solltet Ihr verhandeln. Sie spricht Garethi." Dann geht der zu einem Gemälde an der Wand rüber. Darauf sind sechs Personen zu sehen. Er selbst steht in der Mitte, ist allerdings noch etwas jünger abgebildet als heute. „Wenn Ihr schauen wollt: meine Kinder!" Der alte Händler zeigt auf die fünf Personen um sein Bild darum. Die Personen scheinen nach und nach in das Bild eingefügt worden zu sein.

„Hier neben mir ist mein ältester Tochter Peranka!" Er zeigt auf eine sitzende Frau mit strenger Frisur. Neben ihr steht ein junges Abbild vom Vater. „Das ist mein Sohn Emmeran. Er erinnert mich immer an mich selbst. Er ist ein großartiger Handelsmann in Gareth, gibt aber gelegentlich zu viel Geld aus. Er ist noch nicht verheiratet, der Lump. Daneben steht der Mann von Peranka, Kalman!" Die Gruppe schaut den verkniffen und linkisch dreinblickenden Mann an.

„Was für ein Stiefel!" kommt aus Tamaraks Richtung.

„Bei Hesinde hat sie sicher laut gerufen, bei Rahja hat sie es vergessen!“ meint Isa.

„Der Vampir ist mit der Gouvernante verheiratet?" fragt Grimbald.

Stoerrebrandt schaut ihn ernst an. „Sie ist hoch intelligent. Sie führt die Bücher schon seit einigen Jahren! Und nie hat sie einen Fehler gemacht. Sie dient und berät lieber als zu herrschen und zu entscheiden." verteidigt er sein Fleisch und Blut.

Links neben ihm steht ein Lockenkopf in Abenteurerkleidung. Sie sieht ein wenig wie eine Piratin aus. „Vanjescha, ach, nicht der Rede wert." kommentiert er. Dabei sieht er unglücklich aus. Sie scheint nicht in die Familie zu passen. „Und Alina. Sie ist 37, meine kleine. Sie ist mit dem Prinzen von Salderkein verheiratet und kann gut mit Geld umgehen." Er zeigt auf die feine Dame links neben sich. „Aber sie träumt von Reitern und Schlachten!" Der alte Mann sinniert etwas in sich hinein.

„Goldköpfchen!" Grimbald zeigt auf die Piratin. „Was ist mit ihr, dass sie nicht der Rede wert ist?"

Stoerrebrandt schaut ihn einen Augenblick an, als ob er nach den richtigen Worten sucht. „Nun, sie wandelt schon auf phexischen Pfaden, aber nicht auf denen, die ich schätze." sagt er dann vorsichtig.

„Nun, ich wüsste schon gern, mit wem ich es zu tun habe!" meint der Zwerg.

„Sie alle werden mich auf der Reise nach Gareth begleiten. Da könnt Ihr sie kennen lernen. Eigentlich ist sie eine reizende Person, aber manchmal ... "

Tamarak schaut das Bild an. Sie scheint nicht recht sein Blut zu sein, so anders sieht sie aus. Die älteste Tochter ist eine Buchhalterin, aber keine Führerin. Die zweite ist verträumt, die dritte ist aus der Art geschlagen. Und der Sohn scheint auch eher eine Tochter zu sein, die das gute Leben schätzt.

Die Helden schauen sich vielsagend an und zwinkern sich mit den Augenbrauen zu, als wären sie einer Meinung über die Sippe des Handelsherrn. Er schaut skeptisch zurück. Er versucht Zeichen in Füchsisch zu finden, bricht dann aber resigniert ab, als er feststellt, das es wohl eine andere Geheimsprache ist, die die Helden benutzen.

„Nun, ich möchte durch die Drachenpforte nach Gareth wandern. Einige Kundschafter habe ich schon los geschickt um die Wege zu erkunden."

„Wo genau geht es lang?" fragt Katasir.

„Ich habe keine Karte parat, aber es geht an den Drachensteinen vorbei, zwischen Rote-und Schwarze Sichel hindurch bis Baliho. Von dort nehmen wir die Reichsstraße nach Gareth." erklärt alte Händler.

„Gibt es nicht noch eine sicherere Route?" fragt Katasir.

„Ja, im Norden um die Berge herum, aber das ist viel weiter und von Dieben belagert. Von meinem Plan durch die Berge zu reisen wissen nur wenige."

„Mitten durch das Gebirge?" fragt Delila Katasir.

„Super, wenn Räuber dort den Treck sehen, haben sie es leicht!" wispert der zurück.

„Nun, ich kenne den Pfad! Ganz sicher!" nickt der Zwerg.

„Ja, von oben runter einen Steinschlag auszulösen und dann die Reste Einsammeln, ja!" schüttelt Delayar den Kopf.

„Aber man kann doch mit den Wagen nicht einfach die Berge lang?" zweifelt Delila

„Das meine ich auch!" bestätigt Katasir.

„Dort gehen Wanderpfade entlang!" wirft Tamarak ein. „Wir sind den Weg vor einigen Wochen gekommen als wir eine andere Handelsfamilie hier her gebracht haben!"

„Aber 300 Leute, dutzende Wagen, die können doch kein Trampelpfad entlang..." Delila regt sich auf. Langsam wird das Wispern lauter.

„Ab wann werden wir als Leibwache Gebrauch?" fragt Isa laut den Händler.

„Nun, in fünf Tagen geht es los. Einen Tag vorher wird mein lieber Sohn Emmeran noch ein Fest geben. Dann solltet Ihr Euch einfinden um alle kennen zu lernen. Die Wagen sind bereits auf der Norbaden-Wiese aufgestellt und werden dort beladen. Wenn Ihr Euch dort umschauen wollt, steht das Euch frei." erklärt Stoerrebrandt.

„Gut!" meint Tamarak. „Dann werden wir uns vorbereiten und zum Fest wieder einfinden." Damit schiebt er die anderen aus dem Raum, bevor ihre gemurmelte Diskussion zu laut wird. Die Gruppe macht sich zwischen den Bediensteten hindurch wieder aus dem Haus hinaus auf die Straße. Heimlich schiebt Isa ihren Beutel mit den 100 Batzen Theodore zu.

„Ich möchte gern die Wagen ansehen!" meint Delayar.

„Nein“, widerspricht Theodore. „Wir sollten ins Hotel gehen und besprechen, was wir alles brauchen können. Das will gut geplant sein." Alle nicken sich an und wandern heim.

Am Tisch in der Herberge holt Katasir seine Karten raus und den Zettel mit der Wegbeschreibung. Mit den Fingern suchen sie den Weg.

„Die Rote Sichel ist ein großes Goblin-Gebiet." meint Delila.

„Hier wimmelt es von Schwarzpelzen." bestätigt Grimbald.

„Eine sehr große Gefahrenquelle!" jammert Katasir.

„Es wird nicht einfach, den richtigen Stamm zu finden!" sagt Delila.

„Die lauern sich doch alle nur gegenseitig auf!" trötet Delayar. „Die werden sich über Abwechslung freuen!"

„Wir sollten Kunstblut haben, wie die Theaterleute, damit der Mord echt aussieht!" wechselt Theodore das Thema.

„Ja, und Zaubertrank! Damit mir die Illusionen nicht ausgehen." gibt Delila dazu.

„Gute Idee!" bestätigt Tamarak.

„Wir können ja beides machen." meint Theodore. „Doppelt hält besser!"

„Was bewirkt denn so ein Zaubertrank?" fragt Delayar.

„Nun, ich kann den Überfall mit allerlei Illusionen unterstützen, sterbende Goblins und Blut und so. Aber dann ist meine Energie schnell erschöpft, und wenn weitere Zauber gebraucht werden, funktioniert es nicht. Mit solch einem Trank kann ich neue Energie tanken und weiter zaubern." erklärt Delila.

„Ach, das könnte wichtig werden." sieht Delayar ein.

Tamarak und Grimbald überlegen, wie sie künstliches Blut herstellen können. Jetzt Ochsenblut zu kaufen ist sicher nicht gut, das verdirbt und keiner weiß, wie lange es bis zu dem Überfall dauert. Vielleicht kann man ja so was fertig zubereitet kaufen. Also wird beschlossen mal den großen Krämerladen aufzusuchen.

Im Handelskontor am Hafen ist nicht viel Betrieb. Schnell haben sich die einzelnen Gruppenmitglieder in den Regalen und Abteilungen verteilt.

Tamarak und Delila sind zur Alchimisten-Ecke gegangen.

„Guten Tag, gute Frau!" beginnt Delila. Die Verkäuferin lächelt. „Ich benötige einen Zaubertrank. Wir sind als Begleiter für den Herrn Stoerrebrandt angeheuert und ich möchte meinen Auftraggeber gut betreuen!" Damit legt sie den Gutschein des Händlers vor.

Die Bedienstete hat einige Flaschen mit dem speziellen Saft da. „60 Batzen bitte!" verkündet sie stolz und stellt einen Flakon auf den Tisch.

„Nun, das ist recht viel Geld und ich soll es ja für Ihren Arbeitgeber benutzen. Habt Ihr nicht günstigere Ware da?"

Sie schaut sich um. „Nein. Mit dem Rabatt Eures Scheins bekomme ich 48 Batzen." bleibt sie fest.

„Wir können ja Zusammenlegen!" meint Theodore, der dazukommt.

„Ja, aber das ist dann ohne Garantie." wirft Tamarak ein.

„No Risk, No Fun!" lächelt Delila.

„Nun gut, Frau Verkäuferin!" Tamarak lehnt sich freundlich grinsend zu der Verkäuferin über den Tresen, schaut ihr tief in die Augen und meint: „Zwei zu 70!" Dabei zwinkerte er ihr zu.

„Ihr kriegt schon 20 Prozent Rabatt!" protestiert die Frau.

„Ja, aber es ist ja auch nicht für unsere privaten Belustigung." versucht der Ritter sie zubecircen.

„Mir scheint das schon, dass es für Euch ist!" entgegnet sie keck.

„Nein, es ist für die Leibwächter von Deinem Chef!" flüstert Delila ihr zu. Dabei macht sie hinter dem Tisch eine Geste und Tamaraks Augen beginnen zu glitzern und seine Zähne strahlen. Er scheint der Verkäuferin eine Einladung zu unterbreiten.

Die Frau wird zum Eisklotz. „48 Batzen pro Stück so oder acht Batzen je Dosis!" entgegnet sie kühlt und räumt die Flaschen wieder weg. Tamarak und Delila schauen sich Schulter zuckend an.

„Dann wird Meister Stoerrebrandt wohl mit einer Amateurvorstellung auskommen müssen!" meint sie und sie gehen zu den anderen.

Der Zwerg und der Elf gehen in die Waffenabteilung. Schnell haben sie die Bögen gefunden und vergleichen die Qualität. Im Regal liegt eine Faltarmbrust.

„Wie praktisch!" meint Delayar.

„Ja, die kann man in eine Tasche stecken." Grimbald schaut sich das Ding genau an. „Ist aber schwer. Und es dauert, bis man sie benutzen kann!"

Der Elf legt den Kopf schief. „Sie könnte in meine Tasche passen. Ich habe eine dabei."

„Ja, aber nur um alle Viertelstunde einen Bolzen zu verschließen. Ein zwergischen Handwerker hat eine Automatikarmbrust gebaut. Die verschießt sechs Bolzen in der Minute!" meint Grimbald.

„Das schafft ein elfischer Bogenschütze auch!" kontert Delayar.

„Naja“, antwortet Grimbald. „Ein Elf geht auch. Ich habe mal von einem Elfen namens Legolas gehört, der hat 200 Pfeile je Minute geschafft."

„Ja, aber nur mit einem dreifachen Axxelleratus!" erwidert der Elf. „Dann geht so was!"

„Ach, so war das. Und die Zwergen Handwerker haben sich Sorgen gemacht!" Beide lachen.

Etwas deprimiert gehen Delila und Tamarak weiter durch den Laden. Zwischen zwei Regalen entdeckten sie den Schwiegersohn von Stoerrebrandt, der in einem eleganten schwarz, blau, goldenen Händlermantel herum steht. Er ist etwa 50 Jahre alt und recht hoch gewachsen. Mit Spazierstock und seinem spitzen Hakennasen-Gesicht wirkt er unglaublich arrogant.

„Nun, wie ich gehört habe, seid Ihr auch ein Teil des Wagenzuges nach Gareth und mit einiger Erfahrung auf Straße und Wildnis zudem!" spricht er die beiden an. Delayar schaut hinter einem Regal hervor und rümpft die Nase.

„Oh, ja, werter Herr!" Tamarak verbeugt sich und setzt ein schmieriges Gesicht auf. „Sind wir doch für die Sicherheit Eures Schwiegervaters und sicher auch Eure bestellt."

„Gestattet, dass ich mich vorstelle. Ich bin Kalman Vejthali Stoerrebrandt." Jetzt deutet der Schwiegersohn eine leichte Verbeugung an. Auch Isa und Theodore haben hinter einem Regal hervor Beobachterposition eingenommen und Tamarak sieht an Kalman vorbei Isa verächtlich guckten.

„Könnt Ihr mir raten, welche Ausrüstung für diese lange Reise opportun erscheint?"

„Eine bequeme Kutsche!" raunzt Delila ihm zu.

„Die habe ich sowieso!" entgegnet der Händler.

„Bequemes Schuhwerk!" meint Tamarak.

„Ich werde wohl kaum laufen!" spottet Kalman.

„Ah, man sollte vorbereitet sein, ob man nicht gelegentlich aussteigen muss und durch die Wildnis laufen, wenn die Wagen festgefahren sind und wieder freigeschoben werden müssen!" gibt Tamarak zu bedenken.

„Ich werde sicherlich keinen Wagen aus irgendwelchem Dreck schieben. Das..." presst Kalman mit Entrüstung vor, bis er unterbrochen wird.

„Nein“, meint Tamarak trocken. „Aber ich denke nicht, dass Ihr die Zeit über fliegen wollt, bis das geschehen ist."

Verärgert guckt Kalman den Ritter an, als ihm klar wird, dass er sich selbst gerade zum Depp abgestempelt hat. „Äh, also festes Schuhwerk für die Wildnis ratet Ihr mir!" versucht er die Situation zu überspielen.

Tamarak nickt. „Ja, das will ich meinen!"

„Ein Kissen, um Euren adeligen Hintern nicht über die Maßen zu beanspruchen!" setzt Katasir von hinter dem Händler hinzu, so dass der aufgebracht herum wirbelt.

„Verzeiht, mein Herr, sollte Ihre Ansage eine Beleidigung sein?" schnaubt er den Novadi an.

„Aber, nein“, beschwichtigt Tamarak. „Er ist ein einfacher Mensch aus einfachen Verhältnissen. Er kommt weit aus dem Süden und dort werden die Dinge beim Namen genannt." Tamaraks Worte glätten die Gesichtszüge des Händlers wieder. „Aber auch ich möchte mich vorstellen: Tamarak ist mein Name!" Bei diesen Worten schlägt der Ritter die Hacken zusammen. „Zu Ihren Diensten!"

Hinter den Regalen ist das breite Grinsen und Kichern ausgebrochen. Tamarak lächelt Kalman jovial an und nimmt ihn bei der Schulter um ihn von den anderen, vor allem Delilas unterdrücktem Lachen weg zubringen.

„Aber der junge Mann hat nicht ganz Unrecht. Eine zusätzliche Polsterung des Sitzes ist durchaus geraten. Die Straßen, wir sind gerade dort entlang gereist, befinden sich in einem nicht unbedingt optimalen Zustand!" Dabei macht der Ritter ein zuversichtliches Gesicht.

„Ich könnte meine Kutsche zusätzlich federn lassen." Kalman lächelt zurück.

„Das ist eine gute Idee!" kommt es vom Zwerg, der sich leise angeschlichen hat. Verwirrt dreht der arme Mann sich wieder um und schaut auf den kahlköpfigen Zwerg herunter. „Ja, ja, ja, aber, ein Handwerker wird ihnen das sicher bestätigen, zu viel Federung kann im entscheidenden Moment die Stabilität des Wagens aus dem Gleichgewicht bringen. Dann ist es doch besser die Sitze zusätzlich zu polstern.“

Isa zieht ihren Arm aus dem Griff ihres Herrn und kommt jetzt hinter dem Regal vor. „Vielleicht, Herr, solltet Ihr den guten Ferrara Eisenherr danach fragen. Der hat bestimmt sehr viel Erfahrung damit!" Mit tief gezogenem Ausschnitt und aufreizenden Blick macht die dunkelhäutige Schönheit sich an den Händler ran, der nun vollends den Überblick zu verlieren droht. Er schüttelt den Kopf und ignoriert die Moha. Sie versucht noch weiter schmachtende Blicke nach ihm zu werfen, wird aber vom Zwerg aus dem Bild gedrängt.

„Auf jeden Fall tut es mir Leid, was er gesagt hat." Grimbald zeigt auf Katasir. „Er ist noch jung und kann nichts dafür. Er hat euch halt für adelig gehalten. Kann passieren."

Kalmans Gesichtszüge erfrieren. „Ich habe mich durchaus bereits vorgestellt und er sollte anhand meines Namens wissen, dass ich adeliger Abstammung bin!" keift Kalman laut los.

Der Elf schüttelt den Kopf über den Zwerg und geht weg. Die Magierin versucht auch so auszusehen, als ob sie nicht zu ihm gehört. Tamarak zieht eine Augenbraue hoch und sucht Blickkontakt zu dem Händler.

„Ihr kennt Euch doch sicher in diesem Zeughaus aus. Könnt Ihr mir nicht helfen, richtige Waffen zu kaufen?" fügt Grimbald keck hinzu.

Tamarak schüttelt mitleidig den Kopf und winkt ab. „Ein Zwerg!" Alle schauen den Zwergen strafend an.

„Aber ihr wolltet mir sagen, wo ich hier die Waffen finde." setzt Grimbald nach.

Delayar schiebt sich vor den kleinen Mann. „Um das Thema aufzugreifen. Ihr solltet tatsächlich auch Waffen mitnehmen auf die Reise." lächelt er den älteren Mann freudig an. Der schaut nun giftig von einem zum anderen.

„Es sollte nur der eine Waffe mitführen, der sie auch gut benutzen kann. Man sollte bei der Auswahl der Waffe immer darauf achten, dass man darin gut ist!" belehrt Tamarak den Elfen um von dem Zwerg abzulenken.

Isa hat sich wieder an den Händler ran geschlichen und hakt sich jetzt bei ihm ein. „Ich glaube, dass ich Euch nützliche Tipps für die Reise geben kann!" schnurrt sie.

„Ach ja?" meint Kalman.

„Und wo sind denn hier nun die Waffen?" quäkt der Zwerg wieder dazwischen.

„Da drüben am Tresen ist Personal!" ranzt Kalman zurück und lässt sich jetzt doch von der ihn anhimmelnden Moha wegzerren. Tamarak nimmt den Elf aus dem Weg, so dass die beiden weg gehen können. Amüsiert und erleichtert schaut der Krieger ihm nach und schickt Elf und Zwerg zu dem Alanfaner, der noch immer verdaddert hinter dem Regal steht und 'Was machst sie da?' zu fragen scheint.

„Beschäftigen!" antwortet Tamarak und zieht auch Katasir mit von der Bildfläche.

„Auf jeden Fall wäre Reisekleidung angebracht. Diese edlen Sachen sind nicht geeignet im Schlamm herum zu laufen." schlägt dieser dem Händler vor.

„Das ist mir schon klar!" erwiderte er. „Ich wollte wissen, was man - was man - äh ja - es - was man so gebrauchen könnte." beginnt Kalman zu stammeln. „Aber, äh, äh, ich bin mir nicht ganz sicher. Ihr scheint nicht wirklich meines Standes angehörig zu sein?" Isa glotzt ihn an.

Hinter dem Regal glotzen auch die anderen heimlichen Zuhörer. „Wie mords unhöflich!" wispert Tamarak.

„Der ist ein Sack!" stellt Grimbald befriedigt fest.

„Ihr habt die Wette gewonnen. Ich gebe euch heute Abend ein Bier aus." Tamarak hält dem kleinen Mann die Hand hin, die dieser breit grinsend nimmt und schüttelt.

Delila schubst Theodore an. „Ihr solltet jetzt gehen und Eure Dame da raus holen." Sie grinst. „Gerade so, als wäre sie Eure Verwandte. Dann müsste er denken, sie ist adelig und nicht nur von niederer Abstammung. Das würde seine Bemerkung rechtfertigen!" Dabei schaut sie den Edelmann an.

„Ja, das könnte ich machen." überlegt er.

Katasir hat in einem Regal gerade die Decken und Kissen entdeckt. „Ich glaube, ich kaufe davon. Und ein Kissen extra für den empfindlichen Herrn dort." Alle müssen lachen.

„Wir sollten den Schutz der Götter anrufen!" regt Grimbald an.

„Gute Idee. Das Kissen sollte man weihen lassen und ein Praios-Amulett zur Erleuchtung wäre auch gut." meint Tamarak.

„Der Elf kann vielleicht besonders gut beten. Wir wollen ja durch die Wildnis." Grimbald schaut zu Delayar auf.

„Wir Elfen beten nicht." entgegnet der.

„Ach ja!" Grimbald rauft sich den Bart. „Ihr habt ja nur diese zwei Götter. Nurti und Gurti, oder so..." Delayar Muss Grinsen.

„Ach“, meint Tamarak. „Wie meinte Morgentau noch immer: Ich denke an Nurti und schon schlafe ich sanft ein!" Alle lachen wieder. „Aber ohne Götterhilfe wird es nicht klappen!" meint Tamarak.

„Ja!" bestätigen alle.

„Halt, ich brauche noch Decke und Kissen!“ jammert Katasir.

„Bekommst Du!" Tamarak legt den Arm um ihn und sie gehen ein gutes Kissen und eine Decke kaufen, bevor sie mit Delila das Handelshaus verlassen und sich nach Tempeln umschauen. Grimbald und Delayar suchen die Waffen und schauen sich dort um. Sie mussten Tamarak noch versprechen, den Händler nicht weiter zu beleidigen. Immerhin steht die Reise noch bevor.

Isa und Kalman haben sich einen Augenblick angesehen. Jetzt regt er sich. „Ich glaube ich hatte Euch jemanden 'Herrn' nennen hören." stellte er etwas blasiert fest. „Und dementsprechend..."

„Euch!" entgegnet die Moha kurz und sanft.

Kalman macht ein Käsegesicht. „Ach so!" stammelt er. Es entsteht wieder eine Pause.

„Ihr solltet Euch auf jeden Fall einen guten Diener mitnehmen!" unterbricht Isa das Schweigen.

„Natürlich!“ antwortet er kurz.

„Dann war Eure Frage vorhin also rein höflicher Natur? Oder wolltet Ihr wirklich Hinweise für die Reise haben? Wenn Ihr so gut vorbereitet sein, warum fragt Ihr uns dann?" Isa lächelt ihn an.

„Ich dachte, ich verlasse mich nicht nur auf meine Diener, sondern besorge mal selbst etwas. Die wissen vielleicht auch nicht alles." entgegnet er.

„Und was speziell benötigt Ihr noch für die Reise?" Isa wird provozierend. „Ihr könntet ein Anti-Drachen-Serum mitnehmen!" spitzt sie. Kalman macht ein saures Gesicht und schaut sich suchend, vielleicht nach den anderen, um. „Ihr wirkt etwas abgelenkt. Ich glaube ich lasse Euch lieber in Ruhe!" Damit wendet sie sich zum Gehen.

Diesen Moment hat Theodore abgewartet. Er kommt hinter dem Regal raus und hält ihr den Arm hin. „Madame!" bietet er ihn an. Nach kurzem Zögern greift sie zu und sie gehen zu dem Zwergen und dem Elfen, die wieder über Armbrüste reden.

Vor der Tür überlegen Tamarak und Delila, womit sie anfangen. „Bei Praios fängt man an!" stellt Tamarak fest und sie ziehen los. Nach und nach tragen sie je einen Batzen in die 12 Tempel, kaufen einige Praios-Amulette und lassen Kissen und Decke im Travia-Tempel weihen, auf dass sie besonders weich, gemütlich und schützend seien. Es wird ein Gänsebändchen drum gebunden.

„Werter Verkäufer!" spricht Grimbald einen offensichtlichen Bediensteten an. „Ich suche eine zwergische Repetier-Armbrust!"

Der Verkäufer schaut sich um. „Finden Sie hier nicht, mein Herr!" antwortet er direkt.

„Das habe ich mir gedacht, dass sich so was hier nicht findet. Was für ein Scheiß-Laden." Maulig zieht er weiter.

„Wieder Geld gespart!" scherzt der Elf und sie gehen zu Theodore und Isa, die immer noch Kalman beobachten.

„Er ist ein intriganter, kalter und gefährlicher Mann, der nicht nur seine Frau betrügen würde für ein schönes Gesicht." wispert sie. „Er würde seinen Schwiegervater nicht selbst erstechen - aber sicher jemanden heuern, um das tun zu lassen, wenn es nötig erscheint. Zum Selbermachen wäre er zu feige." Sie schaut Theodore an. „Ich würde ihm nicht den Rücken zudrehen."

„Was haltet Ihr von der älteren, der Buchhalterin?" fragt Grimbald leise.

„Nun ja, die tut, was Vater sagt, denke ich!" meint Delayar.

„Lasst uns gehen, er muss es nicht hören." Theodore weist auf Kalman, der immer noch dasteht und skeptisch guckt. Theodore und Isa nehmen noch einige Decken aus dem Regal, bezahlen sie und verlassen das Handelshaus.

Später in der Herberge treffen sich alle wieder. Die drei Tempel-Geher haben den Segen der Zwölfe eingeholt und legen stolz die Amulette und das Decke-Kissen-Bündel auf den Tisch. Isa schaut auf das Band, das mit kleinen Gänsen bestickt ist.

„Wieso wart Ihr auch im Peraine-Tempel?" fragt Grimbald lachend. „Ich wusste nicht, dass wir unterwegs Kartoffeln anbauen wollen.“ feixt er.

„Nein, aber sie mag die Feldfrüchte in unseren Vorräten schützen, dass sie nicht verderben." antwortet Tamarak. „Außerdem haben wir beschlossen, dieses hier lieber Dir zu geben." Er schiebt das Kissenbündel zu Isa rüber. „Der Sack hat den Schutz nicht verdient."

„Genau!" bestätigt Katasir bestimmt.

„Oh, danke!" Die kleine Exotin schaut sich das Bündel freudig an.

„Sie sind sogar geweiht. Da wirst Du warm und gut schlafen." meint der Novadi.

„Nun, wir brauchen noch richtig warme Kleidung für das Gebirge!" stellt Theodore fest.

„Und Kletterhaken und Seile um die Berge rauf und runter zu kommen." meint Grimbald.

„Kletterzeug?!" staunt Delila.

„Klettern! -  Wände rauf und runter! - In den Bergen auf und runter!" antwortet Grimbald.

„Wer will denn Wände rauf und runter?" staunt Tamarak.

„Wände rauf und runter? Bist Du meschugge?" piept Delila.

„Wollen tut das keiner, aber müssen könnte sein." erklärt der Zwerg.

„Mit den Wagen?" fragen Tamarak und Delila im Chor.

„Nein“, winkt der Zwerg ab. „Ich rede davon, wenn es schief geht."

„Ein Kletterseil zum Beispiel ist gut." bestätigt Delayar.

„Die Wagen natürlich nicht! Ich rede davon, wenn wir weg laufen müssen, nach oben!" erklärt Grimbald weiter.

„Nach oben?" Delila sieht verzweifelt aus.

„Nach oben!" bestätigt Grimbald.

„Ich klettere Bäume hoch, keine Gebirge!" stellt Delayar fest.

„Dann solltest Du Dich mit dem Gedanken anfreunden, es tun müssten." grinst Grimbald.

„Toll!!" Delayar wippt mit den Augenbrauen und scheint ein alkoholisches Getränk zu erwägen.

„Also, auf einen Baum klettern will ich auch nicht!" meckert Delila.

„Das wird es auch nicht bringen. Aber eine Kletter-Tour könnte schon sein. Weis einer von Euch, wo der Goblin-Stamm wohnt? Nicht auf Bäumen, das ist klar!" Grimbald schaut die Jammerlappen vor sich an.

„Nicht?" fragt Isa.

„Auf welchen Bäumen?" mischt Katasir sich ein. „Ich denke wir reden vom Gebirge."

Die Gruppe sitzt beim Abendessen noch bis spät in die Nacht und überlegt die Eventualitäten. Irgendwann geht es ins Bett.

 

Der dritte Tag

Am nächsten Morgen haben alle ihre Einkaufszettel bereit und stürmen in die Stadt. Theodore besorgt sich und Isa warme Wanderkleidung für drei Batzen das Stück. Tamarak sucht einen Seiler auf. Ins Stoerrebrandt-Zeughaus geht er nicht mehr. Der Schwiegersohn könnte dort wieder herumlungern. Katasir würde den zwar gerne noch mal auf die Schippe nehmen, aber Tamarak bleibt auf dem Weg stehen und schaut den Novadi streng an.

„Katasir! Nein, der Kerl wird in Ruhe gelassen. Sonst singe ich das 'Elfen Lied' vor allen Leuten."

Katasir schaut ihn um Gnade winselnd an. „Nein!" fleht er. „Das ist nicht nötig!"

„Ja, Herr Tamarak. Ihr solltet es uns doch bei Gelegenheit einmal vorsingen. Isa ist eine sehr gute Sängerin. Sie merkt sich sowas und kann es dann darbieten." schlägt Theodore vor. Katasir schaut ihn wütend an und zerrt den Ritter dann weiter die Straße runter.

Grimbald und Delayar sind zu einem Wander-Ausrüster gegangen. Sie erwerben Kletterhaken für 10 Silber und einiges Kleinzeug. Tamarak besorgt sich 50m Seidenkletterseil für 60 Batzen. Stolz macht er ein Bündel daraus. Dann geht er zu einem Apotheker. Dem erzählt er, dass er seinen Bruder erschreckten möchte und dafür künstliches Blut benötigt. Der Apotheker mischt eine Unze rotes Öl an, was wie Blut aussieht. Das kostet 6 Silber. Damit geht der Ritter zu den anderen zurück.

Mittags machen sich alle auf den Weg zur Norbaden-Wiese. Hier stehen aufgereiht die ganzen Wagen. Dazwischen ist Betrieb. Handwerker, Packer und Gaukler sind beschäftigt die Wagen fertigzumachen. Als Wachen sind Tulamidische Reiter, etwa 30 Leute, unterwegs. 30 Udenberger Legionäre laufen zwischen den Wagen herum. Das Wachpersonal macht einen gut organisierten Eindruck. 25 Festumer Schatzwächter kümmern sich um die hochwertigen Kisten mit Geld und andere Wertgegenständen. Fünf Wagen sind verschieden große Reisekutschen für die Passagiere. Neben der Familie wird das persönliche Personal mit ihnen reisen. Eine Wahrsagerin ist darunter. 20 Stoerrebrandter und Planwagen und sieben Kastenwagen transportieren die Schatzkisten. Drei Küchen- und Bierwagen versorgen die Truppe. Zwei Gauklerwagen unterhalten die Leute. Sieben spezielle Schatzwagen sind für die teuersten Güter und zwei Turmwagen dienen als rollende Wachttürme und Festungen. Sie haben Schießscharten zur Verteidigung. Die meisten Wagen werden von Ochsen gezogen. Etwas weniger sind für Pferde gedacht. Delayar begutachtet die Tiere. Sie sind allesamt gut ausgewählt und versorgt.

Als sich die Helden schon einen Augenblick zwischen den Wagen befinden, kommt Peranka Stoerrebrandt, die Buchhalterin, auf sie zu. Sie hatte die ganze Arbeiterschar mit knappen Befehlen dirigiert und wohl als einzige einen Überblick über das Gewusel. Die Helden gehen ihr entgegen.

„Noch mehr Neulinge?" fragt sie höflich. „Wer seid Ihr?"

„Gestatten, mein Name ist Tamarak und das ist Theodore de Roosevelez!" Der Ritter streckt ihr die Hand entgegen. „Wir sind als Leibwache für Ihren Herrn Vater eingeteilt."

„Ach so, ja!" nickt sie.

„Wir machen uns gerade ein Bild von dem Wagenzug!" erklärt er weiter.

„Ihr sagtet, 'noch mehr Neuankömmlinge'?" fragt der Zwerg mit Stirnrunzeln.

„Es kommen immer noch weitere Arbeiter und Handwerker dazu um alles zu schaffen." erklärt sie.

„Wie viele Wagen sind es insgesamt?" fragt Tamarak.

„Es sind 53 Wagen!" antwortet sie.

„Sind alle Wagen nur mit Schätzen beladen, oder gibt es auch Wagen mit Zelten und anderer Ausrüstung?" fragt Katasir.

„Nur einige werden mit Schätzen beladen. Aber wir haben immer mindestens die Hälfte der Schatzwächter anwesend." erklärt sie dem Novadi.

„Werte Frau!“ beginnt Theodore. „Ich denke, wir bräuchten auch einen Wagen für uns als Unterkunft und zum Transport unserer Dinge. Ließe sich das arrangieren?“

„Sind einige von Ihnen beritten?“ fragt sie die Gruppe. Tamarak und Katasir melden sich. „Ah, ja!“ meint sie. „Der Treck ist nicht schnell, nebenher gehen geht. Ich werde Ihnen auch Platz auf einer Reisekutsche besorgen, so dass die Füße ausgeruht werden können.“

„Es geht nicht nur um unsere Füße. Sondern auch darum, unsere Utensilien und andere wichtige Dinge, die man braucht, um die Sicherheit Eures Vaters, von Euch und Euren Geschwistern, gewährleisten zu können, auch zu verwahren.“ wendet Tamarak ein.

„Ich werde Euch eine Reisekutsche zuteilen in der Ihr auch Euer Gepäck unterbringen könnt!“ entgegnet sie eilig.

„Es wäre vielleicht auch gut, wenn nicht jede Person an diesen Wagen herankommt! Wenn sie wüssten, was wir dabei haben, könnten wir Euren Vater nicht mal mehr halb so gut schützen!“ seiert Theodore.

„Dann sorgt doch bitte selbst dafür!“ lautet ihre trockene Antwort.

„Ja, das können wir natürlich auch machen.“ steckt Theodore ein.

Damit verabschiedet sie sich mit einem prüfenden Blick und kurzen Nicken von den Helden und geht wieder an ihre Arbeit. Sie ist stocksteif und sieht mit ihrem Dutt sehr streng und unnahbar aus. Die Helden grinsen. „Wie die Gouvernante Rottenmeier!“ meint Delila und alle scheinen zu wissen, was sie meint. Wie die Helden sie beim Arbeiten beobachtet, sieht man ihr an, dass sie schnell lesen und schreiben kann und nicht die Übersicht verliert.

Die Helden überlegen, was passiert, wenn sie erbt. Der Mann wird sicher die Leitung übernehmen. Aber, dass er sie nachher entsorgt ist unwahrscheinlich. So eine kompetente Ordnungskraft findet er nicht wieder.

 

Der viert und fünfte Tag

So schauen sie sich noch um und ruhen sich dann zwei Tage aus, bis am letzten Abend vor der Abreise das Abschiedsfest stattfindet.

Emmeran Stoerrebrandt hat Festum zum Fest geladen. Es wurde alles aufgefahren, was in den Vorratskammern noch übrig war. Die Tische biegen sich und es ist jedes alkoholische Getränk zu bekommen, was man in diesen Breiten bekommen kann. Immer wieder erklettert der Stoerrebrandt-Sohn einen Tisch und ruft den Versammelten laut Trinksprüche, Abschiedswünsche und Grüße zu.

Die Party ist voll in Gang, da taucht Vanjescha, die aus der Art geschlagene Tochter, auf. Man sieht ihr sofort an, dass sie für den Handel nichts übrig hat, sondern den ehr unrühmlichen phexischen Tugenden zuspricht. Gleich macht sie sich an die Bar ran und ist recht schnell „aufgefüllt“. Dabei ist sie am Pöbeln und Motzen, dass selbst ein Fuhrkutscher schamrot werden würde und macht jeden runter, der an ihr vorbeigeht. So dauert es auch nicht lange, bis klar ist, dass sie demnächst die Party zerstören wird. Da wandern 186 cm schlechte Laune.

Delayar hat sich ein Plätzchen gesucht um sie zu beobachten und versucht die besoffene Bornländerin einzuschätzen.

Da entdeckt sie ihn und brüllt: „Was glotzt Du so!“ Sie steuert auf ihn zu.

„Lass mich gucken!“ antwortet er nur trocken.

„Kann ja wohl nicht sein, oder? So´n blöder Spitzohr, der mich von der Seite anglotzt!“ Delayar schaut sie an und überlegt, wie er jetzt verschwinden kann, aber die Handelprinzessin ist schon bei ihm.

„Er hat Dich nicht von der Seite angeguckt!“ platzt Grimbald dazu. „Der hat Dich von vorne angeguckt. Wenn Du nicht so besoffen wärst und doppelt sehen würdest, hättest Du das bemerkt.“ Der Zwerg grinst sie an.

Einen Augenblick schnappt sie nach Luft. Dann wird sie zornig: „Das kann ja wohl nicht sein. Erst so´n blödes Spitzohr und jetzt auch noch so´n glatzköpfiger, komischer kleiner Zwerg, wa?“

„Hey, ich habe eine Glatze und bin ein Zwerg. Ihr seid doch nicht so besoffen, wie ich dachte!“ kontert Grimbald. „Dann lasst uns noch mal einen Trinken gehen. Was trinkt Ihr?“ der Zwerg reckt der Händlertochter die Hand hin. Sie greift sie und schüttelt sie langsam.

„Alles was da ist!“

„Fangen wir mit Bier an!“ damit dreht er sie Richtung Tresen, drückt ihr einen Humpen in die Hand und prostet ihr zu.

Sie sind noch nicht ganz durch damit, da hat sie schon wieder Atem den nächsten Passanten anzupöbeln.

„Sagt mal, was habt Ihr so schlechte Laune?“ fragt Grimbald rundheraus.

„Ach, die Scheiß-Reise und mein Vater gibt mir kein Geld mehr. Der blöde Sack, alter Suffkopp.“ Sie blubbert noch was vor sich hin.

„Er ist also ein bisschen geizig?“ versucht Grimbald sie aufzumuntern.

„Ein bisschen? Ach was, er ist ein Geizknochen vor dem Herrn, aber ich bin großzügig gegen ihn. Noch ein Bier.“ Sie grinst. Dann stellt sie ihr Bein einem anderen Gast in den Weg, so dass der stolpert. „Kannst Du nicht aufpassen?“ meckert sie ihn an und tritt noch nach. Sie greift wieder ihr Bier und kippt es runter.

„Liegt die schlechte Laune nur an der Reise?“ fragt der Zwerg.

„Willst Du mich jetzt ausfragen, oder was?“ grunzt sie zurück.

„Hey, wir trinken hier zusammen.“ grunzt er zurück. „Und wenn man miteinander trinkt, unterhält man sich auch.“

„Ich trink jetscht Wein, so!“ mault sie.

„Das tut Ihr nicht. Ihr schreit die ganze Zeit nur rum.“ ranzt der Zwerg sie an.

Sie glotzt einen Augenblick. Dann erhebt sie sich schwankend. „Ihr geht mir auf den Sack!“ haucht sie ihm ins Gesicht und geht.

„Die Frau ist komisch!“ meint der Elf, der jetzt wieder zum Zwerg aufrückt.

„Nein!“ entgegnet der. „Die ist nicht komisch, die ist betrunken.“

Als Vanjescha an Tamarak vorbeischaukelt stellt der sein Bein raus, so dass sie stolpert und sich der Länge nach auf die Festwiese packt. Blitzschnell ist sie wieder auf den Beinen und sieht den Elfen neben dem Zwergen sitzen und grinsen.

„Du blöder Elf schon wieder! Du gehst mir echt auf den Sack. Verpiß Dich einfach!“ grunzt sie Delayar an. Der steht auf und geht wortlos und kopfschüttelnd weg. Verdaddert bleibt sie zurück.

An einer anderen Stelle des Festes hat Emmeran seine Schwester genau im Blick und sieht hilflos aus. Sie wird seine Party kaputtmachen. Isa sieht ihn unruhig auf dem Sitz rumrutschen. Sie geht zu ihm hin und glüht ihn an.

„Eine sehr schöne Feier!“wispert sie ihm zu.

„Oh, danke. Ich mühe mich.“ antwortet er schüchtern. Er schaut sie von oben bis unten an, hält sich aber zurück. „Meine Schwester, hach, ich befürchte sie macht jetzt einfach alles kaputt!“ jammert er. „Was sollen die Leute nachher denken...“

„Aber nein, Eure Schwester macht nichts kaputt. Ihr seid eine so einnehmende Persönlichkeit, da kann man über sie hinwegsehen. Solch eine beeindruckende Persönlichkeit, wie Euch, muss man einfach beachten. Da ist sie wirklich eine Nebensächlichkeit.“ flötet sie dem korpulenten Kaufmann ins Ohr.

„Ach.“ seufzt er. „Könntet Ihr nicht dafür sorgen, dass sie einfach geht?“

Isa schaut ihn an. „Aber eine zierliche Frau wie ich kann sowas nicht beeinflussen. Das ist nicht meine Sachen.“ flötet sie zurück.

„Aber wer könnte denn sowas?“ jammert er weiter.

„Ignoriert sie doch einfach.“ versucht Isa ihn noch mal vor der randalierenden und pöbelnden Frau abzulenken. Sauer schaut sie in ihre Richtung. Da entdeckt sie den Zwergen, der sich über das Gebaren zu amüsieren scheint. Sie bedeutet Emmeran einen Augenblick zu warten und geht zu Katasir, der unweit wie Falschgeld herumsteht.

„Schaff doch mal die besoffene Nordländerin in ein Separee und bring ihr genug zu Trinken hin. Das macht sie bestimmt glücklich. Und steck am besten den Zwergen dazu. Er soll sie unter den Tisch saufen.“ weist Isa den Novadi an. Der guckt erst erstaunt, freut sich aber dann über die sinnvolle Aufgabe und spritzt los. Bald raunt er dem Zwergen was ins Ohr, woraufhin der zu grinsen beginnt.

Isa ist zu Emmeran zurückgekehrt und glüht ihn wieder an. „So! Ich hatte vorhin gesehen, dass sie sich mit dem Herrn Zwerg sehr gut verstanden hat.“

„Das ist eine hervorragende Idee!“ strahlt Emmeran. „Verzeiht, wenn ich Euch jetzt verlasse.“ Damit rauscht er ab und schaut sich nur noch einmal kurz zur Schwester und Isa um.

Isa schaut ihm hinterher. Er ist leicht zu beeinflussen, liebt das Leben und all seine Annehmlichkeiten, also ein Lebemann, hat aber zu wenig Geld dafür. Sie meint, er würde nie seinen Vater selber umbringen, denn schon ehr lassen. Wahrscheinlich aber müsste man ihn dazu erst anstiften. Er ist überhöflich.

Grimbald steuert zu Schwester Vanjescha herüber. Er hat sich von der Bar zwei Gläser Bier besorgt. Delayar, Theodore und Katasir haben sich in ihrer Nähe postiert um gut sehen zu können.

„Los macht doch ein Wettsaufen!“ feuert der Elf den Zwergen an.

„Isch schwill jezz nisch Schwettschaufen, plöder Z z Elsch!“ lallt die schon gut angeschlagene Blondine.

„Sag nicht 'Blöder Zwerg!' zu mir!“ warnt Grimbald aus ihrer Bauchnabelhöhe und reckt ihr ein Bierglas entgegen, dass sie verdutzt nimmt.

Sie tritt etwas zurück um ihn ganz sehen zu können. „Masch isch dosch jarnisch!“ Sie stürzt einige Schlucke Bier runter. „Warm scholl isch Schwettschaufen maschen?“ Sie schaut unter höchster Konzentration leicht schwankend auf den kleinen Mann runter.

„Du kannst mir mit Sicherheit sagen, wo hier mehr los ist, oder?“ lenkt Grimbald das Thema um.

Sie schaut sich unter den auf der Festwiese herumstehenden Leuten um. „Aber dasch Fescht ischt doch grosch genug! Was willscht Du überhaupt von mir?“ sie scheint etwas klarer zu werden.

„Erst mal das Du ordentlich mit mir redest!“ mischt Delayar sich von der Seite ein. Vanjescha fährt erschrocken herum und funkelt der Elfen sauer an.

Bevor sie was sagen kann, hat Grimbald ihre Hand genommen. „Ach, nun lass doch den Baumschmuser in Ruhe. Wir trinken noch ´nen Schnaps!“ damit zieht er sie Richtung Bar.

„Oh, ja, darauf habe isch jezz so rischtig Bock, nachdem dieser  - - - blöde Elsch so blöde - - - ange... Den könnte isch scho rischtisch...“

„Haben die auch Premer Feuer hier?“ lenkt Grimbald sie ab.

Irritiert schaut sie sich um. „Auf dem Fest gibt es - immer - irgendwo – hier – also ...“

„Na, lass uns mal welches besorgen.“ Sie stellt das Bierglas auf einen Tisch und dackelt los Richtung Bar.

Grimbald schließt auf und beginnt ein Fachgespräch über 'Premer Feuer'. „Kennst Du das alte Premer Söldner-Lied?“

„Nein! - Könnte sein, dass ich es mal gehört hab´“ brüllt sie etwas unkoordiniert heraus.

„Nicht? 'Auf, in Prem in Puff wir geh´n' ? Nie gehört?“ lockt er sie aus der Reserve.

„Sing doch mal!“grinst sie zurück.

„Ihr singt mit.“ fordert er sie heraus.

„Wenn ich den Text auf die Reihe kriege!“

„Kein Problem: es geht einfach 'Auf, in Prem in Puff wir geh´n'. Ein Rajah-gefälliger Inhalt, immer gut.“ damit beginnt er laut und falsch zu grölen. Vanjescha fällt schnell mit ein und so kommen sie fröhlich am Tresen an, wo der Wirt schon einige Gläser Premer Feuer bereitgestellt hat.

Nach einigen Wiederholungen des Refrains mit zwischendurch Glas-wegkippen hüpft Grimbald auf einen der Barhocker um auf ihre Augenhöhe zu kommen und schaut ihr tief in die Augen. „Ich muss mich noch vorstellen: Ich bin Grimbald!“ damit greift er ein Glas zum Bruderschaft trinken.

„Ich heiß ... irgendwas mit Vau... Vanjescha Stoerrebrandt.“ sie grinst.

„Vanjescha, Du gefällst mir!“ Grimbald prostet ihr zu.

„Ich gefalle mir auch!“ damit stürzt sie das Glas in ihren Schlund.

„So, nun hatten wir Bier und Schnaps. Jetzt fehlt noch ´n Wein. Einen schönen süßen Wein!“ winkt er dem Wirt zu. Mit klingenden Gläsern kippen sie den süßen roten Saft runter. Vanjescha schaut ihn noch einmal an, dann kippen erst ihre Augäpfel und dann die ganze Frau nach hinten. Sie bleibt laut schnarchend am Boden liegen.

Ein leichter Applaus der umstehenden Gäste brandet auf und Grimbald verbeugt sich höflich. Über dieser Show ist es schon spät geworden und die Leute beginnen sich zu verstreuen. Einige haben noch von dem Gepöbel vorher genug und wollen auch nicht dabei sein, wenn sie wieder erwacht.

Tamarak, Delayar und Grimbald lachen über die Versoffene und bringen ihren schlaffen Körper an den Wiesenrand, wo sie sie vorsichtig hinlegen. „Bei der Wucht von Ingerims Hammer, ich dachte schon, die fällt nie um.“ grinst Grimbald. Tamarak schaut ihr eine Weile ins friedliche Gesicht. Dann zieht er sich ein Holzkohle-Stück aus einem erloschenen Feuerbecken und beginnt ihr Gesicht mit Grinsemund, Bart und Bäckchen zu verzieren. Zum Schluss bastelt er aus etwas Deko einen Hut und setzt ihn ihr auf. Der Elf amüsiert sich königlich.

