28.06.2018
In Juborn werden noch mal die 32 Tagesrationen geprüft
und auf die Leute verteilt, so dass jeder seine Sachen dabei hat.
Da es an einem Fluss entlang geht, werden noch Angelhaken und
Schnur, ein Unterholzbeil, eine Holzfäller-Axt und ein
Haumesser besorgt.
Es ist Mittag, als über den Inver gesetzt wird und der
Weg den Ornib hinauf geht. Der Weg ist nur wenig mehr als ein
Feldweg. Hier ist auch die flexible Grenze zwischen Andergast und
Nostria. Man befindet sich also mal hier oder da.
Die Gruppe ist schon einige Stunden unterwegs, als man aus dem
Wald zur Rechten Kampfgeräusche hört. Neugierig drücken
sich alle durch den Wald, bis sie an einen aus dem lichten Wald
herausragenden Hügel kommen, auf dem einige Gestalten am
kämpfen sind. Es sind etwa 35 Jugendliche, fast noch Kinder,
die zum Teil sich stützend die Seiten des Berges herunter
aus dem Kampfgebiet humpeln. Einige tauschen noch letzte Hiebe
aus und ziehen sich dann auch zurück. Die jungen Leute sind
zwischen 8 und 15 Jahre alt, tragen einfache, zerlumpte Kleidung
und haben überall Platzwunden und Beulen. Sie ziehen sich
jeweils zu den beiden Seiten des Hügels zurück. Oben
auf dem Hügel kann man noch einige leblose Leiber im flachen
Gras liegen sehen. Außerdem stecken zwei abgebrochene
Stangen mit jeweils einem Lumpen daran dort oben zwischen den
Leibern.
Die beiden Kampfgruppen scheinen so erledigt zu sein, dass sie
nicht mehr weiter kämpfen können. Sie sammeln sich am
Fuß des Hügels und behandeln ihre Wunden. Da sich
niemand um die eintreffenden Freunde kümmert, bleibt Marek
mit Pony und Hund zurück und die anderen Drei gehen den
Hügel hinauf, um nach den leblosen Leibern zu schauen.
Oben teilen sie sich auf und schauen nach den am schwersten
Verletzten. Sahania geht zu einem bewusstlosen Jungen mit blauen
Flecken und Kopfwunde. Sie kann ihn mit Verband und Wasser zu
Bewusstsein bringen. Dann schaut sie nach einem weiteren Jungen.
Er blutet aus einem Auge. Ein abgebrochener Ast neben ihm ist ein
Hinweis, dass der Rest wohl in seinem Auge steckt. Ihm ist auch
nicht mehr zu helfen. Er ist tot.
Helga findet auch einen Jungen, der durch eine Bauchwunde Blut
verliert. Mit präzisen Griffen stillt sie die Blutungen, hat
ihr OP-Besteck ausgepackt und näht die zerfetzten Organe
wieder zusammen.
Karim kümmert sich um ein Mädchen mit einer schweren
Kopfwunde. Leider kann er ihr nicht mehr helfen, da ihr Schädel
mehrfach gebrochen ist und das Leben sie gerade verlässt.
Schnell schaut er nach einem anderen Mädchen in der Nähe,
die ebenfalls einige Wunden hat, aber mit Verbänden und
Wasser wieder zu sich kommt.
Als die drei Schwerverletzten
versorgt sind fragt Sahania den Jungen mit der Kopfwunde, was
denn hier vorgefallen ist.
„Wir haben unseren Hügel
gegen die Hirschärsche verteidigt!“ wispert der Junge.
Sahania guckt.
„Gegen wen?“
„Die Hirschärsche!“ wiederholt er und schaut
zu der anderen Seite des Hügels hinunter, wo eine der beiden
Gruppen sich gesammelt hat. „Es ist unser Hügel!“
Die Helden schauen sich an. Wenn man genauer in die jeweilige
Richtung den Hügel hinunter schaut kann man hinter den
Bäumen die Rauchfahnen von zwei Dörfern ausmachen, die
hier wohl abseits des Weges in der Wildnis liegen, getrennt von
diesem Hügel. Die Jugendlichen müssen aus den beiden
Gemeinden stammen.
Als Karim den toten Jungen neben das verstorbene Mädchen
legen und beten will, brüllt ein 15-jähriger vom Fuße
des Berges: „Bringt ihn ja nicht zu der Nostriotin. Da hat
er nichts zu suchen!“ Vermutlich ist ein Dorf
andergastisch, das andere nostrianisch.