Delila stellt sich dazu und beobachtet Tamarak eine Weile. „Wenn man durch die Kinder auf das Elternhaus rückschließt, dann haben diese keines gehabt.“ äußert sie sich nachdenklich. „Hatten sie auch nicht. Sie sind stinkreiche Leute. Was soll denn da passiert sein. Vater war die ganze Zeit mit dem Geld beschäftigt, und ich weiß nicht, wann die Mutter sich verabschiedet hat. Wer sollte sich darum gekümmert haben.“

„Ich möchte nicht wissen, was für eine Laune die morgen hat!“ feixt Grimbald. „Nach dem Getränke-Mix möchte ich sie nicht wecken.“

„Ich glaube, diese Familie hat eine ernsthaftes seelisches Problem!“ fügt Delila hinzu.

„Geld allein macht nicht glücklich.“ fügt Tamarak hinzu.

„Sie wird morgen wenigstens keinem auf den Nerv gehen, weil sie nichts sagen wird, bei den Kopfschmerzen!“ lacht Grimbald.

„Man kann sich auf jeden Fall durch lautes Sprechen bei ihr rächen, wenn sie es doch tun sollte.“ meint Isa. Der Elf überlegt schon, welches Lied er unter ihrem Fenster spielen könnte. Isa bietet allen einen Trunk gegen den Kater an, falls benötigt. Grimbald schaut bedauernd auf die Betrunkene herab.

„Schade, dass sie so besoffen ist. Ich hätte sie gerne noch durchs Bett gezogen.“ Dann gehen sie alle noch lachend und scherzend zum Hotel zurück.

Isa hatte die ganze Zeit weiter Emmeran beobachtet. Er hatte sich etwas entspannt und wieder um seine Gäste gekümmert, als der Zwerg sich seiner Schwester angenommen hatte. Jetzt meint sie ihn besser einschätzen zu können. Er ist sicher ein sogenannter Lebemann. Er trinkt viel, isst viel und ist gesellig. Sie glaubt aber, er hat etwas zu verheimlichen und ist deshalb scheu. Trotzdem steht er gerne im Mittelpunkt. Obwohl der Vater das befürchtet, lebt er nicht über seine Verhältnisse. Sie teilt ihre Einschätzung mit den anderen, bevor sich alle in ihre Betten verziehen.

 

Der sechste Tag

Morgens um 5 ist die kurze Nacht schon zu Ende. Die Pagin Irinja steht im Zimmer der Helden und bittet sie ins leere Haupt-Kontor in der Altstadt. Maulend kramen sich die Gefährten aus ihren Betten und kleiden sich an. Nach einer kurzen Wäsche trotten sie in die Altstadt. Irina hat recht beunruhigt gewirkt.

Stover Stoerrebrandt erwartet die Helden mit misslauniger Miene.

„Nun, Meister Stoerrebrandt, warum habt Ihr uns so früh herbestellt?“ begrüßt Theodore ihn freundlich.

„Ach, heute Nacht ist hier eingebrochen worden.“ grummelt der alte Mann. „Das Dumme ist, dass wichtige Dokumente weggekommen sind.“

„Na toll!“ stöhnt der Elf.

„Etwa die Verträge?“lauert Grimbald.

„Nein, nicht die Verträge. Die sind sicher.“ versucht der Händler die Gruppe zu beruhigen. „Es handelt sich um die tatsächliche Reiseroute. Das heißt, es könnte doch eventuell zu einem Überfall kommen.“

„Na super!“ stöhnt der Elf wieder.

„Also, sagen wir mal so: 25 Schatzwächter, eine Kompagnie Söldner und zwei Turmwagen. Wer den Treck überfällt, muss schon bescheuert sein.“ schätzt der Zwerg die Situation ab.

„Ich habe die Reiseroute in meiner Karte verzeichnet!“ verkündet Katasir freudig.

„Es geht leider nicht darum, dass wir den Weg nun nicht finden!“ holt Tamarak seinen Gefährten auf den Boden zurück, „Sondern, dass andere Leute sie nun auch haben und uns nun auflauern könnten!“

„Oh!“ flüstert der erschrockene Novadi.

Tamarak wirft einen Blick auf Katasirs Karte. „Könnte man die Reiseroute kurzfristig noch ändern?“ fragt er den alten Händler.

„Leider nein. Die andere Route wäre die, die ich die ganze Zeit den Leuten mitgeteilt hatte. Das bedeutet, dass dort eindeutig mehr Gefahr lauert, als wenn wir die eigentliche Reiseroute nehmen.“ erklärt der. „Nein, wir bleiben beim alten Plan. Ich möchte nur, dass Ihr wisst, das die Route kein Geheimnis mehr ist.“

„Das ist ja sehr nett, dass Ihr uns darüber aufklärt“, rümpft Theodore etwas die Nase, „aber was geht uns das an, wir sind doch nur für Eure persönliche Sicherheit zuständig!“

„Das zählt zu meiner persönlichen Sicherheit. Wenn der Treck überfallen wird, kann es sein, dass die Herrschaften tatsächlich für meinen Tod zuständig sein werden.“ antwortet der alte Handelsherr trocken. Katasir schaut ihn abschätzend an. Er scheint sichtlich besorgt um den Treck.

Tamarak und Delayar schauen sich die Spuren des Einbruchs an. Sie finden Fußspuren von groben Stiefeln. Der Elf bückt sich hinunter und beginnt an ihnen zu schnüffeln. Mit einem verzogenen Gesicht kommt er wieder hoch.

„Ein scharfer Geruch, wie...Gerbsäure, würde ich sagen.“ erklärt er dem Krieger.

Der bückt sich nun auch und misst mit einem Faden die Stiefelgröße aus. Auf einem Blatt skizziert er den Abdruck mit den Maßen. „Es muss ein Mann gewesen sein, oder eine Frau mit sehr großen Füßen. - Mir fällt jetzt aber niemand ein, der dazu passt. Auch noch ein Gerber oder jemand, der in Gerbsäure herumläuft.“

Sie schauen den Spuren nach, die offensichtlich einen Dietrich oder Schlüssel benutzt hatten und einfach durch die Türe wieder raus sind. Man kann sie noch bis auf die Straße Richtung Gerberviertel verfolgen, bevor sie sich auf der Straße verlieren.

„Wo hattet Ihr denn die Unterlagen aufbewahrt?“ fragt Theodore jetzt.

„Ich hatte die Dokumente in diesem kleinen unscheinbaren Schrank aufbewahrt, von dem ich dachte, dass niemand ihn durchsuchen würde.“ antwortet der Kaufmann.

„Und sonst fehlt nichts aus dem Schränkchen?“ bohrt Theodore weiter nach.

„Nein, nur die Dokumente. Ich glaube, dass jemand gezielt nach den Reiseplänen gesucht hat.“

Der Raum ist fast leer außer einigen Schränken mit leeren Pergamenten. Es ist nichts weiter verrückt worden. Die Helden schauen sich noch einmal im Kontor um und überlegen, ob man den Dieb noch finden kann, bevor der Treck aufbricht. Delila meint, dass man ja einfach mal durch das Gerberviertel gehen kann und schauen, ob sich nicht jemand ertappt fühlt.

„Nun, gut, das können wir tun!“ meint Theodore. „Ich werde Euch begleiten!“ Damit machen sich die Helden auf einen Spaziergang durch das Gerberviertel.

Hier wohnen viele Goblins. Sie sind schon auf den Beinen und gehen ihren Geschäften nach. Es sind Gespräche im Umlauf, dass jemand im Jawilbach ertrunken ist. Es ist ein stadtbekannter Hehler Namens Arioll. Die Helden lauschen. Die Leute wundern sich, dass ein Mann in dem Bach ertrunken ist, das geht doch gar nicht!

Tamarak macht sich auf den Weg zu dem Bach um sich das anzusehen. Es ist ein kleines Rinnsal, in dem nur jemand ertrinkt, der sich mit dem Gesicht hineinlegt. Die Leiche ist nicht mehr zu sehen. Tamarak spricht die nächsten Leute an, die sich noch aufgeregt unterhalten. „Wo hat man den Toten hingebracht?“

„Sicherlich in den Borontempel!“ antworten sie erschrocken. Gefunden wurde er von einigen Goblins. Abgeholt haben ihn einige Geweihte.

Also führt Tamaraks nächster Gang zum Tempel. Er kennt die Geweihten noch von seiner Tempeltour und begrüßt sie freundlich. Sie bringen ihn zu der Leiche, die ganz nach einem Ertrunkenen aussieht. Man muss ihn in den Bach gedrückt haben und dann liegengelassen. „Wie schändlich!“ bemerkt er zu dem Bericht des Geweihten. Tamarak schaut sich die Stiefel an. Sie passen nicht zu den Spuren im Kontor.

Der Krieger untersucht die Leiche. Unter der Kleidung findet er einen Einstich von einem Dolch. Er muss seinem Mörder gegenüber gestanden haben und dann direkt erstochen worden sein. Er hat hin vielleicht gekannt. Der Stich hat so gesessen, dass es ein Profi gewesen sein muss. Auch muss er eine gewisse Größe gehabt haben. Tamarak durchsucht noch die Taschen, aber es ist nichts zu finden.

Der Treck wird demnächst aufbrechen und die Helden machen sich auf den Weg zurück zu den Wagen. Sie überlegen noch, was das alles zu bedeuten hat, aber so schnell werden sie nichts herausbekommen und es bleibt ihnen nur abzuwarten, ob sich jemand auf dem Weg der Trecks meldet.

Nur wenig später gibt Festum seinem reichsten Sohn eine traurige Abschiedsparade. Es sind Kränze aus Sonnenblumen aufgerichtet worden, durch die die Wagen fahren werden. Die Spielleute singen langsame Balladen von Reise und Abschied und einige Bewohner haben sich zu letzten Protesten versammelt und schimpfen über den Flüchtling, der sie im Stich lässt. Die Wagen fahren schon mit donnernden Rädern zur Stadt hinaus, als Stoerrebrandt noch die Hände der Honoratioren schüttelt, die sich am Drachenbrunnen versammelt haben. Zuletzt steht auch die Adelsmarschallin da, Hesia von Ilmenstein, und die verbannte Prinzessin Ypollita von Gareth. Die Marschallin hält erst eine langweilige Rede über die Leistungen der Stoerrebrandts in der Stadt, die Lage Festums und die Aufgabe des Bornlandes. Am Ende zieht sie vor Stover den Hut und meint: „Bei Rondra, ich hätte nie gedacht, dass ich mal einen Pfeffersack wie Euch vermissen werde. Nun geht endlich, bevor ich es mir anders überlege und meine Ritter das Stadttor sperren lasse.“ Da winkt Stoerrebrandt noch den Leuten und steigt in seine Kutsche. Dann erschallen die Hörner und der gesamte Zug setzt sich in Bewegung. Endlich erreichen auch die Helden das letzte Stadttor und lassen die bunten Dächer Festums hinter sich. Vor ihnen erstreckt sich das Band der Bornstraße, die sich zwischen den Dinkelfeldern hindurch schlängelt. Die Sonne bricht hinter einigen Wolken hervor und ein frischer Sommerwind trägt einen Geruch nach Reise mit sich.

120 AP

14.4.05

Der Treck von 53 Wagen wälzt sich langsam die Bornstraße Richtung Norden. Er ist folgender Maßen aufgebaut: Vorweg sind immer zwei Kundschafter unterwegs, einer zu Pferd, einer zu Fuß um die Umgebung abzusuchen. Auf der Straße beginnt der Treck mit vier Tulamidischen Reitern und fünf Udenberger Söldnern. Ihnen folgt der erste Wagen, ein schwer beladenen Stoerrebrandter, der den Weg auf seine Belastbarkeit überprüfen soll. Der zweite Wagen ist einer der beiden Turmwagen. Dann folgen die Schatzwagen und Reisewagen der Familie. Nach den ganzen Wagen der Handwerker und Köche schließt der Treck nach etwa einer Meile mit dem zweiten Turmwagen. Dahinter laufen einige Burschen mit Karren, die verlorene Gegenstände von der Straße auflesen und abends wieder zu den Besitzern zurückbringen. Dahinter sind nochmal drei Reiter und drei Söldner. Zwischen den Wagen sind ebenfalls einige Reiter und Söldner postiert. Die 25 Festumer Schatzwächter sind immer in der Nähe der sieben Schatzwagen, die direkt hintereinander fahren und auch immer innerhalb der gleichen Wagenburg stehen.

Die Helden haben ihre Klamotten auf einen Transportwagen geladen und können sich mit auf die Kisten setzen. Er ist nicht weit hinter Stoerrebrandts „Bornstolz“-Kutsche. Der hatte noch zu den Helden gesagt, dass sie auch auf die anderen Begleiter einen Blick haben sollen, damit sich niemand an den Waren vergreift. Andererseits werden auch andere Leute die Helden beobachten. Man hatte den Helden auch angeboten, dass sie bei Bedarf noch vier erprobte Warunker Boten-Pferde von den Silbernen Falken ausleihen können, wenn sie gebraucht werden, da nur Tamarak und Katasir beritten sind. So trotten jetzt die Tiere an den Wagen gebunden hinter her. Der Überfall der Goblins wird in etwa drei Wochen in der Drachenpforte stattfinden, wenn der Treck die Berge schon fast hinter sich hat. Es ist also noch einige Zeit.

Der typische Tagesablauf, den Stoerrebrandt geplant hat, ist:

·       5 Uhr: Aufstehen, Verköstigung und Tränken der Tiere.        

·       5:30 Uhr: Messen der Geweihten, Einschirren der Tiere und Abbruch des Lagers.

·       6:30 Uhr: Abfahrt in Reiseformation.

·       11 – 13Uhr: Mittagsrast

·       18:30 Uhr: Bereiten des Nachtlagers. Es werden 3 Wagenburgen gebildet, in denen große Rundzelte für etwa 10 Personen aufgestellt werden.

·       19 Uhr: Ausschirren der Tiere, Wacheinteilung, Entzündung der Lagerfeuer.

·       20 Uhr: Essen fassen, warme Mahlzeit mit Bierausschank. Jetzt beginnen ev. Vergnügungen und die Abendwache.

·       22 Uhr: Nachtruhe.

·       23 Uhr: Beginn der Geisterwache

·       2 Uhr: Beginn der Hundswache

Stoerrebrandt behält sich vor die Zeiten zu verschieben, wenn der Zug zu weit hinter dem Wegplan herhinkt.

 

Katasir und Delayar wollen zu den Kundschaftern nach vorn. Delila möchte sich sofort daran machen, die beiden mohischen Leibwächter des Stover Stoerrebrandt zu beobachten. Sie sagen nichts und genießen sein ganzes Vertrauen. Tamarak reitet mit seinem Pferd neben her und überlegt ob man die Goblins nicht weglassen kann und alles per Illusionen abwickeln. Eine Unsicherheit wäre weg. Theodore pflichtet ihm bei. Der Zwerg findet, man sollte die Goblins gleich töten und dann nur allen die Tatsachen mitteilen.

„Schade nur, dass wir zu geizig waren und die Zaubertränke nicht gekauft haben.“ bemerkt der Ritter jetzt. „Die könnten doch gute Dienste tun. Aber so weit ist es ja noch nicht zurück. Ich könnte reiten und sie noch holen.“

Bingo und Bongo, die beiden kahlköpfigen Mohazwillinge, hat Stoerrebrandt einst von einem alanfanischen Sklavenschiff befreit, woraufhin sie ihm wortlos ihre Dienste anboten. Da sie niemals ihre echten Namen genannt haben, wurden sie einfach Bingo und Bongo gerufen. Sie verlassen die Kutsche ihres Herren nicht und sind wortlos wie Borongeweihte und humorlos wie Firungeweihte.

Theodore überlegt, wo sie bisher gewesen sind. Hatte Stoerrebrandt nicht auf einem dunkeln Stuhl gesessen??? Die anderen müssen lachen. Vielleicht waren sie in einem Schrank eingesperrt, als die Helden das Gespräch mit dem Handelsherren hatten, um nicht weiter als fünf Meter von ihrem Herrn entfernt zu sein.

Delila kann über die Gesichter der Helden Goblinmasken legen. Für die Mohas müssen die Helden Schlafgift besorgen, damit die nicht ins Konzept pfuschen. Sie kann auch nur zwei Leute mit mal tarnen. Die Mohas müsste man mit Schlafpfeilen betäuben, sie im Nahkampf niederzuschlagen ist sicher sehr schwer.

Tamarak zieht mal seinen Hut und hält ihn auf, damit jeder was für die Zaubertränke spendet. Jeder legt 16 Batzen hinein. Der Zwerg zickt noch etwas.

„Los, mein Kleiner, komm gib her.“ schmeichelt Delila ihm um den Bart.

„Bah, geh weg zu Wahnsinnige.“ zischt der Zwerg zurück.

„Du kannst doch nicht das ganze schwere Geld alleine tragen! Ist doch viel zu schwer das Tütchen“ die Zauberin tastet nach seinem Geldbeutel

„Nee, nicht dafür, dass das Essen besser schmeckt.“ lamentiert er gegen sie. Sie schaut ihn mit großen Augen an. „Baa, aber nur, wenn Du meinst, das bringt was. Wehe Du versaust das. Wenn Du es versaust, beerdige ich Dich!“ schimpft er während sie ihm das Geld aus dem Beutel puhlt.

„Gleich neben Stoerrebrandt?“ fragt Tamarak mit seinem Hut provokativ.

„Nein, ich hätte dann doch gerne ein eigenes Grab.“ erwidert sie, als sie den Anteil des Zwerges und ihr Geld für einen weiteren Trank in Tamaraks Hut packt.

Tamarak weist Katasir darauf hin, dass er noch bei Rasthulla um Vergebung beten Muss, da er bei der Tempeltour dabei war. Er überlegt ein Opfer zu bringen, weiß aber noch nicht, ob Bingo oder Bongo. Tamarak zieht scharf die Luft ein. Ob der Novadi es ernst meint? Dann schwingt er sich auf sein Pferd und reitet mit 140 Batzen zurück in die Stadt.

Inzwischen überlegt die Zauberin laut, was sie alles anstellen kann, um die Mordszene möglichst echt und ungefährlich für den Kunden zu gestalten. „Ich kann ein Ignoranzia auf Dich wirken. Dann kannst Du dich fünf Schritt neben die Jungs stellen und sie nehmen Dich nicht wahr! Dann ist es leicht ihnen Schlafgift in die Augen zu streuen.“

„Schlafgift ist toll!“ begeistert sich Theodore.

„In dem Moment, wo Du sie angreifst merken sie es zwar, aber dann ist es ja schon zu spät und sie schlafen ein!“ fügt Delila hinzu. Beide nicken sich an. „Ich kann natürlich auch jemanden unsichtbar machen!“ schlägt sie dann vor. „Aber das kannst Du ja selber!“ wendet sie sich dem Elfen zu, der bestätigend murmelt.

„Wie wäre es mit einem Friedenslied?“ wirft Isa ein und schaut den Elfen an. „Ihr könnt doch mit Eurer Musik Wunder wirken, oder?“

„Ja, aber dann Muss er singen. Das ist schlecht, wenn Stoerrebrandt sterben will. Das fällt auf!“ quakt der Zwerg dazwischen. Nachdenklich gehen sie alle schweigend eine Weile weiter. Sie sind sich einig, dass das ganze Unternehmen einfacher wird, wenn die beiden Leibwächter aus dem Weg sind.

Isa, Delila und der Zwerg beobachten weiter die beiden Leibwächter um eine Taktik auszutüfteln. Theodore überlegt Emmeran aufzusuchen und ihn nach seinem Befinden zu befragen. Er gibt seinem Pferd die Hacken und macht sich Richtung dessen Wagen auf den Weg.

Bingo und Bongo bewegen sich recht grazil, sind also gut trainiert. Ihre Augen sind ständig in Bewegung und achten auf alles. Ihre Loyalität sollte nicht in Zweifel gestellt werden. Wie werden sie wohl reagieren, wenn sie ausgeschaltet werden und hinterher feststellen müssen, dass sie in der Erfüllung ihrer Lebensschuld versagt haben. Gehen sie dann einfach heim, weil das Ziel ihrer Treue nicht mehr da ist, oder werden sie dann lebenslang Goblins jagen um sich an denen zu rächen? Wenn sie herausbekommen, dass es die Helden waren, die sie verraten haben, werden sie sicher auf die Helden losgehen.

Isa beschließt sich mal schick machen zu gehen und sie dann aufzusuchen. Sie lässt die anderen alleine und klettert in den Wagen der Helden. „Es sind Deine Leute!“ ruft Grimbald ihr nach.

Jetzt kommt der Wagenzug auf einen Flussdeich und ein Halteruf wird von vorne nach hinten durchgegeben. Der Zug kommt zum stehen. Ein Bote macht sich sofort auf den Weg zu Stoerrebrandts Kutsche.

„Da sind Frauen und Männer auf der Straße, Kinder und Alte! Sie wollen uns nicht durchlassen!“ ruft er in die Kutsche, aus der nun Stoerrebrandts Kopf hervorguckt.

Die Helden sind sofort aufmerksam geworden und auch Theodore ist plötzlich wieder da und fragt: „Sollen wir uns mal darum kümmern, Herr Stoerrebrandt?“

„Ja, tun Sie das!“ ist die kurze Antwort des alten Mannes.

Damit machen sich der Zwerg, die Zauberin und der Alanfaner auf den Weg am Zug vorbei zu dessen Spitze. Als sie dort ankommen, sehen sie auf der etwa sechs Schritt breiten Deichkrone verschiedene zerlumpte Personen jeden Alters sitzen. Einige haben Äste, Baumstümpfe und große Steine auf die Straße gelegt. Eine kleine kurzhaarige Frau in speckiger Lederkleidung spricht für die Versammelten.

„Die Bettler Festums fordern vom Herrn Stoerrebrandt die Zahlung von Zoll. Er soll uns 2000 Goldstücke von unserem Geld wieder zurückgeben, dann lassen wir Euch weiterreisen!“ verkündet sie mit fester Stimme. „Der Pfeffersack nimmt all sein Geld mit und wir behalten gar nichts. Damit sind wir nicht einverstanden.“

„Moment mal!“ grunzt Grimbald sie an. „Ihr seid Bettler, man kann Euch nichts wegnehmen. Ihr habt nichts!“ Die Frau will gerade Luft holen um zu antworten, da schimpft er weiter: „Ich ramme Euch hier in den Boden, wenn Ihr uns nicht durchlasst!“

„Schaut Euch mal den langen Treck an. Wie viele Bewaffnete haben wir noch dabei?“ wendet Theodore sich spöttisch zu den Gefährten um. „Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass das hier Sinn macht, oder?“

„Und was habt Ihr?“ fügt Delila an. „Ein paar Ästchen hier im Weg liegen!“ schaut sie sich die Versammlung an. „Erklärt uns, warum das Euer Geld sein soll, dann verstehen wir das vielleicht!“

„Stellt Euch vor, man wertet das als Angriff!“ versucht Theodore eine dramatische Situation zu erzeugen.

„Es sind Bettler, die haben nichts!“ schimpft Grimbald wieder los.

„Wir haben nicht behauptet, dass es uns gehörte, wir wollen es nur wieder haben!“ baut sich die Frau vor den drei Helden auf.

„Sagt doch mal einer Stoerrebrandt Bescheid!“ meint der Zwerg nun. Die anderen beiden schauen sich an und machen sich auf den Weg zu der Prunkkutsche. „Ich bleibe solange hier und passe auf, dass nicht noch mehr Steine heran gerollt werden!“ murmelt er mehr zu der Frau in Leder vor sich.

Delila und Theodore erreichen die Kutsche und berichten von der Forderung der Bettler von Festum. „Sind die wahnsinnig?“ ist die Antwort des alten Händlers. „Sie wollen Geld haben von mir?“

„Es sind wohl die Festumer Bettler und meinen, Ihr schuldet es ihnen.“

„Mmh, nagut, sie sollen etwas haben. Sagen wir 200!“ Er kramt in der Kutsche herum und reicht einen Beutel heraus. „Macht es so: Der erste der geht bekommt 100, der zweite 50, der dritte 25, und so weiter, so dass der letzte nur noch einige Kreuzer bekommt.“ Grinsend über die gute Idee kehren die Beiden zum Zwergen zurück, der sich grimmig guckend auf seine Streitaxt gelehnt hat.

„Ob der Zwerg wohl der erste ist, der die Straße verlässt?“ raunt Delila dem Alanfaner zu. Der muss lachen. Wieder bei den Blockierern ruft Delila einige Söldner zusammen, die das Geld bewachen sollen, damit sie geordnet auszahlen kann. Dann erklärt sie der Frau laut genug, dass jeder es hören kann, das Angebot des Kaufmannes und macht sich daran, etwas abseits die Auszahlung vorzunehmen.

Zunächst geht nur ein Raunen durch die verlumpten Gestalten. Die Anführerin versucht noch die Leute zum Sitzenbleiben zu bewegen. Theodore legt dem Zwergen vorsorglich eine Hand auf die Schulter. Der schaut ihn nur grimmig an und meint dann laut: „Für den ersten von Euch armen Bettlerschweinen 100 Batzen. Das ist viel Geld. Der braucht nicht mehr zu betteln und kann in Saus und Braus leben. Jeden Tag zu Essen. Oder ihr bleibt so arm wie diese Schlampe hier mit ihren fettigen Haaren und fresst weiterhin Dreck von der Straße!“ Dabei grinst er die entsetzte Frau an.

Nun gibt es kein Halten mehr und die ersten drei stürmen zu den Söldnern und rangeln um den ersten Platz. Die Anführerin versucht noch einige Leute zurückzuhalten, aber da ist das Volk schon auf den Weg zur Wiese und balgt sich um die Plätze. Kinder werden nach hinten gestoßen und die Krüppel kommen erst an, als der Erste schon mit flinken Füßen über die Wiesen Richtung Festum läuft, um nicht von den anderen überfallen zu werden. Resignierend macht sich auch die Anführerin von der Straße und geht an der rangelnden Bande vorbei zurück in die Stadt.

„Leute, wegräumen!“ ruft Theodore und einige Arbeiter sind sofort zur Stelle und räumen die Barrikaden weg und der Zug kann sich wieder in Bewegung setzen. Nach einer halben Stunde hat Delila das Geld verteilt und sie kann sich dem Zug wieder anschließen.

Der 20. Rondra ist ein sehr klarer Tag und eine frische Brise weht in Tamaraks Gesicht, als er zwischen den Feldern zurück zur Stadt reitet. Man kann schon den nahenden Herbst erahnen, aber der Spätsommer zeigt sich von seiner besten Seite. Bis auf eine Schlange am Wegesrand, die das Pferd einmal aufschreckt, passiert nichts, bis er die Stadt erreicht. Eilig sucht der Ritter die Kaufhalle auf und erwirbt die drei Tränke. Er versucht noch einen vierten herauszuhandeln, aber die ohnehin bald arbeitslose Verkäuferin lässt sich nicht erweichen. So macht er sich mit der wertvollen Fracht wieder auf den Weg dem Treck hinterher. Nach zwei Stunden erreicht Tamarak wieder das Ende des Zuges.

Isa hat sich ihren Stammesschmuck angelegt, ihr Sklavenhalsband unter einem Tuch verborgen und sich zu Bingo aufgemacht. Sie spricht ihn auf Mohisch an.

„Hallo, von welchem Stamm seid Ihr?“ Der schwarze Mann schweigt eisern. Entweder versteht er sie nicht oder will nicht. „Dann müsst Ihr von den Paxi sein, wenn Ihr so unhöflich seid! Schade!“ meint sie schnippisch und dreht sich wieder weg.

„Sie wollen nicht!“ berichtet Isa den anderen Helden. Der Spielleiter meint aber, dass sie nur ihren Auftrag erfüllen!

„Sie sind halt Deppen!“ tröstet Delila sie.

„Sie haben ja nicht einmal Stoerrebrandt ihre Namen gesagt, deshalb heißen sie ja so komisch. Ihre Zungen sind sicher am Gaumen angenagelt oder rausgeschnitten!“ meint Grimbald. Alle lachen. „Er hätte sie auch Sack und Pack nennen können. Immerhin folgen sie ihm überall hin, wie Sack und Pack halt!“ Allgemeines Gelächter.

„Dann haben sie Pech gehabt.“ meint Theodore „Dann müssen sie halt dran glauben.“ Alle nicken.

„Ich kann nicht mal sagen, von welchem Stamm sie sind, sie haben keine Zeichen. Vielleicht essen sie uns auf, oder treten uns vors Schienbein -  keine Ahnung. Unhöfliches Pack!“ mault Isa.

„Oder Klär und Grube!“ sinniert der Zwerg weiter über Namen für die Mohas.

„Der und Da! - Axel und Schweiß!“ scherzen sie weiter, während der Zug sich durch die Landschaft bewegt.

„Sie sehen aus wie eine Tanne nach ´nem Großbrand. Da kann man nichts von erwarten!“lästert Grimbald.

„Das kann es sein, warum sie nichts sagen: sie sind tot!“ meint Tamarak. Delayar schaut den Zwergen böse an. „Wegen der Tanne mit dem Großbrand?“ fragt der Ritter den Elfen offen.

„Nein, nein, keine Sorge!“ versucht Isa den Elfen zu beruhigen. „Er will hier keine Tannen anbrennen.“

„Keine Sorge. Auch wenn Du so böse guckst. So verzweifelt bin ich noch nicht!“ frotzelt Grimbald den Elfen an und zwinkert dabei mit den Augen. Der fährt verstört zurück. Alle verziehen die Gesichter bei der Vorstellung, wie der Zwerg den Elfen verführt.

„Ich habe ja auch schon gehört von den merkwürdigen Vermehrungsarten der Elfen. Aber mit einem Zwergen?“

„Damit hat das nichts zu tun!“ entgegnet Grimbald trocken.

„Wachsen Zwerge denn auch auf Bäumen?“ wundert Tamarak sich nun.

„Nein, Zwerge kommen aus der Erde.“

„Was?“ lacht Delila laut los. „Zwerge werden gepflanzt?“

„Das ergibt dann die sogenannten Gartenzwerge!“ kichert Delila.

„Zwerge und Elfen, das ergebe dann Zwelfen!“ lacht Tamarak.

„Nein, Elfen wachsen auf Bäumen!“ erklärt Grimbald.

„Elfen wachsen nicht auf Bäumen!“ versucht Delayar sich zu wehren.

„Nein, nein. Elfen wachsen auf Bäumen und wenn sie reif sind, fallen sie runter!“ redet der Zwerg gegen an. „Sie bleiben in der Erde stecken, graben sich aus und wandern dann in die Welt hinaus.“ plappert er weiter.

„Meine Frau Mutter hätte gerne Gartenzwerge. Könnt Ihr mir nicht einige besorgen?“ fragt Theodore den Zwergen.

Der schaut einen Augenblick irritiert. „Nein.“ antwortet er dann.

„Und wenn ich Euch noch einige Elfen besorge, zum Tausch?“ setzt Theodore nach.

„Nein.“ beharrt Grimbald.

„Schade!“ meint Theodore.

„Vielleicht könnt Ihr mit einige Münzen den Herrn Zwergen selber überreden Euch in Eure Heimat zu begleiten und dort einige Gartenzwerge in den Garten Eurer Mutter zu setzen!“ schlägt Tamarak lachend vor. „Er muss nur gut gefüttert werden!“

„Wir können nach dem Überfall Gartengoblins nehmen!“ schlägt Delayar vor.

„Nein, die sind nicht so hübsch zierlich!“ wendet Theodore ein.

„Richtig, die sind nicht so zierlich wie Ich!“ grummelt Grimbald.

„Mhmh!“ bestätigt Theodore grinsend. Der erste Tag ist ja noch ganz lustig.

„Hat Fräulein Rottenmeier eigentlich mal verlauten lassen, wie lange der Treck unterwegs sein wird?“ lenkt Tamarak das Gespräch wieder auf andere Themen.

„Nein, die Papierfuchserin hat nichts gesagt!“antwortet Grimbald. „Aber die Papierfuchserin ist die, die mir am meisten Sorgen macht!“ fügt er hinzu.

„Wieso?“ fragen die anderen einstimmig.

„Stoerrebrandt vertraut ihr am meisten und sie hat den Mann, der am ehrgeizigsten ist.“ meint der Zwerg.

„Zeig mal die Karte!“ fordert Delila den Novadi auf. Der kramt seine Papier heraus und sie suchen die 'Sicheln', wo der Überfall sein soll. „Bis dahin soll es drei Wochen dauern.“ meint Delila.

„Ja, wir reisen hier lang bis zu den Drachensteinen. Ab Hulga verlassen wir die Straßen, wenn wir zwischen die Gebirge abbiegen.“ erklärt Katasir die Karte. „Insgesamt wird es 50 Tage bis Gareth dauern. Diese Wüstenei bei Dragenfeld wird umfahren. Nach 24 Tagen will er in Runhag sein, wo der Überfall stattfinden soll! Das ist der Ausgang der Drachenpforte.“

„Und wie kommen wir über den Fluss?“ fragt Tamarak.

„Da gibt es eine Fähre. Das wird sicher einen ganzen Tag dauern, bis alles rüber ist.“ antwortet der Novadi.

„Mit den Wagen durch das Gebirge?“ fragt Delila.

„Er wird den Weg auskundschaften lassen haben. Das hat er ja lange vorbereitet!“beruhigt Tamarak ihn.

„Ich traue keinem von denen!“ meint Delayar mit Blick zu den anderen Bewaffneten neben den Wagen.

„Traut Ihr denn uns?“ fragt Isa.

Er zögert etwas: „Nee!“ kommt dann hervor.

„Oh, schade!“ spotten die anderen.

„Nein, ich traue gar keinem außer meinem Baum.“

„Und der ist nicht da!“ meint Tamarak zu ihm.

„Und dann schlaft Ihr auch auf anderen Bäumen als Eurem eigenen?“ fragt Theodore.

„Muss ich ja. Ich schlafe immer auf Bäumen!“ antwortet der Elf.

„Das heißt also, ihr schlaft auch auf Leuten, denen Ihr nicht vertraut?“ stichelt Theodore.

„Warum bist Du dann von zuhause weg?“ fragt Tamarak nun den Elfen.

„Weil ich bei meinem Schlafbaum einen Ast abgeschnitten habe um einen Bogen zu bauen. Dafür wurde ich vertrieben.“ erklärt Delayar kleinlaut.

„Weil Du einen Ast abgeschnitten hast musstest Du ausziehen!“ wiederholt Grimbald. „Und das hat der Baum Dir übel genommen?“

„Nein, nicht der Baum. Meine Eltern. Es war unser Wohnbaum und das mochten sie nicht so gerne!“ Alle verkneifen sich das Lachen.

Beim Abendessen kocht Isa eine Suppe. Man schielt rüber, was die Mohas essen. Einer von ihnen geht zum Küchenwagen und bereitet etwas zu, was sie dann beide essen. Es sind die gleichen Zutaten, wie der restliche Zug auch bekommt, aber er macht es selber fertig. Delila schleicht ihnen nach dem Essen nach und versucht eine Schüssel mit Resten zu ergattern. Beim Essen hat man auch deutlich gesehen, das sie Zungen haben. Daran kann ihre Sprachlosigkeit nicht liegen.

„Sie sprechen vielleicht Moha-Augenbrauisch!“ wendet Tamarak ein. Alle lachen.

Isa konzentriert sich auf die Gedanken eines der Mohas. Sie findet nur leere Träume bei ihm. Als sie sich auf den anderen besinnt, erfasst sie immerhin, dass der sich um seinen Herren sorgt. Mehr findet sie nicht. Also wendet sie sich um, um Bier für die Gruppe zu holen. Der Elf möchte Wasser. Er mag den Geruch nicht. Alles was gegoren ist. Sie besorgen ein Fässchen Bier, einen Krug Wein und einen Krug Wasser. Dann trägt sie die Getränke aus. Mittags gibt es nur eine warme Mahlzeit und kein Bier. Also ist es abends und alle sitzen bei ihren Getränken.

Delila hat herausgefunden, wie das Essen gewürzt wird. Sie merkt sich die Formel um sie später zu imitieren, wenn man den Wachen Schlafgift oder ähnliches gibt. Der Elf und Isa machen sich auf den Weg in die Natur um nach Kräutern für einen Schlaftrunk zu suchen.

Theodore geht zu Emmeran. Der ist recht gut gelaunt und isst und trinkt mit großem Appetit.

„Guten Abend, Meister Emmeran!“ begrüßt er den Kaufmannssohn. „Darf ich mich zu Euch setzen?“

„Guten Abend, natürlich, warum auch nicht?“ erwidert der freudig.

„Nachdem ihr Vorgestern diese große Ansprache gehalten habt, wollte ich fragen, wie fühlt man sich denn so als Sohn so eines bedeutenden Mannes? Ist es nicht anstrengend immer hinter Eurem Vater zurückzustehen?“

„Ich sehe es nicht so, dass ich hinter meinem ehrwürdigen Vater her stehe. Ich habe meinen Weg im Leben gefunden und werde ihn auch weiter bestreiten.“

„Und was ist der Eure Weg? Ich würde das interessant finden.“

„Och, die Gesellschaft in Gareth halt genießen und ich leite ja auch eines der Handelskontore in Gareth. Das ist nicht gerade einfach in der größten Stadt Aventuriens!“

„Aber sicher, sicher, das ist sicher sehr anstrengend.“

„Aber sicher, es macht mir auch Spaß.“

„Und mit was handelt Eurer Kontor in Gareth?“

„Och, mein Vater ist einer der größten Händler ganz Aventuriens und da werden Waren umgeschlagen, die ich so nicht aus dem Kopf aufzählen kann. Gewürze, Pökelfleisch, Stoffe und so weiter und so fort. Also alles was legal vertrieben werden darf. Ist ja selbstverständlich.“ fügt Emmeran eilig hinzu.

Theodore schenkt ihm das Glas nach, sobald es halb leer ist. Emmeran kippt das auch herzlich runter, während Theodore nur kleine Schlucke nippt. Er lenkt das Gespräch immer wieder auf den Vater und ob es nicht anstrengend ist dessen Ansprüchen zu genügen und ob er von seinem Vater denn richtig verstanden wird. Vielleicht missbilligt der ja, was Emmeran so für Umgang in Gareth pflegt.

„In Gareth gibt es bestimmt doch tolle Frauen, oder? Ich habe gehört, es soll da ganz tolle Vergnügungsmöglichkeiten geben!“ lallt Theodore mit dem Kaufmannssohn mit.

„Das kann schon sein.“ antwortet der. „Ich bin allerdings so mit meinem Kontor beschäftigt, dass ich einfach noch nicht mal mehr für sowas Zeit habe.“

Theodore muss lachen. Also doch von anderen Ufer? Aber er hatte Isa ganz schön in den Ausschnitt geguckt. Theodore schaut sich um, ob er Emmerans Blick irgendwelchen Leuten zuordnen kann, die vorbeigehen. Der Kaufmannssohn schaut zwar einigen Wachen und Gehilfen nach, die bei ihrer Arbeit an seinem Lager vorbeikommen, es ist aber eher Kontrolle der Mitarbeiter, als sexuelles Verlangen in seinen Blicken zu finden. Er scheint ein Lebemann ohne Leben zu sein. Auch als Theodore ihm erzählt, dass sie im Süden nicht nur Frauen in den Freudenhäusern haben, ist er genervt, warum Theodore ihn danach fragt.

„Was wollt Ihr von mir?“ Einen Augenblick überlegt Theodore, ob er ihn verführen sollte, findet ihn dann aber nicht betrunken genug, als dass es sich an einen Fehlversuch morgen nicht mehr erinnert. Er scheint ein offener fröhlicher Mensch ohne Berührungsängste zu sein, aber sexuelle Interessen hat er keine. 'Vielleicht steht er auf Schafe?’: denkt Theodore angeekelt. Er macht noch einige Versuche, blitzt aber sofort ab, sobald es über freundschaftliches Knuffen hinaus geht. Später kann Theodore ihn zum Brüderschaft trinken überreden.

Delayar und Isa wandern durch die dämmerige Wildnis. Immer wieder bückt die kleine Exotin sich nach allerlei Pflanzen und fragt: „Was ist das? Und das?“ Der Elf rollt bald die Augen, während er ihr versucht, verständliche Antworten zu geben. Immer wieder glaubt Delayar ein Schlafblatt zu sehen, wenn er aber näher kommt, ist es doch nur was ähnliches, aber wirkungsloses. Isa rupft einige Pflanzen ab. Sie will wohl ein Sammelbuch anlegen.

Die anderen beraten über den Scheinüberfall. Delila beschreibt, was sie als Illusionistin bieten kann. Sie kann ein Bild von 5000 lauernden Goblins und ihr Geschrei vortäuschen, bewegen können sie sich aber nicht.

„Das musst Du bis dahin üben!“ schlägt Tamarak vor. „Frag mich in einigen Jahren noch mal nach sowas!“ entgegnet Delila genervt.

Als Theodore später zur Gruppe zurückkommt, ist er sturzbetrunken. Isa streichelt ihren Herrn über den Körper und er sitzt wieder nüchtern und hellwach da. Nun sitzen alle wieder zusammen am Lagerfeuer und Theodore kann von seinem Gespräch mit Emmeran erzählen. Die Helden fangen an zu staunen. Er feiert gerne, kann aber keine Frauen empfehlen. Er will nichts von Männern und ist nur mit seinem Kontor beschäftigt. Liebt Partys und Gesellschaften, hat aber keine Zeit für Frauengeschichten. Er muss auf Tiere stehen oder ein Dämonenanbeter sein, dann empfiehlt man den Puff nicht unbedingt. Das ist das Ergebnis der Beratungen der Gruppe. Noch lachen alle bei dem Gedanken und amüsieren sich. Grimbald ist aber schon misstrauisch über den Mann. Wahrscheinlich ist er ein aalglatter Lügner und hat Theodore die ganze Zeit einfach nichts erzählen wollen. Dann Muss er aber ordentlich was in Planung haben.

 

Der siebente Tag

Morgens beraten alle noch mal über die Ergebnisse. Isa macht das Frühstück. Sie ist immer noch darüber sauer, dass Delayar den Sauerampfer, den sie gefunden und ausgerissen hatte wieder eingepflanzt hat, anstatt ihn als Nahrungsergänzung mitzunehmen. Als Tamarak davon erfährt, schaut er den Elfen abschätzend an.

„Elfen sind einfach komische Leute.“ meint er zu Isa.

Der Treck beginnt bereits wieder mit dem Aufbruch. Die Tiere werden angeschirrt und die Nachtlager eingepackt. Auch die Helden bereiten sich auf die Weiterreise vor. Nach den Frühmessen der begleitenden Geweihten geht es wieder los.

Der Elf beobachtet Bingo und Bongo, die hinter dem Wagen von Stover her wandern. Delila macht sich mit einem Ignoranzia unscheinbar und will sich in der Nähe der Familie die Gespräche anhören. Sie muss feststellen, dass Stover seine Malzeiten alleine in seiner Kutsche einnimmt. Emmeran sitzt bei seiner Kutsche und isst auch alleine. Er scheint keine Folgen der Zecherei letzte Nacht zu erleiden. Das Ehepaar Peranka und Kalman Vejthali sitzen auch alleine und reden über die bevorstehende Tagestour und was wohl noch an organisatorischen Dingen in den nächsten Tagen bevorstehen. Vanjescha streunt zwischen den Fahrensleuten umher und amüsiert sich dort. Delila ist total irritiert über die Gespräche die die Familie nicht führt.

Sie geht weiter durch die Dienerschaft der Herrschaften. Diese reden wenigstens über einige Gerüchte. Sie fürchten hauptsächlich Überfälle durch Räuber. Aber die meisten Gespräche handeln von den Aufgaben und Arbeiten der Leute im Treck. Gelegentlich sind auch mal Liebschaften dabei, aber nichts über die Verhältnisse in der Familie. Sie reden überhaupt nur wenig über die Familie. Keiner regt sich über das Verhalten der Geschwister auf.

Grimbald geht zu den Armbrustschützen und fragt sie nach ihren Waffen. Sie haben leichte Armbrüste, die sie geschickt laden können. Er fragt, ob er sich eine ausleihen kann.

„Das ließe sich einrichten, wenn Ihr einige unserer Wachschichten mit übernehmt.“ Amüsiert schauen sie sich an. Grimbald überlegt einen Augenblick.

„Welche denn?“ fragt er.

„Ach es ist immer so hundsgemein die Hundswache zu halten!“ scherzen sie.

„OK! Zwei Hundswachen gegen eine Armbrust.“ schlägt er vor.

„Drei!“ verhandeln die Wachen.

„Und 20 Bolzen!“ entgegnet der Zwerg.

„Gemacht!“ lenken die Soldaten ein. Alle schütteln die Hände und Grimbald wird eine Waffe ausgehändigt. Dann wird er zu den Hundswachen der nächsten drei Tage eingeteilt.

Als er den anderen seine Neuerwerbung zeigt, überlegen die, ob es gut ist, wenn er Nachtwachen macht, anstatt bei der Gruppe zu sein. Aber Stover braucht nicht wirklich Leibwächter. Zum einen sind die beiden Mohas da und dann reist er mit einer Armee und seine Kinder halten deutlichen Abstand von ihm. Tamarak würde sich viel mehr Sorgen machen, wenn er sie zwingen würde mit ihm an einem Tisch zu sitzen und zu essen.

Dann kommt Delila wieder ins Lager der Helden. Tamarak ist nach den morgendlichen Rondrariten gerade mit Lockerungsübungen fertig und spült sich den Schweiß mit einem Wassereimer vom gestählten Körper, als sie sich von hinten an ihn heranschleicht und ihm ins Ohr flüstert: „Bei den Göttern, sind die langweilig!“ Der Krieger macht einen Satz in die Luft und wirft seine Wassereimer hoch. Mit großen Augen fängt er ihn wieder auf. „Was, was, was!“ schaut er sich irritiert um.

Mit wildem Kopfschütteln berichtet Delila ihm und den anderen von ihren Beobachtungen. Die Familie hat sich länger nicht gesehen und ist vom Vater extra zu dieser Umzugsreise eingeladen worden. Durch den Zug geht das Gerücht, der Alte würde seinen Erben bestimmen. Aber niemand von ihnen sucht nach dem kurzen Treffen in Festum weiter die Nähe des Vaters oder redet über die Gerüchte. Selbst Emmeran, der eine lange Reise unternommen hat um den Vater abzuholen, ist jetzt nicht bei ihm und sitzt lieber allein.

Isa pflichtet ihr bei. Die Familie ist nicht von dieser Welt. Alle fassen noch mal ihre Beobachtungen zusammen und stellen wilde Spekulationen an, wann Stover seinen Kindern von dem phexischen Wettstreit erzählen will und was sie dazu sagen, dass Theodore daran teilnimmt.

Katasir beschäftigt sich den ganzen Morgen mit seinen Karten und beobachtet das Wetter. Er kommt zu dem Schluss, dass bald Dauerregen einsetzten wird. Der Weg durch den Pass, den Stover den Helden als Reiseroute mitgeteilt hat, ist recht unbefestigt. Bei Regen wird er nur schwer passierbar sein. Er kommt mit seinen Karten zu den diskutierenden Helden.

Mit geschäftsmäßiger Stimme berichtet er von seinen Beobachtungen: „Wir haben ein kleines Problem!“ beginnt er.

Tamarak schaut ihn an: „Was für ein Problem?“ Katasir breitet seine Karte aus und zeigt auf die Stelle, wo die Karawane sich momentan befindet.

„Dieser Weg, den wir schon mal gegangen sind, ist nicht nutzbar. Wir erwarten in den nächsten Tagen einen Dauerregen!“

„Wie einen Monsun?“ fragt Theodore.

„Nein, es ist nur ein Dauerregen, der einige Tage, vielleicht Wochen anhält, aber keine drei Monate wie im Süden.“ klärt Katasir den Südländer auf. „Die Straße ist nicht befestigt und mit den schweren Wagen durchnässt nicht passierbar.“

Tamarak schaut die Kollegen an. „PAL!“ Die anderen schauen ihn erstaunt an. „Problem anderer Leute!“ erklärt er seine Abkürzung. „Ich denke nicht, dass Meister Stoerrebrandt sich um Wetter und Wege kümmert, wenn er umziehen will. Außerdem hat er den Weg lange auskundschaften lassen. Er wird wissen, was er da tut. Aber danke, für den Hinweis!“

„Solange nicht noch mehr von diesen Leuten auftauchen, die Sitzblockaden machen!“ meint Grimbald. „Vielleicht wiederholen sie es so lange, bis sie ihre 4000 zusammen haben.“ Alle lachen.

„Wir sollten schon mal einen Beutel mit kleinen Steinen vorbereiten und wenn sie wieder auftauchen werfen wir ihn einfach in die Landschaft und rufen 'Los, holt´s Euch'. Dann ist die Straße vielleicht schneller frei und die Wagen sinken nicht ein.“ scherzt Tamarak.

„Oder wir engagieren einen Zyklopen zum Werfen!“ lacht Delayar.

„Nein, wir binden ihn an einen Pfeil und schießen ihn weg, dann müssen sie weiter laufen!“ meint Tamarak.

„Viele kleine Beutel, die fliegen weiter!“ grinst Grimbald.

„Das hilft auch bei Goblins.“ gibt Tamarak zu bedenken.

„Ja, bunte Steinchen. Goblins stehen auf sowas!“ scherzt Grimbald.

„Ich würde Eicheln empfehlen. Sie sind leichter, klappern genauso und lassen sich weiter werfen.“ lacht Delayar.

„Genau, das sollten wir vorbereiten!“ sagt Tamarak.

„Wir sollten Herrn Stoerrebrandt trotzdem informieren, wenn er es noch nicht weiß!“ lenkt Katasir ernst das Thema zurück.

„Ach das Wetter!“ besinnt sich Tamarak. Langsam beruhigen sich alle wieder vom Lachen. „Ja, wir gehen gemeinsam. Ich habe noch ein paar Fragen an den Herrn.“

„Vielleicht sollten wir die Tochter informieren!“ gibt Delila zu bedenken. Aber keiner hört ihr zu. So geht die ganze Gruppe an den Wagen vorbei zu Stoerrebrandts Kutsche. Er wird gerade von einem Barbier rasiert.

„Auf ein Wort Meister!“ weckt Tamarak den alten Kaufmann aus seiner Meditation.

„Was, oh, sorry, Moment!“ stammelt der und versucht sich nicht zu bewegen, damit der Barbier mit seinem Messer weiter arbeiten kann.

„Sofort!“ droht Katasir gewichtig.

„Wir benötigen nur Euer Ohr!“ meint Tamarak und alle müssen sich ein lautes Lachen verkneifen, als der Barbier wie ertappt zusammenzuckt und Stoerrebrandt sich verunsichert die Ohren festhält, dass sie ihm nicht abgeschnitten werden können. Irritiert tritt der Mann zurück und Stoerrebrandt wischt sich den restlichen Schaum aus dem Gesicht.

„Ja, was gibt es denn!“ richtet er sich auf und schaut die versammelte Mannschaft erwartungsvoll an.

„Ja, zum einen sieht die Wetterprognose nicht so gut aus!“ beginnt Tamarak.

Katasir tritt mit seiner Karte vor zum zeigt auf das Gebiet. „Wir erwarten in der nächsten Woche einen Dauerregen, wenn Ihr es nicht schon wisst.“ Er zeigt weiter auf seiner Karte den von dem Kaufmann der Gruppe mitgeteilten Weg entlang. „Und wenn wir je diese Stellen erreichen sollten, kommen wir nicht weiter. Nicht mit diesen Wagen!“ Einen Augenblick tritt Schweigen ein.

„Es wird gehen müssen. Wir werden da trotz etwaigem Regen durchreisen!“ beharrt der Kaufmann.

„Nun, Ihr habt diese Reise sicher aus langer Hand vorbereitet und auch das Wetter eingeplant!“ legt Tamarak dem alten Mann die erwartete Antwort in den Mund.

„Ja, sicherlich. Wir werden wohl dann nicht so viele Meilen schaffen, wie jetzt. Aber das holen wir bei besserem Wetter dann wieder auf.“

„Ja, ich verstehe! Wenn Ihr darauf vorbereitet seid, ist das ja nicht so schlimm.“ lenkt Tamarak das Gespräch weiter. „Aber eine andere Sache. Welchen Ablauf habt ihr geplant, um den Wettbewerb abzuhalten?“

Mit einer Handbewegung schickt Stoerrebrandt den Barbier endgültig weg und winkt die Gruppe dichter heran. „Ich möchte jetzt noch nicht darüber reden. Es gibt zu viele Ohren hier.“

„Befürchtet Ihr Tumult unter Euren Sprösslingen?“ fragt Tamarak weiter.

„Nein, aber man könnte es als unfairen Wettbewerbsvorteil werten. Es soll ein für alle überraschendes Ereignis werden. Ich werde es selber vorbereiten.“ entgegnet der Kaufmann.

„Vor oder nach dem anderen Plan?“ bohrt Tamarak weiter.

„Nachher.“ antwortet Stoerrebrandt kurz.

„Das heißt zu dem Zeitpunkt, wenn der Plan eintritt, weiß noch keiner, wer was zu beanspruchen hat.“ stellt Tamarak fest.

„Ja!“ bestätigt Stoerrebrandt. „So dass zu diesem Zeitpunkt möglicherweise alles durcheinander läuft!“ fügt er an. „Ja!“ nickt der Alte.

„Wenn der Plan also zündet, wird eine Stelle vakant und alle laufen durcheinander um sie zu besetzen.“ Wieder nickt der Alte. „Ah, das erklärt einiges.“ nickt der Krieger.

„Ja, das Testament ist vorbereitet. Es gibt auch ein - zwei Personen, die Bescheid wissen und sich dann darum kümmern.“ fügt der Kaufmann hinzu.

„Von den Geweihten?“ fragt Tamarak.

„Das will ich jetzt noch nicht sagen.“ bricht Stoerrebrandt ab.

„Aber wäre es nicht besser, wenn Ihr uns sagen würdet, wer das Testament verwahrt?“ bohrt Tamarak nach.

„Nein!“ fährt der alte Kaufmann dazwischen. „Wie ich schon sagte, gibt es einfach zu viele Ohren und ich möchte es lieber für mich behalten.“

„Nun gut. Was mich bei dieser Angelegenheit noch erstaun, ist, mit welcher Gelassenheit Eure Familienmitglieder Euch auf dieser Reise begleiten ohne Fragen zu stellen. Was habt Ihr ihnen erzählt?“

„Das ich gerne umziehen möchte und ihre Hilfe dabei gebrauchen könnte, bei diesem Umzug.“ Die Helden runzeln die Stirn.

„Hätte es da nicht genügt, das Personal vorbeizuschicken?“ fragt Tamarak verblüfft.

„Ich habe sie gebeten dabei zu sein!“ antwortet Stoerrebrandt.

„Das tun sie einfach so. Mich wundert, dass Ihr so selten zusammen sitzt.“ bohrt Tamarak weiter. „In meiner Familie wäre es nicht möglich gewesen, wenn der Patriarch in sein Haus einlädt, sich zu den Mahlzeiten nicht mit am Tisch aufzuhalten!“ erklärt Tamarak seine Frage. „Selbst wenn man etwas Wichtiges zu besorgen hat oder anderswie verhindert ist, bedurfte es geradezu der persönlichen Erlaubnis dem Tisch fern zu bleiben. Und Ihr reist allein in Eurem Wagen, speist allein, trefft Euch nicht mal zu Abendessen. Jeder reist für sich, keiner redet miteinander. Euer Sohn kommt aus Gareth um Euch abzuholen, ist aber nicht bei Euch um Euch die Zeit zu vertreiben.“

„Das liegt an unserer Art. Mein Sohn wird sicher später zu mir kommen und wir werden miteinander reden. Aber gerade jetzt am Anfang hat jeder noch mit sich selber zu tun.“ erklärt Stoerrebrandt wie selbstverständlich.

„Aber gerade am Anfang gibt es doch viel zu besprechen, sollte man da nicht besonders engen Kontakt erwarten?“ Tamarak ist immer verwirrter über die komische Familie. „Dass man nach 4 – 5 Wochen sich nichts mehr zu sagen hat, würde ich verstehen. Dann läuft alles und man geht sich auf die Nerven. Aber jetzt nach wenigen Tagen?“

Stoerrebrandt meint, er hätte genug mit seiner Tochter Peranka gesprochen. „Emmeran ist ein lieber netter Junge, er hat sicher seinen eigenen Kopf. Das einzige: was mit ihm ist, ich weiß nicht.“

„Er ist noch nicht verheiratet.“ unterbricht Tamarak das Geschwätz.

„Das hat er mir nie erklärt, warum er noch nicht geheiratet hat.“ erwidert Stoerrebrandt.

„Und Ihr habt ihn noch nie gefragt?“ Tamarak ist fassungslos.

„Ich habe ihn schon mal angehalten eine Brautschau zu halten, aber er scheint da kein Interesse zu haben. Und
Vanjescha, meine andere Tochter...“

„Ja, die würde jeden abstechen, bevor der eine Chance hat einen Stich zu landen, das sehen ich ein!“ lacht Tamarak dem alten Mann ins Gesicht.

„Und mein Schwiegersohn, nun ja, ich habe ihn einfach nicht gerne um mich. Ich mag seine Art nicht.“ erklärt der Kaufmann. Dabei nicken die Helden einmütig.

„Wer gehört noch zu Eurer Familie?“ fragt Tamarak weiter. Man sammelt: Kalmans Tochter leitet das Stoerrebrandt-Kolleg zu Riva. Sie ist nicht anwesend. Die Prinzessin hat auch zwei Kinder. Aber dieser Teil ist noch nicht angereist.

„Ich empfehle Euch dringend, an Eurer Familie zu arbeiten.“ schließt Tamarak das Gespräch.

„Ja, wenn ich mich zur Ruhe gesetzt habe.“ entgegnet der Kaufmann.

„Nein, jetzt. Unter diesen Bedingungen kann ich mir kaum vorstellen, was passiert, wenn der Plan greift.“ widerspricht Tamarak.

„Tut er sowieso nicht!“ flüstert der Elf leise, dass es kaum jemand hören kann. Stoerrebrandt hat es nicht gehört.

„Gut, dann habe ich ja noch drei Wochen, mich ein wenig zu kümmern.“ beschließt er.

Tamarak klärt noch, dass der Goblinstamm auf der westlichen Seite der roten Sichel wohnt und nicht vor Dragenfels aufzusuchen ist. So haben auch die Helden noch Zeit, sich was auszudenken. Stoerrebrandt bittet die Gruppe das Thema nicht noch mal anzuschneiden, bevor es so weit ist, damit nicht versehendlich doch noch was belauscht wird.

„Natürlich, wenn Ihr es so wünscht. Es war uns nicht bewusst, dass es ein Geheimnis ist. Das hattet Ihr nicht erwähnt.“ Stoerrebrandt schaut Tamarak an. „Selbst die Leute auf der Straße von Festum haben über Euren Erben spekuliert!“

„Das waren nur Gerüchte!“

„Ja, aber ganz Festum hat sie besprochen. Nur Eure Kinder interessiert es nicht. Sie reden halt nicht mit dem Volk auf der Straße. Aber jetzt sind wir in Kenntnis gesetzt und werden uns so verhalten.“ So verabschieden sich die Helden und gehen frustriert zu ihrem Lager zurück.

Als sich der Zug fast schon in Bewegung setzt geht Isa, nach einem Gespräch mit ihrem Herrn, zum Küchenwagen und bringt das dreckige Geschirr weg. Sie versucht sich unter der Dienerschaft des Emmeran umzuhören. Mechaniker richten noch etwas am Wagen. Emmerans Kutsche ist glänzend rot, braun und golden lackiert. Sie wurde mit einem Schiff nach Festum gebracht. Sie ist neu hergestellt und jetzt das erste Mal auf langer Fahrt. Der Mechaniker ist etwas sauer, dass sie vorher nicht eingefahren worden ist.

„Sie haben wahrscheinlich nicht mal einen Elchtest damit gemacht!“ Isa schaut, als wüsste sie, wovon er redet. Der Mann arbeitet noch nicht lange für Emmeran. Er kommt aus der Stellmacherei in Festum. Er und seine Kollegen sind für die Wartung der Wagen verantwortlich und findet es unverantwortlich, so einen langen Zug mit mal durch Aventurien zu jagen. Die anderen Diener kennt er nicht persönlich.

Isa geht zu den Dienerinnen weiter. Die sind wild beschäftigt, alles einzupacken. Isa fragt, ob sie helfen kann und bekommt einige Stoffballen zugeteilt, die verladen werden sollen. Ein Mädchen namens Melinka erzählt ihr, dass sie seit zwei Jahren für Emmeran arbeitet. Er trinkt viel, feiert viel und ist nett und freundlich. Am besten beschenkt man ihn, indem man ihm ein Fest gibt. Er mag auch Kurzweil, wie Musik, Tanz, Heldensagen und Gedichte. Er hat sich auch schon nach einer Braut umgesehen. Der Kaiserin hat er den Hof gemacht.

Als der Treck sich in Bewegung setzt geht Isa mal zu den Dienern von Peranka und Kalman. Der Elf beginnt zu pfeifen, bis der Zwerg ihn genervt nach vorne schickt. So haut er ab.

Als Isa fast an der Kutsche von Kalman ist, steigt der aus und wandert zu der von seinem Schwiegervater. Schnell rennt sie zurück und erzählt es aufgeregt den anderen.

„Sie reden miteinander, sie reden!“

Delila versucht ihr den Unaufmerksam-Zauber aufzulegen, aber die kleine Sklavin zappelt zu sehr. Sie besinnt sich und macht es noch mal und Isa ist für 5 Minuten unauffällig.

„Du hast 5 Minuten!“

Blitzschnell rennt sie zurück zu Stoerrebrandts Kutsche und hockt sich auf das Trittbrett. Sie hört, wie Kalman seinem liebsten Schwiegervater eine Expedition in die Maraskankette vorschlägt, wo eine neu gefundene Goldmine auf ihre Erschließung wartet.

„In die Maraskankette, und dafür willst Du Geld von mir?“ schnauzt der zurück.

„Aber liebster Schwiegervater. Denk nur eine neue Goldmine!“ Kalman geht ihm drei Minuten um den Bart, bis der verspricht, darüber nachzudenken. Zwei Leute kommen vorbei und erschrecken sich, wie sie plötzlich die kleine Frau auf dem Trittbrett sitzen sehen. Sie macht ein Gesicht, als gehöre das so und die beiden gehen weiter.

Dann kommt Kalman aus der Kutsche und Isa spricht ihn an, ob die Ratschläge zur Federung sich denn schon ausgezahlt hätten. Er schaut erst verblüfft, bedankt sich dann aber. Er hat auch das Mückenmittel mitgenommen, wie empfohlen.

„Aber warum seid Ihr so verstimmt?“ fragt sie ihn.

„Das geht Euch gar nichts an!“ schnauzt er zurück.

„Vielleicht kann ich Euch helfen!“ schlägt sie vor.

„Sicher nicht!“ spottet er zurück und schaut sie herablassend an.

„Schade, ich war mir sicher, mein Herr ist hier um Geld zu investieren. Aber wenn Ihr meint.“ Damit wendet sie sich zum Gehen. Kalman schaut ihr grübelnd nach.

Als sie die Heldengruppe wieder erreicht, berichtet sie Delila von dem Erschrecken der beiden Begleiter. Die erklärt, dass der Zauber ja nicht unsichtbar macht, sondern unauffällig. So kann es sein, dass einen jemand erst im letzten Augenblick wahrnimmt und sich somit erschreckt. Sie bedankt sich nochmal aufrichtig und berichtet dann von dem Belauschten.

„Also, der Kalman ist seinem Schwiegervater unglaublich um den Bart gegangen, weil er unbedingt eine Expedition in die Maraskan-Kette machen will, um dort eine Goldader zu erschließen!“ erzählt sie der langsam neben den Wagen her trottenden Gruppe.

Tamarak rutscht mit einem Stiefel aus dem Steigbügel und kippt seinem Pferd auf den Hals. „Der Kerl will wo hin?“ fragt er die kleine Exotin ungläubig.

„Persönlich?“ staunt Delila.

„Niemals!“ ruft Katasir entrüstet.

„Ich glaube schon!“ bestätigt Isa ihren Bericht noch mal.

„Wo hat der Idiot das denn her?“ grummelt Grimbald.

„Er hat Handelsbeziehungen in die dunklen Reiche?“ fragt Tamarak misstrauisch.

„Offensichtlich. Zumindest hat er Informationsquellen. Ich habe versucht ihn zu ködern!“ wendet Isa sich nun an ihren Herrn. Der staunt sie an. „Er braucht einen Geldgeber und ich habe ihm erzählt, dass Du zu Investitionen hier bist.“

Grimbald meint, es gibt kein Gold in der Maraskan-Kette.

„Seid ihr da sicher?“ fragt der Novadi.

„Auf jeden Fall ist es dort, wo es welches geben könnte sehr schwarz!“ meint die Zauberin.

„Ist nicht ganz Maraskan schwarz?“ fragt Tamarak.

„Nein, nicht ganz. Die untere Ecke ist noch in Reichbesitz. Hier war der Widerstand zu groß.“ erklärt Delila. „Aber nichts desto trotz Muss man durch die verfluchte See. Und das reicht schon.“

„Naja, und dafür wollte er Geldunterstützung von seinem Schwiegervater. Und der hat gesagt, er überlegt sich das.“ wiederholt Isa ihren Bericht noch einmal.

Die Helden grübeln den Vormittag über diese neuen Informationen. Inzwischen hat sich der Nebel verzogen und ein Bote kommt den Treck entlang geritten um Theodore einen Brief zu bringen. Er ist von Kalman.

Der Elf ist bei den Kundschaftern an der Zugspitze eine Weile mitgelaufen. Gerade kommen zwei von ihren Wegen zurück und die nächsten schwärmen aus.

„Und, ist etwas ungewöhnliches aufgefallen?“ fragt er die beiden Männer.

„Nichts. Wir werden wohl eine ruhige Reise haben bis zu den Bergen.“ antworten die.

„Kann ich wohl mal auf so eine Tour mitgehen?“ fragt der Elf weiter.

„Aber klar!“ freuen sich die beiden Kundschafter. „Ich werde Sie verständigen, wenn ein Platz frei ist.“

„Danke!“ verabschiedet er sich und geht zu den anderen zurück.

Er erzählt ihnen davon, dass er demnächst so die Gelegenheit haben wird, mal nachzusehen, ob es wirklich so friedlich hier in der Umgebung ist. Tamarak regt an, dass er die Möglichkeit prüfen soll, ob sich jemand ungesehen an dem Zug vorbeischleichen kann, etwa mit einigen Bewaffneten, um ihn dann zu überfallen. Da ja jemand die Route geklaut hat, könnte der sein Wissen nutzen um einen Hinterhalt aufzubauen, wenn er mit Berittenen durch die Wildnis an dem Treck vorbeireitet.

„Die Frage ist nur, wie groß so ein Hinterhalt sein müsste!“ meint der Zwerg. „Der Zug ist mit vielen Bewaffneten versehen. Der beste Ort für sowas ist das Gebirge. Auf freiem Feld ist es fast unmöglich etwas auszurichten bei der Bewaffnung. Aber auf den engen Gebirgspfaden langt ein Stein, der einen Wagen blockiert und keiner kommt mehr weiter. Dann kommen auch die Kämpfer nicht mehr an den Wagen vorbei.“ Delayar wird nach entsprechenden Spuren Ausschau halten.

Theodore hat den Brief mehrfach gelesen. Kalman bittet ihn so bald als möglich zu einer Unterredung in seinem Wagen. Er schaut Isa strafend an. Dann überlegt er, dass es eine gute Möglichkeit ist den Mann auszuhorchen. Grimbald geht an Theodore vorbei und nimmt ihm den Brief aus der Hand. Misstrauisch begutachtet er ihn. Er schnüffelt einmal daran und dreht ihn dann in alle möglichen Richtungen.

„Wo die Schlaufen hinzeigen ist oben!“ erklärt Delila ihm kichernd.

„Aha. Und was steht da?“ er reicht den Brief der Zauberin, die ihn daraufhin laut vorliest.

„Er bittet Dich zu einer Unterredung in seiner Kutsche!“ wiederholt der Zwerg den Inhalt zu dem Alanfaner.

„Danke, wie gut, dass ich das jetzt weiß!“ gibt der schnippisch zurück. „Ich denke in einigen Stunden werde ich etwas Zeit für ihn haben!“ überlegt der laut.

„Dann sendet doch einen Brief zurück!“ regt Tamarak an.

„Ja, das sollte ich tun.“ denkt Theodore nach.

„Ich kann ihn dann überbringen!“ schlägt Tamarak vor. Theodore nickt und zerrt aus seinem Reisegepäck einen Bogen Papier und ein Schreibgerät vor. Dann verfasst er eine Antwort, dass er den Nachmittag kommen würde, wenn er denn Zeit finde und übergibt den Brief dem Ritter zum Transport. Der liest ihn durch und gibt ihn zurück.

„Ich würde höflich bleiben! Das schafft nur unnötig Unmut.“ gibt er zu bedenken. Theodore zückt einen weiteren Bogen und beginnt von neuem.

„Wenn es denn genehm ist!“ fügt er nun ein. Ein dritter Bogen. „Sollte ich zufällig an Ihrer Kutsche vorbeikommen...“

„Nein. Heute Nachmittag. Bis dann. Punkt.“ leitet der Ritter den Südländer an. Alle lachen.

„Ob die Aufsammler am Treck-Ende die Entwürfe wohl auflesen und ausliefern?“ überlegt Grimbald. Amüsiert schreibt Theodore nun seinen Brief noch einmal nach dem Entwurf des Horasiers und übergibt ihn dann. Der faltet ihn gut ein und treibt sein Pferd an den Wagen vorbei bis zu Kalmans Kutsche.

Grimbald gibt Theodore Anweisungen, wie er das Handelsgespräch am besten führen sollte. Der wehrt sich, dass er das schon schaffen wird, aber der Zwerg könne doch mal seine Saufschwester Vanjescha aufsuchen und aushorchen.

„Meine Raufschwester?“ fragt der zurück.

„Nein, Saufschwester! Mit der Ihr Euch so trefflich auf dem Feste unterhalten habt.“ stiftet Theodore den Zwergen an.

„Die ist doch keine Saufschwester. Dafür kann sie nicht genug ab.“

Tamarak, der inzwischen wieder zurück ist, pflichtet Theodore bei. „Immerhin habt ihr Geschwisterschaft getrunken. Vielleicht solltet Ihr sie mal besuchen.“

„Und dann?“ grunzt der Zwerg zurück.

„Legt sie flach!“ schlägt der Ritter vor.

„Das hat ja schon besoffen nicht geklappt! Wie soll das gehen, wenn sie nüchtern ist.“ lacht der Zwerg.

„Offenbar habt Ihr es nicht tun wollen, weil sie besoffen war!“ betont der Ritter. „Aber jetzt so bei Licht betrachtet...“ er macht eine aufmunternde Geste.

„Eigentlich eine gute Idee!“ überlegt der Zwerg und grinst über das ganze Gesicht. Alle lachen. So scherzen sie noch eine Weile, bis es Nachmittag ist und Theodore sich auf den Weg zu Kalman macht. Isa begleitet ihn und wandert während des Gespräches neben dem Gefährt her.

Kalman freut sich und bittet Theodore herein. Sie nehmen einander gegenüber Platz und machen sich nochmal bekannt. Dann erzählt Kalman von dem Gespräch mit Isa am Morgen und beginnt von seinem Geschäft zu erzählen. Ihm ist zu Ohren gekommen, dass in der Maraskan-Kette eine Goldader gefunden worden ist, und er würde sie gerne ausbeuten. Dazu braucht er Investoren, die bereit sind zusammen die Kaufsumme aufzubringen. So teilt man das Risiko unter mehreren auf und die Gewinne wären riesig. Theodore fragt ihn über die Einzelheiten der Unternehmung aus. Vor allem, wie der die Dämonensee überwinden will. Kalman hat Pläne von drei gut ausgerüsteten Schiffen. Außerdem hat er einen Plan für die Besatzung des Trecks aus Bergbauspezialisten und Bewaffneten, die die Mine erschließen können. Als Beweis für die Informationen legt er drei Berichte von Reisenden vor, die die Goldader entdeckt haben. Die Investitionssumme je Investor würde nur 2000 Batzen betragen. Und auch der Schwiegervater hätte sich bereit erklärt, einen Anteil zu übernehmen.

Sie reden noch eine Weile über Einzelheiten und Kalman bietet Theodore an die Unterlagen in Ruhe in dieser Kutsche zu studieren. Herausgeben will er sie nicht. So lässt er den Alanfaner zwei Stunden über den Berichten und Plänen brüten, bis dieser meint sich noch mit seiner Begleiterin beraten zu wollen und einige Erkundigungen einholen zu müssen. Kalman scheint darüber aufgebracht zu sein, dass Theodore seine Entscheidung nicht alleine treffen kann. Er versucht das Risiko, dass nur bei 30 % liegt herunterzuspielen. Als Theodore ihn nach der Leitung der Expedition fragt, muss er zugeben, es nicht selber leiten zu können. Das würden die Männer seines Vertrauens machen.

„Gut, ich melde mich dann nächste Woche, wie ich mich entschieden habe!“ verkündet Theodore und verlässt die Kutsche. Er wandert mit Isa zur Gruppe zurück. Katasir und Delayar haben den Nachmittag genutzt, um die Vor- und Nachhut zu kontrollieren. Die Männer machen einen vertrauenswürdigen Eindruck und haben bisher keine ungewöhnlichen Ereignisse zu berichten.

So wird es wieder Abend und die Wagenburgen werden gebildet. Die Kochtöpfe werden aufgestellt und das Essen bereitet. Grimbald geht früh und ohne Bier! schlafen, damit er zur Hundswache fit ist. Er hat den Udenbergern noch seinen Schlafplatz gemeldet, damit er geweckt werden kann, dann verzieht er sich.

Den anderen fällt bei der Abendandacht auf, dass der Handelstreck ohne Phex-Geweihten reist. Isa meint, dass Stoerrebrandt vielleicht selber Leihen-Geweihter ist. Tamarak hat eher seine sommersprossige Adjutantin im Verdacht. Delila meint, er ist sicher selber ein richtiger Geweihter, sonst hätte er nicht die Feder, ein hohes Phex-Artefakt, besessen. Das gibt man nicht einem beliebigen Depp.

Auch die anderen gehen zeitig zu Bett und schlafen nach ein paar Überlegungen schnell ein. Theodore überlegt, warum Kalman andere Leute um Geld für deine Expedition angeht. Ob er einfach nur Leute abzocken will? Aber ohne Einsicht in sein Konto bei der Nordlandbank ist das nicht herauszufinden. Seine Frau könnte das noch wissen, aber die Muss man sicher sehr besoffen machen, damit sie darüber plaudert, wenn sie überhaupt betrunken werden kann, so ernst wie sie ist. Andererseits passt das zu seiner Beschreibung, gerne mal ein Risiko einzugehen, wie sein Schwiegervater erzählte.

Delayar und Katasir überprüfen die Nachtposten. Es sind einige Leute um das Lager aufgestellt. Zur Hundswache wird Grimbald geweckt und geht los. Gerade ist er weg, da erwacht Theodore von einem Pfeil, der neben seinem Gesicht einschlägt.

„Wir werden angegriffen!“ brüllt er sofort los. Die anderen springen aus den Schlafsäcken. Tamarak reißt die Blende der Laterne auf und beleuchtet das Lager der Helden. Es ist ein gewöhnlicher Pfeil, wie ihn auch die Lagerwachen benutzen. Durch die Rufe wurden die Wachen alarmiert und es entsteht eine gewisse Unruhe um das Lager. Die Leute kommen angelaufen und erkundigen sich. Delayar untersucht den Pfeil genau. Er findet aber nichts Besonderes daran. Nach dem Einschlag im Boden ist der Pfeil wohl außerhalb der Wagenburg, aber nicht weit entfernt, durch eine Lücke zwischen zwei Wagen, direkt auf die Schlafstelle der Helden geschossen worden. Das war ein Anschlag auf die Gruppe. Der Schütze Muss gewusst haben, wo die Helden ihre Schlafplätze haben, und genau einen guten Schussplatz gesucht haben. Tamarak nimmt die Lampe und begleitet Delayar zu der Stelle, von wo der Pfeil abgeschossen wurde. Sie untersuchen den Boden.

Alle Wachen, die keine festen Posten haben, finden sich nach und nach ein. Die Schatzwächter bleiben bei den sieben Wert-Wagen. Trotzdem laufen einige Leute überall herum. Die beiden Spurensucher finden die Stelle. Jemand in schweren Stiefeln hat hier gestanden. Die Spuren unterscheiden sich deutlich von denen des Kartendiebes aus Festum, könnten aber jedem zweiten Begleiter des Trecks gehören. Die beiden folgen den Spuren in Richtung auf die dritte Wagenburg. Leider können sie sie nicht weit verfolgen, weil die Spur dann von den herumrennenden Wachen verwischt wurde.

Tamarak beobachtet die dritte Wagenburg. Hier stehen die sieben Schatzwagen zwischen normalen Transportwagen. Die Schatzwächter wuseln überall zwischen den Wagen herum. Hier haben auch die meisten der Wachen ihr Schlaflager. Es könnte jeder von ihnen gewesen sein, oder jemand, der einfach durch das Lager gegangen ist, um seine Spuren zu verwischen. Auch weist die Spur keine Besonderen Eigenarten auf, dass man sie später wiedererkennen könnte.

Deprimiert kommen die beiden zu den andern zurück.

„Sind wir jemandem auf die Füße getreten?“ fragt Delila in die Runde.

„Ich denke nicht! Warum sollte einer der Wachsoldaten sowas aus eigenem Antrieb tun?“ wundert sich Theodore.

„Aus eigenem Antrieb nicht!“ widerspricht Delila.

„Aber das ist doch trotzdem seltsam. Die einzigen Leute, mit denen ich zu tun hatte waren die Stoerrebrandts. Bei Herrn Emmeran kann ich mir das schwerlich vorstellen, es sei denn, er bringt seine sämtlichen Saufkumpane um. Und Graf Kalman kann mir nur übelnehmen, dass ich ihm mein Geld nicht sofort gegeben habe.“ versucht Theodore eine Erklärung zu finden.

„Dann bringt man aber jemanden nicht um!“ gibt Katasir zu bedenken. „Dann kann er gar nicht mehr zahlen.“

„Er steht im Erbvertrag drinnen!“ fällt Isa plötzlich ein.

„Aber das weiß doch keiner!“ meint Delayar.

„So sicher wie Stover die Reiseroute verstaut hat, hat vielleicht auch jemand das erfahren.“ lästert Isa. „Es könnte auf jeden Fall Stoerrebrandt selber oder seine Gehilfin gewesen sein. Sie ist vielleicht doch nicht so verschwiegen, wie man meint.“ Alle nicken.

Delayar übernimmt die erste Wache bei den Helden. Sie beraten sich allerdings erst noch etwas, bevor der Schlaf sie übermann. Tamarak überlegt, ob man die Adjutantin gleich als erste ausschalten sollte. Sie könnte eine uneheliche Tochter sein und etwas gegen den neuen Erben haben. Auch Bingo und Bongo können leicht etwas gehört haben. Außerdem muss es undichte Stellen geben, wie sollen sonst die Leute auf der Straße in Festum von dem Erbplan gehört haben. Stover könnte sich das mit dem Vererben an den Fremden auch überlegt haben und ihn nun selber ausschalten wollen. Aber am Ende kommen sie immer wieder auf die Adjutantin! Endlich sind sie eingeschlafen.

 

Der achte Tag

Bis morgens um Fünf passiert auch nichts mehr. Isa passt auf, dass Delila weiterschlafen kann. Die anderen frühstücken. Theodore überlegt immer noch, wer den Schuss auf ihn angeordnet haben kann. Die Adjutantin hat ihren Schlafplatz in einem der Gruppenzelte im Herrenlager. Sie hätte weit zu laufen gehabt. Jetzt spricht der Alanfaner den Elfen an.

„Ihr kennt Euch doch mit Pflanzen aus?“

„Ja!“ antwortet der unsicher.

„Findet ihr mir welche, die als Abführmittel wirken?“

„Ich muss sehen, ob mir etwas begegnet!“ gibt er Elf zurück und scheint die heimische Pflanzenwelt bereits in Gedanken zu durchstreifen. Nach dem Frühstück und vor dem Aufbruch macht er sich noch mal in den Wald und sucht.

Der Zwerg hat da ein anderes Rezept. „Gebt ihr die Blüte eine gewöhnlichen Butterblume zum Kauen. Das gibt schwere Darmerkrankungen.“

„Aber sie wird das nicht ohne weiteres essen!“ gibt Theodore zu bedenken.

„Man kann es ihr ins Essen streuseln und den Geschmack mit Magie überdecken.“ mischt Delila sich ein.

Grimbald überlegt, ob man die Frau nicht besser verhören sollte. Eigentlich bietet Theodore doch nur gute Chancen, den Handelsbereich zu erweitern. Wer tatsächlich später erbt steht ja noch nicht fest. Ihn jetzt zu erschießen ist dämlich. Es muss also mit der Pagin zu tun haben. Sie ist die einzige, die alle Einzelheiten des Planes kennt.

Dann kommt der Elf pfeifend mit ein paar Pflanzenteilen wieder. „Es Muss 2 Tage vorbereitet werden, bevor es benutzt werden kann.“ erklärt er freudig.

„Man, zwei Tage, an denen ich noch erschossen werden kann.“ jammert er.

„Aber nicht, wenn ich meinen Job gut mache!“ mischt Isa sich ein.

„Sie werden was anderes versuchen. Wenn es so nicht geklappt hat, schneiden sie Euch als nächstes vielleicht die Kehle durch, aber erschießen sicher nicht noch mal.“ grinst der Zwerg.

„Gut, könnt Ihr es zubereiten?“ wendet sich Theodore an den Elfen.

„Bevor Ihr es macht. Seit Ihr Euch wirklich sicher, dass diese Frau etwas damit zu tun hat?“ fragt Delayar ernst.

„Sie ist die einzige, die den Plan kennt. Sie muss etwas damit zu tun haben.“ verteidigt Theodore seinen Plan.

„Sie ist die Einzige, wenn nicht eines der anderen Kinder gelauscht hat.“ mischt Grimbald sich ein.

„Wir wissen nicht, ob er unsere Verträge noch hat. Da steht auch alles drin!“ meint nun Delila.

„Genau!“ fällt Theodore ein. „Er sagt zwar, dass nur der Wegplan gestohlen ist, aber wissen tun wir das nicht. Immerhin ist er ein Phexgläubiger.“

Isa hat inzwischen die Fresspakete für ihren Herrn für den Tag bereitet und ihm eingepackt. Dann stopft sie sich etwas in die Ohren und legt sich auf dem Transportwagen der Helden schlafen. Die anderen spekulieren noch, wie sicher das Gespräch im Hause Stoerrebrandt in Festum überhaupt war. Schon dort kann jemand gelauscht haben. Immerhin hat Kalman eine Tochter, die eine Hellsicht-Akademie leitet. Sie kann ihm alle möglichen Artefakte besorgt haben, um seinen Schwiegervater auszuspionieren. Auch lässt er die Helden von anderen Wachen beobachten. Die könnten durchaus die Beratungen der Helden gehört haben und nun ihre eigenen Pläne haben oder für eines der Kinder arbeiten.

Grimbald schaut Theodore zweifelnd an, als er herausbekommt, warum er der Pagin Abführmittel geben will.

„Wenn Du mit ihr reden willst, bitte sie einfach beiseite. Ich denke nicht, dass sie sehr gesprächig ist beim – Kacken!“ Alle müssen lachen. Theodore fühlt sich etwas lächerlich.

„Ich glaube nicht, dass sie gefügiger ist, weil ihr Gedärme krampfen!“ feixt Delila. „Ich denke auch, wenn Ihr sie befragen wollt, sprecht sie einfach an. Ansonsten halte ich Beobachten und gut Wache halten, ob sich noch mal jemand anschleicht und etwas vor hat, für erfolgversprechender.“ Alle nicken.

„Aber wir können das Zeug trotzdem zubereiten. Vielleicht kann man es ja noch mal gebrauchen.“ meint Tamarak. „Man könnte es Bingo und Bongo geben. Sie verziehen dann sicher ein Gesicht.“

So bricht der Zug auf. Auch Grimbald und Tamarak legen sich auf den Wagen zum Schlafen. Delayar meldet sich bei den Gefährten zum Kundschafter-Dienst ab. Er bekommt ein fünf-Meilen-Gebiet vor dem Treck, das er durchsuchen soll. Als erstes überfallen ihn Mücken. Der Nebel behindert die Sicht sehr stark. Er kann bis zum Mittag nichts Ungewöhnliches finden.

Dann entdeckt er etwas auf dem Boden liegen. Vorsichtig schleicht er sich näher und entdeckt einen in einem Mantel eingewickelten Körper. Ängstlich zieht er sein Messer und schleicht weiter an den Körper heran. Dann nimmt er den Geruch wahr und stellt fest, dass es ein toter alter Mann ist, der wohl schon vor zwei Tagen hier verstorben ist. Weder sein Stiefelabdruck passt zu den gesuchten, noch ist eine Verletzung zu finden. Er ist hier einfach gestorben. Angeekelt übergibt er sich in einen Holunderbusch und taumelt weiter in den Wald.

Er kehrt zum Treck zurück und meldet die Leiche. Der Boron-Geweihte macht sich mit zwei Helfern auf den Weg und begräbt den armen Mann. Als Delayars Schicht zu Ende ist, kommt er bleich zu den anderen zurück und erzählt von seinen Erlebnissen.

Abends erreichen die Wagen Hamkeln, ein kleines Dorf mit einem Travia-Schrein. Stoerrebrandt verkündet zur Überraschung fast aller Reisenden, dass es morgen nicht weiter Richtung Norburg geht, sondern das jetzt die Route über den Goblinpfad genommen wird. Dazu muss man über den Born nach Hulga übersetzen. Das wird trotz zwei Festumer Fähren den gesamten morgigen Tag brauchen.

Beim Abendessen wirft Grimbald ein, dass das Geld sicher nicht in den Schatzwagen ist, sondern wahrscheinlich in den Sitzen der Kutschen der Kinder verborgen.

„Die sitzen die ganze Zeit auf dem Zaster und wissen nichts davon!“ meint er. Alle nicken grinsen. Sowas kann man dem alten Fuchs zutrauen.

Delayar ist immer noch von dem Toten belastet. Er beschreibt ihn einigen Bewohnern. Sie hatten ihn vor drei Tagen gesehen, als er hier Vorräte eingekauft hatte. Außer, das er ein recht alter Mann auf Wanderschaft ist, hat es keine Besonderheiten um ihn gegeben. Seinen Namen weiß niemand.

So werden die Lager aufgeschlagen und die Helden stellen Nacht-Wachen auf.

Keine AP

24.6.05

Tamarak schlägt vor, dass die Gruppe sich etwas abseits lagert. Er glaubt, dass die Widersacher im Tross keine Probleme hatten die Helden bei ihren Gesprächen zu belauschen. Deshalb kann auf sie geschossen worden sein. Außerdem würde er den Tag zum Übersetzen der Wagen gerne dazu nutzen die Umgebung mal weitläufig nach Spuren von Verfolgern oder Hinterhalten zu durchsuchen. Wenn ein Überfall von Festum aus geplant worden ist, müssen die Attentäter ja auch irgendwo übersetzen und die Spuren müssten zu finden sein. Grimbald pflichtet dem Ritter zu. Der Goblinpfad durch das Gebirge ist die beste Stelle einen Überfall auf den Treck durchzuführen, der Aussicht auf Erfolg haben soll.

So macht Tamarak sich nach dem Abendessen auf den Weg zu Stoerrebrandts Lagerplatz um ihn um Erlaubnis zu fragen. Er wird zum Verweilen eingeladen und kann seine Pläne in Ruhe vortragen, Exkursionen in die Umgebung zu unternehmen. Der alte Händler würde die Helden gerne mit den ersten Wagen übersetzen lassen. Wenn das Lager dann auf der anderen Seite angelegt ist, hat er gegen Ausflüge von einigen Helden nichts einzuwenden. Aber sich auf dieser Seite des Born schon weiter umzusehen, hält er für Vergebens. Es wird noch einige Zeit dauern, bis der Treck in das Gebirge kommt. Die Gruppe sollte sich aber auch nicht weiter als 10 Meilen vom Wagenzug entfernen. So verbleiben sie und Tamarak kehrt zum Lager der Helden zurück.

Inzwischen hat Grimbald sich Gedanken über den garether Sohn des Kaufmannes gemacht. „Entweder er steht nicht auf Frauen oder er hat schon eine Beziehung, ist vielleicht sogar verheiratet, wovon Papa nichts wissen soll.“ gibt er in die Runde zu bedenken. Alle schauen ihn an. „Sie ist möglicherweise nicht von Stand. Eine Wäscherin, Näherin, Dienerin oder so.“ Jetzt nicken sie alle.

„Dann ist er also ein gutmütiger Mensch, der sich nicht wirklich durchsetzen will gegen seinen Vater!“ fügt Theodore hinzu.

„Und das ist sein großes Geheimnis, mit dem er nicht rausrücken will.“ schließt Grimbald.

„Eine gewagte Theorie, aber es könnte sein, dass Ihr Recht habt!“ meint Theodore.

„Wenn ich Recht hab´, gebt Ihr mir ein Fass Bier aus!“ grinst der Zwerg. „Das ist es mir Wert!“ bestätigt der Alanfaner.

„Und wenn er nicht verheiratet ist bekomme ich ein Fass Wein von Euch.“ Beide geben sich die Hände. „Was für ein Bier soll es denn sein?“ fragt Theodore.

„Natürlich Steinwurzel-Bier. Das beste Bier überhaupt!“ ereifert sich der Zwerg.

„Wenn Ihr meint!“ rümpft der Alanfaner die Nase.

„Und wie ich meine!“ hupt der Zwerg dagegen.

Dann berichtet Tamarak von seinem Gespräch mit dem alten Kaufmann. „Wir sollen morgen als erstes übersetzen. Dann haben wir frei!“ verkündet er.

„Ich als erstes!“ drängt der Zwerg sich vor. „Ich bin froh, wenn ich über das Wasser rüber bin. Ich trau keiner Fähre.“ schüttelt er sich.

„Jetzt müssen wir nur noch einen Weg finden um herauszubekommen, ob der Emmeran verheiratet ist oder nicht!“ lenkt der Zwerg das Gespräch um.

„Ringe trägt er ja genug.“ meint Theodore. „Würde so ein Typ wie Emmeran seine Frau mitnehmen?“ überlegt der Edelmann.

„Nichts Standesgemäßes. - Sie ist bestimmt in Gareth.“ meint Grimbald.

„Wenn sie seine Kammerzofe ist, kann er mit ihr Beziehungen haben, so viel er will. Das wird keinem auffallen.“ wirft Tamarak ein.

„Aber wird sie nicht doch irgendwann mal etwas verräterisches sagen, wenn sie seine Frau ist?“ meint Theodore.

„Das hängt vom Verhältnis der beiden ab. Wenn sie nur irgendeine Kammerzofe ist, die sich ihren Herrn ins Bett zieht, kann das Privilegien einbringen. Wenn er sie dann auch noch heiratet unter der Bedingung der Verschwiegenheit, dann ist das eine andere Beziehung. Sie wird einen Teufel tun und das an die große Glocke hängen und damit alles riskieren. Sie könnte es selbst vor seinem Haushalt verschweigen.“ philosophiert Tamarak. „Wir beide sollten genau wissen, was es bedeutet außerhalb des Standes zu heiraten!“ schaut der Ritter den Edelmann bedeutsam an.

„Man kann auch einfach hingehen und ihn fragen. Wenn ihm alles aus dem Gesicht fällt, habe ich recht!“ verkündet der Zwerg.

„Und was haben wir davon, wenn wir es herausbekommen?“ wendet der Ritter sich dem Zwergen zu.

„Wir wissen, was er zu verbergen hat.“

Tamarak denkt nach. „Wir hätten dann an seinem Geheimnis teil und er würde sich uns gegenüber freundlicher verhalten!“

„Es würde uns zumindest eine gewisse Handhabe ihm gegenüber schaffen, wenn er befürchten muss, dass wir sein Geheimnis verraten.“ freut sich der Edelmann.

Der Elf hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. „Es kann aber auch negative Sachen hervorrufen!“ gibt er zu bedenken.

„Och, nö, das glaube ich nicht! Der ist zu friedlich und fröhlich veranlagt, um auszurasten!“ meint Grimbald.

„Wenn das jemand mit meinem Vater machen würde, “ meint Theodore, „hätte der sicher große Probleme. Der wäre sehr schnell tot. Aber Meister Emmeran ist wirklich friedlich.“

„Euer Vater hat eine Zofe geheiratet?“ fragt der Zwerg.

„Nein!“ wehrt Theodore ab. „Aber wenn das jemand behaupten würde, würde er in den Abgrund springen oder von einem Elefanten überrannt werden!“

„Eurer Vater würde sich in den Tod stürzen?“ neckt Grimbald weiter.

„Doch nicht mein Vater! Der Täter, der das behauptet hätte, würde sterben!“ gibt Theodore genervt zurück. „Wir sind ein großes Volk mit großen Problemen!“ fügt er hinzu.

Jetzt schaut der Zwerg verdutzt. „Das würde ich aber auch sagen!“ schließt er.

Damit erhebt er sich und wandert zu Freund Emmeran. Theodore und Tamarak begleiten ihn mit einigem Abstand.

„Meister Emmeran, ich grüße Euch zu dieser Abendstunde!“ schreckt Grimbald den Kaufmannssohn auf.

„Werter Herr Zwerg!“ versucht er ihn freundlich zu begrüßen. „Setzt Euch. Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches!“ lächelt er ihn einladen an.

Grimbald setzt sich und schaut dem Menschen ins Gesicht. „Ich habe die ganze Zeit überlegt, wo ich Euch her kenne!“ beginnt er das Gespräch. „Die ganze Zeit. Und dann fiel es mir auf einmal ein! - Aus Gareth. Ich war eine Zeit lang in Gareth.“

„Aber sicher kennt Ihr mich aus Gareth.“ bestätigt der Händlersohn. „Ich leite dort eines der großen Handelshäuser meines Vaters...“

„Nein, nicht von dem Handelshaus!“ unterbricht der Zwerg ihn. „Ich habe Euch mit Eurer Frau gesehen. Was war sie? Eure Kammerdienerin, Näherin? Ihr seid doch verheiratet!“ bohrt er nach.

„Nein, nein, das kann nicht sein. Ich bin doch nicht verheiratet!“ wehrt Emmeran ab.

„Doch, doch!“ stinkt Grimbald gegen an. „Wenn es Euch unangenehm ist, darüber zu sprechen, dann lassen wir es. Aber ich wollte nur mal wissen, wie es Eurer Frau so geht!“ flötet der Zwerg bittersüß weiter.

„Nein, nein!“ wimmert Emmeran zu seiner Verteidigung. „Ihr beschuldigt mich eine Liaison mit einer Frau niederer Herkunft zu haben?“ will er zum Gegenangriff übergehen.

„Nein. Ich behaupte gar nichts. Ich wollte nur wissen, wie es ihr geht. Aber wenn es Euch unangenehm ist, lassen wir das!“ tut Grimbald jetzt beleidigt. Er erhebt sich und geht wieder zu den Gefährten. „Idiot!“ murmelt er.

Die beiden Edelmänner, etwas abseits, schauen sich das Gesicht des Emmeran genau an. Während der Behauptungen des Zwerges wurde es erst weiß und dann puderrot. Erwischt! Auch wenn er die Identität seiner Frau nicht enthüllt hat, verheiratet, ohne das Wissen des Vaters, ist er.