Von der anderen Seite brüllt nun auch jemand: „Ach,
lasst den Andergaster liegen, kümmert Euch lieber um unsere
Leute hier!“
Karim schaut mit einem tödlichen Blick zu den beiden
Sprechern hinunter. Sie scheinen zu schwach für irgendwelche
Aktionen, aber nun beginnen sie sich mit Schimpfworten zu
bewerfen.
„Schweinsnasen!“ „Moorleichen!“
„Eichelfresser!“ „Hirschärsche!“
„Holzköppe!“
Karim ignoriert das Gebölke
und bahrt die beiden Toten nebeneinander auf und betet. Helga
beendet nun ihr Operation, wischt sich die Hände sauber,
packt ihre Sachen ein und geht zu den beiden Kollegen.
„Ich befürchte, wir sind
hier mitten in ein Kampfgebiet geraten. Da sollten wir uns raus
halten!“
„Ich werde trotzdem für
die Seelen beten!“ beharrt Karim.
„Tut, was Ihr nicht lassen könnt!“ winkt
Sahania ab. In ihr beginnt der Patriotismus zu schwelen.
Die beiden Kampfgruppen schimpfen noch etwas, bis jemand zu
einem der beiden Anführer meint: „Komm, lass gut sein.
Wir sollten heim gehen. Sie kommen ja nach!“
Die Helden grübeln, ob den
Kämpfern bewusst ist, dass es hier Tote gegeben hat.
„Das wird wohl nichts!“
ätzt Sahania zu dem Nostrianer runter. „Da kommen
nicht alle zurück!“
„Wie meinst Du das?“
ruft der zurück. „Wieso kommen nicht alle zurück?“
„In diesem Falle wohl kaum!“
Ein tödliches Schweigen
herrscht nun in beiden Gruppen. Alle schauen sich sprachlos an,
als könnten sie nicht glauben, dass ihr Kampf Opfer haben
könnte.
„Dann kommt her und schaut
Euch an, was ihr angerichtet hat!“ fordert Sahania beide
Anführer auf.
Tatsächlich machen sich die beiden 15-jährigen auf
den Weg den Hügel hinauf.
„Hach, in diesem Alter denkt man noch am nächsten
Tag ist alles wieder gut!“ macht Helga sich lustig. „Aber
jetzt steht es 1 zu 1!“ ruft sie den Gruppen zu. „Kommt,
wir sollten hier jetzt gehen!“ fordert sie die beiden
Kameraden auf.
„Wir sollten sie noch
beerdigen!“ beharrt Karim.
„Das können ihre
Gefährten besser tun. Sie bringen die Toten zu ihren
Familien und müssen ihren Eltern erzählen, dass sie ein
Kind verloren haben!“ winkt Helga ab.
„Beerdigen?“ glotzen nun die beiden Anführer,
die gerade den Hügelkopf erreicht haben und schauen auf die
beiden aufgebahrten Toten. Sie sind total geschockt und sinken
neben den Toten zusammen. Helga weißt noch darauf hin, dass
sie den Bauchverwundeten mühsam geflickt hat und er
vorsichtig transportiert werden sollte und auch die nächsten
zwei Wochen nicht aufstehen sollte.
Karim funkelt die beiden Anführer wütend an. „Soll
das ewig so weiter gehen?“ fragt er in seiner brummigen
Stimme. Die beiden Jungen schauen betreten und bestürzt.
Vermutlich hat es noch nie Opfer bei ihrem Hügelkampf
gegeben.
Es wird jetzt geklärt, dass
das tote Mädchen Nostrianerin ist und der Junge Nostrianer.
Der Schwerverletzte stammt aus dem andergaster Dorf. Der
Verletzte, dem Sahania ihre Wasserflasche gegeben hat, ist
Nostrianer.
„Kannst die Flasche behalten!“ winkt sie ab, als
er ihr die Flasche zurückgeben will. Obwohl sie sauer ist,
dass sich Kinder hier prügeln, kann sie eine Parteilichkeit
für die Andergaster nicht unterdrücken.
Schließlich hilft Sahania dem Andergaster seinen
schwerverletzten Kollegen nach Eichelberg heim zu bringen und den
Toten Wenzel zu bergen. Helga und Karim begleiten die Nostrianer
in ihr Dorf Hirschberg. Karim trägt das tote Mädchen
Linai. Sie verabreden sich noch, sich hier morgens wieder zu
treffen, um den Weg fortzusetzen.
„Mal sehen!“ knurrt Sahania. Marek begleitet sie.
Als Helga und Karim mit dem toten Mädchen und der Gruppe
Verletzten in den Ort kommen, schauen die Erwachsenen erst
genervt. Als ihnen dann aber die teils sehr schweren Verletzungen
auffallen, schrecken alle auf. Das sich die Kinder ständig
um den Hügel prügeln ist wohl gute Tradition, aber
Verletzte hat es wohl nur selten dabei gegeben. Über die
Tote sind alle sehr bestürzt und sprachlos. Wo kommt die
Gewalt auf einmal her?