„Ihr habt mit 'Idiot' hoffentlich nicht uns gemeint?“ empfängt Theodore den Zwergen, der noch etwas sauer ist, dass der Händlersohn nicht umgefallen ist.

„Nein, der Typ da!“ Damit weißt er hinter sich auf Emmeran, der sichtlich beunruhigt um sich schaut, ob auch niemand etwas gehört hat. Die drei Männer lachen leise und machen sich auf den Weg zur Zugmeisterin um das Fass Bier zu holen.

Immer einige Schritte voran erreicht der Zwerg als erster das Lager der Tochter und ihres Mannes, die gerade mit dem Abendessen fertig sind und sich zurückziehen wollen. Der Mann steht bereits an der Tür der Kutsche und schaut sehr genervt über die Störung.

„Habt Ihr Steinwurzel-Bier in einem der Wagen dabei?“ platz der Zwerg sofort mit seinem Anliegen heraus, noch bevor Tamarak und Theodore ihn ganz einholen können.

Peranka überlegt einen Augenblick und geht dann in einem Buch blättern. „Ja, im Proviantwagen 3.“ antwortet sie dem Zwergen.

„Was kostet ein Fass davon?“ hibbelt Grimbald weiter.

„Ein ganzes Fass? - 5 Dukaten!“ schaut sie ihn an.

„Gemacht!“ platzt der Zwerg heraus und zeigt auf Theodore, der dann auch vortritt und seinen Geldbeutel zückt. Mit einer bitteren Mine zählt er das Geld ab und gibt es der Handelsfrau in die Hand. Sie wendet sich zu ihrem Wagen und füllt einen Zettel aus. Den will sie dem Alanfaner geben, aber der Zwerg ist schneller und hat ihn bereits in der Hand. Mit flinken Beinen macht er sich auf den Weg zum besagten Proviantwagen und ist verschwunden, bevor die Verbliebenen noch recht begreifen.

Theodore und Tamarak verabschieden sich noch höflich von den beiden Eheleuten und erklären, dass es sich um eine Wettschuld handelte. Verstehend nickt sie und die beiden Herren machen sich dann auf den Weg hinter dem Zwerg her. Kalman hatte die ganze Zeit mit langem Gesicht geduldig daneben gestanden und auf seine Frau gewartet.

'Immerhin höflich!' überlegt Tamarak bei dieser Szene.

Sie treffen den Zwergen mit geschultertem Fass und einem Lied auf den Lippen beim Proviantwagen wieder.

„Wir schwingen den Hammer, schwingen den Amboss. Denn eines kann man sagen: Ein Zwerg, der kann saufen wie ein tiefes Loch!“ trällert er vor sich hin. Theodore zieht die Augenbrauen hoch.

Tamarak schaut sich noch mal im Lager der Herrschaften um. „Wo ist denn der Wagen des trinkfreudigen Fräulein Stoerrebrandt?“

„Oh, ja, die Muss ich auch noch einladen!“ springt Grimbald auf. Vanjeschas Wagen ist eine zweispännige Postkutsche mit dem Wappen der Silbernen Falken. Das ist wohl ein Mietwagen der Botenreiter.

Als Grimbald an ihre Tür klopft und sie einlädt, will sie sich beeilen, zu den Helden ins Lagerrund zu kommen. So gehen sie zu Viert zurück ins Lager. Auf dem Weg holt Grimbald aus ihr raus, dass sie die Kutsche einem Kerl abgeluchst hat. Sie lachen. Dann überlegen sie den Novadi nach dem Tulamidischen Kamelspiel zu fragen.

Im Lager setzen sich alle und beginnen das Bier auszuschenken. Delayar hat sich gleich verzogen und streift lieber in der Umgebung umher. Grimbald schaut ihm nach.

„Wo ist denn der Elf hin?“

„Der ist mit den Vögeln ums Eck!“ erklärt Delila.

„Ja, der ist gut zu Vögeln“, grinst Tamarak. „Und anderen Tieren!“ fügt er dann hinzu. Alle lachen. Grimbald legt sofort bei Vanjescha nach und horcht sie über ihr Familienverhältnis aus. Sie erzählt, dass sie nie genug Geduld hatte, sich um Bücher und Listen zu kümmern. Arbeiten ist nicht ihre Stärke.

Theodore nimmt einen Schluck Bier und schaut überrascht. Alle lachen über ihn.

„Endlich ein richtiges Bier!“ freut sich der Zwerg. Tamarak prostet zwar mit, nippt aber nur um die Nachtwache übernehmen zu können. Er lenkt das Gespräch auf das Testament des Vaters. Sie scheint das nicht zu interessieren. Die älteste Tochter wird sicher den Hauptteil bekommen und die anderen nur ein Pflichtgeld. Sie vertraut auf die Weisheit des Vaters.

Dann gönnt sie es also ihrer Schwester und ihrem Graf Finstermann?

Sie lacht. „Ja, der!“

„Wie ist sie an den gekommen?“ fragt Tamarak nach. „Pflichtheirat?“

„Ich verstehe es auch nicht. Sie muss ihn wohl lieben!“ meint Vanjescha.

„Aber wieso. So verzweifelt kann sie doch gar nicht sein?“ schüttelt Grimbald den Kopf.

„Naja, sie sitzt den ganzen Tag in irgendwelchen Stuben rum und schreibt und schreibt. Da lernt man nicht so viele Leute kennen.“ verteidigt sie ihre Schwester.

„Ja, aber Graf Finstermann?“ fragt sich Tamarak laut.

„In Stuben zu sitzen und zu schreiben und dann solche Leute zu treffen ist ja gefährlicher als das Söldnerdasein!“ witzelt der Zwerg.

„Er hat es richtig gemacht. Er hat es auf jeden Fall richtig gemacht!“ pflichtet Tamarak bei. „Er hat doch das Schäfchen im Trockenen!“ 

„Ich kenne mich zwar mit Menschenfrauen nicht aus, aber so schlecht sieht sie doch gar nicht aus, dass sie so einen Fehler machen müsste!“ meint Grimbald.

Vanjescha beginnt laut zu prusten. „Wenn Ihr meint!“sagt sie schnell um das Lachen zu überspielen.

„Bei der Familie hätten die Bewerber doch Schlange stehen müssen!“ meint Theodore.

„Ja, aber nicht bei der Frau!“ lacht Vanjescha.

„Nicht jeder nimmt so einen Stubenhocker. Obwohl das auch wieder Vorteile hat. Man kann um die Häuser ziehen und sie kommt nicht mit.“ grinst Tamarak.

„Es geht ja nicht ums Aussehen, sondern um die Standesmäßigkeit!“ rümpft Theodore die Nase.

„Graf Finstermann schein auf jeden Fall gut damit klar zu kommen!“ fügt Tamarak hinzu.

„Ja, man macht ja auch das Licht aus!“ freut sich Grimbald. „Immerhin haben sie Kinder!“

„Die Tochter leitet doch eine Magierakademie?“ fragt Tamarak.

„Nadjescha leitet das Stoerrebrandtkolleg zu Riva!“ klärt Vanjescha sie auf.

„Ist sie die einzige Magiebegabte in der Familie?“ bohrt Tamarak weiter.

„Soweit ich weiß!“ überlegt Vanjescha.

„Irgendwas muss bei den Eltern ja rauskommen. Wer weiß, was Graf Finstermann so drauf hat, wenn das Licht aus ist!“ meint der Ritter und zuckt anspielend mit den Augenbrauen.

„Das will ich mir gar nicht vorstellen!“ schaut Grimbald angewidert weg. Alle lachen. „Ob er Blut trinkt?“ Sie schütteln den Kopf. „Geheiratet hat er sie wegen dem Geld!“ hakt Grimbald nach. „Bei seinen krummen Geschäften!“

„Naja, sicher plant er mitunter riskante Investitionen. Aber wenn es ihn eines Tages reich macht?“

Tamarak lässt Theodore von dem Plan Gold auf Maraskan zu fördern erzählen. „Hinter der Dämonensee, bei dem hackt es doch!“ schimpft er.

„Das ist noch eines seiner harmlosen Projekte.“ meint Vanjescha. Alle schauen sie fragend an. „Er wollte schon mal mit einer Flotte Schiffe nach Riesland rüber!“ berichtet sie. „Er wollte auch das Eherne Schwert besteigen und nach einem seltenen Metall forschen. Auch wollte er im tiefen Süden nach Heilpflanzen forschen. Aber keiner gibt ihm Geld.“ erklärt sie weiter.

„Das sind alles nur Pläne. Was für eine Expedition hat er denn wirklich mal auf die Reihe bekommen?“ fragt Tamarak.

„Einige unspektakuläre Inlandreisen!“ gibt Vanjescha zu.

„So wie das hier!“ spottet Tamarak.

„Aber mein Humpen ist leer und ich sollte mich zu Bett begeben. Das Bier tut doch seine Wirkung.“ lallt sie jetzt schon recht stark.

„Dann sollte ich Euch am besten heim begleiten!“ bietet sich der Ritter an.

„Ich kann auch noch geradeaus gehen!“ baut sich der Zwerg auf.

„Ja, aber Ihr verführt mich nur zu einem weiteren Bier und das will ich nicht.“ entschuldigt sie sich bei dem kleinen Mann. Dann hakt sie sich bei Tamarak unter und er führt sie zu ihrer Kutsche. Auf allen Vieren klettert sie hinein und Tamarak schließt hinter ihr die Tür.

Delayar beobachtet die ganze Zeit die anderen Leute im Lager. Er kann aber niemanden entdecken, der sich auffällig benimmt. Jetzt kommt auch Isa aus ihrem Schlafquartier und übernimmt mit Tamarak die erste Nachtwache. Der Zwerg legt sich schlafen und wartet auf das Wecken zur Hundswache, die er noch schuldet.

Es passiert nichts weiter, außer dem pöbelnden Zwerg, der schimpfend zur Nachtwache abgeholt wird. Zum Morgen beginnt es zu nieseln und es wird windiger.

 

Der neunte Tag

Dann ist es Morgen und das Lagerleben geht wieder los. Die Helden packen schon mal zusammen und machen sich bereit um mit den ersten Flößen überzusetzen.

Theodore ist noch leicht verkatert und lässt das Frühstück aus. Die anderen greifen bei Speck und Spiegeleiern reichlich zu. Als der Elf pfeifend um die Ecke kommt, bricht Theodore zusammen.

„Du musst immer mit dem weitertrinken, mit dem Du aufgehört hast!“ rät der Zwerg grinsend.

„Ist noch von dem Bier da.“ flüstert Theodore und schaut nach dem eingeschlagenen Fass.

„Etwas verregnet!“ meint Tamarak, „Aber es wird genügen!“

„Ich frage am besten, ob es noch mehr davon gibt und kaufe mir ein neues.“ meint Theodore und will gerade los, als das erste Floß bereit steht.

„Am besten wir teilen uns auf zwei Fuhren auf. Ich gehe aber auf das erste Floß!“ beeilt sich der Zwerg. Man einigt sich, dass mit der „Bornstolz“, Stoerrebrandts Kutsche, Theodore, Delila und Grimbald übersetzten. Die anderen beiden Flöße, die man herbeibringen lassen hatte sind zum Rudern. Auf einem von ihnen ist der Wagen von Peranka und Kalman mit Tamarak, Delayar, Katasir und Isa. Der Efferd-Geweihte Joschim Horndel hat die Gefährte gesegnet. Und so geht es los.

Kaum sind die Boote unterwegs, erschallt lautes Rufen und weiter flussaufwärts tauchen Baumstämme auf, die auf die Flöße zukommen. Sofort greifen die Helden zu zusätzlich Rudern und versuchen vor den Geschossen über den Strom zu sein. Die erste Fähre schafft es und erreicht das Ufer. Die zweite Fähre wird allerdings von einigen Stämmen getroffen und erzittert. Delayar und Tamarak werden über Bord geworfen. Auch zwei Fährmänner und Kalman gehen baden. Peranka bleibt wie erstarrt stehen. Isa rennt zu den Rudern und hält die Fähre auf Kurs. Katasir hilft ihr.

Erstaunt sieht Tamarak, wie Graf Finstermann mit einigen strammen Zügen ans Ufer schwimmt und aus dem Wasser klettert. Die anderen von der ersten Fähre laufen am Ufer entlang und werfen Seile zur Fähre rüber. Delayar wirkt einen Zauber und beginnt auf das Wasser zu klettern und zu Tamarak zu laufen. Er zieht ihn raus und hilft ihm auf einen Baumstamm. Hustend beginnt er zu paddeln und zum Ufer zu fahren. Dann läuft der Elf weiter und zieht die Fährleute raus.

Jetzt ist nur noch die Fähre auf dem Fluss und treibt wieder nach Festum. Delayar greift einige von den Seilen und rennt zum Floß und befestigt sie. So wird auch sie gerettet. Sogar Kalman hilft beim Ziehen und schließt seine Frau in die Arme.

Nach der Rettung schaut Tamarak, was für Geschosse die Flöße getroffen haben. Es sind gefällte Bäume, die die Holzfäller weiter Flussaufwärts gesammelt haben und auf diese Weise nach Festum bringen. Wie Flößer bestätigen, ist das ganz normal, nur die Zeiten für diese Treibgutladungen sind festgelegt um solche Unfälle zu vermeiden. Es sind besondere Tage dafür vorgesehen. Vielleicht haben die Stämme sich verhakt und dann wieder gelöst. Die Helden wundern sich nur, dass niemand den Transport begleitet um aufzupassen, dass die Stämme nicht gestohlen werden.

„Wer sollte die stehlen?“ wundern sich die Flößer.

Die Helden beschließen Flussauf zu wandern und nachzusehen, ob dort jemand die Stämme gestaut hat und jetzt speziell befreit hat. Sie kamen so massiert, dass sie noch nicht lange unterwegs gewesen sein können. Wenn sie wirklich vom Oberlauf kommen, hätten sie viel vereinzelter kommen müssen. Delila kann nicht glauben, dass die Fährleute so sorglos leben können, wenn solche Geschosse unterwegs sind.

Tamarak, Grimbald, Theodore, Delila und Delayar machen sich auf den Weg nach einem Staulager zu suchen. Isa und Katasir bleiben bei Stoerrebrandt, seinen Angehörigen und den Kutschen zurück und helfen das Lager dort aufzubauen. Obwohl alle sich die Ufer genau ansehen, ist keine verräterische Stelle zu sehen. Selbst nach einer Stunde Flussauf bis zum Ort Birkholt sind keine neuerlichen Spuren von Flussquerungen zu finden. Die Helden fragen die Fährleute nach ihren Beobachtungen mit den Stämmen. Die älteren Leute kennen solche Überraschungen, die immer wieder mal passieren.

Es scheint wirklich Zufall gewesen zu sein. Also muss Efferd dem Treck nicht gewogen sein. Vielleicht sind es auch die Dämonen-Diener, die sauer sind, dass Stoerrebrandt vor ihnen flieht.

Die Gruppe reitet zurück, macht einen Bogen um Hulgar herum und schaut hier nach weiteren Spuren von Beobachtern. Auch Flussabwärts suchen sie das Ufer ab. Aber bis zum Abend sind keine Spuren zu finden oder den Einheimischen verdächtige Leute aufgefallen, die hier unterwegs waren.

Als die Gruppe abends ins Lager zurück kommt, wird ihnen von einem weiteren Unfall berichtet, bei dem ein Begleiter des Trecks ertrunken ist. Ansonsten ist alles schadlos übergesetzt worden. So wird das Abendessen eingenommen und sich zum Schlafen gelegt. Grimbald Muss noch eine Wache absolvieren und ist sehr müde. Katasir hat sich den ganzen Tag ausgeruht und wird auf Wache geschickt. Er pennt ein.

 

Der zehnte Tag / 5.ter Reisetag

Morgens um zwei wird Grimbald wieder zur Wache abgeholt. Er sieht Katasir pennen und tritt ihn wach.

„Ich habe alles gesehen. Ich habe nicht geschlafen!“ brüllt der.

„Genau!“ meint Grimbald nur und geht. Die Nacht verläuft ruhig. Nur gegen Morgen zieht Nebel auf und es wird kalt. Von sommerlichen Temperaturen im gestrigen Nieselregen ist es jetzt nur noch etwa 10 Grad warm.

Den Helden fällt dadurch das Aufstehen etwas schwerer. Es sind einige Leibesübungen nötig um in Gang zu kommen. Theodore benötigt einen Umhang mehr um sich wohl zu fühlen. Dann wankt Grimbald zum Küchenwagen und fragt nach Hafergrütze und Speck.

„Hafergrütze ja, Speck gibt es erst abends.“ schnauzt die Köchin.

„Dann Brot?“

„Ja, das kannst Du haben.“ So stiefelt er mit dem Napf Grütze und einem Kanten Brot zum Sitzplatz zurück.

„Soll ich da ein Stück Speck draus machen?“ flötet Delila.

Grimbald fallen fast die Augen raus. „Das könnt Ihr?“ fragt er bewundernd.

„Macht Ihr da wirklich Speck draus, oder schmeckt das dann nur so?“ mischt Theodore sich ein.

„Nein, sie macht da wirklich Speck draus. Das müsst Ihr ihr schon bezahlen!“ brummt der Zwerg den Edelmann an.

„Nun ich meine nicht für mich!“ überlegt Theodore. „Ich denke an Graf Dunkelmann da drüben!“ er zeigt auf Kalman, der wieder mit langem Gesicht neben seiner Gattin sitzt. „Dem könnte man doch so mal ein paar ganz interessante Dinge zu essen geben. Der hätte das verdient!“

„Mit was willst Du ihn den so zum Kacken bringen!“ schaut der Zwerg den Alanfaner skeptisch an. Der zuckt mit den Schultern.

So löffeln sie alle ihre Hafergrütze weiter und schauen gedankenversunken zu den Mohawächtern rüber.

„Du weißt doch, wie die beiden Mohas sich ihr Essen machen?“ fragt Grimbald die Zauberin.

„Ja, das habe ich ausgiebig beobachtet.“ antwortet sie.

„Mmmh, Mohaha!“ grinst der Elf.

Grimbald wendet sich zu dem Alanfaner Edelmann um und fragt ihn: „Kennst Du den schon? Zwei Leute gehen durch Al´Anfa. Da sehen sie am Flussufer angespült einen Elfen mit lauter so Ketten um Armen und Beinen rum. Gucken die beiden sich an und meinen: „Scheiß Elfen, klauen immer mehr als sie tragen können!““ Delila lacht.

„Der ist gut was?“ schaut Grimbald sich um. Alle müssen kichern, nur Delayar steht auf und dreht sich von der Gruppe weg.

„Auf so ein Niveau lasse ich mich nicht hinab. Das ist für mich unterste Schublade. Da sage ich gar nichts zu!“ brummt er und geht weg.

„Im Klartext, ihm fällt dazu nicht ein!“ grinst Tamarak und steht auf um zur Morgentoilette zu schreiten. „Ich kippe mir mal einen Eimer Wasser über den Kopf. Das macht die Gedanken klar und die Frauen lieben das!“

„Was, die Frauen lieben das? Gib mir auch einen Eimer!“ springt Grimbald auf und beide gehen sich ausgiebig duschen. Theodore schaut nur und zieht die Mäntel enger um sich.

Dann ist Aufbruch. Tamarak schnallt sich seine Rüstung um und befestigt den Helm am Sattel. Grimbald legt sich auf den Wagen und schläft. Delayar hatte sich am Fluss gewaschen und macht sich nun am Treck vorbei in die Umgebung auf und sucht wieder nach Spuren von Nachtlagern. Delila wirkt wieder den 'Beachtet mich nicht Zauber' auf sich und geht die Stoerrebrandt-Kinder belauschen. Sie reden über die Baumstämme und den Todesfall. Auch der Kurswechsel überhaupt scheint sie mäßig überrascht zu haben. Peranka hat es gewusst, Kalman hat es vermutet, aber die anderen beiden haben an die offizielle Route geglaubt. Kalman wirft ihr vor, warum sie ihn nicht eingeweiht hatte. Peranka, die sich nach dem morgendlichen Unfall ausgeruht hatte und nun wieder bei sich ist, meint, ihr Vater hätte es ihr nicht erlaubt. Emmeran meint, Vater weiß schon was er tut. Er ist ja nicht umsonst ein so großer Handelsherr geworden, wenn er immer mit seinen Plänen offen umgegangen wäre. Aber der wackere Mann ist heute etwas nervös und isst das eine oder andere Küchlein mehr als sonst. Vanjescha hat es nicht gewusst, aber wundern tut es sie nicht.

Es folgt die strategische Besprechung mit den Treckleitern und Söldnerkommandanten. Die Landkarten werden gewechselt und der weitere Weg besprochen. Auch einige Geweihte sind dabei. Dann kommt Kalman dazu und spricht im Kontrast zu seiner Mine in bittersüßem Ton.

„Aber liebster Schwiegervater. Du hättest mir doch sagen können, dass wir das so machen, dann hätte ich doch noch Vorbereitungen treffen können, die jetzt vielleicht völlig sinnlos sind.“

Stoerrebrandt winkt ab und ruft zum Aufbruch. Die Wagen werden in Reihe gebracht und machen sich nun auf den Weg Richtung Goblinpfad. Delila kehrt rasch zu den Gefährten zurück und erzählt ihnen von dem Gehörten, während der Treck sich langsam durch den diesigen Morgen bewegt.

Der Elf ist eine Weile neben dem Treck her durch den Wald gelaufen, als er ein Nachtlager von fünf – sieben Menschen, die knapp einen halbe Meile vor dem Treck gelagert haben, entdeckt. Sie müssen vor einer halben Stunde aufgebrochen sein. Die Spuren führen vom Treck weg. Sofort macht er sich auf den Weg zu den Wagen zurück und berichtet Tamarak davon. Der hört aufmerksam zu. Dann gibt er Delila und Theodore Bescheid. Sie überlegen, ob sie den Zwerg wecken. Sie schicken Isa los einen Krug Bier zu besorgen, mit dem sie vor dem schlafenden Grimbald herum wedeln.

Blitzschnell schießt die Hand des Zwerges hervor, greift den Krug und leert ihn in den Mund. Dann schlägt er die Augen auf und schaut die guckenden Gefährten an.

„Was gibt´s?“

„Spuren eines Nachtlagers von fünf - sieben Leuten etwa eine halbe Meile vom Lager entfernt, das erst vor kurzem abgebrochen worden ist.“ berichtet Tamarak mit knappen Worten.

„Spuren, eine halbe Meile vom Lager entfernt, fünf – sieben Leute? Alles klar, ich bin gespannt!“ Damit greift der Zwerg seinen Hammer und ist bereit. Jeder geht noch einmal Lullern und dann machen sie sich auf den Weg hinter dem Elfen her in den Wald.

Sie erreichen sie die Lagerspuren. Sorgfältig werden sie noch einmal geprüft. Die Leute müssen jetzt nicht ganz eine Stunde hier weg sein und sind zu Fuß unterwegs, also leicht einzuholen. Das Lager befindet sich in Sichtweite des vorbeiziehenden Trecks. Morgens sind die Leute parallel zum Reiseweg des Trecks aufgebrochen und müssen jetzt etwas voraus in dessen Nähe durch den Wald unterwegs sein.

Die Helden sitzen wieder auf und reiten den Spuren nach. Als sie auf eine Viertelstunde aufgeholt haben, zaubert Delila eine Illusion auf die Pferdehufe, dass sie Waldgeräusche machen und damit unhörbar sind. Außerdem werden die Waffen bereit gemacht.

Nach weiteren sieben Minuten gibt der Elf ein Zeichen und die Gruppe hält an. Sie entdecken sechs grau/grün gekleidete Leute, die sich zu einem kurzen Lager niedergelassen und Brot ausgepackt haben. Die Gefährten steigen ab und schleichen näher. Der Treck ist von hier aus erst zu erahnen. Die Leute sind alle Menschen und mit Schwertern bewaffnet.

Die Gruppe schleicht sich noch näher um sie zu belauschen, da ruckt plötzlich einer der Leute mit dem Kopf hoch. Alle verbergen sich sofort zwischen den Büschen.

„Hast Du was?“ fragt ein anderer den ersten in Garethi mit bornländischem Akzent.

„Ich dachte, ich habe was gesehen!“ antwortet der. „War aber wohl nichts.“ Dann wenden sie sich wieder ihrem Mal zu. Sie reden weiter darüber, dass sie den Treck nicht offen angreifen, aber nachts vielleicht einen Wagen ausräumen können. Nur welcher ist ihnen noch nicht klar. Sie wollen den Wagenzug noch einige Tage beobachten und das beste Opfer auszuwählen.

Die Helden ziehen sich etwas zurück um sich zu beraten. „Die haben den Wagentreck gerade erst zufällig entdeckt.“ meint Tamarak.

„Wir können sie den Söldnern melden!“ meint Theodore.

„Die sollten eine Lektion bekommen!“ grummelt Grimbald und fährt mit dem Finger über die Fläche seines Hammers.

„Die Treckwachen könnten sie tatsächlich übersehen, wenn wir sie jetzt laufen lassen. Wir sollten das selber machen!“ meint Tamarak.

„Sie haben nur Schwerter.“ fügt Delayar hinzu.

Also ist es ausgemacht. Ein bisschen Abwechslung tut gut. So schleichen alle wieder heran und umstellen die Lagernden langsam. Nur Theodore kann sich nicht leise bewegen. Selbstbewusst richtet er sich auf und geht einfach geradewegs auf die Leute zu. Delila bleibt in sicherem Abstand im Gebüsch zurück.

Als der Alanfaner zielsicher auf einige Zweige tritt, die dann auch brechen, schrecken die sechs abgerissenen Gestalten hoch und ziehen ihre Waffen. Sie sind mit Kurzschwertern und einer von ihnen nur mit einem Knüppel bewaffnet. Echte Strauchdiebe.

„Guten Tag meine Herren, bitte legen sie Ihre Waffen nieder, damit wir Ihnen nicht weh tun müssen!“ begrüßt er die erschrockenen Leute.

Grimbald legt mit seiner neu erworbenen Armbrust an und zielt auf den Kerl mit dem grimmigsten Gesichtsausdruck. Auch Delayar legt mit dem Bogen an. Beide schießen daneben. Dann geht es los.

Theodore bleibt an einer günstigen Stelle stehen (im Wald 50 Meter entfernt), wo er im Nahkampf nicht so gut angegriffen werden kann und labert weiter, während die sechs Gangster auf ihn zulaufen. Delayar legt einen Pfeil nach und sucht das nächste Ziel. Tamarak und Grimbald sind leise in Deckung geblieben und versuchen den Halbkreis um die Angreifer zu schließen und sie von hinten anzufallen.

Der Elf schießt wieder daneben. Er sollte eine andere Waffe benutzen. Delila erzeugt eine Illusion von einer Gruppe von fünf Armbrustschützen, die auf die Strauchdiebe zielen und unweit von Theodore hinter Büschen stehen. Die Angreifer zögern jetzt ein wenig, bis auf ihren Anführer. Er stürmt weiter und die anderen folgen ihm.

Grimbald huscht nun von der Seite auf sie zu, genau wie Tamarak. Als sie kurz vor Theodore sind, stürmt der Zwerg aus dem Unterholz in den Rücken der Strauchdiebe. Mit Wucht schlägt er den Hammer dem nächsten in den Körper (gewürfelt 4 + 4 Sturmangriff + 6 Geschwindigkeit + 5 Waffenbonus =19TP).

Theodore fuchtelt mit seinem Degen vor dem Anführer herum. Tamarak bricht mit lautem „Ergebt Euch!“ hinter den Kerlen aus dem Gebüsch und läuft weiter auf sie zu. Einer von den Strauchdiebe versucht seinen Kumpanen bei dem Zwerg zu rächen, wird aber abgewehrt. Auch Theodore hat es nun mit dem Anführer und einem weiteren Strauchdieb zu tun. Einen Angriff muss er einstecken. Dafür feuert Delila einen 'Fulminicus' gegen die beiden Kerle und trifft sie mitten vor den Bug. Sie taumeln.  Der Elf lädt nach und die anderen Kerle schauen sich um.

Grimbald ist nun mit einem Kerl im Zweikampf. Einer der anderen hat Tamarak gehört und wendet sich, um ihn anzugreifen. Ein dritter, der eben noch Theodore angreifen wollte, wendet sich nun dem Zwerg zu. Tamarak lässt seinen Angreifer an seiner Waffe vorbeilaufen. Theodore schlägt dem Anführer eine Wunde und verteidigt die beiden Gegenangriffe mit Eleganz. Grimbald schlägt wieder mit dem Hammer Kniescheiben entzwei.

Endlich trifft der Elf den Kerl, der den Zwergen angreifen wollte. Er macht einen Satz und stolpert fast. Grimbald nimmt ihn in Empfang, er kann sich aber wehren. So liegen jetzt zwei am Boden, einer wurde von Theodore entwaffnet und will gerade fliehen und je einer kämpft mit Tamarak, Grimbald und Theodore. Der Elf lädt nach und zielt auf den Fliehenden. Tot!

Endlich ergeben sie sich und lassen die Waffen fallen. „Nun, ergebt Ihr Euch endlich? Was sollte das hier werden?“ schimpft Tamarak die drei verbliebenen Strauchdiebe an.

„Wir haben hier nur am Lagerfeuer gesessen?“ wehrt der Anführer ab.

„Ja, und angegriffen!“ setzt Tamarak nach.

„Nachdem wir beschossen worden sind!“ verteidigt sich der Dieb.

„Ich habe Euch freundlich aufgefordert, Eure Waffen niederzulegen!“ meckert jetzt der Alanfaner Edelmann los. „Da seid Ihr aufgesprungen und habt die Waffen gezogen. Natürlich schießen dann meine Gefährten! - Wie dem auch sei. - Seht Ihr hier meine Tunika. Wisst Ihr was die kostet? Da ist ein Loch drin und da ist Blut. Ich möchte Geld dafür und Schmerzensgeld! Und Ihr müsst den Arzt bezahlen, der mich nachher versorg! - Ich denke – ähm – so um 20 Dukaten können wir reden!“ lamentiert Theodore vor den verdutzten Leuten rum. Die Gefährten können das Lachen kaum verkneifen.

„Ist das nicht eine leicht utopische Forderung an uns arme Schlucker?“ jammert nun der Anführer der Strauchdiebe zurück.

„Wie meint Ihr?“ wird Theodore jetzt böse. „Dann gehört Ihr jetzt wohl mir!“ stellt er mit Genugtuung fest.

„Nein!“ kommt die prompte Antwort.

„Ihr wollt nicht?“ stellt Theodore fest.

„Für wen arbeitet Ihr?“ fragt jetzt Delila.

„Ähm, Niemanden!“ wendet sich der Anführer ihr nun zu.

„Falsche Antwort!“ stellt nur Tamarak fest und pfeift sein Pferd heran. Der Elf schleicht sich von hinten an die drei noch stehenden Diebe ran.

„Ich habe was gegen Euch!“ meint nun Theodore „Vor allem Eure Kniescheiben! Ihr seid sicher, dass Ihr für niemanden arbeitet?“ fragt der lauernd. Delila greift einem in die Haare und reißt ein Büschel aus.

Der Kerl schreit. „Aaah, Mama, wir haben doch für niemanden gearbeitet!“ jammert jetzt der Anführer.

Grimbald schaut den Kerl mit Delayars Pfeil im Bauch an und brüllt: „Hör auf hier rumzubluten!“ Der Kerl schaut ihn eingeschüchtert an. Sie fallen weinend auf die Knie und lassen sich von Tamarak fesseln. Die Bewusstlosen werden aufgeweckt und notverbunden. Den Toten wirft Tamarak über sein Pferd und dann wird die ganze Bande zum Tross abgeführt.

Als die Helden dort ankommen, schauen die Wachen erstaunt nach den abgerissenen Gestalten. Tamarak sucht zielsicher den Wachanführer auf.

„Wir haben hier eine Truppe Strauchdiebe aufgebracht, die wohl eine Weile den Treck beobachtet haben!“ berichtet er dem Mann.

„Sie wollten über Nacht kommen und irgendwas stehlen!“ fügt Grimbald hinzu.

„So!“ meint der Hauptmann.

„Hängt sie auf, als Warnung!“ schimpft Grimbald.

Der Hauptmann schaut etwas angeekelt: „Wir werden sehen, was wir mit ihnen machen! Das ist die Entscheidung des Bojaren!“ meint er dann und übergibt die Kerle einigen seiner Leute.

Delayar murmelt noch was von „Schlechte Kundschafter!“, wird aber von den anderen zurückgehalten. Er war ja selber auch zum Kundschaftsdienst eingeteilt und es ist somit auch seine Aufgabe gewesen, die Typen zu finden.

„Wir haben nicht rausbekommen, ob sie noch Gesellen irgendwo haben!“ gibt Tamarak dem Mann noch mit. Dann ziehen sich die Helden zu ihrem Gepäckwagen zurück und trotten den Rest des Tages mit dem Tross mit.

Theodore bewundert Grimbald wegen seines Kampfstiles. „Ich muss schon sagen. Nicht sehr ausgefeilt, aber wirkungsvoll!“

„Ja, ich arbeite noch am Ausfeilen!“ grinst der Zwerg zurück.

„Also, nicht viel Technik...“

„Nicht viel Technik?“ staunt Grimbald. „Und wieviel Technik das ist!“

„Siehst du, Delayar, es macht doch Sinn, links und rechts zu gucken. Irgendwelches Strauchvolk treibt sich da immer rum.“ versucht Tamarak den Elfen zu ermuntern, bei seinen Erkundungszügen zu bleiben.

„Ich hoffe, die Kundschafter bekommen jetzt einen Einlauf, dass sie in Zukunft aufmerksamer sind.“ Delayar hat den Knüppel des einen Kerls noch immer in der Hand. Jetzt streichelt er andächtig darüber und beschließt ihn zu behalten.

So geht der Tag rum und der Zug legt wieder einige Meilen zurück. Delayar meint irgendwann: „Es wird weiter so regnerisch bleiben!“

„Toll!“ kommt die Antwort der Gefährten. Theodore weckt sofort Isa und lässt sich von ihr waschen, pflegen, behandeln und sonst wie gut versorgen, dass die anderen etwas neidisch gucken und die kleine Moha etwas bedauern. Was ist der Edelmann doch für ein Lappen.

Dann wird das Nachtlager aufgeschlagen und reichlich zu Abend gegessen. Alle bekommen genug Nachtruhe um sich richtig zu erholen und der sechste Reisetag bricht an.

Wieder keine AP

 

Der elfte Tag /    6ter Reisetag

08.05.2015

Der Plan:

Stoerrebrandt wird mit seinem Handelshaus von Festum nach Gareth umziehen. Er plant auf der Reise seinen Erben bestimmen, der hinterher in Gareth sein Imperium übernimmt. Dazu wird er während der Reise sterben und inkognito weiter mitreisen und einen Wettbewerb unter der Erbengemeinschaft austragen lassen. Zu dieser gehört auch Theodore de Roosevelez, der bei Vertragsabschluss sich eintragen ließ. Die Gruppe wird Kontakt zu einem mit Stoerrebrandt befreundeten Goblinstamm aufnehmen, mit dem ein Überfall fingiert werden soll. Stoerrebrandt wird das Gift Retonikum einnehmen, was ihn für 20 Stunden tot scheinen lässt, und so wie getroffen vom Pferd fallen lässt. Nach seinem Begräbnis will er heimlich wieder ausgegraben werden. Dann lässt er den Wettbewerb austragen.

Stoerrebrandts Kinder sind Emmeran, Vanjescha, Peranka verheiratet mit Kalman Vejthali. Während der Reise wird Alina, die dritte Tochter zur Reisegruppe stoßen.

Kalman versucht Investoren zu finden. Er hat Theodore ins Auge gefasst, der ihm Hoffnungen gemacht hat. Es steht zur Auswahl: Maraskaner Goldmine erschließen, nach Riesland rüber, durchs Eherne Gebirge oder das Feuerland aufsuchen. Grimbald empfiehlt Eisberge aus der Brecheisbucht nach Gareth zu rudern um sie dort als Delikatesse zu verkaufen.

 

Morgens überlegt man noch mal, wie verrückt die ganze Unternehmung eigentlich ist. Das könnte ein solider Selbstmord werden. Und wenn das Mittel nicht das ist, was er nehmen möchte, sondern Gift?

„Was für eine schwachsinnige Idee!“ meint Delila. „Der stirbt echt, bevor er diesen Goblinüberfall fingieren kann. Da gehe ich fest von aus. Und wenn das Gift nicht das ist, was er denkt, das es ist. Soliden Selbstmord begeht der. Was für eine schwachsinnige Idee. Ich täusche meinen Tod vor im Beisein der Erbengemeinschaft, die an nichts mehr interessiert ist, als die Erbengruppe möglichst klein zu halten, Oh Mann!“

„Ich sterbe bei dem Versuch meinen Tod vorzutäuschen.“ lacht Katasir.

„Es war ein solider Selbstmord. Was richtig Eigenes. So wie einem Oger in die Nüsse zu kneifen. Solider Selbstmord. Mal was anderes!“ kommentiert Grimbald.

„Schlauer wäre es gewesen, wenn man über ein Jahr verteilt immer einzelne Boten mit kleinen Paketen losgeschickt hätte. Das hätte keiner gemerkt.“ schlägt Tamarak vor.

„Ach wir haben schon so oft darüber gelästert, was für ein bescheuerter Plan das ist. Aber ich sage mir, Scheiße! Ich bekomme 300 Dukaten dafür. Mir doch egal, wie kacke der Plan ist.“ meint Grimbald.

„Aber du kriegst die anderen 200 Dukaten nicht, wenn er nicht lebend ankommt!“ gibt Delila zu bedenken.

„Das macht nichts. Es sind 3 Millionen Dukaten in diesem Treck zu finden!“ stellt Grimbald fest.

„Aber die wollen die Erben haben.“ erwidert Delila.

„Unsere ganze Hoffnung liegt auf der Pagin.“ meint Tamarak.

„Wir haben eine Horde Erben. Und wir haben die Gruppe Söldner, welche deutlich größer ist. Und wenn wir dann sagen, tut mir leid, aber ihr bekommt nichts, weil Stoerrebrandt tot ist, dann werden die Söldner die drei Millionen Dukaten völlig unangetastet lassen und enttäuscht nach Hause gehen.“ unkt Grimbald.

„Die Söldner sind bestimmt schon in vier Grüppchen aufgeteilt, die von den einzelnen Erben bezahlt…“ überlegt Delila.

„… dass sie die anderen Erben umbringen!“ ergänzt Katasir.

„… dass sie im Notfall ihrem Auftraggeber zur Seite stehen.“ berichtigt Delila.

„Ja, aber wenn ich ein Söldner aus so einem Grüppchen bin, dann stehe ich doch da und sage mir, ich habe Tausend Dukaten bekommen, was viel Geld ist. Und da sind 3 Millionen Dukaten, was verdammt viel mehr Geld ist. Und es sind nicht alle so ehrenhaft wie wir!“ gibt Grimbald zu bedenken.

„Du glaubst echt, die Söldner würden sich das Geld unter den Nagel reißen, obwohl sie es bewachen sollten?“ spottet Tamarak.

„Das würde doch komplett gegen die Söldnerehre gehen!“ meint Isa. „Ich wette, die haben was ganz anderes geschworen…“

„Aber es sind fünf Erben!“ verbessert Tamarak die bisherige Rechnung.

„Fünf?“ fragt Grimbald.

„Ja, die Kinder und der Alanfaner!“ erklärt der Krieger.

„Welcher Alanfaner?“ fragt Grimbald erstaunt.

„Na, der nette Hinterhofadel!“ Delila muss lachen.

„Was will der damit, der stirbt doch sowieso, bevor er alles ausgeben kann.“ winkt Grimbald ab.

„Wenn Ihr zu feige seid, Euch eintragen zu lassen, kann ich auch nichts dafür…“ näselt Theodore nun pikiert in die Runde.

„Was soll ich mit dem Geld von ihm?“ winkt Grimbald ab. „Das kriegen wir sowieso nicht!“

„Die Goblins wissen noch nichts von ihrer Aufgabe.“ wirft Tamarak nun das nächste Thema ein.

„Wir müssen einem Goblinstamm beibringen, dass er schauspielern soll?“ fragt Delila ungläubig.

„Ja! Weißt Du, wir sagen ihnen einfach, sie sollen uns überfallen. Dann werden sie das tun und wir metzeln sie nieder. Und Stoerrebrandt kann sich trotzdem noch tot stellen.“ Grimbald freut sich schon auf die Schlacht.

„Aber er ist mit ihnen befreundet. Er möchte bestimmt nicht, dass sie dabei alle sterben.“ gibt Tamarak zu bedenken. „Also sie schulden ihm noch was. Die Schamanin ist seine Freundin. – Er hatte sich vorgestellt, den Trek unter einem Vorwand zu verlassen, da kommen dann die Goblins und überfallen ihn und seine Leibwächter. Er stirbt und die Goblins fliehen.“

„Aber es ist doch total unrealistisch zu glauben, dass wir keinen Goblinüberfall abwehren können!“ Grimbald wird ein wenig wütend.

„Vor allem müssen Bingo und Bongo noch aus der Rechnung raus, die er nicht einweihen will! Dafür haben wir Abführmittel oder Schlafmittel!“ vervollständigt Tamarak die Liste der unbekannten Faktoren.

„Und das alles für 300 Dukaten?“ fragt sich Delila.

„Da muss ein armer Bauer lange für arbeiten!“ meint Katasir.

„Aber ich bin kein armer Bauer. Mich überwindet auch kein Goblinüberfall!“ schimpft Grimbald. „Der Plan ist scheiße!“

 

Der Spielleiter fügte noch hinzu:

·         Es gab keine Hinweise, dass die Baumstämme absichtlich ausgelöst wurden. Nur die Spieler sind davon überzeugt.

·         Das Wetter bleibt schlecht hatte Katasir festgestellt.

 

Der Reisetag bricht mit dem gleichbleibendem Nieselregen und mäßigem Wind an. Der Treck hat sich zur Abfahrt aufgestellt. Delila nießt sehr undamenhaft. Sie geht zum Teewagen und holt sich was Heißes.

Grimbald klopft an den Bierwagen.

„Schankmaid, gib mir ein Bier.“

„Jetzt?“

„Ja, ich muss frühstücken!“

„Herr Zwerg, ich kann Euch kein Bier geben, wenn ich den anderen kein Bier geben kann!“

„Ich brauche Bier! Ich bin ein Zwerg!“

Die Dame dreht sich kurz um und gibt ihm eines. Als er es schnell runter gestürzt hat, winkt sie ab. „Ein zweites gibt es nicht!“ sie schließt die Luke.

Dann brüllt jemand von der Zugspitze „Da steht ein Ork!“

„Orks, Orks! Ein Orküberfall!“ hört man es von verschiedenen Leuten im Treck rufen.

Der ganze Treck kommt zum Stehen. Sofort machen sich alle Helden auf den Weg zur Treckspitze um nach dem vermeintlichen Orküberfall zu sehen. Tamarak treibt sein Pferd in Galopp und prescht am Zug vorbei zur Spitze, wo er es stoppt, mäßig elegant herunter rutscht und auf der Straße zu stehen kommt. Katasir hat es ihm gleich getan und steht nun leicht hinter ihm. Auch die anderen machen sich auf den Weg zum Geschehen. Grimbald braucht etwas, weil er noch alle seine Waffen holt, um vorbereitet zu sein.

„Wo ein Ork ist, sind auch noch mehr Orks!“ erklärt er der staunenden Isa auf dem Packwagen, während er die Waffen an den verschiedenen Gurten und Schnallen befestigt. Dann läuft auch er los.

Vor dem Führungsfahrzeug steht ein einzelner Ork mitten auf der Straße und schaut wie ein begossener Hund aus seinem nassen Fell. Er hat seinen Dolch gezogen.

Grimbald macht seine Armbrust bereit und hält sie im Anschlag. „Wo ist der verdammte Ork!“

„Oh, schaut mal er zittert. Ihm ist kalt!“ ruft Delila, als sie das tropfende Häufchen mit dem Messer in der zitternden Hand alleine auf der Straße stehen sieht.

„Können wir was für Dich tun?“ fragt Tamarak die einsame Gestalt auf der Straße.

Isa und Theodore, die nun auch zur Spitze auf geschlossen sind, schauen sich skeptisch in der Landschaft um. Auch Delila, Katasir und Grimbald beobachten lieber die umliegenden Gebüsche, in denen sich ein Angreifer verbergen könnte, an. Die Gestalt auf der Straße wirkt wenig bedrohlich. Aber weder Geräusche noch Bewegungen verraten irgendetwas.

„Offensichtlich ist er eine Ablenkung!“ flüstert Isa.

„Ich höre keine Vögel singen!“ grummelt der Zwerg.

„Doch! - Ich dachte, die treten immer in Rudeln auf!“ wundert sich Delila.

Tamarak wiederholt seine Frage an den einzelnen nassen Ork auf der Straße. Er kommt ein fistelstimmiges Gewinsel unter den dicken Augenbrauen des Wesens hervor.

„Ih döh i ni ödn!“

„Hä, bitte?“ der Krieger ist verwirrt.

„Lass mi ´m Lebm, is all´s OK!” piept der Ork nun mit sichtlicher Anstrengung.

„Wir sollen ihn leben lassen!“ übersetzt Katasir.

„Offensichtlich handelt es sich um eine Orkfrau!“ stellt Isa fest.

Tamarak verdrückt sich ein Lachen und wendet sich zu den Wachposten und Söldnern um, die noch immer nervös hinter den Wagen hervorschauen, was nun passiert.

„Alles gut, alles gut!“ ruft er laut. „Keine Gefahr!“ Dann wendet er sich wieder an den Ork und bedeutet ihm, den Dolch mal besser wegzustecken. Dieser tut das und schaut nun hoffnungsvoll zu dem Menschen hoch, der ihn um einen Kopf überragt.

„Was genau machst Du denn hier?“ fragt Tamarak. „So alleine mitten auf der Straße!“

„Wart´n!“ kommt die Antwort.

„Und wo sind die anderen?“ fragt Katasir, der nun den Griff von seinem nicht gezogenen Kunchomer deutlich entspannter hält.

„Welle annern?“

„Die anderen Deines Volks!“

„Inner Orkstebbe!“

Katasir kann sich das Lachen über den Ork mit der Eunuchenstimme nicht ganz verkneifen.

„Du bist also alleine unterwegs.“ Fragt Tamarak.

Im Hintergrund regt Delila sich auf, dass alle Berichte, die sie über Orks gelesen hat, wohl falsch sind. Sie sollen bedrohlich sein und in Rudeln auftreten. Als nun der Ork in seiner winseligen Mädchenstimme erklärt, dass er mit seinen Leuten in eine Stollen gegangen ist, der dann aber einbrach, und nur er lebend heraus kam, und irgendwie vom Weg abgekommen ist und nun halt hier ist, brechen die beiden Frauen in lautes Gelächter aus. Auch die Männer können sich das Grinsen nicht verdrücken.

„Du siehst, die Lacher sind auf Deiner Seite!“ Meint Tamarak.

 „Ih ´n nich dafü, bin ha wh ih bin!“ der Ork zuckt mit den Schultern und schaut leicht genervt. Es wurde also auch schon früher über ihn gelacht.

„Ih su n neu S´ppe!“

„Tatsächlich, wie ist denn Dein Name?“

„H..hntz!“

„Heulgrunz?“

Oi-grunz!“

„Und Du bist Jäger?

„Ja“

„Dann schieß mal auf den Ast da drüben!“

Blitzschnell hat der Ork seinen Bogen bereit, eine Pfeil aufgelegt und trifft die bezeichnete Stelle. Tamarak zieht eine Augenbraue hoch.

Der Ork winselt wieder was. Der Krieger schaut sich zu den Gefährten um.

„Man muss sich immer erst mal rein hören, bevor man versteht!“ meint er. Dann wendet er sich wieder zu dem Ork um, der noch immer etwas sagt.

„Daf ih mei Pfeil wi einsamm´n?“ endet er.

„Ja, ja bitte!“ Der Krieger macht eine höfliche Bewegung zur Seite, dass der Ork zu seinem Pfeil kann. Murmelnd macht der sich auf den Weg zu dem Baum.

„Was ist das?“ Grimbald schaut die Kollegen Hilfe suchend an.

„Ich habe ein fieses Geräusch im Ohr!“ beschwert sich Theodore und rümpft die Nase.

Auch Tamarak schaut nun zu den Gefährten und fragt auf Augenbrauisch, ob man einen Jäger gebrauchen kann.

„Er kann gut schießen!“ gibt er zu bedenken.

„Da dieser Zug keine Jäger hat…“ Grimbald überlegt. „Jeder kann auf einen Baum schießen!“ schimpft er nun.

„Man kann ihn als weiteren Kundschafter einsetzen!“ schlägt Katasir vor.

Isa beobachtet den Ork auf seinem Weg sehr genau. Sie scheint nach Hinweisen zu suchen, ob es ein weibliches oder männliches Exemplar ist. Aber sie kann nichts entdecken.

„Also entweder ein weibliches Tier oder ein Eunuch!“ antwortet sie auf mohisch und versucht ihrem Herrn das Geräusch zu erklären.

„Ein weiblicher Eunuch?“ antwortet Theodore auf mohisch und muss lachen.

„Ich habe schon mal von weiblichen Bogenschützinnen gehört, die sich … um besser schießen zu können…“ Isa macht eine Geste als würde sie ihre Brust abschneiden.

„Was Du so alles hörst!“ stellt Theodore fest.

„Du bist alleine unterwegs!“ stellt Grimbald den Ork zur Rede, als dieser mit seinem Pfeil wieder zum Zug zurückkommt. „Ich habe noch niemals eine Ork alleine erlebt! Warum bist Du allein unterwegs?“

„Wei ih ni me wei wo mei Sippe is…“

„Reicht, reicht!“ winkt der Zwerg ab. „Wer weiß warum Du alleine unterwegs bist!“ knurrt er.

„Der kleine Oigrunz hat sich verlaufen!“ übersetzt Tamarak mit leichtem Spott in der Stimme.

„Ja, mmm dann gee ih, komm au gu alleine kla!“ stellt der Ork nun fest.

„Na, ob er mitkommen kann, dass muss hier der Meister Stoerrebrandt entscheiden.“ beschließt Grimbald. „Und wage es ja nicht so auf mich herab zu blicken!“

„Wollen wir wirklich so einen Jäger behalten?“ fragt nun Delila mit gerümpfter Nase ob dem nach Regen riechenden Fell.

„Also Jäger können Fährten lesen, haben eine gute Beobachtungsgabe und können gut schießen. Die Stimme ist mir dabei egal!“ winkt Tamarak ab.

„Kann er für uns mit den Goblins verhandeln?“ will die Zauberin nun wissen.

„Wenn mir so ein fetter Keiler direkt in die Klöten rennt, ist deine Stimme sicher auch hoch.“ Überlegt Grimbald.

„Das würde einiges erklären!“ nickt Theodore zustimmend.

Oigrunz schaut mit leichtem Entsetzen auf den Zwerg und nuschelt was.

„Siehst Du, sage ich doch. Ein Keiler ist ihm zwischen die Beine gerannt!“

„Nei!“ wehrt der Ork sich.

„Das muss ein kleiner Keiler gewesen sein!“ stellt Katasir trocken fest.

„Ein Schwein?“ Grimbald grinst breit.

„Nei!“ Oigrunz wird jetzt wütend.

„Oigrunz, das tut mir ja leid. Aber wer den Schaden hat spottet jeder Beschreibung!“ versucht Tamarak die Kollegen zu entschuldigen. Der zuckt mit den Schultern und schaut nun mit einem bemühten Lächeln auf der Orkfratze in die Runde der versammelten Leute.

Isa hatte die ganze Zeit mit Theodore auf Mohisch geredet. Als der Ork nun näher kommt, macht sie einen Schritt zurück.

„Ih b´n Oigrunz!“ stellt der Ork sich nun offiziell vor.

„Das ist schön – für Dich!“ Theodore verzieht das Gesicht.

„Ich sei nun temporä mei neue Sippe!“ stellt der Ork fest.

„Das möchte ich bezweifeln!“ flüstert Katasir.

„Also ich bin Grimbald!“ der Zwerg greift die Hand des Ork und schüttelt sie.

„Das müssen wir nun erst einmal feststellen!“ bremst Tamarak den Ork. „Wir werden den Herrn dieses Trecks fragen.“

Während der Krieger sich mit dem Ork auf den Weg zu Stoerrebrandts Kutsche macht, beginnen die anderen wieder zu rätseln.

„Also wenn alle Orks so sind wie der, dann spinnen die Bücher. Dann haben die voll gelogen!“ Regt Delila sich auf.

„Ich denke gerade über die Berichte vom Orkensturm nach!“ grummelt Grimbald. „Kann es wirklich so gewesen sein?“

„Die Geschichtsschreiber haben voll rumgelogen!“ Die Zauberin ist richtig aufgebracht.

„Also wenn der mit auf unserem Wagen fährt, dann bin ich woanders. Sonst kotze ich!“ richtet sich nun die zierliche Südländerin auf. Theodore nimmt sie beschützend in den Arm.

„Ich auch!“ pflichtet Delila bei.

Tamarak weicht ihm auf dem Weg zur Bornstolz nicht von der Seite. Katasir deckt die andere Flanke. Stoerrebrandt schaut genervt, weil der Aufbruch sich verzögert. Dann schaut er sich den Ork von oben bis unten an und blickt Tamarak an.

„Was ist. Was ist da los?“

„Dieser orkische Bodenschütze und Jagdmeister fragt, ob er dienlich sein kann!“ erklärt Tamarak nun. Oigrunz wirft sich auf den Boden zu einer tiefen Verbeugung und wiederholt die Anfrage in seiner Nuschelstimme.

„Was hat er gesagt?“ fragt Stoerrebrandt rund heraus.

„Er wünscht in Eure Dienste zu treten!“ übersetzt Katasir.

„Was soll ich denn mit einem – Ork?“

„Er kann Bogenschießen, Fährten suchen und …“ Tamarak sucht nach weiteren Gründen, da der alte Händler nicht zufrieden aussieht.

„Habt Ihr sonst noch irgendwelche Argumente, die für Ihn sprechen?“ fragt er.

„Er ist gratis!“ meint Katasir trocken.

„Gratis also, ja!“ Stoerrebrandt kratzt sich das Kinn.

Oigrunz winselt wieder was.

„Nun, Kost und Logis würden nur anfallen!“ übersetzt Tamarak.

„Also gut, von mir aus ja. Aber beim besten Willen, Ihr müsst es mir übersetzen, was er sagt!“ schüttelt der alte Mann den Kopf.

„Ja, machen wir.“ Antwortet Tamarak. Dann wendet er sich an den Ork. „Und nun noch mal, was hattest Du gesagt?“

Wieder wimmert der Ork einen recht langen Text.

„Er ist pflegeleicht, versorgt sich selber und ist gratis!“ übersetzt nun Katasir.

„Wie dem auch sein. Gut. Wie ist sein Name?“

„Oigrunz!“ antworten alle drei im Chor.

„Sorgt dafür, dass er das Vieh nicht anknabbert.“ Beschließt Stoerrebrandt das Gespräch.

Der Ork schaut nun etwas aufgebracht. „Da brauch ih eu keie Sorn man. So unzivilisie bi ih nih!“

„Er ist zivilisiert. Er frisst keine lebenden Tiere!“ antwortet Tamarak kurz.

„Da hab ih ni gesah!“

„Er bestätigt was ich gesagt habe!“ setzt der Krieger sich über den Einwand hinweg.

Dann ruft er laut Richtung Zugspitze „Abfahrt!“

Während der Kutscher schon die Peitsche knallen lässt und der Treck sich in Bewegung setzt, ruft Stoerrebrandt noch, dass man den Kerl gut einweisen soll.

„Und nu?“ fragt Oigrunz den noch zufrieden lächelnden Krieger.

„Willkommen bei den Spähern!“ meint Katasir und nimmt wieder seine Wachposition bei der Kutsche des Handelsherren ein.

Tamarak führt sein Pferd am Zügel, während er dem Ork den Zug und die Bedeutung der Bewachung und seine Aufgabe als Späher erklärt. Die anderen Gruppenmitglieder haben sich an ihrem Transportwagen versammelt und beraten noch, was für eine Sorte Ork das wohl ist, und wie sie mit der Situation nun umgehen wollen. Der Elf wird sich jetzt sicher nicht mehr bei ihnen blicken lassen. Grimbald hat sich nach seiner Nachtwache zum Schlafen hingelegt und lenkt die Gespräche bald auf sich, als er im Schlaf mit seinem Bart zu zucken beginnt.

„Sollen wir ihm eine neue Frisur in den Bart machen?“ überlegt Delila. Die beiden Frauen kichern.

„Nein, ich werde nicht den Bart eines Zwerges anfassen!“ winkt Isa ab. Sie malen sich nun nur noch in Gedanken aus, wie es wohl aussieht, wenn man Zöpfe flechten würde… So zieht der Zug weiter durch den Nieselregen.

 

Grimbald singt das Lied: Ich fühle das er kommt, ich höre das er grunzt, ich hab den Bogen schon gespannt, die Pfeile sind von Legoland. Ich schieß den ersten schon mal ab. Mist, daneben aber knapp, Ork - bitte gib mir nur ein Ork!

 

Bei der Mittagspause hocken alle unter einem notdürftigen Regendach.

„Es ist Rondra. Sollte das Wetter da nicht etwas besser sein?“ meint Tamarak.

„Das ist ein Zeichen aller Götter, die sich da versammeln können,: hier nicht lang!“ interpretiert Delila das Wetter.

„Ach, mir egal!“ grummelt Grimbald. Er wartet auf das nächste Bier, was es aber erst zum Nachtlager gibt.

Oigrunz hat während der ersten Spähtour zwei Hasen geschossen. Diese bringt er abends mit ins Lager. Grimbald freut sich über sein Bier und kann nicht genug betonen, dass es zwar nur Menschenbier ist, aber besser als nichts. Der Ork zieht seine Jagdbeute ab und beginnt sie unter den Augen der übrigen Gruppenmitglieder zuzubereiten. Tamarak versucht ihm die Tiere für ein Gulasch abzuschwatzen, wird aber ignoriert.

Schließlich hat Oigrunz einen Hasen auf einen Spieß gesteckt und über einem Feuer angebrutzelt. Tatsächlich setzt Grimbald sich dazu und schwatzt ihm einen Teil ab. Als er genüsslich hinein beißt, wird den anderen anders. Delila läuft schnell zum Küchenwagen und stellt sich um die übliche Suppe an, die auch die anderen Freunde bevorzugen. Das Grillgut wirkt doch sehr ungleichmäßig gegart. Glücklich bleiben die beiden Hasenesser im Lager zurück.

Am Küchenwagen wartend merkt Isa plötzlich auf. Eine Gestalt ist vom Tross weg im Wald verschwunden. Blitzschnell huscht sie hinterher, während die anderen sich noch über die Essmanieren des Orks aufregen.

„Er hätte es wenigstens mit Kräutern würzen können!“ meint Katasir.

„Oder es in eine Suppe tun!“ pflichtet Delila bei.

Tamarak schaut der forthuschenden Südländerin nach. „Wieso geht sie nicht zum Toilettenwagen? Wir haben auch ein Töpfchen dabei!“

„Können wir sie alleine in den Wald gehen lassen?“ überlegt Delila.

„Tja,“ meint Tamarak

„Kann sie sich wehren?“ wendet sich Delila an Theodore.

„Ja, sicher!“ entgegnet der und schaut die Reihe der Wartenden entlang, ob wohl noch was da ist, bis man an der Reihe ist. „Sie weiß im Allgemeinen, was sie tut!“

Die anderen zucken mit den Schultern und wenden sich nun dem Küchenwagen zu, wo sie ihre Bestellung aufgeben und ihre Schüsseln füllen lassen. Dann wandern sie langsam zurück zu ihrem Lager, wo der Zwerg und der Ork ihr Mahl beendet haben. Den zweiten Hasen hat Oigrunz weggepackt. Die beiden scheinen sich gut zu verstehen.

Delila schaut immer wieder zu der Stelle im Wald, wo Isa verschwunden ist.

„Ich würde ihr ja hinterher gehen. Aber Ihr Chef meint ja, sie kann auf sich selber aufpassen. Und jetzt so in den nassen Wald klettern…“ Sie schüttelt sich.

Dann taucht Isa wieder auf und läuft zur Gruppe zurück.

„Entschuldigt, es musste schnell gehen. Da war eine Gestalt, die in den Wald hineingeschlichen ist und hat einen Reiter, einen Boten offensichtlich, im Wald getroffen. Er hat dem Boten eine Nachricht übergeben und ist wieder ins Lager zurückgekehrt. Ich konnte leider nicht aufschnappen, worum es in der Nachricht ging.“ Berichtet sie.

„Konntest Du denn sehen, wer es war?“ fragt Theodore sie aus.

„Emmeran!“ Sie schaut in Richtung der Familienwagen. „Und er hat große Sorgen. Er hat mich wohl nicht erkannt. Er sagte nur: Geh weg, Kind! Und ist dann schnell weggegangen!“

„Vielleicht sollte ich den Boten verfolgen und erschießen um ihm die Nachricht abzunehmen!“ grummelt Grimbald hinter ihnen, während er die heiße Suppe etwas umrührt. Alle erschrecken sich etwas.

„Müssen wir da was Schlimmes befürchten?“ überlegt Delila.

„Wir hatten ja schon die Vermutung, dass der gute Emmeran unter Stand geheiratet hat und nun den Vater fürchtet, der dafür kein Verständnis hat.“ Wirft Tamarak ein. „Aber wie hat er den Boten herbestellt?“

„Er will so vielleicht mit seiner Frau kommunizieren!“ meint Katasir.

„Der Bote muss doch schon hier gewartet haben!“ denkt Grimbald.

„Mit einer der Brieftauben aus dem Schlag?“ grübelt Tamarak weiter.

„Hätte er die Nachricht dann nicht gleich mit der Brieftaube schicken können!“ wirft der Zwerg ein.

„Aber Brieftauben fliegen immer nur zu ihrem Heimatstall.“ Meint Tamarak.

„Er sendet eine Brieftaube um einen Reiter zu bestellen, der dann seinen Brief an eine bestimmte Adresse bringt.“ Schließt der Zwerg.

„Ja, aber Brieftauben fliegen immer nur nach Hause. Also Festum!“

„Das heißt, der Bote ist hinter uns her geritten und hat uns überholt?“ wundert sich Grimbald. „Nagut, der ist sicher schneller als wir!“

„Jeder Fußgänger ist schneller als wir!“ lacht Katasir.

„Den Boten erwischen wir in der Dunkelheit nicht mehr!“ stellt Grimbald fest.

„Er ritt Richtung Gareth!“ fügt Isa nun an.

„Wenn er ein Netter ist, muss er sich genauso wie wir Sorgen machen, das Daddy sein Ziel nicht erreicht, weil jemand ihm auflauert.“ Meint Delila nun.

„Wir können ihn ja stellen und die Wahrheit aus im raus prügeln!“ freut sich Grimbald.

„Wir bitten ihn freundlich zum Gespräch!“ verbessert ihn Tamarak.

„Und prügeln dann die Wahrheit aus ihm raus?“ Der Zwerg reibt sich die Hände.

„Wenn er sie nicht sagt!“ lenkt Tamarak ein.

„Man kann ihn ohne weiteres fragen, worum er sich denn Sorgen macht, dass er Boten losschickt!“ meint Delila.

„Also, wir holen Emmeran und bitten ihn um ein Gespräch. Und wenn er uns gesagt hat, was wir wissen wollen, dann prügeln wir es aus ihm raus!“ fasst der Zwerg zusammen.

„Aber dann brauchen wir ihn nicht mehr prügeln!“ versucht Tamarak ihn zu bremsen. „Bist du irgendwie unzufrieden?“

„Ich bin unterprügelt, ja!“ stellt der Zwerg fest.

„Aber Du hast gestern erst Leute geschlagen!“

„Das war gestern! Und heute ist schon dunkel!“ grummelt der Zwerg. „Der Prügelspiegel sinkt! Aber es sollte jemand den Mann zur Rede stellen. Meinetwegen jemand, der kulturell damit umgehen kann!“

„Dann sollten wir beide gehen!“ wendet Tamarak sich Theodore zu. Der nickt zustimmend und sie machen sich auf den Weg.

 

Sie finden Emmeran unter seinem Zeltdach mit Wein und Häppchen. Als er die beiden Männer entdeckt, winkt er sie zu sich.

„Kommt doch zu mir!“ lädt er sie ein.

„Seid gegrüßt!“ erwidert Theodore die Einladung.

„Möchtet Ihr etwas von meinem Wein?“ bietet Emmeran seine Gastfreundschaft an. Er winkt einen Diener, der sofort zwei Sitze zurechtstellt und zwei weitere Becher holt. Man setzt sich und nippt verlegen an dem Wein.

„Was kann ich für Euch tun.“

„Wie soll ich es sagen?“ überlegt Theodore.

„Nur frei heraus. Sagt es, wie es Euch auf dem Herzen ist!“ freut sich der Kaufmann über die Gesellschaft.

„Nun, Ihr könnt uns sagen, was Ihr Nächtens außerhalb des Lagers macht!“ folgt Theodore der Aufforderung.

Emmeran setzt seinen Becher ab.

„Wann?“ Er schaut sichtlich berührt.

„Vorhin. Man hat Euch mit einem fremden Reiter beobachtet!“ Theodore schaut ihm gerade ins Gesicht.

Es dauert nicht lange, dann hat Emmeran sich wieder gefasst.

„Es ist eine lange Reise und natürlich laufen meine Geschäfte in Gareth weiter. Da gibt es Anweisungen zu geben!“ versucht er sich zu erklären.

„Nachts! Heimlich!“ Theodore wird ärgerlich. „Wenn es um Geschäfte ginge, könntet Ihr ihn hier im Lager empfangen!“

Emmeran schaut nun verlegen in seinen Becher.

„Ich brauche noch ein wenig Wein!“ murmelt er leise. Bevor er sich so heraus stehlen kann, füllt Tamarak ihm aus der Karaffe nach.

„Es geht Euch nichts an, was ich für Botschaften zu versenden habe!“ antwortet der Händler nun schnippisch.

„Da wir für die Sicherheit Eures Vaters verantwortlich sind, geht es uns sehr wohl etwas an, was Ihr tut!“ entgegnet Theodore fest.

„Es gefährdet nicht die Sicherheit des Zuges oder meines Vaters!“ versucht Emmeran die Sache zu beenden.

„Das lasst bitte unsere Sorge sein!“ lässt der Südländer nicht locker.

„Glaubt Ihr, dass ich nicht einschätzen kann, was eine Gefahr darstellt oder nicht?“ Emmeran ist nun beleidigt.

„Ja!“ antwortet Theodore kurz.

„Warum glaubt Ihr das?“ Der Händler versucht abzulenken.

„Weil es unsere Aufgabe ist!“ mischt Tamarak sich nun ein.

„Und weil Ihr es heimlich macht!“ fügt Theodore hinzu.

„Und wer will mich gesehen haben?“ lenkt er weiter ab.

„Das tut nichts zur Sache. Es hat Euch jemand gesehen!“ beharrt Theodore.

„Als behauptet Ihr etwas ins Blaue hinaus!“ Emmeran versucht nun einen anderen Ausweg.

„Nein. Ihr habt es doch schon bestätigt!“ fängt Tamarak ihn wieder ein.

Emmeran windet sich auf seinem Stuhl und scheint über weitere Möglichkeiten nachzudenken, wie er das Gespräch beenden kann.

„Ihr müsst unsere Situation verstehen!“ beginnt Tamarak nun zu erklären. „Wir haben eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe übernommen!“

„Ihr sollt meinen Vater beschützen!“ unterbricht der Händler ihn.

„Richtig! Und Ihr trefft Euch – heimlich – mit Botenreitern! Das wirkt äußerst zwielichtig. Wir sind gerne bereit unser Stillschweigen zu schwören, aber wir möchten jetzt unbedingt wissen, was für Botschaften Ihr da austauscht! Sonst werde ich mich auf den Weg machen und diesen Botenreiter einholen!“ Tamarak schaut den Händler fest in die Augen.

„Einen Silbernen Pfeil einzuholen würde schon eine ganze Menge an Kunstfertigkeit brauchen!“ versucht der abzuwinken.

„Ja, tut es!“ Tamarak lässt sich nicht einschüchtern.

Der Händler rutscht nun noch unruhiger auf seinem Sitz.

„Der Brief ist für eine Frau in Gareth!“ zischt er zwischen seinen Zähnen hindurch. Man sieht ihm an, dass es nicht irgendeine Frau ist.

„Eure Gefährtin!“ hakt Tamarak nach.

„Ehefrau!“ knirscht er.

„Sie ist in anderen Umständen!“

„Schon zweimal!“ gibt der Händler nun zu.

„Erfolgreich nehme ich an. Glückwunsch!“ lächelt der Krieger ihn an.

„Sie ist halt Schusterin!“ platzt es nun aus Emmeran heraus.

„Das ist ein ehrbarer Beruf!“

„Nicht für meinen Vater!“

„Aber Ihr werdet es ihm erzählen müssen!“ wendet Theodore sich ihm nun verständnisvoll zu.

„Aber Ihr müsst mir versprechen, niemandem etwas davon zu sagen, auch Euren Freunden nicht!“ jammert der Kaufmann nun.

„Selbstverständlich!“ beruhigen die beiden Männer ihn. Sie kippen sich noch einmal die Becher voll und trinken auf die Gesundheit der Kinder. Dann raten sie ihm, mit den Botschaften vorsichtiger zu sein.

„So wie Ihr mit Eurer Sklavin!“ Emmeran grinst nun Theodore an, der dabei etwas blass wird.

„Wie kommt Ihr darauf!“ entgegnet er.

„Auch ich habe meine Quellen!“ lehnt sich der Kaufmann zurück. „Lasst uns auf die Verschwiegenheit trinken!“ fordert er die beiden Besucher auf. Zähneknirschend hebt Theodore seinen Becher und auch Tamarak überlegt, ob man seine Geheimnisse ebenso leicht aufdecken könnte.

Dann erklärt Emmeran, dass der Bote Anweisungen hat, regelmäßig zu bestimmten Orten zu kommen, um die Korrespondenz abzuholen. Dann unterhalten sie sich noch etwas über Probleme mit Eltern und so, bis sie zum Lager zurückkehren.

 

„Und?“ begrüßt sie Grimbald.

„Alles geklärt.“ Versuchen die beiden Männer ihr Wort zu halten. „Es ist nichts Wichtiges gewesen!“

„Müssen wir die Wahrheit jetzt aus Euch raus prügeln?“ fragt Grimbald angriffslustig.

„Du traust mir nicht!“ stänkert Tamarak zurück.

„Wir wissen, warum er im Wald war. Und es ist in Ordnung!“ winkt Theodore ab.

„Ach, es ist was Privates!“ pflichtet Tamarak ihm bei.

Jetzt versucht der Ork sich in das Gespräch zu mischen. Als er in seiner Piepsstimme anfängt, wird er von Theodore rüde unterbrochen.

„Lerne Reden, bevor Du mit mir sprichst!“ fährt er den kleineren Schwarzpelz an. Die Hand an seiner Waffe lässt die umstehenden Freunde alle einen Schritt zurück machen. Nur Grimbald will nicht locker lassen.

„Wir haben ihn gefragt, er hat es erklärt. Es ist was Privates. Und nun ist es genug!“ beendet er das Gespräch. Dann wendet er sich ab und macht sein Nachtlager zurecht.

Grimbald ist mit der Erklärung nicht zufrieden und bedrängt Tamarak. Auch Oigrunz versucht seinen neuen Freund zu unterstützen.

„Was! Ist jetzt gleich Ruhe!“ brüllt Theodore mit wutrotem Kopf. Dann wendet er sich zu Isa: „Du! Dahin!“ weist er sie mit eindeutigen Gesten in sein Bett und schiebt nach, als es ihm nicht schnell genug geht. Delila glotzt mit großen Augen.

„Hat er sie gerade…“ Die Zauberin schaut mit Hilfe suchendem Blick in die Runde.

„Ja, hat er!“ Tamarak kann eine gewisse Abscheu nicht verbergen.

Oigrunz blickt sich suchend um.

„Nu ei Weibchen für alle?“ piept er.

Tamarak schaut ihn abschätzend an. Er weiß, dass Orks mit Sklaverei keine Probleme haben und ihre Frauen noch geringer schätzen.

„Schau! Hier ist ein Weibchen und hier noch eines!“ Dabei hebt er erst die eine Hand, dann die andere. „Die gehören mir. Und Du hast auch zwei. Das muss genügen!“

„Hab ih kei Käfi mit Weibchen für alle?“ schaut er den Krieger ungläubig an. „Wenn wie duch die Gegn gezogn sin, wa da imme son Gruppe Weibchen. Und we eie was wollde, hat´e sich eie genom.“

„Tja, hier ist arbeiten!“ versucht Tamarak dem Ork die Gebräuche zu erklären. „Hier gibt´s keine Weibchen für alle.“

„Dann hättest Du bei Deinen Leuten bleiben sollen!“ meint Delila.

„Weißt Du, bei Menschen ist das so. Es ist nur Du und Deine Hand heute Nacht!“ versucht nun Grimbald den Ork zu beruhigen. Der schaut immer verwirrter.

„Und sie kommt aus einer Kultur, da werden die Männchen geholt, wenn eine Frau einen brauch!“ versucht Tamarak den Ork nun ganz aus dem Konzept zu bringen.

„Na, wir sperren aber unsere Männer nicht in Käfige. Wir sind doch keine Orks!“ entrüstet sich Delila.

„Wo kommst Du her?“ fragt Grimbald sie.

„Aus Anchopal!“ entgegnet sie.

„Da war ich noch nicht!“ stellt er fest.

„Siehst Du,“ Tamarak legt die Hand auf die Schulter des Ork. „Alle kommen aus anderen Kulturen. Und jeder hat seine eigenen Gewohnheiten. Da musst Du Dich dran gewöhnen!“

„Was macht Ihr denn mit den Männern?“ bohrt Grimbald weiter bei Delila nach.

„Sie versorgen die Kinder, kochen und räumen auf. Das können Männer wirklich besser.“ Erklärt sie ihm mit einem gewissen Vergnügen. So tauschen sie noch alle möglichen kulturellen Unterschiede aus.

 

Als Grimbald in der Nacht zu seiner Wache kommt, wird er auf dem Turmwagen von einem Käuzchen besucht. Er versucht es zu vertreiben, scheitert aber an der Hartnäckigkeit. Auf einem Weg zum Toilettenwagen beobachtet Theodore den herum zappelnden Zwerg.

„Was ist los?“

„Ach, ich habe eine neue Freundin!“ versucht Grimbald die Situation zu erklären. Dabei zielt er mit seiner ungespannten Armbrust auf den kleinen Vogel und bricht aber ab, als die Eule ihn mit ihren großen Augen unbeeindruckt anstarrt und die Aktion mit einem Schuhu quittiert.

„Stell Dir vor, Du tötest den Vertrauten einer Hexe!“ gibt Theodore zu bedenken.

„Ja, das gäbe Ärger!“ antwortet der Zwerg, lässt seinen Blick aber nicht von dem Vogel.

„Schuhu this!“ brüllt er plötzlich und versucht die Eule mit der Faust in die Nacht hinaus zu schlagen. Mit einem geschickten Hüpfer ist sie allerdings ausgewichen und landet nur wenige Handbreit weiter wieder auf der Holzwand.

„Das muss echte Liebe sein!“ meint Theodore. „Sie mag wohl Deinen Bart.

„Ich mag den ja auch!“ brummt der Zwerg.

„Pass auf, sie baut sonst Ihr Nest hinein!“ unkt der Südländer.

„Das soll sie besser lassen!“ Grimbald schaut den kleinen Vogel grimmig an, der aber nur „Schuhu“ von sich gibt. Grimbald versucht den Vogel nun zu ignorieren. Lachend zieht Theodore wieder seiner Wege.

Erst als das Lager bereits erwacht verzieht die Eule sich mit einer Ehrenrunde über seinen Kopf.

 

Der zwölfte Tag / 7ter Reisetag

„Guten Morgen!“ kommt der Zwerg irgendwie beschwingt ins Lager zurück.

„Und war was?“ fragt Delila ihn, während sie sich streckt und die Müdigkeit aus den klammen Gliedern treibt.

„Eine Eule!“ berichtet Grimbald. Alle schauen ihn fragend an.

„Ja, eine Eule ist die ganze Nacht um mich rum gehüpft!“ Er legt seine Waffen ab.

„Eine Eule, so nah an einer Person? Das ist ungewöhnlich. Frau Delila, schaut doch mal, ob sie ihn verzaubert hat!“ überlegt Tamarak.

„Na, noch lange Spaß mit Deiner Eule gehabt?“ fragt Theodore. Der Zwerg grummelt. Als er nun seine Rüstung abgelegt hat und sich in seine Decke wickeln will, zwickt es ihm im Magen. Besorgt schaut Delila sich den Gefährten nun mal genauer an. Sie kann aber keine Zauberei an ihm erkennen. Wohl kein Fluch. Aber der Zwerg sieht richtig bleich um die Nase aus. Als er sich dann sein Morgenbier hinter die Binde kippt, muss er schnell laufen und gibt alles wieder von sich. Er muss sich richtig den Magen verdorben haben.

Der Verdacht fällt sofort auf das Kaninchen des Ork. Isa untersucht ihn intensiv und meint dann, er wird ist krank und vergiftet, Sie weiß nicht, ob er überlebt. Dann legt Delila ihm die Hände auf. Gleich geht es ihm besser und er lobt das gute Bier, was immer hilft. Die Zauberin schaut ihn grimmig an, so dass er lieber still ist. Er schwört sich nie wieder eine Orkmahlzeit anzurühren.

Oigrunz ist nun etwas beleidigt, was sein Hase damit zu tun haben soll.

„Du solltest das jemanden zubereiten lassen, der was davon versteht!“ meint Tamarak zu ihm, als er das zweite Tier vor holt und rumlamentiert.

„Gib her, ich kann das!“ meint Grimbald und beginnt den Hasen nun selber zu verarbeiten. Alle schauen mit einer Mischung aus Neugier und Abscheu zu. Bald ist man sich nicht sicher, ob Zwerge und Orks nicht die gleichen Kochbücher verwenden.

Als der Zwerg schließlich den Braten serviert, hat er zwar die richtige Bräune und Konsistenz, ist aber doch etwas fade. Zumindest wird man sich den Magen nicht daran verderben. Der Ork mag es so allerdings nicht. Er schaut den Zwergen etwas pikiert über seine Mahlzeit hinweg an.

„Is wi Fich!“ mault er.

„Was, Fisch?“ Grimbald ist nun auch verstimmt.

„Dies ist kein Fisch!“ stellt Katasir fest.

„Oh, woher weiß ein Novadi etwas über Fische!“ wundert sich Isa.

„Er ist weit gereist!“ klärt Delila sie auf.

„Es gibt durchaus Fische in der Wüste. In Teichen in Oasen!“ berichtigt der Novadi die beiden Frauen. Dann reißt sie der Marschruf der Kutscher aus der Ruhe. Der Zug hat Aufstellung genommen und man möchte nun abfahren. Schnell werden die letzten Sachen verpackt und der Zwerg schwingt sich mit seiner Decke auf den Transportwagen um zu schlafen. Dann geht es los. Die Reise soll immerhin noch über 40 Tage dauern, bevor man Gareth erreichen wird. Da muss man sich ranhalten, wenn es bis dahin nicht Winter sein soll.

Unterwegs überlegen die Freunde, wie sie nun die Goblins zur Mitarbeit überreden wollen. Ob die den Ork als Gegenleistung nehmen würden? Delila meint, die sind doch so klein und niedlich. Die freuen sich sicher über den großen Kerl und machen ihm Schleifen ins Fell…

Alle lachen, vor allem, weil Oigrunz auf Kundschafter-Tour ist und es nicht mitbekommt. Zum Mittag hat er dieses Mal einige Waldfrüchte eingesammelt. Die Freunde bleiben aber lieber bei der Massenkost aus dem Kantinenwagen.

Zum Abend erreicht der Treck tatsächlich die Stadt Salderkein. Die Häuser ducken sich hinter die Stadtmauer, die von einem Graben umschlossen wird. Das Lager wird zu Füßen des Fürstenschlosses am Saldersee aufgeschlagen. Dies besteht aus rotem Marmorstein und ist über und über mit Efeu berankt. Dies ist die letzte Ortschaft vor der Drachenpforte, wo der Goblinpfad durch die Berge beginnt.

„Wenn wir noch irgendwas besorgen wollen, dann hier!“ meint Tamarak.

Grimbald interessiert sich mehr für die Qualität der Stadtmauer. Menschen können einfach nicht mit Steinen umgehen.

Da macht ein Page von Stover Stoerrebrandt auf sich aufmerksam. Der Handelsherr lädt seine Leibgarde zu dem Fest auf der Burg ein, welches heute Abend für den Reisenden und seine Familie dort gegeben wird. Der Burgherr ist der Ehemann von Stoerrebrandts dritter Tochter Alina, die ab morgen mitreisen wird.

Also packen alle den feinen Zwirn aus und machen sich fein.

„Gil dis au fü mi?“ fragt Oigrunz den Pagen. Der zuckt mit der Schulter und bittet möglichst bald an Herrn Stoerrebrandts Kutsche zu erscheinen. Dann geht er.

Delila murmelt einen Zauber und ein Windhauch fährt durch die Robe und sie erscheint im besten Zustand, wie frisch vom Schneider. Alle staunen.

Nachdem auch der Zwerg seine polierte Rüstung angelegt hat, eilen alle zur Kutsche des Herrn. Als dieser auch den gestriegelten Ork sieht, rümpft er die Nase.

„Er bleibt lieber hier!“ meint der alte Händler vorsichtig.

„Euer Diener wusste das nicht zu beantworten!“ stellt Grimbald sich vor den neuen Gefährten.

„Ich hätte mich deutlicher Ausdrücken sollen!“ entschuldigt sich Stoerrebrandt. „Ich bitte um Vergebung!“

„Macht es Dir was aus, auf unser Lager aufzupassen?“ fragt Tamarak den Ork, der noch immer etwas unschlüssig drein schaut. Der nickt und huscht wieder zwischen die Wagen zurück.

Stover Stoerrebrandt erzählt inzwischen von seiner jüngsten Tochter, die ja so für Ritter und Kampfkunst schwärmt und weitgereiste Helden auf jeden Fall kennen lernen will. So fährt man das kurze Stück zum Schlosstor mit der Kutsche und wird dann in das festlich beleuchtete Anwesen geführt.

Die Schlossherrin begrüßt erst ihren Vater und lässt sich dann die Heldengruppe vorstellen. Bei Theodore und Tamarak macht sie sogar einen Knicks als Erwiderung auf die Handküsse. Sie freut sich einen echten Zwergen aus den Ambossbergen begrüßen zu können. Sie weiß, dass Zwerge gut und viel trinken. Grimbald hat eine Freude, der offensichtlich sehr beeindruckten jungen Frau von seiner Lindwurmjagd zu berichten und möglichst viele Klischees über Zwerge zu bedienen. Sogar mit seinem Wissen über Steine als einfacher Stollengräber kann er sie beeindrucken.

Das ganze Festmahl über erzählt er eine wilde Abenteuergeschichte aus den Ambossbergen nach der anderen, nur unterbrochen von eine großen Menge Bier, das er immer wieder benötigt, um die Kehle feucht zu halten.

Schließlich wendet die Herrin den Grafen aus Al´Anfa zu. Sie bittet ihn mit einem ihrer Ritter einen Schaukampf zu zeigen. Die Situation wird etwas peinlich, als der hochgerüstete Provinzritter mit seinem Morgenstern vor dem südländischen Edelmann im feinen Zwirn und seinem schlanken Rapier steht. Er entschuldigt sich für die ungleiche Waffenwahl, da man ihm vorher nichts über den zu erwartenden Gegner erzählt hatte. Die beiden Männer geben sich redliche Mühe die Vorstellung wie einen Kampf aussehen zu lassen.

Grimbald stimmt schließlich eine alte zwergische Weise an, in die Tamarak mit einfällt, die dann den ganzen Saal zum Schunkeln bringt. Jetzt hätte nur noch der echte Ork gefehlt, um das wilde Aventurien in dies Haus zu bringen – aber das wollte der Handelsherr ja nicht.

Schließlich ist es tiefe Nacht, als das Fest beendet wird. Stover Stoerrebrandt besteht darauf, auf dem Schloss zu übernachten. Die Wachen seiner Tochter reichen ihm aus und er möchte die Gruppe nicht in seinem Gemach haben. Also machen sich die Freunde mit Kopfschütteln und Augenrollen auf den Rückweg zum Lager.

Isa, Katasir, Grimbald und Delila bleiben plötzlich im Burgtor stehen. Eine dunkle Gestalt ist durch ein Nebentor an der Küche durch die Burgmauer gehuscht und verschwunden.

„Wir sollten ihn verfolgen!“ flüstert Grimbald. Alle schauen, wie die Gestalt nur kurz danach an der Küchentür auftaucht und dort in das Haus geht. Grimbald und Tamarak drücken sich in die Schatten und huschen hinterher. Als sie in den Küchentrakt kommen, sehen sie die Gestalt ein Stück vor sich die Kapuze ihres Umhanges abnehmen und nun gemächlich schlendern weitergehen. Es ist Emmeran Stoerrebrandt, der sich aus einer Obstschale noch einen Apfel nimmt und die Treppen hinauf in die Gemächer geht.

Die beiden Männer folgen ihm bis in seinen Flur. Dort bleibt Tamarak an einer Vase hängen und macht ein Geräusch, was Emmeran herumfahren lässt.

„Ah, guten Abend!“ begrüßt er die ihm gut bekannten Gesellen mit leicht gespielter Fröhlichkeit. „Hattet Ihr auch noch Hunger?“

„Draußen in der Nacht?“ grummelt Grimbald.

„Nein, in der Küche. Ich habe mir einen Apfel geholt!“ Emmeran zeigt zum Beweis den Rest vor.

„Und was habt Ihr draußen gemacht?“ hakt Grimbald nach.

„Nicht draußen!“ widerspricht der Händler.

„Und wieso kommt Ihr dann von draußen durch den Kücheneingang in das Haus, wenn Ihr Euch nur einen Apfel holen wolltet?“ bohrt der Zwerg weiter.

„Ist doch egal!“ winkt Emmeran ab. „Ich kann gehen, wo ich möchte!“

„Hier schleichen Leute im Dunkeln herum. Das ist gefährlich!“

„Darf ich jetzt nicht mal mehr einen Apfel essen!“ beschwert Emmeran sich.

„Das ist ungesund zu so später Stunde!“ Grimbald will nicht locker lassen und so kabbeln sich die Beiden, bis Emmeran einfach eine gute Nacht wünscht und in sein Zimmer geht.

„Er hat gelogen!“ brummt der Zwerg.

„Hä?“ Tamarak war wohl noch mit der Vase beschäftigt. „Was, wieso?“

„Nein, er hat nur mich angelogen, Dich würde er nie anschwindeln!“ der Zwerg ist genervt von der Geheimniskrämerei.

„Ich glaube es war ein Fass zuviel, oder Fresskoma, oder so!“ nuschelt Tamarak. Er schaut Grimbald ein wenig glasig an. Der schüttelt den Kopf. Dann schleicht er den Gang entlang bis zur Tür, hinter der Emmerans Gemach liegt. Sie legen die Ohren an die Tür und lauschen. Man hört noch jemanden gähnen und dann wird wohl die Kerze gelöscht und die Bettdecke gerichtet. Emmeran schläft, als wäre nichts gewesen.

 

Draußen am Tor überlegen sich die anderen, den Ork zu holen, der als Jäger doch der beste Fährtenjäger ist. Zusammen mit Katasir und Laternen schauen sie sich die Trapsen an der Mauer und im Schlosshof genau an. Die Schritte kommen durch das Manntor in der Mauer in den Hof und führen dann zur Hintertür am Küchentrakt. Vor der Mauer kamen die Spuren aus einem Waldstück heraus. In dem Waldstück können die Helden noch die Spur eines Reiters finden, der sich mit dem Fußgänger getroffen hat. Der Reiter ist Richtung Westen verschwunden. Wie der Fußgänger allerdings zu dem Treffpunkt hingekommen ist, lässt sich nicht ergründen.

Die nächtlichen Wanderer machen sich auf den Rückweg zur Burg. Auch die beiden Schleicher aus dem Schloss machen sich auf den Rückweg und treffen die anderen an der Burg.

„Emmeran!“ fasst Tamarak die Erkenntnisse aus dem Schloss zusammen.

„Schon wieder!“ Theodore rollt mit den Augen. „Ein Reiter im Wald!“

„Was, hat der schon wieder einen Brief an seine Gemahlin abgesetzt?“ Tamarak kann die Sorglosigkeit dieses Mannes kaum glauben.

Er hat sich getroffen mit jemandem!“ bestätigt Theodore.

„Und er hat gelogen!“ beschwert sich Grimbald. „Er hat behauptet, er hat sich nur was zu essen geholt, dabei haben wir ihn doch gesehen! Hackfresse!“

„Wieso nennst Du ihn immer Hackfresse?“ wundert sich Isa. „So schlecht sieht er doch gar nicht aus!“

„Ich kann Lügner nicht leiden!“ brummt der Zwerg.

„Soll ih den Reide folgn und ripp?“ bietet Oigrunz an.

„Nein!“ Theodore schüttelt den Kopf.

„Solche lügenden Hackfressen…“ brummelt der Zwerg weiter.

„Ih kann den Reider zipp!“ Der Ork macht die Halsabschneider-Geste.

„Oh ja!“ freut sich der Zwerg, der das zufällig sieht. „Ich will wissen, was der für Botschaften sendet!“

Alle überlegen, ob die Trennung von seiner Frau den Händler wirklich zu täglicher Briefschreiberei bringt. Man müsste einen der Boten mal abfangen und wenigstens einen Brief lesen. Diese nächtlichen Botenritte sind doch auch für die Reiter gefährlich. Das muss ein Vermögen kosten. Aber man sollte sicher sein. Die Frage ist nur, wie hält man diese Profis auf? Es muss eine größere Gruppe Boten sein, die Emmeran für sich eingespannt hat. Jeder Brief ist ca. 25 Tage unterwegs.

„Wir müssen Gewissheit haben!“ verlangt Grimbald. „Er kann auch ein sehr guter Lügner sein!“

Dagegen ist nicht einzuwenden. Die Frage bleibt nur, tötet man dafür einen Botenreiter oder gibt es eine andere Möglichkeit? Kann sich einer der Gefährten als Botenreiter ausgeben?

„Ach, das geht doch auch einfacher. Vielleicht schreibt er die Briefe ja vor. Wir brauchen nur in sein Zelt zu gucken und mal nach seinen Schreibsachen zu suchen.“ Wirft Grimbald jetzt in die Diskussion. Alle schweigen einen Augenblick.

„Das ist eine tolle Idee!“ überlegt Tamarak. „Man bist Du gut!“

„Keine Toten, keine Verfolgung, keine Verletzten. Super!“ stellt Katasir fest.

Sie klopfen dem Zwerg auf die Schultern und machen sich geradezu fröhlich auf den Weg zum heute Nacht verwaisten Zelt.

„Das ist eine Aufgabe für kleine unauffällige Frauen!“ beschließen die Männer und schauen Isa und Delila an. Die fügen sich und schleichen sich an den Wagen des garether Händlers. Die Tür bekommen sie recht leicht auf. Dann müssen sie aber ein wenig suchen.

Draußen schaut Oigrunz etwas traurig. Er hatte sich schon auf die Botenjagd gefreut. Nun wundert er sich.

„Wio läss ih das so mindewetige Wese mache?“ wimmert er.

„Ich hatte Dir doch schon erklärt, dass das bei Menschen anders ist!“ Tamarak legt die Stirn in Falten über die komischen Ansichten des Ork.

„Na, wenn die Frauen erwischt werden und getötet, ist das nicht so schlimm!“ macht Grimbald sich lustig.

„Hast Du gerade ‚minderwertig‘ gesagt?“ baut Theodore sich vor dem pelzigen Geschöpf auf.

„Das sind halt kulturelle Unterschiede!“ schiebt Grimbald sich dazwischen, bevor der Südländer seine Waffe zieht.

Im Wagen hört man einen leisen Erfolgsruf. In einem Geheimfach finden die Beiden drei bereits versiegelte Briefe, die an eine Lerike in Gareth adressiert sind. Sie überlegen, wie sie sie spurlos geöffnet bekommen. Schließlich reicht es ihnen und sie rupfen einen Brief einfach auf. Er enthält schmalzige Liebeszeilen der schnulzigsten Art. Keine Pläne, keine Aussagen oder Hinweise, nur Schmus. Fast enttäuscht legen sie die beiden anderen Briefe wieder zurück und kommen wieder raus.

Isa stolpert und fällt Oigrunz in den Arm. Wie vom Blitz getroffen springt sie auf und rennt davon. Dies lockt einige Wachen herbei. Delila kann den Wagen gerade noch verlassen, bevor die Männer hier sind.

„Was ist denn hier los?“ fragt einer der Posten.

„Ach, sie ist gestolpert und dem Ork in die Arme gefallen. Hat sich erschrocken und muss sich nun übergeben!“ winkt Grimbald ab. „Nichts passiert!“

Oigrunz nuschelt was dazu. Der Posten guckt unschlüssig. Dann fällt sein Blick auf die leicht offen stehende Tür des Wagens.

„Wieso ist die Tür offen?“

Alle drehen sich erschrocken um. Oigrunz nutzt die Gelegenheit sich zu verdrücken.

„Was? Keine Ahnung!“ Tamarak zuckt die Schultern.

„Wir kommen vom Fest. Da ist sie gestolpert und schrie noch „Kein Pelz!“ aber da war es schon passiert!“ labert Grimbald den Wachposten voll.

„Habt Ihr jemanden gesehen?“ versucht der Posten die Lage irgendwie zu klären. Er kennt die Gruppe auch, immerhin hält Grimbald in der Nacht mit Wache.

„Nein, uns ist nichts aufgefallen!“ schütteln sie die Köpfe.

„War da nicht vorhin am Schloss jemand herumgeschlichen?“ meint Delila nun.

„Stimmt!“ bestätigt Tamarak sie.

„Als wir aus dem Tor kamen, ist doch jemand ins Schloss geschlichen!“ fügt die Zauberin hinzu.

„Ja, der ist doch zu den Bedienstetenzimmern hinein.“

„Ihr glaubt also, hier ist ein Attentäter?“ vermutet der Posten jetzt.

„Oder ein Dieb!“ gibt Grimbald zu bedenken.

„Wir sollten zur Burg gehen und dort nachschauen!“ schlägt der Posten vor.

„Oder wir schauen mal in den Wagen, ob überhaupt was gestohlen wurde. Dann müsste ja alles durchwühlt sein. Lasst uns gemeinsam hineinschauen!“ ermuntert Tamarak den Posten mit ihm in den Wagen zu gucken.

Da die Frauen vorsichtig vorgegangen sind, ist nichts unordentlich oder zerwühlt. Der Posten schaut nachdenklich.

„War die Tür denn vorhin schon offen?“ fragt Tamarak.

„Ich glaube nicht, dass der hohe Herr seine Wagentür offenstehen lässt, damit es hinein regnet!“ winkt der Posten ab.