Die Eltern der toten Linai nehmen Helga und Karim zur Nacht
auf. Die Mutter geht schluchzend zu Bett. Der
Vater setzt sich noch zu den beiden Reisenden und erzählt,
dass es gute Tradition ist, sich um die Fahnen oben auf dem Hügel
zu prügeln. Aber bisher wurden diese Kämpfe mit Fäusten
ausgetragen und es gab blaue Flecken oder mal eine Wunde, wenn
jemand unglücklich fiel. Aber solche Verletzungen von
Steinen und Knüppeln hat es bisher nie gegeben. Es hat auch
keiner die Jugendlichen angeleitet, sich zu bewaffnen. Das ist
sonst nicht Brauch gewesen. Der Vater ist fast sprachlos, wie die
Kinder darauf gekommen sein können, Waffen zu benutzen, auch
wenn es nur improvisierte Waffen waren. Der Vater erinnert sich,
das es auf dem Hügel mal eine richtige Schlacht vor vielen
Jahrzehnten gegeben hatte. Aber das dort Geister umgehen ist
unbekannt. Ein am Kampf beteiligtes Kind berichtet, dass sie aus
einer Eingebung heraus die Steine und Stöcke mitgenommen
haben und froh darum waren, als die Andergaster auch mit Waffen
aufgetaucht sind. Alle bestätigen aber, dass es so eine
Gewalt noch nie gegeben hat.
Sahania wird im andergaster Dorf auf die gleiche Weise
aufgenommen. Auch die Leute
hier sind sprachlos, wo die Gewalt der jungen Leute herkommt. Als
sie abends die Berichte der Leute über die Tradition des
Hügelkampfes hört, fällt ihr auf, dass auch sie
vor einigen Wochen ein anschwellen der Gewalt bemerkt hat, was
auch sie betrifft. Zu der Zeit muss irgend etwas passiert sein,
was die gesamte Region mit einem Anstieg der Gewalt belegt hat.
Selbst in ihr kommt jetzt das Gefühl hoch, den toten Jungen
rächen zu müssen. Sie kann sich nicht dagegen wehren,
eine Nachtwache zu halten, damit kein Nostrianer in der Nacht zur
Rache kommt.
Auf ihrer Nachtwache begegnet ihr einer der älteren
Jungen aus dem Kampf heute. Er ist gewaschen und verarztet und
scheint wieder ganz gut beieinander zu sein. Als sie ihn
anspricht, zeigt sich, wie wütend er ist, dass jemand
getötet wurde und nicht noch mehr Nostrianer gestorben sind.
Sie hätten noch härter zuschlagen sollen.
Sahania fragt den Jungen nun aus, wie es denn zu der Schlacht
gekommen ist. Er berichtet, dass sie, wie üblich, morgens
aufgebrochen sind, um ihre Fahne auf den Hügel zu stecken.
Dann haben da die Steine und Stöcke herumgelegen und sie
haben sie einfach mitgenommen. Sie fühlten sich besser,
stärker mit ihnen. Und als sie sich oben auf dem Hügel
begegnet sind, hatten die Anderen ja auch Steine und Stöcke
dabei. Die Hinterhältigen, sie haben das geplant. Und nur
die göttliche Eingebung hat sie vor einer schlimmeren
Niederlage bewahrt. Aber sie werden den Hügel nicht
aufgeben...
Sahania versucht noch herauszubekommen, ob vielleicht irgend
ein Magier oder Druide hier vorbei gekommen ist und die Gegend
verflucht hat. Dabei macht sie sich fast verdächtig, selber
ein Spion zu sein, der die Leute ausfragen will. Aber außer
der Gruppe sind seit Monaten keine anderen Fremden hier gewesen.
Als Sahania aus einer Eingebung heraus vorschlägt, den Hügel
doch gerecht zu teilen, wird der Junge wütend und droht ihr,
sie als Spion zu bestrafen. Er dampft ab und sie befürchtet,
hier nicht mehr sicher zu sein. Sie ruft ihren Hund und verlässt
das Dorf.
In der Nacht kommt Helga die Idee, dass das Artefakt oder was
immer Seffel als Auslöser für den ewigen Krieg der
beiden Königreiche ausgemacht hat, vielleicht von ihm
gefunden und aus seinem Schlaf geweckt worden ist und nun hier
diese übermäßige Gewalt ausbrechen lässt.
Sie will das gleich morgen mit den anderen besprechen. Sie
sollten sich beeilen, Seffel zu finden, damit das ein Ende
findet!