„Vielleicht wurde die Tür nicht richtig geschlossen und ist aufgesprungen.“ Schlägt Tamarak nun vor. „Bei dem feuchten Wetter verzieht sich das Holz und das Schloss klemmt. Der nächste Windzug lässt die Tür dann wieder aufklappen. Ein Attentäter oder Dieb hätte Spuren hinterlassen. Aber alle liegt ordentlich und die Wertsachen sind auch da.“

Delila mischt sich nun ein: „Vielleicht hat Herr Emmeran etwas vergessen und ist noch einmal zurück gekommen und hat dann die Türe nicht richtig verschlossen!“ Sie schaut den Posten mit einer solchen Offenheit an, dass dieser ihr glauben muss.

Dann kommt Grimbald vom Schloss zurück. „Im Schloss ist alles in Ordnung. Dem Hohen Herrn geht es gut. Auch der Handelsherr ist wohlauf!“ berichtet er.

„Wir sollten in den nächsten Tagen eine Wache aufstellen, die den Wagen beobachtet, ob sich noch einmal jemand hier herum drückt.“ Schlägt Tamarak vor. Der Posten nickt zustimmend.

„Dann gute Nacht!“ verabschiedet sich der Zwerg und alle gehen ihrer Wege. Der Posten schaut noch einige Male zum Wagen zurück und in die Umgebung, bis er sich wieder auf seine Runde macht. Die Freunde verkriechen sich in ihr Lager.

 

Der dreizehnte Tag

Delila stellt am nächsten Morgen fest, dass das Tintenfass in ihrem Rucksack ausgelaufen ist. Der Korken ist aufgegangen. Misstrauisch schaut sie sich um, ob sie weitere Spuren für einen Diebstahl finden kann. Aber es ist nichts sonst verschwunden oder verrückt worden.

Als sie sich auf den Weg in die Stadt machen will, begleitet Tamarak sie. Sie erstehen ein neues Tintenfass und vier Fässchen Zwergenbier für 15 Dukaten.

Als die Beiden mit ihrer Beute ins Lager zurück kommen, fallen Grimbald fast die Augen raus.

„Echtes Zwergenbier?“ fragt er ungläubig.

„Ja, Steineichenbier!“ feiert Tamarak seine Errungenschaft.

„Nein!“ ruft Grimbald ungläubig.

„Nenn mich den Beschaffungsgott! Es ist echtes Zwergenbier!“

„Mein Beschaffungsgott, wo hast Du das denn her? Das muss ich testen.“ Sofort hat der Zwerg den Verschluss aufgedrückt und kippt sich einige Schlucke direkt in den Mund. Mit einem breiten Grinsen taucht sein Gesicht hinter dem Fass wieder auf. Seine Augen strahlen und er verlangt nach den Humpen. Jeder muss probieren.

Als Oigrunz das Gesicht verzieht, überlegen die Freunde, ob er ein verzauberter Elf ist. Das würde auch seine Stimme erklären. Alle anderen langen zu und freuen sich. Selbst Isa.

Und schon ist das Fass leer.

„Es muss ein Loch haben!“ stellt Grimbald fest.

Erörtern, was Orks so trinken: vergorene Ziegenmilch meint Grimbald. Wasser meint Oigrunz. Er muss ein verzauberter Elf sein. Und der böse Magier hat ihm auch noch das Gedächtnis entfernt.

Hier wird der Weg zum Karrenpfad, der sich über Stock und Stein durch die verregnete Landschaft schlängelt. Oigrunz entdeckt auf seiner Spähtour ein fremdartiges Tier. Es ist eine Antilope. Sowas gibt es in diesen Breiten nicht. Er legt mit dem Bogen an und trifft. Das Tier springt auf und versucht noch zu fliehen, bricht aber dann zusammen und bleibt tot liegen. Mit Siegesgeheul wirft er es sich über die Schulter und trägt es ins Lager zurück.

22.05.2015

Im Lager überlegt Grimbald mal wieder, wie er die 6 Millionen Dukaten abzweigen und in seine eigene Heimstatt bringen kann.

„Aber es sind nur 3 Millionen!“ versucht Tamarak den Zwergen zu berichtigen.

„Das behauptet der alte Händler!“

„Du meinst er betrügt uns um 300 Dukaten?“ hakt der Krieger nach.

„Drei Millionen!“ korrigiert Delila.

„Wir bekommen ein Zehntausendstel der Gesamtsumme. Wenn hier 6 Millionen anstatt 3 Millionen unterwegs sind, werden wir um 300 Dukaten betrogen!“ schulmeistert der Krieger.

„Bezweifelt jemand, dass der alte Kerl irgendwie betrügt?“ grummelt der Zwerg.

Delila hat allerdings mehr die Befürchtung, dass der Rest der Familie die Gruppe am nächsten Baum aufknüpft, wenn dem Alten was passiert, und der Lohn sich erübrigt.

Da kommt der Ork mit seinem Jagd-Gut ins Lager zurück. Alle bestaunen das fremdartige Tier, was nicht in dieser Gegend heimisch ist. Delila kennt die Tiere nur aus südlichen Gegenden.

„Die sind hier nicht zuhause, meine Gute!“ klärt sie Isa auf, die ja nicht von hier kommt und die Verwunderung der Leute nicht verstehen kann.

„Wo habt Ihr die Antilope her?“ fragt Katasir den Ork. Der dreht sich um und zeigt in den Wald. Die Gruppe überlegt nun, ob einer der Mitreisenden des Kaufmannes ein exotisches Haustier mitführt. Aber so einen Tierwagen hätte man deutlich erkennen müssen. Es kann auch aus einem Tiergehege eines reichen Menschen dieser Gegend entflohen sein. Oder sie ist ein Vertrauter einer Zauberin oder Hexe, auch wenn da Eulen, Schlangen und Kröten verbreiteter sind. Ein Tierkönig würde sich auch nicht aus dem Wohngebiet seiner Art entfernen.

Noch grübelnd beobachten die Freunde, wie der Ork seine Beute fachgerecht zerlegt und 21 Portionen Fleisch und andere nützliche Werkstoffe aus dem Kadaver herausschneidet. Eines der Hörner schnappt sich der Zwerg und betrachtet es sorgfältig. Dann geht es reihum, dass es jeder genau anschauen kann. Schließlich bleibt es bei

Als Tamarak feststellt, das er Paprika und Salz zum würzen hat, schlägt Delila vor, dass sie ein Ragout daraus kochen könnten. Oigrunz rückt 5 Portionen Fleisch heraus, die Isa fachgerecht verarbeitet und schmackhaft zubereitet. Nur Oigrunz schmeckt es nicht recht. Gleich entbrennt wieder eine Diskussion über die kulturellen Unterschiede zwischen Menschen und Orks.

Nach der freundlichen Art des Oigrunz hat Delila vor Orks keine Angst mehr. Tamarak bezweifelt, dass Oigrunz wirklich als Maßstab gelten kann. Er ist mehr ein Örkchen – ein Örkel – incl. der Stimme.

Oigrunz würde gerne weitere Pfeilspitzen schmieden, hat aber die notwendigen Dinge nicht dabei.

„Dir fehlen keine weiteren Pfeile. Dir fehlt ein Krieg!“ behauptet Grimbald. „Weil Kriegspfeile ohne Krieg sind nur Pfeile!“

 

 

Der vierzehnte Tag

Der zehnte Reisetag bricht an. Es ist immer noch Nieselwetter. Nach einigen Stunden Reise rutscht der schwere Wagen, der die Strecke testet, weg und versinkt tief im Schlamm. Der Weg ist für die bepackten Wagen zu aufgeweicht.

„Solln wi nih helfn?“ fragt Oigrunz.

„Dazu sind die Kutscher da!“ brummt Grimbald und schaut den Fuhrleuten beim herum jammern zu, die nicht so recht wissen, wie sie nun die Karre aus dem Dreck bekommen.

„Wie viele Zimmerleute gehören eigentlich zu diesem Harem?“ fragt Katasir die Zauberin.

„Hast Du gerade Harem gesagt?“ fragt die belustigt zurück. Der Vergleich des Wagenzuges mit einem Schwarm aus konkurrierenden Ehefrauen und Konkubinen eines Tulamidischen Herrschers ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

„Du meinst Karawane, oder?“ hakt sie nach. Der Novadi grinst verlegen.

„Aber Du hast recht, wir brauchen etwas, um es unter die Räder zu schieben!“ stimmt sie Katasir zu.

Grimbald hat seine Waffe bereit gemacht und schaut grimmig in den umliegenden Wald. „Wir sind hier wie auf dem Präsentierteller.“

Das hilflose Schieben und drücken der Kutscher lässt den Helden aber keine Ruhe. Ein Späher kommt von der Vorhut zurück und meldet, dass der Weg auf mindestens zweihundert Schritt so aufgeweicht ist. Man muss also eine andere Lösung für die knapp hundert Wagen und Karren finden, die hier lang wollen.

Katasir und Oigrunz besorgen sich schon mal Äxte und beginnen schlankere Bäume zu schlagen. Grimbald besteht darauf lieber Wache zu halten. Es weiß ja keiner, dass er einen Pakt mit einem Baumschrat geschlossen hat, keinen Baum mehr zu beschädigen. Er könnte allerdings in wenigen Tagen ein Sägewerk entwerfen und bauen, um die Stämme zu Brettern zu zerlegen. Tamarak beschränkt sich auch lieber auf gute Ratschläge, bevor er sich selber verletzt. Delila hatte überlegt, die Strecke wie feste Straße aussehen zu lassen. Aber das würde die Räder nicht beeindrucken und sie würden weiterhin versinken.

Schließlich haben die Holzfäller genug junge Stämme umgelegt, um den Weg ausbessern zu können. Die Könner spalten dann die Stämme geschickt in Hälften, die wie Schienen auf den Weg ausgelegt werden können. Trotz seiner überragenden Vorschläge, welche Bäume zu fällen sind, kann Grimbald nun aber nicht richtig ausdrücken, wie man die Bäume am besten legen sollte, um einen stabilen Untergrund zu schaffen. Als die Fuhrleute sie in die Fahrrinnen auslegen, lobt er sich für seine guten Pläne, die so gut sind, dass die Leute sie ohne genaue Beschreibung ausführen können.

So kommen die Wagen mit einem halben Tag Verspätung weiter und Meister Stoerrebrandt ist ähnlich mürrisch wie das Wetter.

Als man endlich die Raststelle erreicht, die nun für das Nachtlager ausgewählt wurde, sucht Emmeran die Gruppe wieder auf. Er wirkt nervös. Leise wendet er sich an Theodore, um mit ihm unter vier Augen zu sprechen.

„Ich bin wohl ausgeraubt worden. Mir fehlt einer der Briefe an meine Frau!“ wispert er. „Eine Wache erzählte mir, dass die Tür meines Wagens offen gestanden hatte. Es muss jemand eingebrochen sein!“

„Eingebrochen?“ fragt Theodore nach.

„Ja, ich verstehe das nicht!“ der Kaufmann ist sichtlich verstört.

„Was ist so besonderes an diesem Brief? Und wieso schreibt Ihr Briefe auf Vorrat?“ Theodore weiß von Isa ganz genau, welchen Brief der Mann vermisst, versucht es sich aber nicht anmerken zu lassen.

„Habt Ihr schon mal während einer Kutschfahrt versucht einen Brief zu schreiben?“ fragt der Kaufmann nun leicht genervt. „Und da ich sie abends für den Boten fertig haben muss, liegen sie halt verborgen in meinem Wagen bereit. Und nun ist einer verschwunden. Könnt Ihr nicht einmal nachforschen, wer in meinen Wagen eingedrungen sein kann und den Brief genommen hat?“ bittet er den Alanfaner. „Ich weiß mir nicht anders zu helfen!“

„Ich werde mich mal umhören!“ verspricht der und drückt dem Kaufmann zuversichtlich die Hand. Der zieht sich dann noch einmal einen Blick in die Runde werfend zurück.

Theodore überlegt nun, wie er die Situation retten kann. Isa hatte ihm von dem Brief erzählt, den die beiden Frauen beim öffnen zerrissen hatten.

Neugierig fragt der Zwerg, was der Kaufmann denn wollte.

„Er vermisst einen Brief an seine Frau!“ erklärt er den Freunden.

„Aber hat er die nicht weggeschickt?“ fragt Delila.

„Nein, er vermisst einen der Briefe aus seinem Vorrat!“

Alle schauen grübelnd.

„Hat sein Vater von der Sache Wind bekommen?“ fragt Katasir, der überlegt, ob der Alte nicht seine Diener-Spione in den Wagen des Sohnes geschickt hat, um mal zu schauen, was der im Wald rumschleicht.

„Oder es waren seine Diener, die hinter ihm her putzen und ihn nun erpressen wollen!“ überlegt Tamarak.

Grimbald hält den Schwager Kalman für den Richtigen für so eine Tat. Warum auch immer. Wer so aussieht, klaut auch Briefe.

Schließlich erklären Delila und Isa, dass sie den Brief geöffnet haben und mitnahmen, damit man das nicht bemerkt. Nun überlegen alle, was man da machen kann.

„Wir könnten ihn an seinem Wagen außen festklemmen, als wäre er dort hängen geblieben!“ schlägt Tamarak vor. „Der Dreck und die Feuchtigkeit machen ihn sehr schnell unidentifizierbar und keiner merkt, dass er geöffnet wurde.“

„Wir stecken ihn dem Schwager unter die Sachen und verpetzen ihn!“ schlägt Grimbald vor.

„Wenn er denkt, dass jemand seine Briefe gelesen hat, ist er bestimmt die ganze Zeit durch den Wind!“ überlegt Theodore.

„Na und?“ fragen Grimbald, Tamarak und Katasir gemeinsam. „Was schreibt er solche Briefe und tut dann heimlich! Selber schuld!“

„Und mal ganz ehrlich, in 40 Jahren ist der Mann schon tot!“ meint Grimbald. „Dann grämt er sich nicht mehr!“

„Am besten, wir vernichten ihn nun. Wenn er weg ist, ist er halt weg!“ schlägt Tamarak dann vor. „Wie wollt Ihr ihm erklären, dass Ihr ihn selber gelesen habt.“

„Will ich ja nicht!“

„Und wo soll er dann herkommen?“ Der Krieger schaut den Adligen an. „Ernsthaft, Theodore, wie wollt Ihr ihm erklären, Ihr wäret nachfragen gegangen, wo sein Brief geblieben ist und hättet ihn gefunden. Ich denke nicht, dass er es dabei belassen wird, dass Ihr das geklärt habt und gut.“

„Ich werde auf jeden Fall keine anderen Leute beschuldigen!“ wehrt Theodore ab.

„Man könnte ihn verbrennen und einige Fitzel wieder aus dem Feuer holen und ihm geben!“ schläft Isa vor. „Das hat man dann so gefunden!“

Theodore findet die Idee gut. Aber er will einige Zeit verstreichen lassen. Also holt Tamarak das zweite Fass Zwergenbier aus dem Wagen und leert es mit dem Zwerg. Da heute niemand sonst Durst hat, ist Tamarak nach einigen Gläsern betrunken und wird laut.

Selbst dem Ork geht das auf die Nerven und er beginnt winselnd zu meckern. Schnell hat er den Krieger ebenfalls wütend gemacht und sie beginnen eine Schlägerei. Delila verzaubert die Geräusche zu einem Klingeln, was die Zuschauer belustigt. Obwohl Tamarak einige Treffer landen kann, wird er schließlich von dem Ork nieder geschlagen und bleibt bewusstlos am Boden liegen. Der Zwerg deckt den Krieger noch zu und geht dann auf seinen Wachposten.

Alle freuen sich über die Ruhe nach dem Gepöbel.

Isa ist in den Wagen geklettert und wird von einem Geräusch in ihrem Rucksack aufgeschreckt. Leise schleicht sie sich an und schaut vorsichtig hinein. Der Schwanz eines Rotpüschel schaut aus dem Rucksack heraus. Als sie es aufschreckt, versteckt es sich tiefer im Rucksack. Ängstlich ruft sie Theodore und berichtet ihm. Der macht die Wagentür zu und beginnt das Tier zu fangen. Es hat eine Eichel in der Pfote, als es aus dem Rucksack herausguckt. Schnell packt er zu und greift es im Nacken. Sofort beginnt es zu strampeln und laut zu fiepen.

Delila betrachtet den bewusstlosen Trunkenbold im Regen. Sie winkt Katasir herbei und beide rollen ihn in die Decke, so dass sie ihn darin über den Boden tragen können. Delila legt ihm die Hände auf, dann schleifen sie ihn in den Wagen.

Hier hat Theodore immer noch das Rotpüschel im Nackengriff und versucht es zu beruhigen, während Isa sich ängstlich vor dem Nager in eine Ecke verzogen hat und aufpasst, dass sie nicht gebissen wird. „Ne, ne, geh weg damit. Das sind Nagetiere, die beißen!“ zetert sie. Theodore lässt sich nicht beirren. Er streift sich seine Handschuhe über und versucht es weiter zu beruhigen. Als die Tür auf geht, beginnt das Rotpüschel sich zu winden und zu drehen, um frei zu kommen.

„Was macht Ihr denn mit dem Tier?“ wundert sich Delila, als sie das panisch brüllende Wesen entdeckt.

Höt das nie auf mi den Krach!“ winselt der Ork dazwischen. „Machs ruich oder ih mach ruich!“

„Als nächstes werde ich die Schweigezone lernen, damit man endlich ruhig schlafen kann.“ schimpft Delila.

„Geh aus meinem Wagen!“ mault der Alanfaner den Ork an.

„Dann mach das Vieh leise!“ meckert der Ork zurück.

„Geh einfach aus dem Wagen!“ Katasir spricht ruhig und ernst in das zerknautschte Gesicht des Ork. Dieser schaut grimmig.

„Ich hab heu schon ein verprüglt, ich mach auch noch ein!“ wimmert er zurück.

„Verschwinde jetzt!“ Theodores Stimme wird bedrohlich, während er das zappelnde Tier streichelt um es weiter zu beruhigen.

Gehtst du jetzt - raus!“ Theodore wird nun laut. Oigrunz geht. Der Rotpüschel schaut ihm nach, als würde es ihm gerne folgen.

„Krieg dich mal wieder ein!“ versucht Delila den Südländer wieder in die Realität zu holen.

„Ich lass mir von dem doch nichts sagen!“ grummelt Theodore zurück.

„Wieso sammelst Du hier irgendwelche Viecher auf?“ regt die Zauberin sich nun ihrerseits auf.

„Es war in unserem Rucksack!“ erklärt Theodore.

„Das tun Rotpüschel so!“

„Ja und, deswegen muss ich ihm doch nichts tun!“

„Ne, aber wieso hältst Du ihn jetzt. Lass ihn doch laufen! Setz das Vieh doch wieder raus!“ fordert Delila nun mit Nachdruck.

„Aber der saß ganz zutraulich im Rucksack. Normaler weise wäre der schon längst abgehauen!“ rechtfertigt sich Theodore.

Die Zauberin schaut angewidert auf das immer noch leicht strampelnde Tier in den Handschuhhänden des Südländers. „Aber ich möchte in Ruhe schlafen!“ jammert sie.

„Der sagt doch schon nichts mehr!“ beharrt Theodore.

„Du kannst doch einen Rotpüschel nicht in einen Käfig sperren!“ setzt Delila nach.

„Das ist ein Wildtier. Und das wird es auch bleiben!“ fügt Katasir hinzu.

„Wenn es so wild wäre, würde es nicht in den Wagen kriechen!“

„Aber Bären sind auch Wildtiere und fressen Deine Vorräte, wenn Du sie nicht auf den Baum hängst.“

„Es war in meinem Rucksack, also ist es jetzt meiner!“ Theodore wird nun trotzig. Das Rotpüschel fiept immer mal wieder zwischendurch.

„Dann halt Dein Vieh ruhig. Ich will schlafen!“ mault Delila und rollt sich in ihren Schlafsack.

Isa sammelt die Eichel ein, die das Rotpüschel vorhin gehalten hatte und reicht sie ihm hin. Dabei entdeckt sie, dass es ein Mädchen ist. Nun beginnen beide mit dem Tier zu quaddern, während der Rest der Gruppe im Wagen mit Schnarchgeräuschen beschäftigt ist.

Als das Schnarchen des betrunkenen Kriegers zu laut wird, gehen Delila und Katasir auch aus dem Wagen und legen sich draußen in eine trockene Ecke.

 

Der fünfzehnte Tag

Irgendwann ist die Nacht vorbei und Delila macht sich einen Spaß, Tamarak laut zu wecken, so dass der schmerzverzerrt seinen Kopf hält. Er wird heute nicht gut drauf sein. „Wer morgens zerknittert aufwacht hat den ganzen Tag Entfaltungsmöglichkeiten!“ brummt er dem übertrieben fröhlichen Zwerg entgegen, der ihn wegen dem bisschen Bier aufzieht.

„Das Bier war absolut in Ordnung. Wohl nichts für Menschen!“ grinst er und rollt sich in seine Ecke zum schlafen.

„Vorsicht, wir haben ein Haustier im Wagen!“ warnt Delila den Zwerg.

„Was haben wir?“

„Ein Haustier, ein Rotpüschel.“

„Was wollen wir mit einem Rotpüschel, schmeiß das Vieh raus!“ grummelt Grimbald. „Rotpüschel schietern die ganze Zeit nur rum und fangen dann an deine Sachen anzufressen. Rucksäcke, Vorräte, Klamotten, alles!“

„Jetzt weißt Du, warum ich nicht ausgeschlafen bin!“

„Was, warum habt Ihr das Vieh nicht rausgeschmissen!“ Grimbald ist verdutzt.

„Weil es nicht meins ist!“ mault Delila in Theodores Richtung, der den Wagen mit Isa verlässt, um sich um sein Frühstück zu kümmern.

„Es gehört unserem adligen Alanfaner!“ erklärt Katasir.

„Wo ist das Rotpüschel. Ich schlag mit dem Hammer drauf und schmeiß es raus!“ brummt der Zwerg.

„Bei Herrn Theodore im Rucksack!“ klärt Delila ihn auf.

„Und wo ist der?“

„Den hat er bei sich!“ stellt Katasir fest.

„Dann ist es ja gar nicht hier. So eine Aufregung wegen nichts!“ brummelt der Zwerg und rollt sich wieder in seine Decke.

Draußen hat Tamarak sein Pferd gesattelt und nach ein wenig Wasser sich einfach hinauf geschwungen und lässt sich von dem Tier neben dem Treck hertragen.

Oigrunz träumt von einem tiefer gelegten Bogen mit fett Blingbling und Spoiler, mit dem er aus der Hüfte auf die Bitches schießen kann. Mit Turboinjection Pfeilen.

Der Nieselregen hat die Temperatur am zweiten Efferd weiter gedrückt und es wird richtig kalt. Als Grimbald endlich ausgeschlafen hat, geht er zum Küchenwagen um sich dort seinen Anteil Fraß abzuholen. Isa hatte von Oigrunz noch einige Portionen Antilopenfleisch für eine neue Suppe holen wollen, wird aber recht rüde abgeblockt.

„Du kriechs nichs mer!“ Der Ork zieht seinen Vorratssack demonstrativ zu und klemmt ihn sich unter den Arm. Isa schaut verblüfft.

„Du bis doch die Frau von den Fiesling da! Du kriechs nichs!“ erklärt er sich.

„Ok, kann ich mit um!“ Sie zuckt mit den Schultern und geht wieder.

Theodore ist inzwischen zu Emmeran gegangen und hat ihm die verbrannten Schnipsel des Briefes gebracht.

„Das ist meine Handschrift!“ stellt der Kaufmann mit bleichem Gesicht fest. „Wo habt Ihr es gefunden?“ fragt er.

„Ich weiß nicht, wer es war!“ erklärt Theodore.

Emmeran schaut den Alanfaner kritisch an. Dann lässt er die Schultern hängen.

„Ihr wisst wer es war!“ beharrt er.

Nein!“ antwortet Theodore mit Nachdruck.

„Ich dachte, ich könnte Euch vertrauen!“ Der Händler wirkt sichtlich enttäuscht. „Ihr habt ihn gefunden und wollt mir nicht sagen, wer es war! Dann bitte ich Euch, meinen Wagen zu verlassen!“ Damit wendet er sich ab und beschäftigt sich mit etwas anderem.

„Wie Ihr wollt!“ Theodore geht sauer aus dem Wagen wieder zurück zum Wagen der Gruppe.

„Ist das Rotpüschel noch in Eurem Rucksack, oder habt Ihr es irgendwo angekettet?“ fragt Delila den mit der Situation nicht zufriedenen Adligen.

„Ich habe kein Rotpüschel!“ antwortet er kurz.

„Habt Ihr es frei gelassen?“

„Ich habe kein Rotpüschel!“ wiederholt er seine Antwort.

„Ist es weg? Ich wollte doch nur wissen, wo es jetzt ist!“ verteidigt sich Delila. „Ob Ihr es nun den ganzen Tag mit Euch rumtragt!“

Theodore verzieht keine Miene und wendet sich ab.

 

Am Abend wird das Lager zwischen großen Findlingen auf einer Lichtung umgeben von Föhrenwäldern aufgeschlagen. Nach einer echt anstrengenden Predigt des Efferd-Geweihten Joschim, der von den dämonischen Kulten der Tiefen Tochter schwafelt, veranstalten die Gaukler eine Theatervorstellung für die Leute des Trecks. Sie wollen die Stimmung heben, die das Wetter ausgekühlt hat. Grimbald würde gerne ein Maraskanisches Stück sehen. „Die sind schön blutig. Nicht so horasischen Scheiß.“

Delila verdrückt noch ihre Abendstulle und macht sich sofort in den Wagen zum Schlafen fertig. Tamaraks Kopfschmerz ist auch noch nicht besser und er beschließt ebenfalls früh zu Bett zu gehen. Oigrunz zieht sich zurück und sinniert über die besseren Zeiten, als er im Treck des großen Orkführers mitziehen durfte.

Grimbald, Theodore und Isa gehen die Vorstellung genießen. Die kleine Dienerin hat wenig Mühe die beiden Männer mit Snacks und Getränken zu versorgen. Da merkt Theodore auf. Er sieht zwei Leute, die einen Schatzwächter nieder schlagen, und sich dann auf den noch angespannten Wagen setzen und damit davon fahren. Auf einmal zieht ein dichter Nebel auf, der den Wagen sofort verschluckt.

„Alarm!“ brüllt Theodore auf und rennt in die Richtung, wo der Wagen verschwunden ist. Den Ruf haben alle gehört. Grimbald folgt Theodore.

Auch die Schläfer im Wagen haben den lauten Ruf vernommen und schauen raus. Als sie den Nebel sieht, löst Delila sofort einen Identifikationszauber aus. Sie erkennt, das es kein natürlicher Nebel ist aber auch keine Zauberei. Also muss ein Geweihter dafür verantwortlich sein.

Theodore hat sich sein ungesatteltes Pferd geschnappt. Grimbald fällt im Nebel fast über Isa. Sie erklärt ihm, dass jemand das Gold stiehlt.

„Was? Das Gold!“ brüllt der Zwerg aufgebracht. Er rennt weiter zu den Goldwagen. Isa geht Herrn Stoerrebrandt aufsuchen und bewacht ihn.

Oigrunz hat sofort die Spuren aufgenommen und folgt ihnen durch den dichten Nebel. Theodore folgt ihm und auch Tamarak und Katasir haben sich mit ihren Pferden angeschlossen.

Als sie aus dem Nebelbereich raus kommen, steht dort ein Mann und zeigt in den Wald. „Dort sind sie lang, ich habe sie gesehen!“ ruft er den Männern zu. Die stutzen. Katasir will gleich dem Weg des Mannes folgen. Oigrunz und Grimbald bleiben mit den Augen auf den Spuren und gehen in eine andere Richtung weiter. Als der Kerl sich noch nach ihnen umsieht, wird er von dem misstrauischen Tamarak zu Boden gerissen. Es beginnt ein Gerangel. Theodore steigt ab und zieht seinen Rapier, die er dem Kerl an die Kehle hält. Gerade will der weglaufen, weicht vor der Waffe aber zurück, so dass Tamarak ihn greifen kann. Der Mann ergibt sich und lässt sich abführen.

Oigrunz und Grimbald folgen mit bereiten Waffen der Ochsenkarrenspur ein Stück den Weg runter und dann einen Pfad nach Süden in den Wald hinein. Sie entzünden ihre Laternen und machen sich auf die Verfolgung. Ein kurzes Stück in den Wald hinein, finden sie den Karren mit den Ochsen auf einer Lichtung stehen. Die Tür wurde aufgebrochen und die Ladung entnommen. Man kann die Spur eines Pferdegespanns sehen, was dem Waldpfad weiter folgt. Die Diebe müssen hier in Windeseile umgeladen haben und sind nun schneller unterwegs.

Isa hat endlich Stoerrebrandt aufgetrieben und berichtet von dem Diebstahl.

„Und wer war das?“ fragt der Händler aufgeregt.

„Ich weiß es nicht. Ich bin hier um Euch zu bewachen. Die anderen verfolgen die Diebe!“ berichtet sie.

Dann kommt Delila dazu. Sie erzählt, dass die Spur bis zu einem der Schatzwächter führte, der gesehen haben wollte, wo die Diebe hin sind. Aber das war offensichtlich eine Finte und die Männer werden den Mittäter sicher gleich bringen.

„Und wer verfolgt mein Gold?“ brüllt der alte Mann aufgebracht.

„Der Ork und der Zwerg!“ beruhigt Delila ihn.

„Ein Zwerg wird Gold niemals aufgeben!“ grinst Isa. „Und der Ork wird den Zwerg nicht im Stich lassen! Aber wir sind ja vornehmlich für Eure Sicherheit verantwortlich!“

Die Zauberin bestätigt dies mit ihrem Nicken.

„Mir wäre auch lieb, wenn Ihr meinen Besitz mit bewachen würdet!“ grummelt er. Dann poltert er los, um mit den Frauen nach den übrigen Schatzwagen zu schauen. Die Stimme des Händlers überschlägt sich fast, als er über die Diebe schimpft. Zum Glück ist kein weiterer Wagen weg. Die meisten Leute im Lager wissen noch nicht, was genau passiert ist. Die Schatzwächter wurden niedergeschlagen. Sie berichten, dass einer der Kollegen mit einer Flasche Wein gekommen ist und ein Glas ausgegeben hat. Dann wurden sie von hinten niedergeschlagen. Von den 25 Schatzwächtern sind zwei verschwunden.

Dann kommen auch Theodore, Tamarak und Katasir mit dem Gefangenen.

„Wen bringt Ihr da!“ ruft Stoerrebrandt ihnen entgegen.

„Diesen Lump haben wir erwischt. Er wollte uns auf eine falsche Fährte lenken und gehört zu der Bande. Aber er will seine Mittäter nicht nennen!“ erklärt Tamarak.

Isa meint, sie weiß da einen Trick. Sie gibt Theodore ein Zeichen und der beginnt den Kerl zu belabern, warum er denn nichts erzählen möchte. Das wäre doch besser. Der Mann stellt sich stur. Isa besinnt sich auf ihre intuitive Fähigkeit, die Gedanken anderer zu erfassen. Der Kerl ist allerdings recht widerstandsfähig.

Während nun Theodore und Tamarak den Mann mit Theorien über das Versteck und die untreuen Gefährten belabern, sieht Isa wie der Kerl an einen kleinen Weiler gute 10 Meilen gen Osten entfernt denken muss, wo man sich wohl treffen will.

„Hexe!“ brüllt der Mann, als Isa seine Gedanken enthüllt.

„Du Dieb!“ faucht Tamarak ihn an.

„Und wo ist das Geld?“ fragt Stoerrebrandt.

„Auf dem Weg dorthin!“ kommentiert Tamarak. „Was soll nun mit ihm geschehen?“

„Ich werde mir eine Strafe für ihn ausdenken. Aber schafft mir die anderen hier her!“ ordnet der Kaufmann an.

Der Gefangene wird den Wachsöldnern übergeben und die Gruppe macht sich auf den Weg hinter den Dieben und dem Ochsenwagen her. Tamarak fragt Isa, wie sie den Ort in den Gedanken des Täters erkannt hat. Sie erzählt, dass sie den Weg, den der Kerl kennt, gesehen hat. Es ist ein Feldweg, der zu einem sehr kleinen, nicht auf der Karte eingezeichneten Ort führt. Dort hat sie in seinen Gedanken eine Hütte gesehen, in die er gehen will. Sie ist sich sicher, dass er ihr keine Falle gestellt hat, da er viel zu überrascht war, seinen Plan aufgedeckt zu hören.

„Dann könnt Ihr uns am besten zu dem Ort bringen, weil Ihr die Umgebung bereits in seinem Kopf gesehen habt!“ stellt der Krieger fest.

Die Dienerin nickt.

Inzwischen folgen Grimbald und Oigrunz die Spuren des Pferdewagens den Waldweg entlang tiefer in den Wald hinein. Sie stellen fest, dass der Pferdewagen wohl deutlich schneller unterwegs ist, als sie zu Fuß schaffen können. Die beiden hoffen, dass die Tiere schwer ziehen müssen und bald eine Pause brauchen.

Als nun Isa, Delila, Theodore, Katasir und Tamarak die Stelle erreichen, wo der Ochsenkarren, verfolgt von Oigrunz und Grimbald nach Süden abgebogen sind, überlegen sie, wie sie nun weiter vorgehen wollen. Der Ort ist im Osten und dieser Waldweg führt nach Süden.

„Der Weg muss ja irgendwann einen Bogen nach Osten machen, sonst kommen sie nicht am Versteck an!“ meint Tamarak.

„Außer sie haben ihren Kumpel belogen um ihn zu betrügen, und ihm einen falschen Ort genannt.“ Grinst Delila die anderen an. „Was soll er machen. Da steht er an dem Haus und keiner ist da. Zu Stoerrebrandt gehen und sagen, sie haben mich voll beschissen?“

Isa meint: „Dann teilen wir uns doch auf. Die einen versuchen den Ork und den Zwerg zu finden, er hat ja deutliche Spuren hinterlassen. Und die anderen gehen zu dem Weiler.“

Schnell einigt man sich, dass Theodore mit Isa zu dem Weiler reiten und Delila mit Katasir auf dessen Pferd und Tamarak, der auch beritten ist, folgen den Spuren des Zwergen.

Es dauert nicht lange, bis Delila, Katasir und Tamarak an dem geplünderten Ochsenkarren ankommen. Die Tiere sind noch angespannt und schauen gelangweilt in die Gegend. Der Wagen ist aufgebrochen und leer geräumt. Schnell entscheiden sie sich, das Gespann erst einmal stehen zu lassen und weiter den Spuren des Zwerges tiefer in den Wald zu folgen.

So sehen sie nur wenige Zeit später zwei Gestalten im Regen auf dem Waldweg vor ihnen laufen. Sie pfeifen und rufen nach ihnen. Es sind Grimbald und Oigrunz, die gleich die Waffen bereit haben, dann aber die Gefährten erkennen. Sie berichten kurz, dass die Diebe nun mit einem sehr schnellen Pferdewagen unterwegs sind. Delila erklärt, dass, wenn sie ihren Kumpanen nicht verraten haben, sie sich bald nach Osten wenden und zu einem Weiler fliegen, wo sie eine Hütte haben. Etwas widerwillig lässt Grimbald sich von Tamarak mit auf sein Pferd ziehen und hält sich an dem Krieger fest.

Ein prüfender Blick auf die Wagenspuren und den Weg zeigt eindeutig, dass das Gefährt hier nur auf dem Weg bleiben kann. Solange der nicht abzweigt, entkommt der Wagen nicht. Also treibt man die Pferde zu einem guten Trab, dem der Ork nicht ganz folgen kann. In Gedanken lässt er sich von einer Oma auf ihrem Gehwagen mitnehmen. Leider zeigen die Spuren des Pferdewagens im Regen, dass man die Kerle so nicht einholen wird. Und ob die bald eine Pause machen, ist ungewiss. Die Gruppe beschließt Grimbald und Delila mit Oigrunz zu Fuß folgen zu lassen und Katasir und Tamarak reiten im Galopp hinter den Dieben her und stellen sie. Der Weg führt nämlich nach wie vor nach Süden.

Theodore und Isa erreichen nach einer Stunde den Weiler aus den Gedanken des Schurken. Isa findet recht schnell das Haus, was wie der ganze Ort verlassen ist und wohl schon eine Weile nicht mehr bewohnt wird. Sie steigen vom Pferd und betrachten die Umgebung, ob hier vor kurzem jemand war, finden aber nichts. Isa verbirgt das Pferd und sie machen es sich in der Hütte gemütlich.

Tamarak und Katasir galoppieren einen Weile, als sie den Pferdewagen vor sich hören können. Da kommt ihnen ein Armbrustbolzen entgegen. Katasir kann ausweichen. Dann weht sie eine Orkanböe fast vom Pferd. Der Efferdgeweihte Joschin muss auf dem Wagen sein. Tamarak muss sein Pferd anhalten und beruhigen. Er fällt hinter Katasir zurück und kann erst wieder aufschließen, als nach ca. 100 Schritt der Sturm aufhört.

Katasir kommt dem Wagen näher. Er sieht den Schatzwächter und den Efferdgeweihten hinten auf dem Wagen lauern. Er stürmt mit seinem gezogenen Doppelkunchomer an und schlägt auf den Geweihten ein. Dann ist auch Tamarak heran und kann mit seinem Schwert zuschlagen. In ihm ballt sich der Hass auf Geweihte, die sich mit Untaten bereichern. Der Schatzwächter versucht nun seinen Gefährten zu beschützen.

Tamarak taucht unter den Angriffen weg und reitet rechts an dem Wagen vorbei. Vorne sitzen zwei Fuhrleute und treiben die Kaltblutpferde zur Höchstleistung an. Einer von ihnen kann einen Borndorn in Tamaraks Bauch werfen. Er beißt die Zähne zusammen und reitet weiter nach vorne neben die Pferde. Er kassiert noch einen zweiten der Wurfdolche.

Hinten kämpft Katasir mit dem Dreizack schwingenden Joschin. Der Schatzwächter spannt seine Armbrust und die Kutscherin peitscht die Pferde. Da stößt Tamarak sein Schwert in die Seite des rechten Zugpferdes. Die Peitsche der Kutscherin wickelt sich nun um Tamaraks Körper.

Dann bricht das erstochene Pferd zusammen und der Wagen überschlägt sich. Die Peitsche reißt Tamarak vom Pferd. Alle Schurken außer dem Geweihten Joschin können vom umstürzenden Wagen springen. Auch Katasir kann sein Pferd über den Wagen springen lassen und dort sicher landen.

Joschin wird mit dem Wagen wild herumgeschleudert und bleibt erst einmal liegen. Die anderen rappeln sich auf und packen ihre Waffen. Katasir greift nun den Kutscher mit seinem Knüppel an. Inzwischen kommt der Schatzwächter auf den am Boden liegenden Tamarak zu. Joschin kommt zu sich und beginnt zu murmeln. Dann stürmt auch er auf Tamarak zu.

Katasir ist mit den beiden Kutschern beschäftigt, die tapfer mit ihren Knüppeln auf ihn einschlagen. Er kann den Kerl ausschalten. Da schlagen der Schatzwächter und Joschin gemeinsam Tamarak zu Boden. Katasir schafft es sein Pferd aus dem Kampf mit der Kutscherin hinaus zu lenken und den nur noch seinen Arm hochreckenden Tamarak zu greifen und auf sein davon springendes Pferd ziehen. Sie reiten zurück zu den Gefährten. Tamarak konnte sein Ross noch heranpfeifen, so dass es folgt.

Als sie die Gruppe erreichen, stöhnt Tamarak nur noch von der umgestürzten Kutsche, dann kümmert sich Delila um den tief im Bauch sitzenden Borndorn und legt die heilenden Hände auf.

Katasir zieht den Zwerg zu sich und sie reiten zu der Unfallstelle. Oigrunz rennt hinterher. Mit geladener Armbrust springt der Zwerg vom Pferd. Er begutachtet die Trümmer und entdeckt zerbrochene Kisten, in denen Steine liegen.

„Die Schurken haben das Gold mit Steinen ausgetauscht!“ stellt er fest und schaut sich nach den Fußspuren um. Die Diebe sind in den Wald gelaufen. Grimbald folgt ihnen sauer. Die Schweine haben ihn beklaut, er wird sie bis ans Ende der Welt verfolgen. Katasir folgt ihm. Schließlich können sie die vier Gestalten vor sich im Wald sehen. Mit unglaublicher Geschicklichkeit springt Grimbald durch das Unterholz und schießt mit seiner Armbrust einen der Diebe ab.

„Holt ihn Euch!“ bellt ein Befehl durch den Wald.

„Ja, holt mich doch!“ begrüßt Grimbald den Aufruf.

Katasir schießt erfolgreich einen Pfeil auf die verbliebenen drei Diebe. Dann stürmen die Kontrahenten auf einander zu. Der Efferdgeweihte Joschin wird sowohl von Grimbald als auch von Katasir gleich als erstes in die Mangel genommen. Es entsteht ein wildes Gemenge, dass Joschin verliert. Als er tot zusammenbricht, ergeben sich die anderen Beiden. Sie werden gefesselt und geplündert. Außerdem nehmen sie die Waffen der Schurken mit. Dann werden sie durch den Wald zurück gezerrt.

Dann erreicht Oigrunz die Unfallstelle und bald hinter ihm Tamarak und Delila. Mit Erstaunen betrachten sie die aufgebrochenen Kisten, aus denen gute alte Feldsteine gekullert sind.

„Pass auf, wenn wir zurückkommen, grinst der Stoerrebrandt breit und meint nur, ich habe man voll gewusst, dass das Betrüger sind und ihnen voll die Falle gestellt.“ Jammert Delila. „Da hast Du Dich fast platt machen lassen für ein paar Steine!“

Tamarak schaut sprachlos auf die Felsbrocken. Die Welt scheint nur aus Betrügern zu bestehen.

Oigrunz geht los um die Köpfe der Toten zu holen. Dann macht sich die ganze Gruppe auf den Rückweg zum Lager. Als sie wieder an der Ochsengespann ankommen, wird es noch einmal genau untersucht. Der Schatzwagen ist gänzlich leer. Die Ochsen grasen friedlich. Sie werden an die Zügel genommen und mit zurückgeführt.

Unterwegs überlegen die Freunde, was das zu bedeuten hat. Delila meint, entweder ist der alte Händler pleite und hat nicht mehr als einige Steine zu transportieren, oder jemand hat ihn bereits früher betrogen und das Gold ausgetauscht. Tamarak meint, er hat, wie die Gruppe ja früher schon überlegt hatte, das Geld längst in kleinen Portionen vorgeschickt und macht diesen Umzug nur für den Status. Theodore fällt ein, dass Stoerrebrandt ja vielleicht deshalb so blass geworden ist, weil durch den Diebstahl jemand sein Geheimnis aufdecken könnte.

Grimbald hat sich einen der Felssteine gepackt und sieht sehr wütend aus. Stoerrebrandt hat also entweder gar kein Geld in seinem Treck, oder er hat es woanders als in den Schatzwagen. Phexgeweihte!

Schließlich erreichen sie mit dem Ochsenkarren, zwei Gefangenen, den Köpfen der toten Diebe und dem Felsbrocken das Lager. Sofort kommt Stoerrebrandt angelaufen und fragt aufgeregt:

„Habt Ihr sie erwischt, habt Ihr sie erwischt?“

„Ja!“ kommt die kurze Antwort und dem Händler werden die abgeschnittenen Köpfe entgegen gehalten.

Irgs, was ist das denn? Tut es weg!“ wehrt er die grausige Beute ab.

Grimbald greift sich die beiden noch lebenden Diebe und hält sie dem Kaufmann vor die Nase.

„Das sind sie? Gut. Und die Kisten?“ fragt der Händler.

„Die Kisten sind kaputt gegangen.“ Beginnt Tamarak ruhig.

„Die Kisten, ja das ist eine gute Frage. Die Kisten. Gut das Ihr es ansprecht!“ fällt Grimbald dem Krieger in die Rede und baut sich vor Stoerrebrandt auf. Er lässt die Gefangenen zu Boden fallen und nimmt sich den mitgebrachten Felsbrocken.

„Dies war in den Kisten. Großer Meister!“ brummt er.

„Was?“ Stoerrebrandt wirkt etwas verstört.

„Habt Ihr uns was zu sagen?“ Delilas Stimme hört sich wie das Zischen einer Schlange an.

„Habt Ihr das schon mal gesehen?“ setzt Grimbald nach.

„Das ist ein Stein!“ Der Händler wirkt verwirrt. „Der liegt hier rum!“

„Nein, der lag woanders rum.“ Feixt Grimbald mit aufgesetzter Fröhlichkeit. „ Der lag in Euren beschissenen Schatzkisten!“ nun beginnt er zu brüllen.

„Tatsächlich?“ entgegnet Stoerrebrandt ruhig.

„Ja, tatsächlich!“ antwortet Grimbald mit hochrotem Kopf. „Ihr habt uns Steine bewachen lassen? Ihr habt uns uns zusammenprügeln lassen für Steine?“

„Wie geht es meinen Ochsen?“ fragt Stoerrebrandt ungerührt.

„Natürlich sind die Ochsen da. Da stehen sie doch, oder glaubt Ihr, wir hätten inzwischen andere Ochsen besorgt?“

„Nagut, immerhin sind die Ochsen da. Und Ihr habt zwei von den Schurken lebend mitgebracht.“

„Habt Ihr noch irgendwas zu den Steinen zu sagen?“ zischt Grimbald den Händler an.

„Es sind Steine!“ meint der alte Händler nur und wendet sich um zu gehen.

Mit Wucht schleudert Grimbald den Brocken hinter ihm her, verfehlt Stoerrebrandt aber.

„Alter, seit Ihr verrückt?“ fährt der nun herum. Laut brüllend kreischt er den Zwergen an: „Seit Ihr wahnsinnig. Ihr seit angestellt, um mich zu beschützen. Alles andere obliegt nicht Eurer Verantwortung!“

Mit gleichlautem Organ brüllt der Zwerg nun zurück: „Und Ihr lasst mich hinter Steinen herlaufen! Steinen, Steinen!“

„Ich habe Euch hinter Verbrechern herlaufen lassen. Nicht mehr und nicht weniger!“

„Hinter scheiß Steinen, die sie geklaut haben!“

„Wenn Ihr nicht den Mund haltet, kriegt Ihr keinen Sold.“ Kommt es plötzlich kühl von dem Händler, dem wohl gerade die großen Augen all der umstehenden Leute, incl. der Gefährten bewusst werden.

„Scheiß Steine. Ich kämpfe doch nicht für scheiß Steine. Und ich pfeif auf Deinen Sold. Was soll ich mit 300 Steinen, Du Idiot!“ Grimbald ist nun ganz außer sich. „Verpiss Dich, ehe ich Dich zu Brei schlage!“ Dann dreht er sich um und stampft wütende davon. Ehrfürchtig macht ihm jeder Platz, der ihm auch nur vielleicht im Weg stehen könnte. „Menschen, zum Kotzen, Pack!“ hört man ihn noch schimpfen. „Und der nächste, der einen kack Stein aufhebt, und sei es auch nur vom Boden, der sieht schlimmer aus, als die beiden Drecksgestalten dahinten auf dem Wagen! Den häute ich lebendig.“

Alle ordnen erst einmal ihre Frisuren und reiben sich die Augen.

„Scheiß Steine! Leck mich doch am Arsch. Steine!“ hört man es noch aus der Ferne herüberschallen. „Drecksteine, nicht mal Marmor-Steine. Nur verkackte Feldsteine wie man sie überall findet!“

Verstohlen gehen die Blicke nun zu Stoerrebrandt. Auch dessen Gesicht ist Puderrot und die Halsschlagader pumpt schwer und in seinen Augen ist eine Ader geplatzt. Dann stapft auch er zu seiner Kutsche davon. Blicke in die Gesichter der anderen Umstehenden offenbaren, dass nun bei einigen der Kopf am arbeiten ist. Die Schatzwächter schauen seltsam.

Alle Leute beginnen zu tuscheln. Isa fragt Theodore, ob er als Erbe dann nun steinreich wird. Sie grinst breit. Der Alanfaner schaut erst verdutzt, muss dann aber auch lachen. „Mal sehen, ob das überhaupt was wird!“ winkt er ab.

Dann gehen die Überlegungen los, wo sich das Geld sonst befinden könnte. Wieso war er um die Ochsen besorgt. Ob er ihnen das Geld zu fressen gegeben hat? Aber das hätten sie inzwischen ausgeschissen und es müssten immer Stallburschen hinter ihnen laufen und die Fladen durchsieben. Auch die Tiere selber haben insgesamt nicht einen so hohen Wert, dass er das ganze Geld in Sachwerte umgesetzt hat und es in Gareth wieder verkaufen will.

Isa und Theodore sind mitten in dem Gebrüll auch im Lager angekommen, nachdem sie irgendwann mit ihren Beschäftigungen durch waren und das Warten leid. Sie berichten nun, dass die Hütte dort in dem verlassenen Weiler an einem romantischen See liegt und sich gut als abgelegener Ort zum nieder lassen eignet.

„Vielleicht wird das Wetter nun besser. Bei den Dieben war der Efferdgeweihte!“ erzählt Tamarak. „Der war bestimmt Schuld, dass wir so schlechtes Wetter hatten!“

„Meinst Du, der war böse?“ fragt Isa.

„Sicher war der böse. Er hat versucht das Gold zu klauen!“ antwortet die Magierin im Brustton der Überzeugung. „Das war kein rechtschaffener Geweihter, sonst hätte er nicht versucht seinen Dienstherren zu bestehlen. Auch wenn dieser offensichtlich schlau genug war, nicht mit seinem Vermögen durchs Land zu ziehen, sondern es wohl über die Nordlandbank oder andere Geschäftsmöglichkeiten längst weggeschafft hat. Oder er hat gar keins mehr.“ Resümiert sie.

 

Der sechzehnte Tag

Am nächsten Morgen werden die drei gefassten Diebe am nächsten Baum aufgehängt. Grimbald hat in der Nacht ein ganzes Fass Bier geleert und ist dann in einen unruhigen Schlaf gefallen, in dem es wohl um viele Steine unterschiedlicher Art ging. Beim Frühstück wird überlegt, in welcher Form das Gold doch den Treck begleiten könnte. Wagenräder, Nägel, Gardinenschmuck, Hohlräume in den Achsen oder Ochsenhörnern. Wenn in jedem Wagen unter dem doppelten Boden eine Goldplatte eingezogen ist, sind zwar alle Wagen etwas schwerer, würde aber gehen.

05.06.2015

Die gute Laune, die das Theaterstück vom Vorabend verbreiten sollte, ist leider weg. Delila entdeckt zwischen den Söldnern einen alten Bekannten. Karl war vor ca. einem Jahr bei einem Abenteuer in den dunklen Landen dabei. Als letztes hatte er sich einem praiotischen Laienorden angeschlossen. Nun hatte er das Geschrei am Vorabend gehört und wollte sich mal nach den genauen Ereignissen erkundigen. Die Söldner sind also auch ins Grübeln geraten. Sie lädt ihn ans Feuer ein und er berichtet, dass er nun einem Söldnertrupp angehört, der den Treck begleitet.

Karl ist ein noch recht junger Krieger, thorwalischer Abstammung, 175 Finger groß, 80 Stein schwer, kurze Haare, auf der rechten Hand ein Greifen-Branding, zwei Langschwerter, ein Kurzschwert.

Man ist schnell mit dem Gast am Lagerfeuer warm und macht Scherze über Bannstrahler. Karl zeigt bei der Frage nach seinen Begleitern zu einem der Söldnerbanner rüber. Dann berichten die Freunde von der Verfolgungsjagd der Diebe und der Entdeckung, dass in dem Schatzwagen Feldsteine waren. Grimbald regt sich gleich wieder auf.

Es nieselt wieder und Katasir hat auch keine besseren Aussichten zur Hand. Karl hat seinen Regenponcho übergezogen und pfeift auf seinem Pferd vor sich hin. Sein Hauptmann hat ihm aufgetragen, sich ruhig bei den Leibwachen des Stoerrebrandt aufzuhalten, wenn er was interessantes hört, um so besser.

Es wird zur Weiterreise gerüstet und der Treck setzt sich nun an seinem zwölften Reisetag wieder in Bewegung. Gegen Mittag kommen die drei Heiler zu Stoerrebrandts Kutsche. Sie haben sehr ernste Gesichter und wollen den Herrn sprechen. Eine oberflächliche Fragen, was denn so anliegt, wollen sie erst nach dem Gespräch mit dem Herrn beantworten. So meldet Tamarak sie an. sie besteigen die Kutsche und schließen die Tür hinter sich.

Katasir hört auf der anderen Seite, dass es um erkrankte Leute mit blauem Husten geht. Die Leute hätten zunächst massenhaft Dumpfschädel bekommen. Aber er versteht nichts von Krankheiten, und reitet dann erst mal eben zu Delila, um ihr die Neuigkeiten brühwarm zu berichten. Die kann aber auch nichts damit anfangen. Sie fragt mal Isa. Die überlegt etwas, dann erklärt sie: Symptome sind Bauchschmerzen, flache Atmung, immer wieder Hustenanfälle mit bläulich-violettem Hustenauswurf, blaue Gesichtsfarbe, zunehmende Ermattung. Bei tödlichem Verlauf zunächst einige Stunden Scheingenesung mit Wohlgefühl, das dann mit Schweißausbrüchen, Herzrasen und Erbrechen zum Exitus führt. Aber eine Medizin kennt sie nicht.

Grimbald grummelt darüber nur, Zwerge bekommen sowas nicht. Aber bei dem Wetter ist es ja auch kein Wunder.

„Die Heiler werden wissen, was zu tun ist!“ meint der Zwerg.

Delila möchte die Heiler mal aufsuchen, um sich über die Möglichkeiten zu erkundigen. Sie sucht aber erst mal Meister Stoerrebrandt auf.

Als sie an seine Tür klopft, bittet er sie mit genervter Stimme herein.

„Ich habe gehört, dass wir hier ein Problem haben?“ beginnt sie, als die Tür geschlossen ist.

„Ja, mit dem Zwerg meint Ihr?“ Der Mann hat sich noch nicht wirklich beruhigt.

„Der ist kein Problem. Der ist zu klein, um ein Problem zu sein!“ winkt sie ab. „Mit der Krankheit, die gerade umgeht, meine ich!“

„Den schweren Dumpfschädel, meint Ihr?“ Der Händler hört sich herausfordernd an.

„Nein, die blaue Keuche!“ Delila bleibt direkt.

„Woher wollt Ihr wissen, das es eine blaue Keuche gibt?“ Die Augen des Händlers werden zu Schlitzen.

„Eure Heiler reden sehr laut!“ Sie holt tief Luft. „Nicht ganz so laut wie der Zwerg, aber sehr laut!“

Der alte Kaufmann macht ein unzufriedenes Gesicht.

„Laut genug, dass man es nicht überhören kann!“ Die Zauberin lässt sich nicht beeindrucken. „Und solange eine solche Krankheit umgeht, ist auch Euer Leben in Gefahr für das wir unmittelbar verantwortlich sind!“

„Das ist richtig!“ gibt Stoerrebrandt zu.

„Was tun wir also dagegen?“

„Angewiesen habe ich vorerst, dass man von schwerem Dumpfschädel redet.“ Antwortet der alte Händler. „Und die Heiler sind angewiesen, die Kranken zu isolieren! Wir werden aber weiterfahren, so oder so.“

„Sind die entsprechenden Medikamente verfügbar?“

„Soweit bin ich nicht informiert, ob die Medikamente ausreichend sind.“ Gibt er nun zu. „Es sind wohl Medikamente da, die die Krankheit lindern können, aber, ob sie ausreichend sind, ist mir nicht bekannt. Das konnten die Heiler mir auch nicht sagen, da noch nicht bekannt ist, wieviele tatsächlich krank sind.“

„Was für Leute sind bisher erkrankt? Jemand mit dem Ihr Kontakt hattet?“

„Nein!“ winkt der Kaufmann ab. „Tatsächlich hatte ich mit noch keinem von ihnen Kontakt.“ Er schaut auf ein Papier. „Ein Stallmacher, eine Frau und ein Kind sind bis jetzt erkrankt!“

„Wäre es nicht besser, diese Drei zusammen intensiv zu behandeln, anstatt sie nur zu irgendwie zu isolieren?“

„Euch steht es frei, den Medici zu helfen!“ schlägt der Kaufmann vor. „Nur möchte ich nicht, dass im ganzen Zug verbreitet wird, das eine blaue Keuche hier gibt! Wir sprechen hier von schwerem Dumpfschädel!“ betont er noch einmal.

„Die Leute hocken zu eng aufeinander, als dass das nicht irgendwann rum geht.“ Meint Delila.

„Solange wir vermeiden können, das jemand was mitbekommt, ist Stillschweigen die beste Möglichkeit, das in Ruhe zu behandeln.“ Dann wechselt der Händler das Thema. „Aber wenn Ihr schon mal hier seid, ein Wort zu Eurem Zwerg! Grimbald ist sein Name, nicht?“ Stover Stoerrebrandt bekommt ein angestrengtes Gesicht. „Er ist dazu da, mich zu beschützen, und er ist dazu da, noch den anderen Vertrag zu erfüllen! Er ist nicht dazu da, meine Entscheidungen in irgendeiner Weise öffentlich in Frage zu stellen. Und wenn ich alle Schatzwagen mit Steinen gefüllt habe, dann muss er das so hinnehmen. Ich erwarte Professionalität! Und das, was der Zwerg sich gestern geleistet hat, ist alles andere als professionell.“

„Das müsst Ihr mit ihm ausmachen!“ antwortet Delila. „Ich habe nicht für den Zwerg unterschrieben. Der hat für sich selbst unterschrieben. Er ist ein erwachsener Mann, auch wenn er klein ist, so dass er sich seine Schelte selbst abholen kann. Er ist nicht mein Untergebener!“

„Ich hatte gehofft, dass Ihr ein wenig auf ihn einwirken könnt, bevor er sich noch einmal bei mir eine Schelte abholen muss!“ antwortet Stoerrebrandt leicht enttäuscht. „Ich habe Euch bisher immer als professionelle Mitarbeiterin empfunden!“

Delila zieht eine Augenbraue hoch und schaut den Händler abschätzend an. Dann richtet sie sich zum Gehen auf. „Nun, wie dem auch sein. Wenn es Euch in irgendeiner Weise nicht gut geht, lasst es uns umgehend wissen. Wir sind in erster Linie für Eure Wohlbefinden zuständig!“ Sie kommt auf das eigentliche Thema ihres Besuches zurück. „Und wenn in diesem Treck eine oder mehrere schwere Krankheiten grassieren, müssen wir jede Änderung Eures Wohlbefindens sofort erfahren, damit wir sofort etwas dagegen tun können.“

„Sollt Ihr natürlich!“ gibt der Händler zu.

„Danke!“ Delila verbeugt sich leicht. „Ich werde sehen was ich machen kann mit dem kleinen Mann.“ Fügt sie hinzu und verlässt die Kutsche. Tamarak, der wie üblich neben der Kutschentür reitet, bemerkt Delilas nachdenkliches Gesicht, als sie sich vom Trittbrett des fahrenden Gefährts herablässt.

„Und, alles in Ordnung?“ fragt er besorgt.

„Noch geht es ihm gut!“ antwortet die Zauberin.

„Wieso soll es ihm nicht gut gehen?“ wundert sich der Krieger.

„Weil wir zu den ganzen Schnupfen und Hustenerkrankungen eine Steigerung erlebt haben!“ umschreibt sie die Gesundheitslage des Trecks.

„Oh, wie schlecht. Mir kratzt es auch schon im Hals!“ Der Horasier zieht sich seinen Regenmantel fester um den Körper.

„Es grassiert nur schwerer Dumpfschädel!“ antwortet Delila betont langsam. „Inoffiziell weiß ich, dass es sehr viel schlimmer ist!“ fügt sie leise hinzu. „Bisher haben wir erst drei schwer Erkrankte!“

„Echt jetzt?“ wundert sich Tamarak. „Bei dem Wetter!“

„Ein Handwerker, eine Frau und ein Kind!“

„Sind die verwandt?“ fragt der Krieger. „Haben sie was miteinander zu tun?“

„Das muss ich bei den Heilern herausfinden!“ meint Delila ernst. „Und von allem muss ich herausbekommen, ob wir jetzt gleich etwas gegen die drei Erkrankten tun können. Bisher hat der Meister nur angewiesen, sie zu isolieren. Ich befürchte, das haut bei diesem Treck nicht hin. Dafür hocken wir alle zu dicht aufeinander!“

„Und vor allem, wer isoliert die Heiler, die den nächsten Kranken mit Ohrensausen dann anfassen.“ Tamarak sieht schon den Treck siechend dahinsterben und eine lange Spur von Toten hinter sich zurücklassen.

„Und vor allem ist nicht bekannt, ob überhaupt richtige Medizin vorhanden ist.“ Die Magierin verdreht genervt die Augen. Tamarak bietet Delila an, sie auf dem Pferd am Treck vorbei zu dem Wagen der Heiler zu bringen. Er gibt Katasir ein Zeichen und zieht die Magierin auf sein Ross. Dann macht er kehrt und reitet in den hinteren Bereich des Trecks, wo die Versorgungswagen fahren.

Tatsächlich sind die drei Kranken nicht in einem Wagen, sondern drei ganz verschiedene Leute, die sich wohl nur zufällig angesteckt haben. Sofort überlegt Delila, ob es nicht einen Wagen gibt, den man als Quarantäne-Station benutzen könnte. Ihr fällt einer der Vorratswagen ein, den man leerpacken könnte, da ja schon einige Vorräte verbraucht sind. Dazu müsste man nur in der Mittagspause die Vorräte auf die anderen Wagen verteilen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zum Wagen der Gruppe und wecken die Leute, bzw. rufen sie zusammen. Grimbald ist nicht begeistert, da er noch recht müde ist.

Als alle versammelt sind, auch der Söldner Karl, fordert sie erst einmal alle auf, sehr leise zu sprechen.

„Und vor allem Du, Grimbald. Hör auf unseren Chef anzubrüllen.“ Wendet sie sich an den Zwergen.

„Warum?“ fragt der nur verständnislos.

„Weil ich keine Lust habe mir anzuhören, dass Du Dich nicht benehmen kannst!“

„Wenn er was von mir will, soll er herkommen!“ schnauzt der Zwerg zurück. „Also um was geht es?“

„Brüll einfach nicht so laut. Wenn der ganze Treck meutert und ihn kalt macht, haben wir einen Scheiß!“

„Hach, der ist ein alter Mann, der stirbt doch sowieso irgendwann!“ grummelt Grimbald. „Aber jetzt erzähl, was gibt es.“

„Der soll aber nicht sterben, solange wir dafür verantwortlich sind.“ Delila ist genervt.

„Solange wir noch nicht bezahlt worden sind. Ich verstehe!“ stimmt der Zwerg zu. „Und nun?“

„Klappe halten in Zukunft!“ beendet Delila dieses Thema. „So, dass es im Treck mehrere Schnupfenkranke gibt, ist bekannt. Aber jetzt sind einige zu einer blauen Keuche geworden, die aber offiziell nicht so genannt werden darf!“ Die Zauberin berichtet von dem Gespräch mit Stoerrebrandt und ihren Nachfragen bei den Heilern. Sie zählt die drei Erkrankten auf und verkündet ihren Plan, in der Mittagsrast einen Vorratswagen als Quarantäne-Wagen leer zu räumen und einzurichten, um auch zukünftige Verdachtsfälle gleich dort zu versammeln, wo die Heiler sich konzentriert um sie kümmern können und weitere Ansteckung durch unachtsame Angehörige wegfallen.

Isa, die sich mit Medizin gut auskennt, fragt, wie lange die schweren Fälle denn schon bekannt sind. Das kann niemand sagen, die Heiler haben es halt erst heute Herrn Stoerrebrandt mitgeteilt. Die zierliche Exotin winkt resignierend ab, da sie nicht glaubt, eine Quarantäne wurde jetzt noch helfen, vor allem, wenn die Leute von drei verschiedenen Wagen stammen. „Aber besser als nichts!“

„Wir müssen dann mit den Heilern klären, welche Kräuter vielleicht gesammelt werden können, die die Heilung unterstützen. Das können uns nur sie sagen, da sich solche Informationen hoffentlich in ihren Medizinbüchern befinden.“ Die größte Sorge macht Delila sich allerdings um Herrn Stoerrebrandt selber. Nichts wäre schlimmer, als wenn er statt bei seinem wahnwitzigen Plan an schnödem „schweren Dumpfschädel“ dahinscheiden würde. Alle müssen grinsen.

Karl macht ein etwas irritiertes Gesicht. Theodore fällt das sofort auf.

„Oh, Ihr kennt den Plan des Herrn Stoerrebrandt ja noch nicht!“ stellt er fest.

Der Söldner zuckt mit den Schultern. Leise beginnt der Alanfaner Stöver Stoerrebrandts Plan von dem Goblinüberfall und dem gespielten Tod zu erklären.

„Dann solltet Ihr dieses Gespräch auf jeden Fall für Euch behalten!“ beschwört der Alanfaner den Söldner. „Der ganze Treck könnte sonst verloren sein. Und das wäre sicher sehr schlecht für Eure Entlohnung.“

Der Söldner lächelt verlegen und macht sich einige geistige Notizen. „Dann sollten wir uns um Heilzutaten kümmern!“ meint er kurz.

„Ja, gute Idee.“ Stimmt Tamarak zu.

„Kann es sein, dass das eilig ist?“ fragt er weiter.

„Ja!“ nickt Delila.

„Dann sollten wir uns auf den Weg machen!“ schlägt er vor.

Alle nicken und machen sich fertig, um den Heilern von ihren Plänen zu erzählen. Grimbald wird noch etwas schlafen, bis zur Mittagspause der Transport der Kranken anfällt. Tamarak und Katasir nehmen wieder ihre Position neben der Kutsche Stoerrebrandts ein und der Rest geht zu den Heilern und klären das weitere Vorgehen.

Sie finden die tapferen Leute gehetzt bei ihren Versuchen in den verschiedenen Wagen die Kranken zu behandeln. Das der Treck weiterreisen soll, macht ihnen viel Arbeit. Als Delila ihnen von dem Plan mit dem Krankenwagen erzählt, machen sie sich erst mal Sorgen um die Geheimhaltung. Das Argument, dass man dann nicht mehr hin und her laufen muss, was ja bei egal welcher Krankheit einfach besser für alle ist, hellt ihre Stimmung auf. Sie haben inzwischen allerdings fünf Patienten.

Dann fragt Delila konkret nach den benötigten Medikamenten. Die Treckapotheke hat nicht viel zu bieten. Aber es gibt einige Kräuter in der Gegend, die sehr nützlich wären. Gulmond zur Fiebersenkung, Vierblatt zur Linderung der Symptome und Belmar zur Kräftigung würden benötigt werden, vor allem, wenn es noch mehr Kranke geben sollte.

Delila und Isa kennt die Pflanzen. Man kann sie sogar hier am Wegesrand oder nur ein wenig in den Wald hinein finden. Isa meint, Katasir kennt sich auch mit Pflanzen aus, und kann bei der Suche helfen.

Während sie nun auf die Mittagsrast warten, um mit dem Einrichten des Krankenwagens zu beginnen, regt Delila sich über Stoerrebrandt auf, der ausgerechnet sie wegen dem Benehmen des Zwergen anranzt, als ob sie die Mutti des kleinen Mannes wäre. Aber im Grunde müssen alle darüber grinsen, dass der alte Händler so aus der Haut gefahren ist und der Zwerg noch immer den Streitkamm aufgestellt hat. Zwerge sind ja so sturköpfig und alte Männer auch…

Die beiden Frauen beschließen, dass man die Pflanzen am besten gleich suchen sollte. Also macht Isa sich auf, um Grimbald zu wecken. Er soll die Wache bei Stoerrebrandt übernehmen, damit alle anderen in drei Gruppen mit je einem Pflanzenkundler auf Kräutersuche gehen können. Sie schärft dem verdutzt glotzenden Zwergen ein: „Also Grimbald, dran denken, nicht anschreien! Wenn Du nichts verstanden hast, einfach nichts sagen! Check!“ Sie schaut dem kleinen Mann tief in die Augen, ob er sie verstanden hat.

„Was?“ Grimbald schaut sich hilflos zu Delila um.

„Verstehst Du was von Pflanzen?“ fragt die ihn rund heraus. Der Zwerg schüttelt den Kopf. „Siehst Du. Und deshalb bleibst Du hier und wirst Meister Stoerrebrandt bewachen, während wir die Kräuter suchen.“

„Ja, gerne doch!“ antwortet der Zwerg.

„Und denke dran: nicht schreien! Bleibe ganz ruhig!“ beschwört die Magierin ihn. „Er ist es nicht wert.“

„Sollte er an Altersschwäche sterben, ist es nicht meine Schuld!“ grinst Grimbald zurück.

„Aber wenn er sich mit Dir anschreit und einen Herzinfarkt erleidet, ist es Deine Schuld!“

„Kann ich doch nichts dafür, wenn der ein schwaches Herz hat!“ zuckt er mit den Schultern.

„Aber dann bekommst Du kein Geld!“

„Dann verkaufe ich die Ochsen!“ mault der Zwerg zurück.

„Ist jetzt Schluss. Du hast einen ziemlich großen kleinen Schädel auf Deinem Hals. Da sollte wenigstens ein bisschen Gehirn drin sein. Bitte mal benutzen!“ Delila ist nur wirklich sauer.

„Nun geht schon Pflanzen suchen. Ich pass schon auf ihn auf!“ winkt Grimbald ab. Er genießt es, dass die Zauberin leichte Wutröte im Gesicht hat und macht sich auf den Weg. „Er hat mich dafür bezahlt, ihn nicht umzubringen. Nun bleib mal ruhig!“ grinst er noch und begibt sich zur Bornstolz, wo er sich neben dem Kutscher auf den Kutschbock schwingt.

Der Rest der Truppe teilt sich in drei Gruppen ein. Isa wird mit Ihrem Herrn loslaufen, Delila und Karl gehen zusammen und Tamarak begleitet Katasir. Sie machen sich motiviert in verschiedene Richtungen in den Wald auf und schauen nach den drei gewünschten Kräutern. Sie finden 429 x Belmant, einen riesen Arm voll Sauerampfer, 26 x Gulmond und 58 und 2 falsche x Vierblättrige Einbeere. Die Sucher kommen mit einer unglaublichen Hochstimmung wieder zum Treck und werfen ihre Ausbeute zusammen. Es hat wohl jeder auch noch lustige Pilze gefunden und probiert. So machen ihnen auch die Schrammen nichts, die sie im Gebüsch einkassiert haben.

Die Heiler sind über die Lieferung begeistert. Und als nun das Mittagslager aufgeschlagen ist, nimmt sich einer die Ausbeute und wird sie in Tees und Salben verarbeiten.

Dann wird der Proviantmeister aufgesucht und um Freigabe eines seiner Wagen gebeten.

„Wieso soll ich einen Wagen frei machen?“ mault der Mann.

„Weil wir ihn als Krankenwagen benutzen wollen.“ Erklärt Tamarak grimmig.

„Wozu braucht Ihr einen Krankenwagen?“

„Es macht doch keinen Sinn, dass die Heiler die ganze Zeit zwischen den ganzen Wagen mit den Dumpfschädel-Kranken hin und her laufen. Wir legen sie in einen Wagen, wo sie gezielt behandelt werden können, und ihre Ruhe haben!“ Der Krieger schaut den Proviantmeister direkt in die Augen. „Außerdem wird die eine Hälfte ja jetzt gleich verbraucht. Und den Rest umzupacken, sollte kein Problem sein.“

„Ich habe keine Zeit die Hälfte umzupacken.“ Brummt der Proviantmeister missmutig.

„Gut, dann holen wir den Zwerg, der isst die andere Hälfte auf. Dann ist der Wagen auch leer.“ Grinst Isa ihn boshaft aber freundlich an.

„Das hört sich nach einer Drohung an.“

„Soll der Zwerg helfen, oder packt Ihr lieber selber um?“ fragt nun Delila.

„Also ich allein mache das nicht!“ wehrt sich der Mann. „Außerdem brauche ich einen Wagen, wo es hin gepackt werden soll.“

„Den, den, den und meinetwegen könnt Ihr auch bei uns was mit rein packen. Bei den Göttern noch eins!“ schimpft Delila nun los.

Widerwillig macht sich der Mann nun an die Arbeit. Isa organisiert, dass die entsprechenden Wagen in die Nähe gebracht werden, damit nicht so weit getragen werden muss. Und dann packen alle mit an und schnell ist ein Wagen leer geräumt. Die Mittagspause ist noch nicht ganz vorbei, da sind sie fertig. Jetzt passen in den Wagen der Gruppe aber nur noch drei Leute zum Schlafen rein. Aber das wird man schon regeln.

Tamarak geht nun Grimbald bei seiner Stoerrebrandt-Wache ablösen. Der kleine Mann klettert vergnügt vom Kutschbock runter. Vorsichtshalber klopft Tamarak an Stoerrebrandts Tür und fragt, ob alles in Ordnung ist.

„Ja, wieso?“ kommt die verwunderte Gegenfrage.

„Schon gut!“ winkte der Krieger ab. „Weiter machen!“ und schließt wieder die Tür. Dann unterrichtet er Grimbald, dass er nun beim Umladen der Kranken benötigt wird. Der macht sich gleich auf den Weg zum neuen Krankenwagen.

Dann wird ein Schreiner beauftragt, Haken für Hängematten in dem Wagen anzubringen. Der Mann schaut unwillig.

„Und warum?“

„Wir benötigen Stockbetten, wie in einem Schiff!“ mault Delila.

„Ja, aber wozu?“

„Weil wir es sagen. Könnt Ihr da nun Haken anbringen für Hängematten?“

„Ja sicher.“

„Dann also!“ Die Zauberin hat nun wirklich keine Lust mehr mit den arbeitsfaulen Leuten zu diskutieren. Sie schaut so grimmig, dass der Mann nur mit den Schultern zuckt und los geht, um Werkzeug und Material zu holen.

Schließlich kann man genug Hängematten aufhängen, um die inzwischen sieben Kranken unterzubringen. Dann holt Grimbald einen nach dem anderen aus ihren Wagen und bringt sie in den Krankenwagen. Nur einer muss unterwegs husten. Grimbald tritt den Auswurf in den Sand. Gleich geht Delila dabei und macht dort ein kleines Feuer, was die Stelle wegbrennt. Dann wird noch schnell eine Suppe gelöffelt und sich müde wieder auf die Posten begeben. Grimbald bleibt bei den Kranken im Wagen,  wo auch die Mediziner ihre Arbeit aufnehmen und die frisch gebrauten Tränke den Kranken einflößen. Der Handwerker war wohl der erste Erkrankte. Um ihn steht es schlecht.

Bis zum Abend geht dann doch das Gerücht um, das eine Seuche den Treck befallen hat. Mal reden die Leute von Zorganpocken oder von der blauen Keuche. Die Leute machen nun einen großen Bogen um den Krankenwagen, was ja nicht das Schlechteste ist.

Karl berichtet seinem Hauptmann von der blauen Keuche und dem Krankenwagen. Dann reinigt er noch seine Ausrüstung und legt sich schlafen.

Nach dem Abendessen beginnt jemand zu meckern, dass man die Kranken zurücklassen sollte.

„Oh, er ist auch krank. Gleich in den Krankenwagen mit ihm!“ Delila zeigt auf den Wortführer. „Meckern ist eines der ersten Symptome von Zorganpocken. Ich muss das wissen, ich habe dort studiert!“

„Was, ich mecker seit 20 Jahren und bin nicht krank geworden!“ entgegnet der Mann.

„Aha, wie der Zwerg. Der ist auch immun gegen Krankheiten. Und wenn Du in 20 Jahren vom Meckern nicht krank geworden bist, hast Du auf jeden Fall Zwergenblut in Dir!“

„Was? Es gab in meiner Familie noch nie einen Zwerg!“ schimpft der Mann nun aufgebracht.

„Dann wärst Du aber größer!“ antwortet Delila schnippisch.

Der Mann bekommt Schnappatmung und wird von seinen Kumpanen weggebracht. Die Leute maulen nun leise weiter.

Zum Nachtlager wird der Krankenwagen etwas abseits gestellt. Grimbald legt sich mit seinen Waffen unter den Wagen zum Schlafen hin. Theodore begibt sich auch erst einmal zum Krankenwagen und bezieht davor Wachposten. Katasir leistet ihm Gesellschaft. Sie sehen tatsächlich drei Gestalten aus der Wagenburg heranschleichen. Sie ziehen geräuschvoll ihre Schwerter.

„Die Latrine ist dort hinten!“ brummt Theodore ihnen entgegen.

„Oh, Verzeihung. Haben uns vertan!“ murmeln sie und drehen um.

„Will ich meinen!“ grunzt Theodore ihnen nach. Sie verziehen sich im Laufschritt zurück zu den anderen Wagen. Sie wollten wohl wirklich den Wagen in Brand stecken.

 

Der siebzehnte Tag

Als der Morgen anbricht, stützt Katasir den müden Theodore auf dem Weg ins Bett. Grimbald meldet aus dem Krankenwagen, dass der Handwerker in der Nacht verstorben ist. Er wird aber erst einmal weiter mitgenommen, um ihn dann in der nächsten Nacht heimlich zu verscharren.

Der Borongeweihte wird allerdings gerufen und spricht ein stilles Gebet. Zum Glück gab es in der Nacht keine weiteren neuen Fälle, die in den Krankenwagen müssen. Mit dieser Nachricht kommen die beiden ausgeschlafenen Heiler um ihren Kollegen von der Nachtwache abzulösen. Grimbald holt sich seinen Frühstücksbrei und holt für die sieben Kranken ebenfalls die Rationen.

Auf dem Rückweg geht er bei den Kollegen vorbei und hört Isas Bericht von den beiden Nachtwachen am Krankenwagen über den Anfängermob, der den Wagen überfallen wollte. Mit dieser Nachricht kommt er zum Krankenwagen zurück und warnt die Heiler vor möglichen Übergriffen, während man die Kranken mit dem Brei füttert. Die beiden Ärzte wundern sich, woher er das weiß, wo er doch geschlafen hatte.

„Tja, ich habe meine Ohren halt überall!“ grinst der Zwerg zufrieden. „Und was machen wir mit dem da?“ Er zeigt auf den eingewickelten Toten.

„Der Geweihte hat seinen Segen darüber gesprochen. Wenn wir etwas zurück bleiben, könntet Ihr ihn begraben. Es ist zwar nicht fein, aber man kann ja das Latrinenloch nutzen. Dann ist er halt weg, bevor er verwest.“ Der Medikus wirkt verlegen.

Der Zwerg nickt grimmig: „Dann werde ich ihn halt in die Scheiße kippen. Es ist wie es ist!“

Den Aufbruch begleitet nun wieder Dauerregen und kaltes Wetter. Endlich mal wieder kalt und Regen! Theodore vermisst beim Packen sein Waffenpflege-Set. Resignierend geht er zum Schmied und kauft sich einen neuen Schleifstein. Dabei fragt der den Mann, ob er denn viel zu tun hätte. Er ist zufrieden. Der Adlige bedankt sich noch und geht wieder.

Als der Zug sich in Bewegung setzt, bleibt Grimbald hinter dem Krankenwagen zurück und versenkt den eingewickelten Toten im Latrinenloch, bevor er es mit einigen Gebetsworten zuschüttet und dem Mann noch eine gute Reise durch das Zeitenrad wünscht.

Die Tagesreise soll heute bis zum Dorf Drachenzwinge führen. Der Krankenwagen fährt im etwas Abstand hinter dem Zug her. Mit gutem Appetit macht Grimbald sich über die nicht verzehrten Reste der Rationen der Kranken her. Er genießt seine Krankheitsimmunität. Der nächste Todeskandidat ist das Kind, was durch seine ohnehin schwächliche Konstitution benachteiligt ist.

Als Delila und Isa sich am Krankenwagen nach der Situation erkundigen, werden sie von Grimbald wieder weg geschickt. Sie sollen sich besser nicht anstecken. Das wird schon.

Der eintönige Vormittag wird von dem Auftauchen von zwei Auerochsen auf einer Wildwiese längs des Weges unterbrochen, die zwei kleine Gestalten jagen. Tamarak, der auf seinem Pferd am dösen ist, hält sie für Kinder und erschreckt sich mächtig, was die Monster Kinder jagen. Delila, die heute die Wache auf der anderen Seite der Bornstolz übernommen hat, erkennt sofort die rotpelzigen Goblins.

Gobbos!“ ruft sie laut.

„Was, Goblins?“ Tamarak überlegt, was er nun davon zu halten hat. „Ach ja, die wohnen ja hier. Natürlich Goblins!“ Immerhin ist man auf dem Goblinsteig unterwegs. Aber kann dies schon der gesuchte Stamm sein?

„Vielleicht sollten wir ihnen helfen und uns so bei den kleinen Leuten etwas beliebt machen!“ schlägt Delila vor. „Die lassen sich bestimmt nicht gerne jagen!“

„Meinst Du nicht? Vielleicht sind das Jäger und die locken die Tiere gerade in eine Falle!“ überlegt der Krieger. „Und wenn wir uns da jetzt einmischen fällt bei denen das Essen aus. Möchtest Du da Schuld dran sein?“

Delila will den beiden Goblins gerne helfen. Tamarak hat nicht wirklich Lust auf Auerochsen-Jagd. Bei genauer Beobachtung sieht man allerdings, dass sie Panik haben und wohl nicht geplant in der Situation sind.

„Ich habe das unbedingte Gefühl, dass wir uns mit diesen Wesen gut stellen sollten, um bei den Verhandlungen besser da zu stehen.“ meint Delila. Sie zaubert ein Donnern vor die beiden Auerochsen.

Karl hat die Jagdszene auch beobachtet und treibt nun sein Pferd auf die Wiese um die Goblins vor den Ochsen wegzugreifen und mit ihnen zu fliehen. Er bekommt sein Pferd nicht richtig in die Spur und kann nur einen der Goblins greifen.

Dann entwickelt sich der Knall vor den beiden Tieren. Eines dreht in den Wald ab, das andere steuert nun direkt auf den Treck zu. In der Zeit kann Karl wenden und den zweiten Goblin ansteuern. Leider bekommt er ihn nicht gegriffen, aber sein auf dem Sattel liegender Kollege kriegt den Artgenossen an der Klamotte und der zweite Goblin hängt nun seitlich am Pferd.

Tamarak hatte es schon geahnt, dass die Aktion irgendwie nach hinten los geht. Er schnappt sich die nächste geeignete Lanze und setzt zu einem Tjost-Angriff an. Er trifft das Tier und kann die Lanze in die Muskeln hinein treiben. Das Tier dreht ab und galoppiert davon. Er wird sicher irgendwann im Wald zusammenbrechen.

Karl setzt die beiden Goblins ab und Tamarak kommt dazu, steigt ab und schaut, ob die beiden Schaden genommen haben. Dann tätschelt er sie. Als auch Delila dazu kommt, versuchen alle mit all ihren Sprachkenntnissen Kontakt aufzunehmen. Als Karl es mit Orkisch probiert, machen sie einen Schritt von ihm weg. Sie mögen also keine Orks. Da ist es ja gut, dass Oigrunz verschwunden ist. Man macht noch ein paar deeskalierende Gesten und geht wieder zum Treck zurück.

Als die Gruppe einige Schritte weg sind, springen die beiden Goblins auf und rennen so schnell sie können davon. Na hoffentlich überbringen sie die Nachricht, dass die Reisenden nette Leute sind.

Gegen Abend kann man das gewünschte Dorf Drachenzwinge erreichen. Es hat etwa 120 Einwohner. Eine verfallene Burg, sowie ein Palisadenzaun grenzen das Dorf ein. Das Lager wird direkt am Palisadenzaun aufgebaut. Der Krankenwagen wird abseits auf weiter Flur aufgestellt, damit man den Mob gleich kommen sieht. Dann macht sich Grimbald auf den Weg zum Kantinenwagen um die Rationen zu holen. Er bringt Eintopf mit Fleisch mit. Tatsächlich geht es einem der Kranken besser. Grimbald will ihn aber noch nicht gehen lassen.

Da nun Bingo und Bongo die Wache bei Stoerrebrandt übernehmen, machen sich Tamarak, Delila und Isa auf den Weg in das Dorf. Theodore und Katasir schieben wieder am Krankenwagen Wache. Sie wünschen sich neue Socken und was anderes zu essen, wenn man im Dorf sowas bekommen kann. Tatsächlich gibt es einen Händler, einen Schmied und einen Rondra-Tempel. Sie gehen zum Händler und schauen nach Käse und Socken. Leider gibt es nur Wolle, keine fertigen Socken. Also kaufen sie Wolle und Stricknadeln. Es werden einige Witze über die Fertigung von Socken gemacht. Delila kann ja zaubern. Tamarak ist erst etwas verwirrt, will es dann aber lernen. So kauft man sich für einen Silbertaler je ein Nadelspiel und für je einen Heller weiche Sockenwolle. Dann holt Isa noch einige Delikatessen und Rotwein für Ihren Herrn und Tamarak füllt seinen Vorrat an Kerzen und Lampenöl auf. Auf dem Rückweg entdecken die Drei ein Gasthaus.

Es ist niemand im Schankraum, außer dem Wirt. Er begrüßt die Gäste freundlich. Auf die Frage, wo denn seine anderen Gäste sind, meint er, heute ist das Wetter so schlecht, da sind die Leute wohl zuhause geblieben. Der Wirt hatte nun nicht mehr mit Gästen gerechnet, würde aber einen Braten aufwärmen können. Das wird bestellt.

Dann fragt Tamarak, ob der Wirt eine Frau oder Tochter hat, die gut im Stricken ist. Der Mann schaut verwundert.

„Nun, im Laden gab es nur Wolle und Stricknadeln, ich benötige aber Socken. Vielleicht kann jemand bis morgen ein Paar anfertigen. Ich würde mir das einen Silbertaler kosten lassen.“ bietet der Krieger an.

„Einen Silbertaler. Nun, ich denke meine Frau könnte das wohl mal schnell die Nacht durch stricken. Ich kümmer mich um das Essen!“ Damit verschwindet er im Küchenraum.

Nur wenig später kommt ein älteres Muttchen und will sich die Füße mal ansehen. Als Tamarak seine Füße mit den zerlöcherten Socken aus seinen Stiefeln holt, beginnen Isa und Delila zu stöhnen und jammern, dass sie nun nichts mehr zu essen brauchen würden. Die Frau schaut sich tapfer die Füße an und nimmt mit den Händen Maß.

Delila und Isa machen Witze über Nägel um den ganzen Fuß und Hornhaut bis zum Knöchel. Tamarak schaut sie nur verständnislos an.

„Nun regt Euch mal ab! Ich wasche meine Füße täglich!“ grummelt er.

Aber die beiden Frauen jammern weiter, als würde das Tor zu den schwefeligen Niederhöllen geöffnet worden sein. Sie ordern sofort einen Schnaps und kippen den runter. Dann geht es ihnen auch besser und sie freuen sich über den guten Bratengeruch aus der Küche.

Sie packen also auch ihre Wolle und Nadeln aus und beginnen zu stricken.

„Sagt, wir haben heute wohl zwei Goblinkinder gesehen. Gibt es hier in der Gegend Goblins? Sind die gefährlich?“ beginnt Isa die alte Wirtin auszufragen.

„Hach, ja Goblins gibt es hier. Aber die Palisade hält sie gut ab.“ Antwortet die Frau.

„Dann sind sie also gefährlich?“

„Nun ja, wie man es halt sieht!“ überlegt die Frau.

„Nun, wie Ihr ja seht, kommen wir weit aus dem Süden und haben keinen Kontakt zu Goblins. Wir haben nur wilde Geschichten gehört. Aber wir haben auch schon Orks getroffen, die gar nicht so waren, wie in den Geschichten.“

„Also wie wir es gelesen haben!“ ergänzt Delila.

„Also, vor Orks würde ich mich in Acht nehmen. Das sind ganz rabiate Wesen.“ Meint die Wirtin nun.

„Ja, das haben wir auch gedacht.“ Erwidert Isa.

„Sie sind schmutzig, stinken und grunzen…“

„Ja, das tat der Ork auch.“

„…und versklaven, vor allem Frauen. Sie wollen immer mit denen Kinder machen!“

„Ih, buä!“ machen die beiden Frauen im Chor.

„Das stimmt. Er hatte die ganze Zeit nach dem Käfig mit den Weibchen gefragt!“ mischt Tamarak sich in das Gespräch ein.

„Echt, sowas hat der gemacht?“ wundert sich Delila. Sie hatte das Gefiepe von Oigrunz meist nicht mitbekommen. Tamarak nickt zustimmend.

„Der soll bloß in den Büschen bleiben, in die er sich verkrochen hat!“ schimpft die Magierin jetzt.

„Deshalb hatten wir ja so viele Diskussionen über Kulturunterschiede!“ erklärt Tamarak.

„Das kleine Winselding. Und dann sowas – ääh, geht gar nicht!“ Delila ist richtig aufgebracht.

„Ah, dann sind also doch so wie in den Büchern beschrieben. Dann haben wir wohl so eine Art Wesen vom Ende der Hackordnung getroffen.“

„Bei den Orks gilt halt, der Stärkste hat recht. Wenn da einer so ein Schwächling ist, hat er nichts zu melden.

„Er war wohl der Dorftrottel seiner Sippe!“ muss Delila lachen.

„Meinst, deshalb hat er sich wohl auch alleine rumgetrieben. Das erklärt vieles!“ Isa nickt nun wissend.

„Deshalb haben sie ihn wohl auch  - vergessen! Er ist ein Sid.“ Delila lacht laut auf.

„Und Goblins sind genauso?“ fragt Isa.

„Nein, Goblins sind fies und hinterhältig.“ Erklärt die Wirtin über die klappernden Nadeln hinweg.

„Die sind verschlagen und klauen einfach bei Gelegenheit!“ versucht Tamarak sein Wissen abzugleichen.

„Nun, sie machen auch größer Raubzüge!“ berichtigt die Wirtin.

„Dann arbeiten sie aber mehr über schiere Masse, meine ich!“

„Ja, sie sind auch feige. Das muss man auch sagen.“ Erzählt die Wirtin. „Wenn sie auf etwas treffen, was sie nicht kennen, verschwinden sie immer!“

„Also dann sind sie also von der Sorte, was sie nicht essen können, das machen sie kaputt oder wenn sie gar nichts mit anfangen können, dann hauen sie schnell ab, oder?“ bohrt Isa nach.

„Wenn es zurückschlägt, hauen sie ab!“ ergänzt Tamarak.

„Es ist schwierig.“ druxt die Wirtin rum. „Man sollte sich einfach vor ihnen in Acht nehmen. Die Götter haben sie sicher nicht umsonst so aussehen lassen!“ stellt die Wirtin fest. „Hier in der Gegend gibt es mehrere Stämme, den ganzen Goblinpfad runter. Sie gehören alle verschiedenen Stämmen an.“

„Gibt es denn da Stämme, die uns Menschen grundsätzlich feindlich gesonnen sind?“ fragt Isa. „Und gibt es welche die friedfertiger sind?“

„Also der Händler, der hier gelegentlich vorbei kommt, hat wohl keine Probleme mit ihnen.“ Meint die Wirtin nun. „Das hängt wohl davon ab, ob man sich mit ihnen verständigen kann. Sie lassen durchaus mit sich reden!“

Isa gibt den beiden Gefährten Zeichen, dass die Frau wohl nicht wirklich was weiß. Sie reden dann noch etwas über das Wetter, bis das Essen aufgetragen wird. Die Wirtin staunt noch über Geschichten aus dem warmen, sonnigen Aranien, wo Männer als Begleitschutz für Zauberinnen dienen. Dann hält Delila noch eine kleine Zaubershow ab, dass die Wirtsleute restlos begeistert sind. Die Drei lassen sich noch den Rest des Bratens einpacken und verabschieden sich dann bis morgen früh.

 

03.07.2015

Der achtzehnte Tag

Tamarak holt gleich morgens seine Socken von der Wirtin ab und zahlt den versprochenen Silber. Dann kauft er sich noch 3 kg Wolle für 1 Silbertaler.

Sie erschlagen Geweihte ohne mit der Wimper zu zucken und gehen hinterher Wolle kaufen. - Spielleiterbemerkung

Und dann wird der NS gegründet – der Novadische Staat. Da kann man Geweihte erschlagen, so viel man will. Geweihte sind ein Sachgegenstand, ähnlich wie getrocknete Pferdeäpfel. Mit denen kann man heizen. Dort herrscht das Prinzip der Geweihten-Teilung. Die Borongeweihten sind für Grimbald, die Efferdgeweihten sind für Katasir. Jeder sollte ein Stück Geweihten abbekommen. –Planung von Grimbald, Karl und Katasir.

Dann bricht der Treck weiter nach Westen auf. Der Krankenwagen wird in dem Ort zurückgelassen. Sie sollen hier von einem Medikus versorgt werden und nach ihrer Gesundung nachreisen. Es hat keine neuen Krankheitsfälle gegeben und es ist auch niemand mehr gestorben. Also ist Grimbald von seinem Krankendienst befreit. Delila und Isa stellen fest, das man auf einem schaukelnden Wagen nicht stricken kann.

Katasir ist wieder bei den Kundschaftern unterwegs. Er entdeckt im Wald auf einer Lichtung eine aufgegrabene Stelle zwischen den Wurzeln eines Baumes. Er schaut es sich genau an. Das Loch ist recht tief. Daneben findet er Spuren eines Kampfes und Blutspuren. Man scheint etwas ausgegraben zu haben und sich dann darum gestritten. Es scheint etwa drei Tage alt zu sein.

Also kehrt er zum Treck zurück und erstattet Bericht. Der diensthabende Kommandant fragt ihn aus und schickt ihn dann noch einmal dort hin, um die Umgebung zu untersuchen. Tatsächlich findet Katasir etwa 500 Schritt von dem Loch entfernt ein altes Lager. Dort liegen zwei Tierkadaver, denen man das Fell abgezogen hat. Streifendachse. Hier haben wohl Wildjäger gerastet. Als er das seinem Kommandanten meldet, winkt dieser ab. Das ist für den Treck nicht von Belang.

Dann kommt der Treck an einer Statue am Wegesrand vorbei. Sie stellt einen Goblin dar, der aber drei Köpfe hat. Alle Gesichter schauen traurig in die Gegend. Als erstes fällt die Katasir auf, der vor dem Treck reitet. Dann kommt natürlich auch der Rest des Trecks vorbei. Keiner kann sich die Bedeutung dieser Statue erklären.

Etwa drei Meilen später kommt der Treck erneut an einer Goblinstatue vorbei, die auch drei Köpfe hat. Sie hat die gleiche Größe wie die erste. Diese Gesichter lächeln. Es werden Vermutungen über ein Entfernungssystem für Goblinüberfälle angestellt. Katasir streift durch den angrenzenden Wald um dort nach Goblinspuren zu schauen. Er findet nichts. Auch an der Statue sind keine Spuren. Der Treck ist auch noch nicht im Bereich des gesuchten Goblinstammes.

Tamarak klopft an Stover Stoerrebrandts Wagentür und fragt den alten Händler, ob er aus seiner Bekanntschaft mit Goblins vielleicht etwas über diese Statuen weiß. Der schüttelt den Kopf. Sowas hat er noch nie gesehen. Er hatte diese Route ursprünglich auch nicht auskundschaften lassen, weil er sie nicht publik machen wollte. Er kann nicht weiterhelfen.

Dann sucht Tamarak die Anführerin der Botenreiter auf. Es gibt sicher in ihrer Truppe jemanden, der diesen Weg schon einmal benutzt hat. Die Hauptfrau hört sich die Frage an und meint dann, dass die Botenreiter diese Route eigentlich meiden, wegen der Goblins. Sie selber hat sie noch nie benutzt. Sie würde aber einmal unter ihren Untergebenen herumfragen, ob da jemand helfen kann. Tamarak bedankt sich und geht wieder auf seinen Posten.