Sahania besteigt den Hügel und betrachtet die beiden
zerbrochenen Fahnen. Eine ist mit einer Eichel, die andere mit
einem Hirschen bestickt. Zuerst versucht sie die Eichelfahne zu
reparieren, das gelingt ihr aber nicht.
Zwischendurch hört sie aus Richtung Eichelberg, dass
einige Leute die Spionin suchen, die ihren Hügel den
Nostianern überlassen wollte. Aber nun ist sie weg und
bleibt am leben. Erst will Sahania ihren Hund auf die Typen
schicken, lässt es dann aber und bleibt leise sitzen. Als
das Reparieren nicht klappt, steckt sie den abgebrochenen Rest
der Fahne in den Boden. Sie ist nun leider nur 50 cm hoch und von
unten nicht zu sehen...
Am Morgen werden die beiden Helden bei den Hirschbergern mit
Brot, Wasser und Bier als Frühstück verabschiedet und
machen sich auf den Weg auf den Hügel, wo sie sich ja mit
Sahania treffen wollten. Als sie die Halbelfe mit dem Fahnenmast
hantieren sehen, beeilen sie sich, sie zu erreichen, bevor jemand
aus den Dörfern das sehen kann.
Oben auf dem Hügel begrüßt Sahania die Beiden
mit „Guten Morgen!“
„Das ist nicht Dein Ernst!“ grollt Helga die
Halbelfe an.
„Siehst Du mich lachen?“ grunzt Sahania zurück.
„Ich muss das machen!“
„Willst Du, dass sich die beiden Dörfer gegenseitig
auslöschen?“
„Na und?“
Helga legt ihre Hand auf Sahanias, die gerade das obere Band
der Eichelfahne am neuen Mast festbinden will. „Lass das,
und zwar sofort!“
„Warum?“
„Um des Friedens willen!“ Helga spricht langsam
und bedächtig. „Willst Du wirklich die beiden Dörfer
auslöschen?“
„Das war schon immer so!“
„Nein. Sonst hat hier niemand Waffen benutzt. Sie haben
sich mit Fäusten geschlagen. Aber jetzt schlagen sie sich
tot. Wenn Du jetzt hier eine Fahne aufstellst, werden die Dörfer
sich auslöschen!“
„So ist der Lauf der Dinge!“ antwortet Sahania
ruhig.
Helga schaut die Halbelfe sprachlos und wütend an. Was
ist mit der los.
„Hier stimmt etwas nicht. Hier ist etwas ganz und gar
nicht in Ordnung. Es geht etwas vor. Ich habe schon seit einiger
Zeit das Gefühl, das in diesem Land etwas vorgeht!“
redet Sahania nun weiter.
„Ja, aber dann lass doch jetzt den Blödsinn!“
ruft Helga. „Wenn Du weißt dass hier was nicht
stimmt, dann kannst Du das doch nicht auch noch füttern!“
„Unter normalen Umständen wäre mit das klar,
aber hier stimmt etwas nicht und ich muss das jetzt hier tun!“
„Das ist doch Deine Entscheidung, was Du tust!“
redet Helga auf sie ein. „Wenn Du weißt, dass es
falsch ist, unterlasse es!“ Langsam entwindet Helga Sahania
die Fahne und zieht den Mast aus dem Boden.
„Wir sollten schnell hier weg gehen. Hier stimmt etwas
ganz und gar nicht. Der Ort ist nicht gut für mich!“
wispert Sahania, während Helga sie umarmt und wegführt.
Sie sammeln alle Fahnen und Stangen ein und nehmen ihre Sachen
und gehen vom Hügel herunter zur Straße zurück.
Helga teilt nun mit den Anderen ihre Theorie über das
„Streit-Artefakt“, was Seffel gesucht hat, und was
jetzt wohl eine stärkere Beeinflussung in die Länder
entlässt. Man sollte sich also beeilen, Seffel zu finden und
zu klären, ob er da was geweckt hat.
Erst als sie bereits ein gutes Stück gegangen sind, macht
Helga halt, gräbt ein tiefes Loch und verbuddelt die Fahnen
und Mastreste dort im Boden. Jetzt müssen die Dörfer
erst einmal neue Fahnen fertigen, bevor sie sich wieder schlagen
können.
Außerdem hat Helga den Wasserschlauch von dem Nostrianer
mitgenommen. Sie hat ihn gereinigt und reicht ihn irgendwann
Sahania, sie braucht doch noch einen und Helga hat gerade einen
übrig. Das es der nämlich ist, erzählt sie ihr
nicht.
10 EP Extra für
Sahanias Plot-Play!
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