Nach weiteren drei Meilen kommt der Treck wieder an einer Goblinstatue mit drei Köpfen vorbei. Diese Gesichter grinsen höhnisch. Auch diese Statue hat eine sehr ähnliche Größe und Statur wie die anderen beiden. Auch hier sind keine Spuren an der Statue zu finden. Die Leute kratzen sich inzwischen alle am Kopf, was das bedeuten kann. Katasir kommt die Gegend irgendwie bekannt vor. Tamarak fällt es auch auf. Sie tippen auf Zauberwerk und besprechen es mit den Freunden. Delila meint, dass sie abwarten wollte, bis die anderen auch drauf kommen, und lächelt.

„Kennst Du Dich mit sowas aus?“ fragt Tamarak.

Sie schaut nun die Statue an. „Was, mit im Kreis laufen?“

„Aber wir sind nicht abgebogen!“ betont Tamarak.

Nun schaut Delila betroffen. Sie guckt sich die Statue näher an und überprüft die Anwesenheit von Magie. „Das Ding ist magisch!“ meint sie.

In diesem Moment kommt Katasir von Hinten an den Treck und wieder zu der Statue. Er ist die drei Meilen schon mal vorweg geritten und nun wieder hier. Der Treck bewegt sich also auf jeden Fall im Kreis. Alles wird nun erst einmal angehalten, da es keinen Sinn macht, dass die Tiere weiter laufen, wenn man nicht voran kommt.

Delila untersucht die Statue nun mit einer Analyse der Magie. Bewegungsmagie nicht Gildenmagischen Ursprungs. Sie ist sehr fremd. Delila kann sie nicht einordnen.

Natürlich fragt Stoerrebrandt, was den Treck aufhält. Tamarak und Theodore erklären ihm, dass man nun schon wieder an der Goblinstatue ist und auch die gleichen Bäume und Büsche identifiziert hat. Das Standbild ist nach ersten Untersuchungen der Magierin verzaubert. Es macht keinen Sinn, weiter im Kreis zu laufen, bis diese magische Falle entschlüsselt ist.

Grimbald würde eigentlich die Statue mit seinem Hammer zertrümmern, aber er fühlt sich seit der Zeit im Krankenwagen etwas schlapp und hat auch einen Schnupfen. Alle schauen besorgt. Dann überlegen sie, ob es eine Art Zollstation ist. Aber es sind keine Goblinspuren weit und breit, die einen Zoll oder ähnliches fordern würden. Auch Rufen nützt nicht.

Tamarak beginnt nun mit der Statue zu experimentieren, die inzwischen den Stinkefinger zeigt. Er wendet einige Kraft auf und legt das Ding flach auf den Boden. Dann reitet er im Galopp die drei Meilen, bis er wieder hinter dem Treck auftaucht. Das hat also auch nicht geholfen. Dafür hat die Statue jetzt den Popo entblößt.

Man fragt die Geweihten nach ihrem Rat, aber auch die zucken nur mit den Schultern. Alle stehen da und bohren mit den Fingern in den Nasen. Der Hesindegeweihte findet das Ding zwar interessant, hat aber von sowas noch nie gehört. Er würde es gerne länger untersuchen.

Katasir reitet nun mal quer durch den Wald und taucht auf der anderen Straßenseite wieder auf.

Grimbald holt sich erst mal ein Bier und denkt dann weiter nach. Der Hesindegeweihte beginnt nun die Leute im Treck zu befragen, und sich Notizen zu machen. Die Leute haben alle die gleichen Beobachtungen gemacht, wie die Gruppe.

Auch die Kommandantin der Silberpfeile hat keine neuen Nachrichten für Tamarak. Sie hat zwar zwei Leute, die diesen Weg gelegentlich nehmen, aber die sind beide zurzeit unterwegs.

Die Option mit dem Hammer wird nun wieder aufgegriffen, da Umstürzen nicht hilft. Der Hesindegeweihte ist über die Gewaltanwendung entsetzt. „Das ist doch ein Kulturgut. Das muss man untersuchen.“

„Nun, wir können hier aber nicht so lange warten, bis Ihr in einigen Wochen damit fertig seid.“ Entgegnet Tamarak ihm. Er grummelt was.

Inzwischen hat Katasir versucht Richtung Osten aus dem Einflussbereich zu kommen, taucht aber nur im Westen wieder auf. Isa geht nun tatsächlich rückwärts, erreicht aber auch nichts. Auch genaues Betasten und Anschauen fördert nichts zu Tage. Die Statue weißt allerdings keine Verschmutzung oder Moosbewuchs auf. Aber auch verdrecken hilft nicht. Der Hesindegeweihte reinigt sie wieder. Dann wird die Statue auf einen Wagen geladen und mitgenommen. Aber nach drei Meilen erreicht man wieder den gleichen Platz mit den gleichen Bäumen und Büschen. Der Ausdruck der Statue wird nur immer obszöner, was die Darstellung des Hohnes angeht. Der Platz, wo die Statue sich vorher befunden hat, ist nun Magiefrei.

Jetzt reicht es Karl. Er holt sich einen großen Hammer und will dem Ding zu Leibe rücken. Der Hesindegeweihte will sich schützend davor werfen. Aber der Söldner bleibt hart.

„Es mag sich um Kulturgut handel, aber ich bin ein Banause!“ meint er nur und holt aus.

„Abladen!“ ruft Katasir. Karl hält inne. „Lass sie uns vorher von dem Wagen nehmen!“

Das sieht der Söldner ein und beide rollen das Objekt von dem Wagen auf den Weg und nun beginnt Karl mit aller Kraft auf die Statue einzuschlagen.

Isa versucht immer noch den Hesindegeweihten zu beruhigen, der jeden Schlag persönlich mitempfindet. Man kann hier doch nicht den Rest der Tage verbringen. Delila meint, man weiß ja nicht, was die Statue noch bewirkt, wenn man erst in ihrem Einflussbereich Nachtruhe hält oder so.

Tamarak hatte bereits angefangen, ein Loch zu graben, um die Statue zu vergraben. Als nun die Brocken fliegen, tragen sie die Teile zusammen und werfen sie in das Loch. Delila hatte inzwischen weitere Analysen gezaubert und die Struktur einer Globule ausgemacht. Sie entwickelt nun die Theorie, dass die Statue den ganzen Treck in eine Globule, eine eigene Welt, transportiert hat. Da heraus zu kommen, gibt es viele Möglichkeiten: Codeworte, Handlungen aber auch das Zerstören des Manifestationsgegenstandes kann helfen.

Als der erste Kopf abgeschlagen ist, bekommt die Statue weitere Risse. Karl schlägt weiter mit aller Kraft zu, bis er endlich den Punkt trifft, wo das ganze Machwerk sich zerlegt. In diesem Moment wird die Welt irgendwie heller und als der Zug nun weiter zieht, verändert sich endlich die Gegend wieder. Nur der Hesindegeweihte ist traurig.

Leider hat man nun heute nicht viel Strecke zurücklegen können, bis das Nachtlager aufgeschlagen wird. Stoerrebrandt ist über die Verzögerung alles andere als erfreut. Wer hat die Statue hier aufgestellt, um den Treck so aufzuhalten?

 

Der neunzehnte Tag

Als Isa am nächsten Morgen aus dem Wagen steigt, rutscht sie auf der Stufe aus und vertritt sich den Knöchel. Laufen fällt heute aus. Sie legt sich einen Stützverband an und hievt sich auf den Kutschbock.

Da kommt ein Page von Stoerrebrandt zu Theodore und bittet ihn zur Unterredung. Als der Alanfaner sich in der komfortablen Kutsche des Kaufmannes niedergelassen hat, beginnt dieser etwas zu druxen.

„Nun, wie soll ich es sagen? Ich habe jene Tinktur, mit der ich plane meinen Tod vorzutäuschen, verloren. Sie ist verschwunden!“

„Wo hattet Ihr sie denn?“

„Ich habe sie normaler Weise bei mir. Ich hatte mich aber, Aufgrund des Wetters, umgezogen und sie dabei auf das Fensterbrett der Kutsche gestellt.“

„Wie, wo genau habt Ihr sie hingestellt?“ fragt der junge Adlige nun etwas fassungslos.

„Ja, also, hier so habe ich sie hingestellt.“ Der Kaufmann hat den Vorhang des Seitenfensters bei Seite gezogen und zeigt nun auf einen kleinen Absatz außerhalb des Schiebefensters, wo man durchaus etwas wie ein Tinkturfläschchen hinstellen kann, was aber bei der Fahrt sofort herunter fallen muss.

„Aber das ruckelt. Das fällt beim Fahren doch sofort zu Boden!“ versucht der Alanfaner die blöde Situation zu beschreiben. „Ist doch logisch, oder?“

„Ja, es ist mir … im Nachherein … manchmal ist man in Gedanken und dann denkt man nicht mehr dran!“ windet sich der Kaufmann. „Nun benötige ich jemanden, der mal guckt, ob die Flasche irgendwo wieder auftaucht! Nicht das da irgendjemand die Tinktur gestohlen hat und dann etwas damit anstellt.“

„Es steht ja nicht drauf, dass eine „ich bin tot“-Tinktur ist, oder?“

„Glücklicher Weise nicht!“ gibt der Händler zu. „Aber jemand könnte neugierig sein und daraus trinken!“

„Dann haben wir demnächst mehrere Todesfälle!“ kann Theodore sich den Scherz nicht verkneifen.

Stoerrebrandt verzieht das Gesicht. „Super! Wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich das gerne vermeiden!“

„Ja, soll ich jetzt den ganzen Treck durchsuchen?“ Theodore bekommt einen leicht genervten Tonfall.

„Auf jeden Fall wäre es mir lieb, wenn Ihr zumindest die Augen aufhaltet!“ schlägt der Händler vor.

„Klar, aber wenn die Leute es ausprobieren und dann leider umfallen, ist leider doof!“ rechtfertigt Theodore ein schon vorhersehbares Scheitern. „Dann ist das Zeug verbraucht und der Plan fällt aus!“

„Ich bin jetzt nicht bereit darüber zu diskutieren!“ Stoerrebrandt wird nun kratzig. „Ich möchte Euch nun bitten einmal …“

„Ja, natürlich!“ unterbricht Theodore den Händler ebenfalls genervt. „Ich werde die anderen unterrichten und wir werden sehen, was wir tun können.

„Danke!“  Stoerrebrandt lässt das Wort regelrecht herausperlen.

„Wann ist das denn passiert?“ fragt Theodore nun nach.

„Nun, kurz nach dem Aufbruch!“ erklärt der Händler jetzt wieder ruhig. „Also, wann genau, kann ich nicht sagen. Ich hatte mich nach dem Frühstück in meine Kutsche zurückgezogen und meine Kleider gewechselt. Dabei ist es passiert.“ Er scheint nun dringend zu erwarten, dass der Alanfaner endlich zur Tat schreitet, anstatt weiter auf der peinlichen Situation herumzudrücken.

„Aber ja. Natürlich werden wir die Augen offen halten und sehen, ob irgendwas passiert, oder ob jemand das Ding irgendwo am Gürtel hat. Und dann schauen wir mal.“ Theodore klingt nicht vom Erfolg der Aktion überzeugt. Er verabschiedet sich und klettert aus dem Wagen.

Es handelt sich um eine Phiole aus Kupfer, die am Korken mit einem Wachsrand versiegelt ist. Das Frühstück ist jetzt etwa zwei Stunden her. Wenn es einfach herunter gefallen ist, ist der Treck längst daran vorbei gezogen.

Als Theodore im Wagen der Gruppe Delila und Grimbald davon erzählt, überlegt die Zauberin, wer denn am besten mit einem Pferd zwei Stunden zurückreiten kann, um dort im Matsch nach der Flasche zu suchen. Da fallen ihnen die drei Sammler am Ende der Trecks ein, die ja für genau solche Missgeschicke dort eingeteilt sind. Theodore verständigt nun Tamarak, der ja neben Stoerrebrandts Kutsche Wache hält, ob er nicht mal zum Treckende nach der Pulle schauen kann. Der Krieger macht sich gleich auf den Weg.

Als der Krieger den letzten Wagen passiert, kann er die drei Jungen mit ihren Wagen etwas zurückgeblieben stehen sehen. Sie habe wohl gerade etwas gefunden, was sie inspizieren. Er reitet zu ihnen hin und sieht, dass ausgerechnet in diesem Moment einer der Burschen die Kupferflasche entkorkt hat und an die Lippen setzt.

„Stopp!“ ruft der Krieger noch, aber es ist zu spät. Der Junge hat den Inhalt bereit in seinen Mund geschüttet und glotzt nur erschrocken.

„Halt ein, das ist Gift!“ ergänzt Tamarak seine Rede. Da fällt der Junge auch schon um und bleibt regungslos liegen.

Der Krieger spring von seinem Pferd und gibt den beiden anderen erschrocken blickenden Jungs Backpfeifen. „Ihr sollt die Sachen auflesen und nicht ausprobieren!“ brüllt er sie an.

„Ja, Herr, es tut uns leid!“ stammelt der eine. „Wir dachten das wäre …“

„Ja, unsere Zauberin hat ihr Todesgift … Oh, Mann. Ich werden ihn am besten sofort zur Zauberin trage, vielleicht kann sie noch irgendwas unternehmen!“ Er greift den leblosen Jungen am Kragen und begutachtet das Fläschchen. Es ist leer. Mit einigen wütenden Verwünschungen auf den Lippen packt er den Jungen über den Sattel, steckt die Phiole ein.

„Lasst Euch das eine Lehre sein!“ schimpft er die beiden verbliebenen Jungen noch einmal und verteilt eine zweite Runde Backpfeifen. Dann sitzt er hinter dem Körper auf und reitet zurück zum Wagen der Gruppe.

Auf sein Klopfen wird aber nicht geöffnet. Dafür dreht sich Isa vom Kutschbock herunter um und ruft: „Hallo, was ist das denn?“

Tamarak ist genervt: „Wo ist Delila?“ fragt der die Dienerin.

„Ich habe keine Ahnung. Was habt Ihr denn da?“

„Einen magischen Unfall!“ Tamarak schaut sich zwischen den Wagen um, ob die Zauberin sich gerade die Beine vertritt oder am Waldrand privates erledigt. „Ich brauche die Zauberin! Wo ist die Zauberin!“ Er klopft erneut an die Wagentür.

Isa schaut immer noch von oben herunter. „Bringt ihn doch mal her!“ Sie rutscht von der Sitzbank in den Fußraum des Kutschbockes und versucht zu dem quer über dem Pferd liegenden Jungen zu greifen. Sie kann die Haare greifen und den Kopf anheben. Der sieht tot aus.

„Ja, der ist tot!“ stellt sie trocken fest.

„Kann sein!“ zischt Tamarak und funkelt die neugierige Dienerin böse an. Er lenkt sein Pferd vom Wagen weg.

„Und was soll die Zauberin da noch tun?“

„Die kann da bestimmt was unternehmen!“ versucht der Krieger abzulenken. „Ich bin da ganz zuversichtlich.“

„Sie ist Nekromantin?“ Isa schaut beunruhigt zu dem Kutscher hin. Der bekommt große Augen.

„Quatsch, der ist noch nicht tot!“ Tamarak schaut sich Hilfe suchend nach der Magierin um.

„Könnt Ihr mir kurz mal helfen?“ wendet Isa sich an den Kutscher. Der sitzt allerdings steif da und wispert nur „Nekromantin?“ Isa zieht sich an dem Mann wieder auf den Sitz.

„Ach Blödsinn!“ schimpft Tamarak. „Der ist nicht tot.“

„Ach komm. Mach das tote weg da. Begrab den!“ will Isa den Krieger wegschicken.

„Der ist nicht tot. Erzähl doch nichts.“ Tamarak wird nun ärgerlich über das gleichgültige Gerede der Dienerin.

„Ich weiß ja wohl noch, wie ein Toter aussieht!“ schimpft die nun zurück.

Tamarak wendet nun sein Pferd weg und reitet los, um Delila zu suchen. Isa schaut noch hinterher und wendet sich dann wieder an den starr vor Schreck dasitzenden Kutscher.

„Keine Sorge, ich beschütze Euch!“ tätschelt sie ihm die Hand.

Gerade will Tamarak los um den Waldrand nach Delila abzusuchen, da öffnet sie doch die Wagentür. „Was ist denn los?“ fragt sie verschlafen.

Tamarak packt den Jungen am Hosenbund und reicht ihn in den Wagen.

„Was hat er gemacht?“ fragt Delila mit großen Augen.

Tamarak bindet sein Pferd hinten an den Wagen und springt mit hinein. Dann erklärt er der Magierin und dem Zwerg, dass der Junge das Tonikum gefunden und getrunken hat.

„Er wird also in 20 Stunden wieder aufwachen.“

„Dann legen wir ihn hier hin und warten!“ Delila zuckt mit den Schultern.

„Am besten machst Du irgendwas Magisches, das die Wirkung aufheben könnte. Ich habe allen erzählt, es wäre Dein Fläschchen gewesen.“

„Ja, kein Problem.“ Sie legt den Jungen hin und deckt ihn zu, als ob er schläft. „Ja, ja, Zaubertränke sind halt nichts für Kinder. Von Astraltränken fallen normale Leute halt in ein tiefes Koma!“

„Und ist denn von dem Tonikum noch was übrig? Kann man es mal untersuchen?“ fragt Grimbald.

„Nein, er hat alles ausgetrunken. Weg alle. Vorbei!“

Alle stöhnen.

Draußen auf dem Kutschbock fragt Isa, ob der Kutscher schon mal was mit Nekromanten zu tun hatte, weil er so beunruhigt guckt. Ob er Maraskaner ist.

„Nein, Nekromanten sind doch böse Leute, die aus den Schwarzen Landen kommen!“ stottert der.

„Ja, wir sind in der Nähe der Schwarzen Lande!“ überlegt die Dienerin im Plauderton.

Als Tamarak nun wieder aus dem Wagen kommt und auf sein Pferd steigt, wendet er sich an die beiden Personen auf dem Kutschbock.

„Ich kann Euch übrigens beruhigen. Die Zauberin hat gesagt, es wäre ihr Astraltonikum gewesen. Und wenn eine unmagische Person davon trinkt, fällt sie in ein tiefes Koma. Das kriegt man aber geregelt.“

„Ganz ehrlich, Tamarak, ich weiß wenn jemand tot ist!“ stellt Isa fest.

Der Krieger schaut die Dienerin verständnislos an. „Dann musst Du das mit Delila besprechen!“

„Ich werde jetzt nicht vom Kutschbock springen und nach hinten humpeln!“

„Dann musst Du mit dieser Auskunft leben!“ Damit reitet der Krieger davon.

Isa wendet sich wieder zu dem Kutscher um. „Ich beschütze Euch immer noch, wenn Nekromanten kommen.“

„Was für Nekromanten!“ kommt es jetzt von der anderen Seite. Theodore hat seine Suche zwischen den Wagen aufgegeben und kommt gerade zurück.

„Tamarak hat einen toten Jungen gefunden. Ich habe ihm jetzt mehrmals gesagt, der ist tot. Er sagt, der hatte einen magischen Unfall. Und da konnte ich nichts tun. Und jetzt war hier die Frage, ob hier Nekromanten sich hier eventuell angeschlichen haben. Wir sind ja in der Nähe der Schwarzen Lande.“ Berichtet sie ihrem Herrn. „Aber Delila sagt, sie kann da noch was machen. Wobei das würde bedeuten, dass sie Nekromantin ist! Das beunruhigt mich jetzt doch ein wenig.“

Der Kutscher neben ihr ist kreidebleich, starrt mit weit aufgerissenen Augen nach vorne und hält die Zügel krampfhaft fest.

„Magst Du eventuell den Borongeweihten informieren?“ redet Isa weiter.

Theodore schaut den Mann, der auf seiner Seite des Wagen sitzt, an. „Ihr braucht keine Angst zu haben.“ Versucht er den Mann zu beruhigen. „Es gibt hier keine Nekromanten!“

Der Mann nickt nur verkrampft. Dann begibt sich auch Theodore in den Wagen und schaut Delila und Grimbald fragend an.

„Was ist denn passiert?“

„Er hat Stoerrebrandts Trank getrunken!“ antwortet Delila trocken.

„Herrje!“ stöhnt der Alanfaner. Er klettert wieder aus dem Wagen zu Isa auf den Bock und schaut sie streng an. Die Moha liest in seinen Gedanken und meint nur: „Oh, ich verstehe. Warum hat er das nicht gesagt?“

Theodore versucht dann noch etwas, den verstörten Kutscher wieder zu Vernunft zu bringen. Er wird dort wohl keinen Erfolg haben.

 

Tamarak ist inzwischen wieder zu Stoerrebrandts Kutsche aufgeschlossen und klopft dort. Als er eingelassen wird, berichtet er, dass er einen der drei Aufsammel-Buben dabei erwischt hat, wie der gerade die Flasche gelehrt hat.

„Es ist sehr ärgerlich. Ich war leider einen Augenblick zu spät, um er zu verhindern!“ Damit überreicht er dem Kaufmann die Flasche. „Ich habe jetzt behauptet, es wäre eine Flasche der Zauberin. Sie soll mal den magischen Unfall wieder beheben. Sie wird behaupten, dass es einer ihrer Astraltränke war, der bei Nichtbegabten eine tiefe Ohnmacht verursacht. Sie wird das regeln.“

„Sowas gibt es?“ wundert sich Stoerrebrandt.

„Hätte ich eine andere Geschichte erzählen sollen?“ fragt Tamarak den Händler.

„Äh, ach so. Nein. Tatsächlich gibt es sowas nicht, was Ihr gerade erzählt habt?“

„Ich habe keine Ahnung!“ Tamarak zuckt die Schultern. „Das hat die Zauberin mir so erklärt.“

Dann klopft Theodore an Stoerrebrandts Tür.

„Es tut mir leid, dass es zu spät gewesen ist!“ beginnt er sofort.

„Ja, natürlich sehr ärgerlich, dass das Fläschchen aufgetaucht ist!“ antwortet der Händler.

„Ja, aber Ihr wisst ja, dass alles aufgesammelt wird!“ belehrt der Alanfaner ihn.

„Es hätte ja auch in den Dreck getreten worden sein können, dann hätte es keiner gefunden!“ meint Tamarak.

„Ja, klar, aber wenn die Jungs das aufsammeln!“ beginnt Theodore.

„Und es auch noch aufmachen!“ fügt Tamarak hinzu.

Das sie es aufmachen und trinken, kann ja keiner ahnen. Das sollen sie natürlich nicht machen!“ pflichtet Stoerrebrandt bei.

„Nein, ich habe ihnen auch Backpfeifen gegeben!“ berichtet Tamarak.

„Wenigstens etwas!“ freut sich Stoerrebrandt.

„So, damit ist Euer Plan nun ja eindeutig hinfällig, oder?“ will Theodore wissen.

„Nein!“ stellt der alte Händler fest und lehnt sich zurück. „Nein, mein Plan ist natürlich nicht hinfällig. Natürlich habe ich mit sowas gerechnet und besitze ein zweites Fläschchen!“

„Der kluge Mann ist vorbereitet!“ muss Tamarak anerkennen.

„Tut es bitte irgendwo hin, wo es keiner findet und es auch aus keiner Hosentasche fallen kann!“ wünscht Theodore sich. „Geschweige denn aus Kutschenfenstern fallen kann!“

„Das habe ich vor!“ betont Stoerrebrandt. „Das war mit durchaus eine Lehre!“

„Wie gesagt, der weise Mann baut vor!“ freut sich Tamarak. „Dann ist ja alles gut. Dann kann ja alles wie geplant stattfinden.“

„Ja, das kann es. Hoffentlich fällt es nicht all zu stark auf, was da passiert ist!“ meint nun Stoerrebrandt.

„Nun, ich hoffe, dass die Ausrede, die wir verbreitet haben bei den Leuten eine gewisse Erklärung liefert und keiner sich weiter Gedanken macht!“ hofft Tamarak.

 

Katasir läuft am Nachmittag etwas abseits des Trecks und hört eine Frau nach einem „Nujef!“ rufen. Er reitet zu ihr hin. Es ist eine ältere Magd mit Kopftuch. Als er sie anspricht, erklärt sie, dass sie ihren Sohn sucht.

„Und wo habt Ihr ihn als letztes gesehen?“ fragt er sie.

„Er war als einer der Aufsammler am Ende des Trecks eingeteilt. Man sagte mir, er ist tot,“ erzählt sie mit zitternder Stimme. „weil er Gift getrunken hätte!“

„Und was ist dann passiert!“ fragt Katasir neugierig.

„Man sagte, dass wohl die Magierin etwas machen könnte. Aber bis jetzt weiß ich nicht, welche Magierin sie gemeint haben können.“

Katasir überlegt, ob es noch eine andere Magierin geben könnte, als Delila. Dann beruhigt er die Frau, dass er sich um die Sache kümmern werde. Sie solle möglichst an dieser Position im Treck bleiben. Wenn er ihren Sohn gefunden hat, sagt er ihr Bescheid. Damit reitet er zum Wagen der Gruppe.

 

Isa lässt sich von Theodore vom Kutschbock helfen. Ihr Fuß tut ihr nun doch mehr weg. Als der sie in den Wagen trägt, wundert sich Delila, warum sie mit dem Fuß nicht zu ihr gekommen ist. Da kann man doch was machen.

„Ach, habe ich versucht. Hat nicht funktioniert!“ murmelt sie mit einem verlegenen Blick zu Theodore.

„Ja, aber ich kann doch was machen!“ Delila schaut die Dienerin verwundert an. Theodore hat genug von dem Frauenkram und geht mal wieder.

„Du, Delila!“ stupft Isa die Zauberin an, die gerade dabei ist, die magischen Fäden zu weben, um einen Heilzauber zu wirken.

„Was ist denn?“ fragt Delila, die sich unterbrochen fühlt.

„Behältst Du es für Dich?“ Isa guckt verlegen. „Das ich schon geheilt bin!“

Delila will sich gerade wieder auf den verstauchten Fuß konzentrieren, da bemerkt sie, dass es keine Verstauchung mehr gibt.

„Hast es ja doch selber hinbekommen!“ wundert die Magierin sich.

„Och, ich finde es mal ganz schön, wenn die Rollen anders verteilt sind und er sich so schön kümmert!“ druxt die Moha.

„Gut, dann kannst Du Dich hier gleich neben unsern Komapatienten legen und ausruhen.“ Meint Delila und dreht sich zur Tür um, wo gerade wieder geklopft wird.

Katasir kommt rein und fragt nach dem Jungen, den seine Mutter vermisst.

„Ist er hier bei Euch gelandet?“

„Ja, dort, gleich neben Isa!“ Delila zeigt auf das eine Bett. „Der liegt dort und schläft sich aus.“

„Gut. Im hinteren Teil des Trecks macht nämlich schon das Gerücht die Runde, dass er tot ist!“ erklärt Katasir.

„Quatsch. Der ist doch nicht tot.“ Winkt Delila ab.

„Herrgott, der sieht nur richtig tot aus. Der schläft. Der hat ein Schlafgift getrunken!“ mischt Grimbald sich jetzt ein, der auf der anderen Liege Ruhe zu bekommen versucht. „Einen Schlaftrank, den irgendeiner im Treck trinkt, weil er nachts nicht schlafen kann! Er hat sich eine Überdosis eingeworfen und nun schläft er 20 Stunden! Habt doch mal ein bisschen Phantasie, Menschen!“

„Ich lass mich nicht gerne verarschen!“ meint Katasir schnippisch zurück.

„Hach, jetzt gehe ich erst mal aus dem Wagen raus.“ Grimbald springt auf. „Also, wen soll ich davon unterrichten?“ fragt er. „Die Mutter? Bring mich zu der Mutter!“ Grimbald und Katasir gehen.

„Es tut mir leid. Der Kutscher denkt nun, Du bist eine Nekromantin!“ gesteht Isa. „Weil, Tamarak hat nicht vernünftig mit mir geredet! Der hat gesagt, der hat einen magischen Unfall! Daraufhin habe ich geguckt und habe gesagt, der ist tot. Und er sagte, Du kannst da noch was machen!“

„Ja, ihn ausschlafen lassen!“ unterbricht Delila den Redeschwall der Dienerin.

„Er hat mir nicht verraten, dass …“

„Das kommt davon, wenn man einfach irgendwelche magischen Tränke trinkt. Trinkt man goldene Fläschchen? Nein!“

„Jetzt weiß ich das auch!“ versucht Isa sich zu verteidigen.

 

Als Katasir die Magd zwischen den Wagen gefunden hat, steuert Grimbald sie direkt an.

„Euer Sohn schläft!“ verkündet er der erschrockenen Frau. „Einen sehr tiefen Schlaf!“ Der Zwerg berichtet der Frau nun, dass ihr Sohn einen sehr großen Schluck von einem Schlafgift getrunken hat und nun in einem sehr tiefen Schlaf gefallen ist.

„Aber keine Sorge, er wird jetzt nur lange sehr tief schlafen! Aber, wie Ihr wisst, kenne ich mich mit der Versorgung von Kranken aus. Ich habe mich des Jungen angenommen und werde mich kümmern. Momentan ist er bei der Magierin. Sie passt auf ihn auf. Ich wollte Euch nur unterrichten, dass Ihr Euch keine Sorgen machen müsst. Ich befürchte, er wird tierische Kopfschmerzen haben, wenn er aufwacht.“ Dann lächelt Grimbald die arme Frau mit einem so vertrauenserweckenden Lächeln an, dass sie sich gleich beruhigt und ihre Miene sich sofort erhellt.

„Wenn er aufwacht wird er starke Kopfschmerzen haben. Deshalb solltet Ihr ihm auch den Hintern versohlen, weil er einfach irgendwelche Tränke trinkt, anstatt eine Ohrfeige zu geben.“

„Ich bin nur froh, dass es ihm gut geht, und er in guten Händen ist.“ Wispert die Frau. Grimbald drückt ihr noch mal die Hand und geht dann wieder zurück.

 

Theodore hat Karl aufgesucht, der sich schon skeptisch nach dem Wagen der Gruppe umgeschaut hat.

„Momentan ist es gerade ruhig! Aber es gehen ein paar unschöne Gerüchte um, die ich Euch gerne erklären möchte!“ beginnt Theodore. „Unsere Magierin ist eine Nekromantin und ein Junge ist tot! – Aber nichts von beidem stimmt.“

Karl schaut den Alanfaner lange an.  

„Der Junge hat den Scheintot-Trank von Meister Stoerrebrandt getrunken!“ erklärt Theodore. Dann berichtet er von Stoerrebrandts Missgeschick mit der Flasche und dem unglücklichen Zufall, der den Jungen den Inhalt just in dem Moment trinken lassen hat, als Tamarak ihn entdeckt hat. Aber Stoerrebrandt hat noch einen weiteren Trank. Der Plan wird also stattfinden.

Karl schüttelt immer wieder zwischendurch den Kopf über die ganze Geschichte.

„Jetzt, wo man das alles weiß hat man wenigstens was, worüber man sich aufregen kann, während man so Wache schiebt!“ meint er schließlich und bedankt sich für Theodores Erklärung.

 

Nachdem er so erfolgreich die Mutter beruhigt hat, kehrt Grimbald in den Wagen zurück und erzählt die von ihm verbreitete Geschichte auch hier. Delila ist zufrieden. Und Isa bewundert die Ausredenfähigkeit des Zwerges.

 

Schließlich hält der Treck zum Nachtlager. Gleich macht Grimbald sich wieder auf den Weg zur Mutter des schlafenden Jungen und berichtet ihr, dass der Sohn noch immer schläft, sich aber in guten Händen befindet. Möglicher Weise ist er am Morgen wieder in Ordnung.

 

Der zwanzigste Tag – fünfzehnter Reisetag

Der nächste Tag beginnt mit einem Gewitter und richtigem Starkregen. Als der Treck sich trotzdem rüstet, ist aber kein Kutscher bereit, den Wagen der Gruppe zu fahren. Erst versucht Isa, ob sie das Gespann bewegt bekommt, scheitert aber.

Grimbald hat inzwischen den gerade erwachten Jungen aus dem Wagen gezogen und schleppt ihn nun mit lautem Schimpfen zu seiner Mutter.

„Hast Du jetzt begriffen, dass man nicht alles trinkt, was irgendwo herumliegt?“

„Ja, Herr, ich habe daraus gelernt.“ Versichert der Junge.

„Man kann doch nicht einfach irgendeinen Schlaftrunk trinken. Kann er denn nicht lesen!“ Der Zwerg wird immer lauter, dass der ganze Treck ihn hören kann. „Los, dann geh zu Deiner Mutter!“ entlässt Grimbald ihn.

Der Junge läuft zum Wagen der Magd, die ihn in ihre Arme schließt. Sie bedankt sich bei Grimbald, der dann stolz zum Wagen zurück stolziert.

Karl hat sich inzwischen bereiterklärt, den Wagen der Gruppe zu fahren. Als er nun Grimbald trifft, der gerade zu Meister Stoerrebrandt will, um ihm von der Genesung des Jungen zu erzählen, schlägt er ihm vor, dem Herrn doch zu empfehlen, dass er die zweite Flasche in ein anderes Behältnis umfüllt, damit niemand, der ein gleiches Fläschchen zufällig bei ihm findet, auf die Idee kommt, das es etwas miteinander zu tun haben könnte. Grimbald meint, er solle lieber mitkommen und selber mit ihm sprechen. Er weiß nicht, ob der nicht beim Anblick des Zwerges in Wut gerät. So stapfen sie beide zur Bornstolz rüber.

Tatsächlich werden beide eingelassen und Meister Stoerrebrandt ist auch erst mal höflich.

Grimbald fängt an: „Meister Stoerrebrandt, auf ein Wort. Irgendwie ist das Gerücht in die Welt gesetzt worden, wir hätten einen Nekromanten bei uns, was mit Sicherheit für Unruhe im Treck sorgen könnte!“

„Ach, tatsächlich!“ nun wird der alte Händler hämisch.

„Ja, tatsächlich!“ stellt Grimbald sachlich fest.

„Ist Euch das auch schon zu Ohren gekommen?“ fragt Stoerrebrandt herausfordernd.

„Ja, tatsächlich haben wir nun herausbekommen, das der Junge einen Schlaftrunk getrunken hat, den irgendjemand verloren hat unterwegs. Und das er deshalb in tiefen Schlaf gefallen ist. Er ist jetzt wieder wach und bei seiner Mutter.“

„Sehr schön!“

„Aber vielleicht wäre es gut die Leute noch einmal alle zusammen zu rufen, besonders die Kutscher das abergläubische Dreckspack, und sie davon zu unterrichten, dass hier keine Nekromanten sind, bevor es zu Unruhe im Treck führen könnte und noch mehr Kutscher sich absetzen.“

Soviel mir bekannt ist, wollen die Kutscher nur den Wagen nicht bewegen, in dem Eure Magierin drin ist!“ unterbricht der Händler den Zwerg. „Weil einer Eurer Leute erzählt hat, dass sie einen Toten wiedererwecken kann!“

„Aber es wäre mir doch vielleicht lieber …“

„Vielleicht solltet Ihr alle, wie Ihr da seid, vorher einmal überdenken, was Ihr sagt in Anwesenheit von solch abergläubischem Volk!“ schimpft der Kaufmann nun los. „Das kann doch nicht sein, dass Ihr mit einem Toten quer durch den Treck reitet.“

„Ich habe sie dafür auch alle schon zusammengeschissen. Das nächste Mal könnt Ihr mir so ein Problem überlassen. Aber Ihr solltet bitte vorher für Disziplin sorgen, bevor jemand darauf kommt, der Magierin ein Messer in die Rippen zu jagen.“

„Ja, ich bedaure es auch schon einige von Ihnen angeheuert zu haben!“

„Ja, kann ich verstehen!“

„Ich meinte Euch, zum Beispiel!“

„Das kann ich nicht verstehen, aber ist ja auch egal!“ würgt Grimbald das Thema ab. „Denkt über meine Wort nach, könnte sinnvoll sein, bevor es zu Blutvergießen kommt!“ schließt er und verzieht sich mit einer Verbeugung.

Karl schaut noch einen Augenblick irritiert hinterher.

„Und was kann ich für Euch tun?“ fragt der Händler den Söldner nun mit einem tiefen Seufzer.

„Ich hätte gerne eine Gehaltserhöhung!“ meint dieser trocken.

„Ihr wollt bitte was?“

„Mehr Geld. Aber das wäre nur einer der Teile!“ fährt der Söldner ungerührt fort. „Ich nehme an, dass Ihr Ersatz habt für diesen Zwischenfall mit dem Fensterbrett?“

Der Händler nickt.

„Könnte es sein, dass der exakt so aussieht, wie die andere Phiole?“

„Ja, das könnte sein!“ gibt Stoerrebrandt zögernd zu.

„Ich meine ja nur, es ist jetzt ein Problem aufgetreten. Jemand hat mitbekommen, dass es wohl Schlafgift gewesen sein soll. Als eigentlich alle Leute.“

„Ach was, tatsächlich! Schön, dass ihr mir das mitteilt. Wäre mir gar nicht aufgefallen, bei dem Geschrei des Zwerges!“ Stoerrebrandt wird nun wieder lauter.

„Und ich meine, Eurer Plan wird grandios scheitern, sollte jemand genau so eine Phiole in Eurer Nähe finden und meint, Ihr müsst das nur gut ausschlafen.“

„So wie ich die Sache jetzt sehe, ist es in der Tat nicht super, wenn man die Phiole bei mir findet. Dennoch muss die Tinktur dunkel gelagert werden!“ fasst der Händler zusammen. „Ich brauche dann ein anderes Gefäß, was ich entsprechend verschließen kann. Natürlich werde ich jetzt nicht irgendwo hingehen und mir eines ordern. Und schon gar nicht über meine Bediensteten.“

„Wie ich eingangs erwähnte, hätte ich gerne mehr Geld!“ schließt Karl seinen Besuch und macht sich Richtung Tür auf.

„Ihr bekommt exakt das, wofür Ihr eingestellt worden wart!“ brummt Stoerrebrandt und zieht die Tür nach dem Söldner wieder zu.

 

Als Grimbald wieder beim Wagen der Gruppe auftaucht, den Isa inzwischen in Gange bekommen hat, meint er nur trocken: „Stoerrebrandt hält Euch alle für Idioten!“

Die Anwesenden, Delila, Theodore und Tamarak schauen ihn an.

„Ja, hat er gesagt. Ihr seid Idioten! Liegt wohl an der Geschichte mit dem Jungen und den Nekromanten. Weil Du mit dem toten Jungen durch die Gegend geritten bist!“ meint er zu Tamarak.

„Aber der war doch gar nicht tot!“ wehrt sich Tamarak

„Ja, das haben alle gedacht!“ antwortet der Zwerg.

„Ja, wer hat denn davon erzählt?“ Tamarak schaut sich um.

Alle schütteln die Köpfe. Grimbald meint, er wollte das nur ausrichten. Nicht das man sich wundert, wenn es kein Geld gibt.

„Mehr als die 100 Dukaten, die wir bekommen haben, kriegen wir nicht!“ stellt Delila resigniert fest. Tamarak stimmt ihr zu.

„Ich glaube er mag Euch nicht!“ meint Grimbald.

Theodore versucht Grimbald zur genauen Wiedergabe der Rede anzuhalten. Er kann nicht glauben, dass der Handelsherr solche Worte benutzt. Natürlich leugnet Grimbald das, was den Alanfaner ärgerlich macht.

Karl kommt kurz in den Wagen und erzählt, dass man ein undurchsichtiges Fläschchen als Ersatz für die zweite Messingphiole suchen sollte. Dann geht er raus und setzt sich zu Isa auf den Kutschbock.

 

Katasir hat weit vor dem Treck einen Steinschlag ausgemacht. Das Gewitter hat hier einige große Brocken herunter geholt. Er kann aber auch die Gestalten von zwei Goblin ausmachen, die in den Bergen auf Wache zu sein scheinen. Schnell reitet er zur Meldung zurück. Als er seinem Hauptmann die Meldung überbringt, lässt der den Treck halten.

Theodore will die Gelegenheit nutzen, um mit Stoerrebrandt zu reden. Karl geht mal schauen, was denn der Grund für den Halt ist. Er geht sich die Sache mal anschauen. Gerade jetzt brechen die Wolken auf und die Sonne lässt sich seit langer Zeit wieder blicken. Leider fallen die Sonnenstrahlen auf den Steinschlag, der eindeutig vom Gewitter ausgelöst wurde. Das Räumen wird den Rest des Tages dauern. Also wird das Lager aufgeschlagen. Durch die Felsenschlucht ist die Gefahr eines Überfalls besonders groß. Man verstärkt heute Nacht die Wachen.

 

Theodore überreicht Stoerrebrandt als erstes die Ersatzflasche.

„Ja das wird gehen!“ meint er kühl.

„Ist irgendetwas?“ fragt Theodore ihn nun.

„Ehrlich, Ihr wollt wissen, was los ist?“ Stoerrebrandts Stimme wirkt geradezu gefährlich. Dennoch wagt Theodore mit „Ja!“ zu antworten.

„Es ist sehr schwierig mit einigen der engagierten Leuten in diesem Treck zu arbeiten.“ Stellt der nun fest.

„Ist das bei so vielen Leuten nicht normal?“

„Gerade die, die ich für spezielle Aufgaben angestellt habe, machen mir das Leben schwer!“

„Zum Beispiel?“ Theodore will es wissen.

„Zum Beispiel der Zwerg, Eure Nekromantin!“

„Sie ist keine Nekromantin!“

„Das wisst Ihr und ich. Aber die Kutscher sind davon überzeugt.“ zählt der Kaufmann auf. „Wie kann man mit einem Kind quer über dem Pferderiss quer durch den ganzen Zug reiten. Wie kann man, wenn ein Kutscher daneben ist, sagen, er ist tot – und die Magierin macht das schon! Ich meine ganz ehrlich, wie weit denken Eure Leute nach? Ich bin drauf und dran, den Vertrag mit Euch zu lösen!“

„Da kann ich Euch nicht aufhalten. Aber natürlich passieren Fehler. Und vielleicht denkt man nicht immer gleich nach!“

„Ich habe nichts gegen kleine Fehler. Aber das was Ihr hier macht, ist unglaublich! Also ich habe selten solches Personal engagiert.“

„Ich habe selber erst später davon gehört. Ich hatte die ganze Sache nicht wirklich mitgekriegt. Ich hatte nur Bescheid gesagt, sie sollen nach der Phiole gucken. Alles andere ist dann leider so passiert, wie es passiert ist.“

„Ich kann den Kutschern nicht verdenken, dass sie Euren Wagen nicht fahren wollen! Ich kann beim besten Willen…“ Stoerrebrandt sucht nach den Worten. „Es muss sich bei Euch was ändern.“

„Dann solltet Ihr vielleicht alle mal zusammenrufen! Der Zwerg zum Beispiel erzählt rum, Ihr hättet gesagt, wir wären alle Idioten!“

„Ich habe natürlich nicht gesagt, dass Ihr alle Idioten wäret. Ich habe dem Zwergen klar zu verstehen geben wollen, dass ich ihn für inkompetent halte.“

„Das sieht er, glaube ich, nicht so!“

„Ach, wenn das schon so ist, was soll ich denn davon halten!“ Stoerrebrandt versucht ruhig zu bleiben, obwohl seine Stimme immer wieder bebt. „Also, noch so ein Ding und das war´s! Ich habe keinen Bock mehr darauf. Mir steht das bis hier!“

„Wenn Ihr meint, dass Ihr ohne uns klar kommt, dann müsst Ihr uns gehen lassen!“ schlägt Theodore vor. „Ich kann Euch nicht aufhalten. Ich kann nur sagen, dass diese Fehler passiert sind. Wir alle haben versucht, dass dies möglichst glimpflich…“

„Glimpflich, glimpflich?“ Stoerrebrandts Stimme überschlägt sich nun.

„Wir haben es versucht. Ich habe mit dem Kutscher geredet, als ich davon erfahren habe. Ich kann nichts dafür, dass es sich so verselbstständigt.“

„Doch. Ihr könnt vorher nachdenken, was Ihr sagt! Anstatt einfach drauflos machen!“

„Was sollen wir denn anderes machen, als nach der Phiole zu suchen?“ Theodore wird nun ärgerlich. „Das ist alles nur passier, weil Ihr nicht aufgepasst habt. Ich weiß, es war ein Versehen. Nichts desto trotz sind ein paar dumme Missgeschicke passiert. Aber ich habe Euch gesagt, ich kann da nichts für! Und wir haben versucht es einzudämmen! Mehr kann ich nicht tun! Wollt Ihr nicht mehr mit uns zusammen arbeiten, dann löst es hiermit. Aber lasst es nicht immer nur an einer Person aus. Redet mit allen zusammen! Ich habe gesagt, sie sollen nach der Phiole suchen. Alles andere hat sich verselbstständigt. Ihr habt sie fallen lassen!“

„Ja, das war mein Fehler!“ gibt der Händler zu. „Aber wäre das danach…“

„Wäre das nicht passiert, wäre auch alles andere nicht passiert!“

„Ja, dann bringt doch Eure Leute her!“ meint Stoerrebrandt herausfordernd.

„Mache ich!“ Damit verlässt Theodore wütend die Kutsche und sucht die einzelnen Gruppenmitglieder zusammen. Und obwohl er sich mehr um die Wacheinteilung Sorgen macht, muss auch Grimbald mit. Theodore zerrt sogar Katasir von seinem Vorposten weg. Isa ist als erste an der Bornstolz angekommen. Als sich die anderen nach und nach versammeln, überlegen alle, was denn nun kommt.

„Hast Du mit ihm geredet?“ fragt Grimbald Theodore.

„Ja!“ antwortet dieser sauer.

„Herrje, tu das nicht!“ meint der Zwerg nur schippisch.

„Grimbald, lass es mal stecken!“ zischt Isa.

„Was?“

„Halt einfach die Schnautze!“

„Warum?“

„Tu es einfach!“ Die Moha ist sauer.

„Na dann lasst uns doch mal hören, was der amüsante alte Mann zu sagen hat!“ schließt Grimbald.

Stoerrebrandt hat sich abseits des Trecks einige Stühle hinstellen lassen. Hier empfängt er nun die Gruppe.

„Ich habe mich entschlossen, den Kontrakt mit Euch aufzuheben! Jeder bekommt noch einmal 20 Dukaten. Und dann seit Ihr entlassen!“

„Gemacht!“ meint Grimbald.

„Hat noch irgendjemand was zu sagen?“ fragt der Händler lauernd.

„Gibt es einen Grund dafür?“ fragt Tamarak.

„Inkompetenz!“

„In wie fern?“

„Ich werde mich dazu nicht weiter äußern. Ich habe schon mit mehreren Eurer Leute darüber gesprochen. Es hat sich nichts gebessert. Nein – es ist sogar schlimmer geworden.“

„Wenn Ihr das so seht, dann ist es wohl so. Gebt mir die 20 Dukaten und gehabt Euch wohl!“ schließt Grimbald.

Er gibt jedem 20 Dukaten in die Hand.

„Dann wünsche ich Euch viel Erfolg bei Eurem Vorhaben. Ich glaube nicht, dass sich jemand in Eurem Zug findet, der so dumm ist, sich darauf einzulassen. Viel Spaß dabei.“ Theodore tropft vor Arroganz.

„Das lasst meine Sorge sein!“ Stoerrebrandt wendet sich mit einer arroganten Geste um und geht.

150 AP

 

 

 

 

 

 

 

„Das Auspeitschen von Sklaven ist bei Peitschenhieben verboten!“ Grimbald.

„Nein, man bekommt den Strick dafür!“ Tamarak.

„Ah, den Strick. – Hier, Du bekommst für Deine Tat den Strick! – Oh, Danke, lege er ihn zu den anderen.“ Grimbald „Ich habe schon 8 davon!“

 

Ausrüstungs-Einkäufe: Magenta hell

Verträge: blau

Wichtige Spieldaten: grün5

Schlussfolgerungen/Spielfehler: rot